Schliessen
von Göler (Hrsg.) / Ulrich Schnelle / § 16

§ 16 Rechtsstellung bei Wechsel der Gesellschafter oder Veränderung des Umfangs ihrer Beteiligung; Erwerb vom Nichtberechtigten

(1) Im Verhältnis zur Gesellschaft gilt im Fall einer Veränderung in den Personen der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung als Inhaber eines Geschäftsanteils nur, wer als solcher in der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste (§ 40) eingetragen ist. Eine vom Erwerber in Bezug auf das Gesellschaftsverhältnis vorgenommene Rechtshandlung gilt als von Anfang an wirksam, wenn die Liste unverzüglich nach Vornahme der Rechtshandlung in das Handelsregister aufgenommen wird.

(2) Für Einlageverpflichtungen, die in dem Zeitpunkt rückständig sind, ab dem der Erwerber gemäß Absatz 1 Satz 1 im Verhältnis zur Gesellschaft als Inhaber des Geschäftsanteils gilt, haftet der Erwerber neben dem Veräußerer.

(3) Der Erwerber kann einen Geschäftsanteil oder ein Recht daran durch Rechtsgeschäft wirksam vom Nichtberechtigten erwerben, wenn der Veräußerer als Inhaber des Geschäftsanteils in der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste eingetragen ist. Dies gilt nicht, wenn die Liste zum Zeitpunkt des Erwerbs hinsichtlich des Geschäftsanteils weniger als drei Jahre unrichtig und die Unrichtigkeit dem Berechtigten nicht zuzurechnen ist. Ein gutgläubiger Erwerb ist ferner nicht möglich, wenn dem Erwerber die mangelnde Berechtigung bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt ist oder der Liste ein Widerspruch zugeordnet ist. Die Zuordnung eines Widerspruchs erfolgt aufgrund einer einstweiligen Verfügung oder aufgrund einer Bewilligung desjenigen, gegen dessen Berechtigung sich der Widerspruch richtet. Eine Gefährdung des Rechts des Widersprechenden muss nicht glaubhaft gemacht werden.

Für den Rechtsverkehr

(für Nichtjuristen)

zum Expertenteil (für Juristen)

Bedeutung für den Rechtsverkehr, häufige Anwendungsfälle

a) Allgemeines

1Die im Rahmen des MoMiG mit Wirkung zum 01.11.2008 in Kraft getretene Vorschrift des § 16 GmbHGGesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen vom 23.10.2008, BGBl I, 2026 regelt in Abs. 1, wer unter welchen Voraussetzungen und ab wann im Verhältnis zur Gesellschaft als Inhaber eines Geschäftsanteils anzusehen ist. Mit § 16 GmbHG sollen die Transparenz verbessert und Missbräuche bekämpft werden.RegBegr BT – Drs. 354/07, 84

2Die Bestimmung ist in engem Zusammenhang mit § 40 GmbHG zu lesen, der die Formalitäten der Gesellschafterliste regelt. Denn § 16 stellt für alle seine Regelungsbereiche auf den Inhalt dieser Gesellschafterliste ab, die in das Handelsregister aufzunehmen ist. Derjenige, der in dieser Liste eingetragen ist, gilt im Verhältnis zur Gesellschaft als Inhaber des betroffenen Geschäftsanteils, unabhängig davon, ob er materiellrechtlich Gesellschafter ist (Abs. 1). Er haftet neben dem Voreingetragenen für rückständige Einlageverpflichtungen aus dem betroffenen Geschäftsanteil, auch wenn er ihn nicht wirksam erworben haben sollte (Abs. 2). Von den in die Gesellschafterliste Eingetragenen können Dritte den betroffenen Geschäftsanteil (gutgläubig) erwerben, auch wenn der in die Liste eingetragene Veräußerer materiellrechtlich nicht Inhaber des Geschäftsanteils ist.

3Nach früherem Recht (§ 16 GmbHG a.F.) gab es die Unterscheidung zwischen formaler Gesellschafterstellung und materiellrechtlicher Gesellschafterstellung ebenfalls. Diese Bestimmung stellte aber zur Unterscheidung nicht auf die Eintragung in eine Gesellschafterliste ab, sondern auf die Anmeldung der Geschäftsanteilsübertragung bei der Gesellschaft. Der auch nach altem Recht vorgesehenen und zum Handelsregister einzureichenden Gesellschafterliste kam insoweit keine Bedeutung zu.

4Die Regelung des § 16 orientiert sich an § 76 II AktG. Ähnlich wie bei § 16 gilt nach § 76 II AktG im Verhältnis zur Gesellschaft als Aktionär nur, wer als solcher im Aktienregister eingetragen ist.

5Mit der Offenlegung der Gesellschafterliste im Handelsregister werden die Empfehlungen der Financial Action Task Force on Money Laundering (FATF) und die Richtlinie 2006/60 EG vom 26.10.2005 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung in der Europäischen Union umgesetzt.RegE zum MoMiG vom 25.07.2007, Begr. zu § 16, BT-Drs. 16/6140, 89; zsfd: Michalski/Ebbing, GmbHG, 3. Aufl. 2017, § 16 Rn. 1–7; Noack/Servatius/Haas, GmbHG, 23. Aufl. 2022, § 16 Rn. 1; MüKoGmbHG/Heidinger, 4. Aufl. 2022, § 16 Rn. 1

§ 40 I GmbHG ist durch Art. 14 des Gesetzes zur Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie, zur Ausführung der EU-Geldtransferverordnung und zur Neuorganisation der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen vom 23.06.2017BGBl. I 2017, 1822, 1863 f.  mit Wirkung ab dem 26.06.2017 geändert worden. Gemäß § 40 I 2 GmbHG sind jetzt bei nicht in ein Register eingetragenen Gesellschaften deren jeweilige Gesellschafter unter einer zusammenfassenden Bezeichnung mit Namen, Vornamen, Geburtsdatum und Wohnort in die Gesellschafterliste aufzunehmen. In der Praxis betrifft dies vor allen Dingen die Gesellschaften bürgerlichen Rechts. In zeitlicher Hinsicht gilt, dass die wegen der genannten Gesetzesänderung einzureichenden Gesellschafterlisten den Anforderungen des § 40 I GmbHG in der neuen Fassung zu genügen haben, wenn sie vor dem 26.06.2017 dem Handelsregister zwar vorgelegt, dort aber noch nicht aufgenommen wurden.BGH, Beschluss v. 26.06.2018 – II ZB 12/16, http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=d9e33f8949f15b86ceac9bd22f2b190b&nr=86392&pos=0&anz=1   In § 40 IV GmbHG ist seit Juni 2017 eine Verordnungsermächtigung an das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz verankert. Die darauf gründende neue Gesellschafterlistenverordnung (GesLV) ist am 01.07.2018 in Kraft getreten.

§ 16 findet Anwendung auf jede Form von Gesellschafterwechsel, also vor allen Dingen auf rechtsgeschäftliche Veräußerungen von Geschäftsanteilen, aber auch auf Wechsel der Gesellschafterstellung im Wege des Erbgangs, in Zwangsvollstreckungsverfahren, Umwandlungsfälle oder die Anwachsung.Michalski/Ebbing, GmbHG (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 8–13; RegE zum MoMiG vom 25.07.2007, Begr. zu § 16, BT-Drs. 16/6140, 91; Lutter/Hommelhoff/Bayer, GmbHG, 20. Aufl. (2020), § 16 Rn. 8; MüKoGmbHG/Heidinger (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 90

§ 16 III GmbHG schafft erstmalig die Voraussetzungen für den gutgläubigen Erwerb eines Geschäftsanteils an einer GmbH und soll den Rechtsverkehr mit GmbH-Anteilen wesentlich erleichtern.

Um einen ersten Überblick über die Bedeutung des § 16 GmbHG für den Rechtsverkehr und die Anwendung bezüglich der Norm zu erhalten, bietet es sich wegen der Berührung der Interessen mindestens des Alt-Gesellschafters, des möglichen Neu-Gesellschafters sowie vor allen Dingen der Gesellschaft, ihrer Geschäftsführung, aber auch der Notare und des Handelsregisters an, die Darstellung in der Perspektive der unterschiedlichen Stakeholder vorzunehmen. Dabei wird nachstehend zunächst auf die Bestimmungen des § 16 I und II GmbHG eingegangen, dann auf die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs eines GmbH-Geschäftsanteils nach III.

b) § 16 I und II GmbHG aus der Sicht der Gesellschaft

Anknüpfungspunkt für die Stellung als Gesellschafter ist allein die im Handelsregister aufgenommene Gesellschafterliste. Die Aufnahme des Neu-Gesellschafters in die im Handelsregister aufgenommene Gesellschafterliste ist keine Wirksamkeitsvoraussetzung der Abtretung oder sonstigen Verfügung. Ist die Abtretung etwa nach § 15 GmbHG und auch ansonsten wirksam (z.B. Geschäftsfähigkeit der Parteien), ist der Erwerber auch ohne Aufnahme in die Gesellschafterliste und deren Veröffentlichung im Handelsregister Inhaber des Anteils und kann über diesen verfügen. Gegenüber der Gesellschaft ist hingegen der Erwerb erst durch Aufnahme des Erwerbers in die Gesellschafterliste und deren Aufnahme im Handelsregister wirksam. Für die Erstellung der Liste und deren Einreichung zum Handelsregister sind allein die Geschäftsführer und bei Mitwirkung von inländischen Notaren an Veränderungen in der Gesellschafterstellung diese zuständig (vgl. § 40). Zu erstellen und einzureichen ist die neue Gesellschafterliste nur bei Veränderungen in den Personen der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung. Keine Veränderung in der Person der Gesellschafter liegt vor bei Mitgliederwechsel in OHG, KG und der BGB-Außengesellschaft, ebenso wenig bei einer aufschiebend bedingten Übertragung (z.B. Zahlung des Kaufpreises oder Freigabe des Zusammenschlusses durch das Bundeskartellamt), solange die Bedingung noch nicht eingetreten ist.BGH, Beschluss v. 20.09.2011, II ZB 17/10, http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=e944317a983e59b61512e3989a15ecec&nr=58010&pos=0&anz=1, NZG 2011, 1268; Noack/Servatius/Haas (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 8  Das Registergericht prüft nur die Einhaltung der formalen Voraussetzung des § 40 I und II, nicht die materielle Richtigkeit der Liste.BGH, Beschluss v. 20.09.2011, II ZB 17/10, http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=e944317a983e59b61512e3989a15ecec&nr=58010&pos=0&anz=1,  NZG 2011, 1268 Rn. 10; KG, Beschluss v. 05.07.2016, 22 W 114/15, DB 2016, 1686  Das Register kann die Liste aber zurückweisen, wenn Angaben offenkundig falsch sind oder auf offenkundigem Irrtum beruhen.OLG München, Beschluss v. 08.09.2009, 31 Wx 82/09, NJW 2010, 305

Der Geschäftsführer und der Notar handeln aufgrund gesetzlicher Verpflichtung und sind Weisungen von Veräußerer und Erwerber bzw. der Gesellschafterversammlung bei der Erstellung der Liste nicht unterworfen. Geschäftsführer handeln allerdings grundsätzlich nur auf Mitteilung und entsprechenden Nachweis einer Veränderung im Bestand der Gesellschafter. Eine besondere Form ist nicht erforderlich. Erforderlich ist allerdings, dass die Gesellschaft vom Rechtsübergang überzeugend unterrichtet wird. Der Gesellschaftsvertrag kann auf den entsprechenden Nachweis nicht verzichten, jedoch eine strengere Form, z.B. Beglaubigung o. Ä. vorschreiben.Scholz/Seibt, GmbHG, 13. Aufl. 2022, § 16 Rn. 1

Der Geschäftsführer ist zur Korrektur einer unrichtigen, vom Notar nach § 40 II 1 GmbHG eingereichten Gesellschafterliste befugt.BGH, Urteil v. 07.02.2017, II ZR 28/15, GmbHR 2017, 519; http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=6b26aa65470e0b938e4096fc032a92b9&nr=77763&pos=0&anz=1; dagegen OLG Rostock, Beschluss v. 25.01.2017, 1 W 55/16, DB 2017, 1894 (dürfte durch Beschluss des BGH überholt sein).  

Wenn die Gesellschaft gegen ihre Verhinderungspflicht bzw. ihre Pflicht zur Einreichung einer Korrekturliste verstößt, muss sie sich so behandeln lassen, als sei die Gesellschafterliste, die Gegenstand der Untersagungsverfügung ist, nie in den Handelsregisterordner aufgenommen worden. Die Gesellschaft kann sich nicht über die eingeschränkte Rechtskraftwirkung der im einstweiligen Verfügungsverfahren ergangenen Entscheidung dadurch hinwegsetzen, dass sie unter Berufung auf die Legitimationswirkung einer Gesellschafterliste, die den Eilantragsteller nicht mehr als Gesellschafter ausweist, Beschlüsse fasst.KG, Beschluss v. 09.11.2017, 23 U 67/15, GmbHR 2018, 361; RNotZ 2018, 338; NZG 2018, 660  

Die Prüfungspflicht des Registergerichts in Bezug auf eine GmbH-Gesellschafterliste schließt jedenfalls die Prüfung ein, ob die Liste von einem Einreichungsberechtigten erstellt und unterschrieben worden ist. Einreichungsberechtigt ist der im Register eingetragene Geschäftsführer.KG, Beschluss v. 12.06.2018, 22 W 15/18, FGPrax 2018, 212  

7Gesellschafterliste: 

  • Diese muss von einer dazu befugten Person erstellt und
  • von einer dazu befugten Person eingereicht worden sein (jeweils Geschäftsführer oder mitwirkender Notar).
  • Nach § 40 I erfolgt die Änderung der Liste durch den Geschäftsführer auf Mitteilung und Nachweis durch eine dazu befugte Person.
  • Die Liste muss genau den in § 40 vorgegebenen Inhalt enthalten.

Die Anforderungen an den Inhalt der Gesellschafterliste sind in der GesLV konkretisiert. Die Geschäftsanteile sind jeweils nach arabischen Einzel- und Abschnittsnummern zu nummerieren und zu sortieren, wobei eine Sortierung nach Geschäftsanteilen oder nach Gesellschaftern möglich ist. Ferner sind die vergebenen Nummern beizubehalten. Bei Änderungen, insbesondere der Schaffung neuer Geschäftsanteile, sind neue Nummern zu vergeben. Allerdings ist die Neunummerierung möglich, wenn die Gesellschafterliste aufgrund der bisherigen Nummerierung unübersichtlich würde oder geworden ist. Die GesLV sieht eine Veränderungsspalte vor, die ihrerseits vorzugeben ist. Mit der Änderung des § 40 I GmbH fanden erstmals prozentuale An-gaben Eingang in die Gesellschafterlisten. Die Prozenteintragungen sollen eine Verlinkung zwischen dem Transparenzregister (§ 18 GwG) und der Gesellschafterliste ermöglichen. Unklar bleibt ohne die GesLV, wie die Prozentangaben anzugeben sind. Im Oktober 2017 entschied das OLG München, dass Prozentangaben zwingend sind.OLG München, Beschluss v. 12.10.2017, 31 Wx 299/17, ZIP 2017, 2475  Einen Monat später verwarf das OLG Nürnberg die Angabe „< 1 %“ als derzeit unzulässig.OLG Nürnberg, Beschluss v. 23.11.2017, 12 W 1866/17, NZG 2018, 61  Die GesLV stellt klar, dass die Angabe „< 1 %“ nach § 4 IV GesLV zulässig ist. Prozentuale Beteiligungen dürfen nicht als Bruch dargestellt werden.Einführung zur GesLV etwa Miller, NJW 2018, 2518; Szalai, GWR 2018, 250; Rubner/Leuering, NJW-Spezial 2018, 463; Frank/Schaub, DStR 2018, 822   

8Erkennt die Geschäftsführung, dass ein vom Notar vorgenommener Eintrag in der Liste unrichtig ist, kann die Geschäftsführung die Liste entsprechend korrigieren.BGH, Urteil v. 17.12.2013 – II ZR 21/12, http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=f48682f6ce42c127ecdcfde3390e9bcf&nr=66543&pos=0&anz=1, ZIP 2014, 216

9Zur Einreichung einer Gesellschafterliste ist auch ein ausländischer Notar befugt, jedenfalls soweit seine Rechtsstellung und die entsprechende Beurkundung nach den jeweiligen nationalen Rechten (im konkreten Fall Schweiz, Kanton Basel-Stadt) mit dem deutschen Notariat vergleichbar sind.BGH, Beschluss v. 17.12.2013 – II ZB 6/13, http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=4f1e5f6cf1dfb5f30db6ab5447e99923&nr=66653&pos=0&anz=1; ZIP 2014, 317; Seibt, EWiR 2014, 171

10In der Liste einzutragen sind Name, Vorname, Geburtsdatum und Wohnort der betreffenden Person sowie die Nennbeträge der Anteile und die laufenden Nummern der zugeordneten Geschäftsanteile.

Nach § 40 I 2 GmbHG sind bei nicht in ein Register eingetragenen Gesellschaften, z.B. GbR, deren jeweilige Gesellschafter unter einer zusammenfassenden Bezeichnung mit Name, Vorname, Geburtsdatum und Wohnort aufzunehmen.BGH, Beschluss v. 26.06.2018, II ZB 12/16, http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=b31d922c92f14d38bf301d89eff26e77&nr=86392&pos=0&anz=1, ZIP 2018, 1591

11Die ordnungsgemäß erstellte Gesellschafterliste ist unabhängig davon, wer sie letztlich einreicht, dem neuen Gesellschafter zuzurechnen und wird durch die Aufnahme im Handelsregister den Publizitätsanforderungen gerecht.MüKoGmbHG/Heidinger, (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 44

12Dem eintretenden Gesellschafter steht ein Rechtsanspruch auf Einreichung der Gesellschafterliste beim Handelsregister zu.MüKoGmbHG/Heidinger, (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 45

13Der Gesellschafterliste kommt nur dann keine Wirkung zu, wenn in der Person des Mitteilenden oder des Eintragenden ein allgemeiner Zurechnungsausschlussgrund gegeben ist, z.B. Zwang zur Vornahme der Handlung, Vertretung ohne Vertretungsmacht, Fälschung oder fehlende Geschäftsfähigkeit.Noack/Servatius/Haas, (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 14 ff.; Lutter/Hommelhoff/Bayer, (o. Fußn. 4), § 16 Rn. 20; MüKoGmbHG/Heidinger, (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 47

14Voraussetzung für die Entfaltung jeglicher Rechtswirkungen der Gesellschafterliste ist die Aufnahme der Liste beim Register. Die Aufnahme erfolgt in den für das entsprechende Registerblatt bestimmten Registerordner (§ 9 Abs. 1 Handelsregisterverordnung, HRV). Das Handelsregister hat keine prüfende, sondern nur verwahrende und die allgemeine Kenntnisnahme ermöglichende Funktion.MüKoGmbHG/Heidinger, (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 87; RegBegr. BT-Drs. 16/6140, 38 Für die Wirkung der Gesellschafterliste bei I und auch III und vor allen Dingen für die Abgrenzung der Haftung nach II ist allein das Datum der Aufnahme der Liste entscheidend. Bis vor etwa wenigen Jahren war dieses entscheidende Datum weder für die betroffenen Gesellschafter noch die GmbH oder die Verkehrskreise aus dem Handelsregister ersichtlich.Scholz/Seibt, 12. Aufl. 2021, § 40 Rn. 38; MüKoGmbHG/Heidinger, (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 88  Der Gesetzgeber muss sicherstellen, dass das Datum der Aufnahme vom Registergericht elektronisch mit der Gesellschafterliste so zu verbinden ist, dass das Datum dauerhaft gesichert und mit der Liste einsehbar ist. Technische Voraussetzungen für die Aufnahme des Datums der Liste im Handelsregister sind zwischenzeitlich geschaffen worden.

Werden mehrere Gesellschafterlisten an einem Tag eingereicht, ist § 9 I 2 HRV in dem Sinne auszulegen, dass die Listen in chronologischer Reihenfolge, notfalls auch mit Markierung der Uhrzeit, in den Registerordner einzustellen sind.OLG Düsseldorf, Beschluss v. 18.03.2019, 3 Wx 53/18, NJW-Spezial 2019, 303

15Soweit die Inhaberschaft, der Umfang der Beteiligung, die Stückelung der Anteile und die Person des Inhabers in die Gesellschafterliste aufgenommen sind, gilt nach Aufnahme der Liste in das Handelsregister die unwiderlegbare Vermutung für die Inhaberschaft.Lutter/Hommelhoff/Bayer, (o. Fußn. 4), § 16 Rn. 35; Noack/Servatius/Haas, (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 5, 15  Die Gesellschaft kann sich nicht auf die Unrichtigkeit der Liste berufen, wenn sie die Fehler der Liste selbst zu verantworten hat, etwa bei fehlender Mitteilung oder Abweichen der Liste von der Mitteilung. Umgekehrt kann sich die Gesellschaft nicht auf die unwiderlegliche Vermutung der im Handelsregister veröffentlichten Liste berufen, wenn die Mitteilung und der Nachweis vorliegen, der Geschäftsführer jedoch die Aufnahme in die Gesellschafterliste und deren Einreichung verzögert.Lutter/Hommelhoff/Bayer, (o. Fußn. 4), § 16 Rn. 42; Noack/Servatius/Haas, (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 16

Streitig ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung, ob es neben der Pflicht zur Einreichung auch ein Recht zur Einreichung gibt, wenn keine der im Gesetz genannten Veränderungen eingetreten sind. Das KG lehnt solche Listen als ausdrücklich unzulässig ab.KG, Beschluss v. 18.12.2019, 22 W 91/18, NZG 2020; Beschluss v. 24.04.2020, 22 W 16/18, NZG 2020, 746   

aa) Rechtslage im Verhältnis der Gesellschafter zur Gesellschaft bis zur Aufnahme der neuen Liste in das Handelsregister

16Bis zur Aufnahme der geänderten Gesellschafterliste in das Handelsregister, etwa wegen des Erwerbs eines Geschäftsanteils durch einen neuen Gesellschafter, wegen eines Erbfalls oder einer Umwandlung gilt derjenige Gesellschafter als legitimiert, der in der alten Liste eingetragen ist. Er gilt als Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft mit allen Rechten und Pflichten. Der Neu-Gesellschafter, z.B. der Erwerber, kann vor Aufnahme der Liste im Handelsregister keine Gesellschafterrechte geltend machen, insbesondere nicht das Stimmrecht ausüben.Noack/Servatius/Haas, (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 9  Er kann insbesondere auch die Geschäftsführung nicht abberufen oder neue Geschäftsführer bestellen. Für Verpflichtungen gegenüber der Gesellschaft aus der Mitgliedschaft haftet vor Aufnahme der Liste in das Handelsregister nur der ehemalige Gesellschafter, z.B. der Veräußerer. Das gilt auch für Verpflichtungen, die in der Zeit zwischen der Veräußerung und der Aufnahme der neuen Liste in das Handelsregister fällig werden.

bb) Rechtslage nach Aufnahme der neuen Liste in das Handelsregister

17Mit Aufnahme der neuen Liste in das Handelsregister (zu den Problemen hinsichtlich des Datums als Nachweis der Aufnahme in das Handelsregister siehe oben) ist nur noch der neue Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft berechtigt. Er kann insbesondere Gewinnauszahlung verlangen, soweit im Kaufvertrag mit dem ehemaligen Gesellschafter nichts anderes vereinbart ist. Ist die Anteilsübertragung unwirksam, so gilt gegenüber der Gesellschaft gleichwohl der in die Liste eingetragene Gesellschafter, was auch das Registergericht bindet.Noack/Servatius/Haas, (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 12; OLG Jena, Beschl. v. 15.02.2021 - 2 W 53/21, BeckRS 2021, 12917, Rn. 16, 17, 18c) Rückwirkung der unverzüglichen Aufnahme in die Gesellschafter in das Handelsregister (I Satz 2)

18Nach § 16 I Satz 2 GmbHG soll der Erwerber, der entweder noch nicht in die Liste eingetragen ist oder für den die Liste noch nicht in das Handelsregister aufgenommen wurde, die Möglichkeit haben, unmittelbar nach Rechtswirksamkeit des Erwerbs an satzungsändernden Gesellschafterbeschlüssen und vor allen Dingen auch an der Bestellung neuer Geschäftsführer mitzuwirken.RegBegr. BT-Drs. 16/6140, 38 Die Rückwirkung gilt nur für Rechtshandlungen des Erwerbers, also des Gesellschafters, nicht auch umgekehrt für Rechtshandlungen der Gesellschaft gegenüber dem Veräußerer oder dem Erwerber.Scholz/Seibt, (o. Fußn. 10), § 16 Rn. 46

19Die Rückwirkung tritt aber nur ein, wenn die Liste unverzüglich nach Vornahme der Rechtshandlung in das Handelsregister aufgenommen wird. Unverzüglich bedeutet juristisch gesprochen, dass die Aufnahme nicht schuldhaft verzögert werden darf. Es stellt sich allerdings die Frage, wessen Verschulden hier maßgeblich ist. Übereinstimmung besteht dahin, dass Verzögerungen, die aus der Sphäre des Handelsregisters stammen, unschädlich sein sollen.Scholz/Seibt, (o. Fußn. 10), § 16 Rn. 47; Lutter/Hommelhoff/Bayer, (o. Fußn. 4), § 16 Rn. 49; Noack/Servatius/Haas(o. Fußn. 3), § 16 Rn. 21b; a. A. MüKoGmbHG/Heidinger, (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 182  Die gesetzliche Regelung ist für den Rechtsverkehr mindestens unglücklich. So wie das Gesetz formuliert ist, sind Rechtshandlungen des Erwerbers in Bezug auf sein Verhältnis zur Gesellschaft bis zur Aufnahme der neuen Liste in das Handelsregister schwebend unwirksam. Erst wenn die Liste aufgenommen wird, werden die Maßnahmen wirksam. Das bedeutet, dass wichtige Maßnahmen im Hinblick auf die Geschäftsführung, die auch gegenüber Dritten relevant sind, wie z.B. die Abberufung des alten Geschäftsführers und Bestellung eines neuen Geschäftsführers, zunächst einmal nicht wirksam sind. Eigentlich ist die Rechtslage so, dass der bisherige Geschäftsführer, der nur schwebend unwirksam abberufen und gekündigt wurde, weiter im Amt ist, der neue Geschäftsführer allerdings noch nicht.

20Was der Gesetzgeber eigentlich erreichen möchte, ist, dass alle Maßnahmen, die der Erwerber gegenüber der Gesellschaft trifft, bis zu dem Zeitpunkt, zu dem an sich die Aufnahme der Liste in das Handelsregister erfolgen müsste, vorläufig wirksam sind. Dies verkehrt zwar den Gesetzeswortlaut in sein Gegenteil, ist aber die einzig praktikable Lösung. Die Maßnahmen sind juristisch gesprochen dann schwebend wirksam. So wäre ein neu bestellter Geschäftsführer auch für die Anmeldung und die Ausführung beschlossener Maßnahmen zuständig, nicht mehr der abberufene Geschäftsführer. Es ist daher ungemein wichtig, zu klären, bis wann die neue Liste in das Handelsregister aufgenommen werden muss. Abgesehen davon, dass das Abstellen auf das Verschulden unbefriedigend ist, werden für das „Unverzüglich“ feste Fristen vorgeschlagen, z.B. zwei WochenMüKoBGB/Armbrüster, Bd. 1, 9. Aufl. 2021, § 121 BGB Rn. 7; Noack/Servatius/Haas(o. Fußn. 3), § 16 Rn. 21b  oder vier Wochen.Scholz/Seibt, (o. Fußn. 10), § 16 Rn. 47; Noack/Servatius/Haas, (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 21d; Wicke, 4. Aufl. 2020, GmbHG, § 16 Rn. 11  Wenn die Liste bis dahin nicht in das Handelsregister aufgenommen ist, gilt die alte Lage, also so, als ob der neue Gesellschafter doch nicht Gesellschafter geworden wäre, und alle (Interims-) Beschlüsse und Maßnahmen sind unwirksam.

21Um nicht dieser gesetzgeberischen Fehlleistung ausgesetzt zu werden, sollten die Parteien in einem Anteilskauf- und Übertragungsvertrag in jedem Fall vereinbaren, dass der Erwerber sofort im Verhältnis zur Gesellschaft seine Rechte geltend machen kann, etwa indem der Veräußerer ihn vertritt oder der Veräußerer bei der Abstimmung seinen Weisungen folgt.Scholz/Seibt, (o. Fußn. 10), § 16 Rn. 49; Noack/Servatius/Haas, (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 21c

dd) Haftung des Veräußerers und des Erwerbers gegenüber der Gesellschaft nach § 16 II

22Wird die Liste in das Handelsregister aufgenommen, so scheidet der Veräußerer gegenüber der Gesellschaft aus dem Gesellschaftsverhältnis und den aus dem Verhältnis weiter bestehenden Pflichten aus, vor allen Dingen etwa auch aus einem Wettbewerbsverbot.Noack/Servatius/Haas(o. Fußn. 3), § 16 Rn. 22 Für alle Leistungen, die vor der Anmeldung bzw. der Aufnahme in das Handelsregister fällig waren, haftet der Veräußerer weiter. Dies kann besonders für Fragen aus einer fehlgeschlagenen Sachkapitalerhöhung oder für fällige Nachschüsse relevant sein.

23Der Erwerber haftet mit Aufnahme der Liste in das Handelsregister für sämtliche Einlageforderungen, aber auch für sämtliche Formen der Differenzhaftung und für Nachschüsse. Veräußerer und Erwerber haften gegenüber der Gesellschaft als Gesamtschuldner.BGH, Urteil vom 04.03.1996, II ZR 89/95, BGHZ 132, 137

24Diese gesetzliche Regelung kann vom Veräußerer und dem Erwerber in einem entsprechenden Anteilskauf- und Übertragungsvertrag anderweitig geregelt werden.Noack/Servatius/Haas, (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 25

Der BGH legt § 16 II GmbHG weit aus. Er ist der Auffassung, dass sowohl nach altem Recht, § 16 III GmbHG a. F., als auch nach neuer Gesetzesfassung der Veräußerer nicht nur für rückständige Einlageforderungen, sondern auch für die auf den Geschäftsanteil rückständigen Leistungen haftet. Darunter fallen nach allgemeiner Meinung auch die Haftung aus anderem Rechtsgrund wie etwa die Solidar- bzw. Ausfallhaftung nach § 24 GmbHG. Trotz des engeren Wortlauts gilt dies auch für die Neufassung der Vorschrift. Da nach den Gesetzesmaterialien keine inhaltliche Neuregelung des § 16 III GmbHG a.F. beabsichtigt war,BT-Drucks. 16/6140, S. 38  kann für die Auslegung des Begriffs der „Einlageverpflichtung“ auf die Rechtsprechung und Literatur zu § 16 III GmbHG a. F. zurückgegriffen werden.BGH, Urteil v. 18.09.2018, II ZR 312/16, http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=25ad6c20c8f4b62306ef4c5b5b82414a&nr=89225&pos=0&anz=1, BB 2018, 2893; Noack/Servatius/Haas, (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 23; Scholz/Seibt, (o. Fußn. 10), § 16 Rn. 52; Lutter/Hommelhoff/Bayer, (o. Fußn. 6), § 16 Rn. 56; i. E. auch MüKoGmbHG/Heidinger (o. Fußn. 3) § 16 Rn. 210; a. A. Götze/Bressler, NZG 2007, 894; Mayer, DNotZ 2008, 403.  

c) Stellung der Gesellschafter

aa) Veräußerer (Alt-Gesellschafter)         

25Vorbehaltlich einer anderweitigen Regelung zwischen Veräußerer und Erwerber ist der Alt-Gesellschafter (Veräußerer) bis zur Aufnahme der neuen Gesellschafterliste, die den Erwerber ausweist, gegenüber der Gesellschaft berechtigt und verpflichtet. Der Veräußerer hat bei der Erstellung einer neuen Gesellschafterliste mitzuwirken. Er hat es vor allen Dingen zu unterlassen, in irgendeiner Weise Einfluss auf den Notar (wenn ein solcher bei der Geschäftsanteilsübertragung mitwirkt) oder auf den Geschäftsführer dahingehend zu nehmen, dass die Liste gar nicht oder verspätet eingereicht wird. Ein diesbezügliches Zusammenwirken des Alt-Gesellschafters und des Notars/Geschäftsführers führt dazu, dass die alte Gesellschafterliste unwirksam ist bzw. sich der Alt-Gesellschafter nicht auf diese berufen kann.

Auch wenn ein GmbH-Gesellschafter seine Mitgliedschaft aufgrund eigener Kündigung beendet hat und die Satzung der Gesellschaft bestimmt, dass der nach einer Kündigung zum Aus-scheiden verpflichtete Gesellschafter seine Gesellschafterstellung bereits mit Wirksamwerden seiner Kündigung verliert, so kann sich der Gesellschafter jedenfalls auf die Legitimationswirkung des § 16 I 1 GmbHG stützen.OLG Düsseldorf, Urteil v. 24.06.2016, I-16 U 24/15, NZG 2017, 264  

§ 16 I 1 GmbHG begründet unabhängig von der materiellen Rechtslage, also auch im Fall einer unwirksamen Anteilsübertragung, eine relative oder formale Rechtsstellung des Gesellschafters durch Normierung einer gesetzlichen Fiktion oder einer unwiderleglichen Vermutung. Daraus folgt der Grundsatz, dass die GmbH nur den in der Gesellschafterliste Eingetragenen als Gesellschafter behandeln darf, und zwar unabhängig von der materiellen Rechtslage.

An diese Wirkung, die alle mitgliedschaftlichen Rechte und Pflichten erfasst, ist auch das Registergericht gebunden. Dabei steht selbst der Umstand, dass die Gesellschaft die fehlende materiellrechtliche Berechtigung positiv kennt, der Legitimationswirkung des § 16 I 1 GmbHG nicht entgegen.OLG Frankfurt, Beschluss v. 04.11.2016, 20 W 269/16, ZIP 2017, 1273  

Dies gilt aber nicht, wenn der Gesellschaft durch einstweilige Verfügung untersagt ist, im Fall der Einziehung eines Geschäftsanteils eine Liste ohne Ausweis der von der Einziehung betroffenen Gesellschafters einzureichen und die Gesellschaft gleichwohl eine solche Liste einreicht und diese im Handelsregister aufgenommen wird. BGH, Urteil v. 02.07.2019, II ZR 406/17, BGHZ 222, 323

Die Legitimationswirkung des § 16 I 1 GmbHG greift auch bei eingezogenen Geschäftsanteilen.BGH, Urteil v. 20.11.2018, II ZR 12/17, http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=2858653afdb7b2fb8e6bc0ef26a27de6&nr=92073&pos=0&anz=1, NZG 2019, 269  

Andererseits ist eine GmbH durch die negative Legitimationswirkung des § 16 I 1 GmbHG nicht gehindert, einen nach einem möglicherweise fehlgeschlagenen Einziehungsversuch aus der Gesellschafterliste entfernten, am materiell bestehenden Geschäftsanteil aus einem in der Person des materiell berechtigten Gesellschafters liegenden wichtigen Grund einzuziehen.BGH, Urteil v. 10.11.2020, II ZR 211/19, NJW 2021, 622

Ist ein Gesellschafter zum Zeitpunkt der Beschlussfassung, die er anfechten möchte, nicht mehr in der Gesellschafterliste eingetragen, steht seiner Anfechtungsklage grundsätzlich die negative Legitimationswirkung des § 16 I 1 GmbHG entgegen. Fehlt diesem Gesellschafter die Anfechtungsbefugnis wegen fehlender Eintragung, fehlt ihm auch die materielle Berechtigung zur Geltendmachung von auf positive Beschlussfeststellung gerichteten Klageanträgen. Die Anfechtung des Beschlusses der Gesellschafterversammlung kann analog § 244 1 AktG nicht mehr geltend gemacht werden, wenn die Gesellschafterversammlung den anfechtbaren Beschluss durch einen neuen Beschluss bestätigt hat und dieser Beschluss nicht fristgerecht angefochten oder die Anfechtung rechtskräftig zurückgewiesen worden ist.BGH, Urteil v. 26.01.2021, II ZR 391/18, NZG 2021, 831

bb) Erwerber (Neu-Gesellschafter)

26Dieser hat einen Anspruch gegen den Geschäftsführer bzw. den Notar, falls es um die Anteilsübertragung geht, eine aktualisierte Gesellschafterliste zu erstellen und umgehend beim Handelsregister zur Aufnahme einzureichen. Der Geschäftsführer haftet für Verstöße gegen diese gesetzliche Pflicht nach § 40 III GmbHG auf Schadensersatz.

27Der Neu-Gesellschafter muss allerdings den Geschäftsführern entsprechende Mitteilung machen und den Anteilsübergang nachweisen. Auch hier gilt, dass ein kollusives Zusammenwirken zwischen einem Neu-Gesellschafter und dem Notar/Geschäftsführer hinsichtlich der Einreichung einer unrichtigen Gesellschafterliste keine Wirkung entfaltet. Die gesetzlich angeordnete Wirkung einer unwiderleglichen Vermutung kommt der Liste dann nicht zu.

28Erben können vom Geschäftsführer darauf verwiesen werden, ihr Erbrecht durch einen entsprechenden Erbschein nachzuweisen. Im Verhältnis zur Gesellschaft darf sich im Fall einer Veränderung in der Person des Gesellschafters nach § 16 I 1 GmbHG auf die Rechte eines Gesellschafters nur derjenige berufen, der als solcher in der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste eingetragen ist. Diese Bestimmung gilt uneingeschränkt auch im Erbfall.OLG Naumburg, Urteil v. 01.09.2016, 2 U 95/15, GWR 2016, 507  

Für den Erben kommt es für die Gesellschafterstellung allein auf die Legitimationswirkung gemäß § 16 I 1 GmbHG, also die Eintragung in die Gesellschafterliste, an. Eine andere Möglichkeit, die Gesellschafterstellung nachzuweisen, etwa durch die Vorlage eines Erbscheins, ist nicht ausreichend.OLG Köln, Beschluss v. 27.06.2019, 18 Wx 11/19, GmbHR 2020, 274; NZG 2020, 517  

Ist der Alleingeschäftsführer, der auch Gesellschafter war, verstorben, aber noch in der Gesellschafterliste eingetragen, gilt die Legitimationswirkung auch für diesen. 

Da aber durch den Tod des eingetragenen Alleingeschäftsführers kein Geschäftsführer vorhanden ist, können die Erben beim zuständigen Registergericht die Bestellung eines Notgeschäftsführers beantragen. Dieser kann anstelle des verstorbenen Geschäftsführers die Gesellschafterversammlung einberufen, in welcher ein neuer Geschäftsführer bestimmt werden kann, der die geänderte Gesellschafterliste bei dem zuständigen Registergericht einreicht. Kann ein Gesellschafter seine Stellung nur mit Erbschein ausweisen, so wäre der Beschluss unter der Beteiligung des Erbscheinerben jedenfalls schwebend unwirksam und könnte nur wirksam werden, sofern die neue Gesellschafterliste unverzüglich beim Handelsregister eingereicht und aufgenommen ist.OLG Karlsruhe, Beschluss v. 27.04.2022, 1 W 71/21, NZG 2022, 1349; NJW-Spezial 2022, 464

 Auch ein Nachlasspfleger, welcher für die unbekannten Erben eines Gesellschafters bestellt wurde, kann seine Stellung gegenüber der Gesellschaft nur bei Eintragung in die Gesellschafterliste geltend machen.KG, Beschluss v. 23.11.2022, 22 W 50/22, GWR 2023, 58

29Damit die Liste ihre volle Wirkung entfaltet, muss die Eintragung sowohl dem Erwerber als auch dem Veräußerer zurechenbar sein.MüKoGmbHG/Heidinger, (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 44,182

30Schwierig ist die Rechtslage eines Erwerbers, der den Geschäftsanteil unter einer aufschiebenden Bedingung (z.B. Zahlung des Kaufpreises oder Freigabe durch das Bundeskartellamt) erwirbt. Er ist bis zum Eintritt der Bedingung nicht in die Gesellschafterliste aufzunehmen, sodass er dafür zu sorgen hat, dass dem Notar der Eintritt der Bedingung mitgeteilt wird. In Fällen der Übertragung eines Geschäftsanteils unter einer aufschiebenden Bedingung besteht die größte Rechtsunsicherheit für den Erwerber, da es hier zu gewissen Manipulationen hinsichtlich der Mitteilung des Bedingungseintritts an den Notar kommen kann, sodass dieser die Gesellschafterliste nicht neu erstellen und zur Aufnahme beim Handelsregister einreichen kann.

d) Stellung der Geschäftsführung

31Der Geschäftsführung kommt im Hinblick auf die Erstellung und Einreichung der Gesellschafterliste eine sehr große Bedeutung zu. Es wird vom Geschäftsführer nicht verlangt, dass er komplizierte Rechtslagen prüft, eine gewisse Plausibilitätskontrolle hinsichtlich etwa ihm bekannter Unterschriften, Stückelungen der GmbH-Anteile oder Adressen beteiligter Parteien hat er allerdings vorzunehmen.

32Der Gesetzgeber verdeutlicht die starke Pflichtenbindung des Geschäftsführers dadurch, dass er diesen in § 40 III schadensersatzpflichtig macht, wenn er gegen seine Verpflichtungen hinsichtlich der Gesellschafterliste verstößt.

33Der Bundesgerichtshof hat es dem Geschäftsführer sogar auferlegt, dass dieser eine Korrekturliste einreicht, auch wenn die ursprüngliche, aber fehlerhafte, Liste durch den Notar erstellt worden ist.BGH, Urteil v. 17.12.2013 – II ZR 21/2012, http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&amp;Art=en&amp;sid=f48682f6ce42c127ecdcfde3390e9bcf&amp;nr=66543&amp;pos=0&amp;anz=1, ZIP 2014, 216; BGH, Beschluss v. 07.02.2017, II ZR 28/15, http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&amp;Art=en&amp;sid=5a3c6df15452c6d454b1c4230ff1fb8f&amp;nr=77763&amp;pos=0&amp;anz=1, GmbHR 2017, 519 Der Bundesgerichtshof hat klargestellt, dass ein Gesellschafter seinen Anspruch auf Unterlassung der Einreichung einer zu seinen Lasten materiell unrichtigen Gesellschafterliste zum Handelsregister nicht gegen den Geschäftsführer selbst (persönlich) geltend machen kann, sondern nur gegen die Gesellschaft. Das gilt auch dann, wenn der Geschäftsführer möglicherweise fehlerhaft handelt, sich das fehlerhafte Handeln aber im Rahmen eines unsorgfältigen Handelns des Geschäftsführers hält. Der Anspruch des Gesellschafters richtet sich aber dann gegen den Geschäftsführer persönlich, wenn dieser seine Stellung als Geschäftsführer dadurch missbraucht, dass er eine materiell unrichtige Gesellschafterliste zum Handelsregister einreicht, um damit eigennützige Interessen durchzusetzen. Dies gilt immer dann, wenn der Geschäftsführer auch Gesellschafter ist und er seine Stellung als Gesellschaftergeschäftsführer missbraucht, indem er eine materiell unrichtige Gesellschafterliste einreicht, um damit eigennützige Interessen durchzusetzen. Der Gesellschaftergeschäftsführer verstößt mit der Einreichung einer materiell unrichtigen Gesellschafterliste gegen seine Treuepflicht, weil der Gesellschafter, der nicht mehr in der Liste ausgewiesen ist, aufgrund der negativen Legitimationswirkung des § 16 I GmbHG keine Mitgliedschaftsrechte mehr gegenüber der Gesellschaft wahrnehmen kann.BGH, Urteil v. 08.11.2022 – II ZR 91/21, https://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=12288&Seite=2&nr=132670&pos=73&anz=878, GmbHR 2023, 334; WM 2023, 376; DB 2023, 507; ZIP 2023, 631; NJW-Spezial 2023, 144; Besprechung von Bayer/Rauh, WuB 2023, 137; hierzu auch Hürten/Detsinas, DB 2023, 1014

Ist es einer GmbH auf Eilantrag eines Gesellschafters im Wege der einstweiligen Verfügung untersagt worden, eine geänderte Gesellschafterliste, die den Antragsteller nicht mehr als Gesellschafter ausweist, zum Handelsregister einzureichen, ist die Gesellschaft verpflichtet, hinreichende Maßnahmen zur Verhinderung einer Listeneinreichung zu ergreifen. Kommt es wegen unzureichender bzw. erfolgloser Verhinderungsmaßnahmen gleichwohl zur Einreichung der Liste, muss die Gesellschaft zur Beseitigung des Störungszustands eine Korrekturliste zum Handelsregister einreichen.

Wenn die Gesellschaft gegen ihre Verhinderungspflicht bzw. ihre Pflicht zur Einreichung einer Korrekturliste verstößt, muss sie sich so behandeln lassen, als sei die Gesellschafterliste, die Gegenstand der Untersagungsverfügung ist, nie in den Handelsregisterordner aufgenommen worden. Die Gesellschaft kann sich nicht über die eingeschränkte Rechtskraftwirkung der im einstweiligen Verfügungsverfahren ergangenen Entscheidung dadurch hinwegsetzen, dass sie unter Berufung auf die Legitimationswirkung einer Gesellschafterliste, die den Eilantragsteller nicht mehr als Gesellschafter ausweist, Beschlüsse fasst.KG, Beschluss v. 09.11.2017, 23 U 67/15, GmbHR 2018, 361  

34Um dem Geschäftsführer die Einhaltung der Anforderungen aus §§ 16, 40 GmbHG möglichst zu erleichtern, sollte der Gesellschaft und den Gesellschaftern daran gelegen sein, bei möglichst vielen Fällen einer Änderung bei den Gesellschaftern die Liste durch einen Notar erstellen zu lassen, diesen also an der Anteilsübertragung mitwirken zu lassen, wo immer dies nicht ohnehin gesetzlich vorgesehen ist, wie etwa bei der Anteilsübertragung, die nach § 15 GmbHG immer noch zu beurkunden ist.

Ist ein Gesellschafter zu Unrecht nicht in der Gesellschafterliste eingetragen, steht ihm ein Anspruch auf Einreichung einer korrigierten Gesellschafterliste zu, den er im Wege der Leistungsklage entsprechend § 67 II AktG gegen die Gesellschaft durchsetzen kann. Der Anspruch besteht auch dann, wenn der tatsächlich eingetragene Scheingesellschafter der Einreichung einer korrigierten Gesellschafterliste widerspricht. Der tatsächlich berechtigte Gesellschafter muss sich nicht darauf verweisen lassen, die Rechtslage zunächst in einem Rechtsstreit mit dem eingetragenen (Schein-)Gesellschafter zu klären. KG, Beschluss v. 10.07.2019, 2 W 16/19, NZG 2019, 913

§ 16 I 1 GmbHG begründet eine unwiderlegbare Vermutung für die Gesellschafterstellung des Eingetragenen in dem in der Gesellschafterliste verzeichneten Umfang. Die Regelung des § 121 II 2 AktG, wonach Personen, die im Handelsregister eingetragen sind, als befugt zur Einberufung einer Gesellschafterversammlung gelten, findet auf die GmbH keine entsprechende Anwendung. OLG Brandenburg, Urteil v. 21.08.2019, 7 U 169/18, GmbHR 2020, 98

e) Auswirkungen auf Notare

35Für die Erstellung der Gesellschafterliste durch den Notar sind die Mitteilungen und der Nachweis der Anteilsübertragung durch den betroffenen neuen Gesellschafter nicht von entscheidender Bedeutung. Der Notar hat die Rechtslage aufgrund eigener Kompetenz zu beurteilen. Ein eventueller Fehler des Notars beeinträchtigt nicht die Wirkungen der Gesellschafterliste.MüKoGmbHG/Heidinger, (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 68

36Die Liste ist nach § 40 II Satz 2 GmbHG mit einer Notarbescheinigung zu versehen. Damit dokumentiert das Gesetz eine stärkere Richtigkeitsgewähr der vom Notar erstellten Liste und damit eine verstärkte Rechtsscheinwirkung.MüKoGmbHG/Heidinger, (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 68

37Schwierigkeiten können sich für den Notar vor allen Dingen bei einer aufschiebend bedingten Anteilsübertragung ergeben, wenn ihm die Parteien den Eintritt der Bedingung nicht mitteilen. Hier ist umstritten, inwieweit den Notar dann Pflichten zur Aufklärung des wahren Sachverhalts treffen.

Eine notarielle Gesellschafterliste kann auch noch nach Einreichung beim Handelsregister und Aufnahme in den Registerordner wegen offenbarer Unrichtigkeit gemäß § 44a II BeurkG berichtigt werden. Die Urschrift der entsprechend berichtigten Gesellschafterliste bleibt gemäß § 45 I BeurkG in Verwahrung des Notars. Die Berichtigung erfolgt durch Einreichung einer elektronisch beglaubigten Abschrift der berichtigten Gesellschafterliste beim Handelsregister. Hierfür reicht nicht aus, dass bei dem insoweit gemäß § 12 II HGB einzureichenden elektronischen Dokument die Berichtigung allein im Text der Urkunde vorgenommen wird; vielmehr muss auch die elektronisch beglaubigte Abschrift der berichtigten Gesellschafterliste einen Berichtigungsvermerk gemäß § 44a II BeurkG enthalten, der Umstand und Zeitpunkt der Berichtigung erkennen lässt.OLG Nürnberg, Beschluss v. 28.12.2017, 12 W 2005/17  In die Gesellschafterliste ist ein Testamentsvollstrecker-Vermerk nicht aufzunehmen.BGH, Beschluss v. 24.02.2015, II ZB 17/14, http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&amp;Art=en&amp;sid=50c60b75f0992d8e72391b905b9582e0&amp;nr=70645&amp;pos=0&amp;anz=1, WM 2015, 725

f) Auswirkungen auf Dritte

38Nicht zu unterschätzende Auswirkungen auf Dritte können Maßnahmen der (neuen) Geschäftsführung im Schwebezustand zwischen Anteilsveräußerung, Bestellung der neuen Geschäftsführung durch den Erwerber und dem Unterbleiben der Aufnahme der Gesellschafterliste zum Handelsregister haben. Wird die Liste nicht unverzüglich nach § 16 I, 2 GmbHG ins Handelsregister aufgenommen, ist die Bestellung des neuen Geschäftsführers unwirksam und war die Gesellschaft nicht ordnungsgemäß vertreten.

g) Gutgläubiger Erwerb nach § 16 III GmbHG

39Die für den Rechtsverkehr wahrscheinlich bedeutsamste Neuerung des § 16 GmbHG ist die Möglichkeit, dass Geschäftsanteile gutgläubig erworben werden können. Anknüpfungspunkt für den gutgläubigen Erwerb ist auch hier die Gesellschafterliste. Der gute Glaube wird aber nicht in dem Umfang geschützt, wie dies der Wortlaut des Gesetzes nahelegt. Nicht geschützt ist vor allen Dingen der gute Glaube an die Existenz des Anteils und an dessen Lastenfreiheit.BGH, Beschluss v. 20.09.2011, II ZB 17/10, http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=e944317a983e59b61512e3989a15ecec&nr=58010&pos=0&anz=1,  NZG 2011, 1268, Rn. 19; Noack/Servatius/Haas, (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 26 Der gute Glaube an das Bestehen oder Nichtbestehen von beschränkten dinglichen Rechten wird auch nicht geschützt, da solche Rechte in die Gesellschafterliste nicht eingetragen werden können. Vor allen Dingen nicht geschützt wird der gute Glaube daran, dass der Gesellschafter über den Anteil ohne Zustimmung der Gesellschaft bzw. der übrigen Gesellschafter (sogenannte Vinkulierung) frei verfügen kann.BGH, Beschluss v. 20.09.2011, II ZB 17/10, http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&amp;Art=en&amp;sid=93132197bfa2e1ace53ec2599158914e&amp;nr=58010&amp;pos=0&amp;anz=1, GmbHR 2011, 1269; Lutter/Hommelhoff/Bayer, (o. Fußn. 6), § 16 Rn. 76; Scholz/Seibt, (o.Fußn. 10), § 16 Rn. 76; Rodewald, GmbHR 2009, 196, 197, Noack/Servatius/Haas, (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 26   Ferner ist der gutgläubige Erwerb eines in die Insolvenzmasse gefallenen Geschäftsanteils nicht möglich (§ 81 I 1 InsO).

aa) Grundvoraussetzungen des gutgläubigen Erwerbs

40Folgende Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit ein gutgläubiger Erwerb überhaupt möglich ist:

  • Bestehen des Geschäftsanteils,
  • unrichtige Wiedergabe des Inhabers oder des Umfangs seiner Beteiligung in der ins Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste,
  • rechtsgeschäftlicher Erwerb eines Geschäftsanteils,
  • Zurechenbarkeit beim Berechtigten oder Ablauf der Dreijahresfrist,
  • kein Widerspruch,
  • keine Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von der fehlenden Berechtigung des Veräußerers beim Erwerber.
bb) Existenz des Geschäftsanteils, Stückelung

41Nur der Erwerb eines existierenden Geschäftsanteils ist möglich.RegBegr. BR-Drs. 354/07, 88; Götze/Bressler, NZG 2007, 894, 897

42Geschützt wird auch der gute Glaube an die Richtigkeit der Stückelung: Dies bedeutet, dass, wenn der Anteil zwar besteht, aber die Stückelung des Anteils in der Liste nicht richtig wiedergegeben ist, z.B. weil Zusammenlegung oder Teilung von Anteilen nicht eingetragen wurde, ein gutgläubiger Erwerb des Geschäftsanteils in der richtigen Stückelung möglich ist.Noack/Servatius/Haas(o. Fußn. 3), § 16 Rn. 28

cc) Unrichtigkeit der Gesellschafterliste

43Weitere Voraussetzung für den gutgläubigen Erwerb ist, dass eine unrichtige Gesellschafterliste beim Handelsregister aufgenommen wurde. Ist die Liste in irgendeiner Weise nicht vollständig, fehlt beispielsweise die Unterschrift des Geschäftsführers, sind die Angaben hinsichtlich des angeblichen Inhabers nicht identifizierbar oder ist der Anteil nicht identifizierbar, so ist ein gutgläubiger Erwerb nicht möglich.Zsfd: Noack/Servatius/Haas, (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 33

44Unrichtig ist die Gesellschafterliste, wenn sie mit der materiellen Rechtslage nicht übereinstimmt. Dies betrifft vor allen Dingen die Unwirksamkeit des Erwerbs wegen Formmangels, wegen fehlender Zustimmung der Gesellschaft oder der Gesellschafter, soweit diese nach dem Gesellschaftsvertrag erforderlich ist, oder wegen wirksamer Anfechtung.Mayer, DNotZ 2008, 403, 417; Noack/Servatius/Haas, (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 31  Nach der RechtsprechungBGH, Beschluss v. 20.09.2011, II ZB 17/10, http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=e944317a983e59b61512e3989a15ecec&nr=58010&pos=0&anz=1,  NZG 2011, 1268, Rn. 14 ist ein gutgläubiger Erwerb eines bedingt übertragenen Geschäftsanteils nicht möglich. Dieser Problematik liegt folgende Konstellation zugrunde: Der in die Liste zu Unrecht eingetragene Gesellschafter überträgt seinen Geschäftsanteil aufschiebend bedingt (Kaufpreiszahlung, Freigabe durch Kartellamt) an einen neuen Gesellschafter. Bevor die Bedingung eingetreten ist, überträgt er den Geschäftsanteil noch einmal an einen weiteren neuen Gesellschafter. Dieser kann nicht gutgläubig erwerben, da die Gesellschafterliste so lange nicht unrichtig ist, wie die Bedingung nicht eingetreten ist. Die Gesellschafterliste kann eine aufschiebend bedingte Übertragung von Geschäftsanteilen nicht erfassen. Sie ist so lange richtig, bis die Bedingung eingetreten ist und dann der neue Gesellschafter in der neuen Liste vermerkt ist. Das Ergebnis ist in gewissem Sinne unbefriedigend, da der zweite Erwerber, der an sich das Vollrecht erwirbt, schlechter gestellt wird als der Ersterwerber, der bei Eintritt der Bedingung gutgläubig erwerben kann.

dd) Rechtsgeschäftlicher Erwerb

45Anders als I und II gilt III nur für den rechtsgeschäftlichen Erwerb, nicht bei Erwerb durch Erbgang, Verschmelzung oder Bildung einer Gütergemeinschaft.Noack/Servatius/Haas, (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 30

46Eine weitere wichtige Voraussetzung ist, dass ein sogenanntes Verkehrsgeschäft vorliegt. Das bedeutet, dass sich auf Seiten des Veräußerers und des Erwerbers fremde Dritte gegenüberstehen müssen, da ansonsten keine Notwendigkeit besteht, den guten Glauben zu schützen. Kein Verkehrsgeschäft sind vor allen Dingen Fälle der sogenannten fremdnützigen Treuhand oder der Übertragung an eine Gesellschaft, die vom Gesellschafter ebenfalls beherrscht wird.Noack/Servatius/Haas, (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 30

ee) Ausschlussgründe für gutgläubigen Erwerb
Fehlende Zurechenbarkeit der Unrichtigkeit vor Erreichen der Dreijahresfrist

47Ist die unrichtige Gesellschafterliste, die den nicht berechtigten Veräußerer als Gesellschafter ausweist, noch nicht länger als drei Jahre beim Handelsregister aufgenommen (zur Berechnung der Dreijahresfrist siehe unten), so scheitert ein gutgläubiger Erwerb, wenn dem tatsächlichen, aber nicht eingetragenen Berechtigten die Unrichtigkeit der Liste nicht zuzurechnen ist. Lag die Unrichtigkeit im Risikobereich des Berechtigten, muss er sich die Unrichtigkeit zurechnen lassen und kann nicht intervenieren.Scholz/Seibt, (o. Fußn. 10), § 16 Rn. 103; Noack/Servatius/Haas, (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 37  Die Unrichtigkeit ist dem tatsächlich Berechtigten vor allen Dingen dann zuzurechnen, wenn er selber in irgendeiner Weise dazu beigetragen hat, dass die Liste unrichtig ist. Eine grundsätzliche Pflicht, die in das Handelsregister aufgenommene Gesellschafterliste regelmäßig zu kontrollieren, besteht allerdings auch nicht.Noack/Servatius/Haas(o. Fußn. 3), § 16 Rn. 39  Der wahre Berechtigte muss aber tätig werden, wenn er Kenntnis von der Unrichtigkeit der Gesellschafterliste erhält. Unternimmt er nichts, ist gutgläubiger Erwerb vom zu Unrecht eingetragenen Veräußerer möglich.Scholz/Seibt, (o. Fußn. 10), § 16 Rn. 106

ff) Unrichtigkeit der Liste für mehr als 3 Jahre

48Unabhängig davon, wer die Unrichtigkeit der Liste zu verantworten hat, ist der gutgläubige Erwerb immer dann möglich, wenn die Liste bereits mehr als drei Jahre unrichtig ist. Maßgebender Zeitpunkt für den Fristbeginn, also für die Berechnung der drei Jahre, ist die Aufnahme der unrichtigen Gesellschafterliste in das Handelsregister. War die Liste zunächst richtig, ist dann aber ein Wechsel der Inhaberschaft eingetreten und dies nicht dokumentiert worden, ist der letztgenannte Zeitpunkt maßgeblich. Schließt sich die eine unrichtige Liste an die andere unrichtige Liste an, so ist der erste Zeitpunkt maßgeblich, zu dem eine unrichtige Liste in das Handelsregister aufgenommen wurde.Scholz/Seibt, (o. Fußn. 10), § 16 Rn. 101; Lutter/Hommelhoff/Bayer, (o. Fußn. 4), § 16 Rn. 79; Mayer, DNotZ 2008, 403, 420; Noack/Servatius/Haas, (o. Fußn. 3), § 16, Rn. 40

gg) Widerspruch

49Der gutgläubige Erwerb wird auch durch einen Widerspruch des Berechtigten gehindert, sobald dieser der Liste zugeordnet ist. Die Zuordnung erfolgt entweder mit Zustimmung dessen, gegen dessen formale Stellung sich der Widerspruch richtet (in der Praxis dürfte dies eher selten sein).Scholz/Seibt, GmbHG, (o. Fußn. 10), § 16 Rn. 95; Noack/Servatius/Haas, (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 41  In der Praxis häufiger ist der Erlass einer einstweiligen Verfügung durch das jeweils zuständige Gericht, wobei zwar die wahre Rechtsstellung des Berechtigten glaubhaft gemacht werden muss, nicht aber die konkrete Gefährdung seiner Rechtsstellung (III 5).

Macht ein Gesellschafter glaubhaft, dass kein wichtiger Grund für eine Einziehung seines Geschäftsanteils gegeben ist, ist zum Schutz vor dem Verlust des Geschäftsanteils an Dritte durch gutgläubigen Erwerb bis zur Klärung der Rechtmäßigkeit der Einziehung die Zuordnung eines Widerspruchs zu der neuen Gesellschafterliste im Wege einer einstweiligen Verfügung geboten, um die Gefahr irreparabler Fakten durch die Einziehung auszuschließen. § 16 III 2 GmbHG schränkt den Anspruch auf Zuordnung eines Widerspruchs gemäß § 16 III 4 und 5 GmbHG nicht ein. Passivlegitimiert sind die Gesellschafter, die unrichtig als alleinige Gesellschafter eingetragen sind. Der Widerspruch ist auch statthaft, wenn es nur zu einer Änderung des Beteiligungsumfangs bei bereits in die Liste eingetragenen Gesellschaftern kommt.LG Kassel, Urteil v. 11.07.2018, 11 O 4146/16, GWR 2019, 29  

Die Zuordnung eines Widerspruchs zur Gesellschafterliste im Handelsregister nach § 16 III 4 GmbHG soll einen gutgläubigen Erwerb des Geschäftsanteils von einem Nichtberechtigten verhindern. Ist aber der Geschäftsanteil infolge des Wirksamwerdens der Einziehung untergegangen, ist ein gutgläubiger Erwerb des Geschäftsanteils nicht mehr möglich. Nur der Erwerb eines existierenden Geschäftsanteils ist denkbar. Ein entsprechender Widerspruch geht daher ins Leere.LG Cottbus, Urteil v. 01.02.2018, 11 O 73/17, BeckRS 2018, 7135  

Im Fall eines eingetragenen Widerspruchs gegen die Eintragung eines anderen Gesellschafters kann der nach dem Einzug seines Geschäftsanteils nicht mehr in die Gesellschafterliste eingetragene Gesellschafter keine Gesellschafterrechte mehr geltend machen. Dies gilt ungeachtet der Wirksamkeit des Einziehungsbeschlusses. Der Gesellschafter kann ab dem Zeitpunkt der Aufnahme einer ihn nicht mehr aufführenden Gesellschafterliste zum Handelsregister seine mitgliedschaftlichen Rechte nicht länger ausüben.LG Köln, Beschluss v. 16.03.2020, 82 O 94/19, ZIP 2020, 2237  

hh) Kenntnis, grob fahrlässige Unkenntnis der mangelnden Berechtigung und maßgeblicher Zeitpunkt

50Der gutgläubige Erwerb ist ausgeschlossen, wenn der Erwerber Kenntnis davon hat, dass der Veräußerer nicht berechtigt ist, den Anteil zu übertragen.

51Schwieriger sind die Fälle der grob fahrlässigen Unkenntnis: Der angeblich gutgläubige Erwerber lässt die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonderem Maße außer Acht, er beachtet nicht, was unter den gegebenen Umständen jedermann hätte einleuchten müssen.Noack/Servatius/Haas(o. Fußn. 3), § 16 Rn. 35

52Wichtig ist für die Praxis aber, dass der Erwerber ohne besonderen Anlass nicht zu Nachforschungen verpflichtet ist. Wenn er aber konkrete Verdachtsmomente bezüglich der Nichtberechtigung hat, dann muss er sich Kenntnis verschaffen, ansonsten wird er als grob fahrlässig behandelt.Scholz/Seibt, (o. Fußn. 10), § 16 Rn. 86; Noack/Servatius/Haas, (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 35; Götze/Bressler, NZG 2007, 894, 898

53Der maßgebende Zeitpunkt für Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis ist die Vollendung des Rechtserwerbs.Scholz/Seibt, (o. Fußn. 10), § 16 Rn. 87; Noack/Servatius/Haas, (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 35  Anders ist die Rechtslage im Falle einer aufschiebenden Bedingung (z.B. Freigabe durch Bundeskartellamt), auf deren Eintritt die Parteien keinen Einfluss haben. Hier darf der Erwerber nicht zum Zeitpunkt der Abtretung bösgläubig sein, spätere Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis schadet dann nicht mehr.Götze/Bressler, NZG 2007, 894, 899; Mayer, DNotZ 2008, 403, 422; Noack/Servatius/Haas, (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 39  Anderes gilt allerdings, wenn der Erwerber noch Einfluss auf den Bedingungseintritt hat, vor allen Dingen, wenn er die Bedingung durch Kaufpreiszahlung selbst erfüllt. Dann kommt es für Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis auf den Zeitpunkt des Bedingungseintritts an.Götze/Bressler, NZG 2007, 894, 899; Noack/Servatius/Haas, (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 39

ii) Übergangsregelung zu Abs. 3

54§ 3 III EGGmbHG sieht für den gutgläubigen Erwerb eine Übergangsregelung vor: Ist die Gesellschafterliste bezüglich eines Geschäftsanteils vor dem 01.11.2008 unrichtig, gilt § 16 GmbHG III, wenn die Unrichtigkeit dem materiellen Berechtigten zuzurechnen ist, erst ab dem 01.05.2009. Der Berechtigte hat also sechs Monate Zeit gehabt, sich auf die Neuregelung einzustellen bzw. seine Eintragung durchzusetzen.

55Ist die Gesellschafterliste bei Inkrafttreten des Gesetzes am 01.11.2008 unrichtig gewesen, war aber die Unrichtigkeit dem wahren Berechtigten nicht zuzurechnen, ist der gutgläubige Erwerb erst bei Geschäften möglich, die nach dem 01.11.2011 vorgenommen wurden. In der Praxis dürften sich diese Fälle wohl nicht mehr stellen.

h) Gesamtbewertung der Regelung in § 16 GmbHG aus Sicht des Rechtsverkehrs

56§ 16 GmbHG erfüllt die hohen Erwartungen des Rechtsverkehrs vor allen Dingen an die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs von GmbH-Anteilen nicht. Dies liegt in erster Linie darin begründet, dass an die Gesellschafterliste als Zurechnungsgrundlage angeknüpft wird. Diese ist aber trotz aller gesetzlichen Bestimmungen und der für die Geschäftsführung angeordneten Schadensersatzpflicht manipulierbar.

57Schwerwiegender sind allerdings die Defizite beim gutgläubigen Erwerb, nämlich dass der gute Glaube an die Verfügungsbefugnis des Veräußerers nicht geschützt wird, so dass z.B. die fehlende Zustimmung der Gesellschaft oder der Gesellschafter die Wirksamkeit der Übertragung hindern kann und der gute Glaube des Erwerbers hieran nicht geschützt wird. Auch ist es nach wie vor nicht möglich, gar nicht existierende Geschäftsanteile gutgläubig zu erwerben.

58Die Regelung in § 16 I 2 GmbHG, die eigentlich die Situation des Erwerbers, der noch nicht in die Liste eingetragen ist bzw. für den die Liste noch nicht ins Handelsregister aufgenommen ist, erleichtern sollte, verfehlt ihren Sinn, indem sie bei wörtlicher Auslegung sämtliche Maßnahmen des neuen Gesellschafters vor Aufnahme der Liste in das Handelsregister schwebend unwirksam macht. Wie oben ausgeführt, muss man das Gesetz so auslegen, dass der Erwerber schon vor seiner Eintragung bestimmte Maßnahmen wirksam vornehmen kann, die dann bei Ausbleiben der Aufnahme der Liste in das Handelsregister allerdings unwirksam werden.

59Angesichts der Schwierigkeiten sowohl in der Konzeption als auch in der gesetzgeberischen Ausgestaltung, überrascht es nicht, dass es eine ganze Vielzahl von Gerichtsentscheidungen zu der neuen Regelung gibt, vor allen Dingen aber auch eine fast unübersehbare Zahl von Veröffentlichungen in der Fachliteratur, die sich mit der gesetzlichen Regelung und ihren Defiziten sowie entsprechenden Lösungsmöglichkeiten beschäftigen.

Expertenhinweise

(für Juristen)

1) Allgemeines

64§ 16 GmbHG enthält drei Regelungskomplexe, die sich auf die Eintragung des (neuen) Gesellschafters in die nach § 40 ins Handelsregister aufgenommene Gesellschafterliste beziehen und damit bestimmte Aspekte des Erwerbs von Geschäftsanteilen von der Aufnahme in die Gesellschafterliste abhängig machen. Absatz 1 und 2 betreffen das Verhältnis zwischen Gesellschaft und Gesellschafter.

2) Definitionen

a) Rechtswirkung der Eintragung in die in das Handelsregister aufgenommene Gesellschafterliste (§ 16 I 1)

aa) Veränderungen in der Person eines Gesellschafters:

63Das ist jeder Gesellschafterwechsel. Dieser kann in der Form der Einzelrechtsnachfolge durch Abtretung nach § 15 III erfolgen, die auch die Übertragung zu Sicherungszwecken oder zu Treuhandzwecken umfasst und auch den

3) Abgrenzungen, Kasuistik

a) Legitimationswirkung der Eintragung in die im Handelsregister aufgenommene Gesellschafterliste

94Durch die in I 1 statuierte Legitimationswirkung gilt derjenige, der als Gesellschafter in die ins Handelsregister aufgenommene Gesellschafterliste eingetragen ist, gegenüber der Gesellschaft als Gesellschafter und zwar unabhängig von seiner materiellrechtlichen Berechtigung; dies wird auch als formale Gesellschafterstellung bezeichnet.

4) Zusammenfassung der Rechtsprechung

a) Legitimationswirkung des I

122Die Rechtsprechung zu § 16 I beschäftigt sich insbesondere mit Fragen der Gesellschafterliste, insbesondere wer diese einreichen kann und welchen Umfang die Liste haben kann, ebenso mit dem Verhältnis der materiellrechtlichen Berechtigung zur formalen Berechtigung nach I 1.

aa) Formalien der Gesellschafterliste:
(1)

OLG München, Beschluss v. 17.07.

5) Literaturstimmen

143Die wesentlichen Diskussionen in der Literatur zur Auslegung bestimmter Tatbestandsmerkmale des § 16 erfolgen nachstehend zu Themen, zu denen sich die Rechtsprechung – soweit ersichtlich – noch nicht geäußert hat.

a) Frage der Unverzüglichkeit der Aufnahme der geänderten Gesellschafterliste ins Handelsregister

144Ein schuldhaftes Zögern wird nach einer Literaturauffassung nur im

6) Häufige Paragraphenketten

145Die häufigen Paragrafenketten, in denen § 16 GmbHG vorkommt, sind die Verbindungen mit § 15 sowie mit der Formvorschrift für die Gesellschafterliste in § 40 GmbHG.

7) Prozessuales

150Für die wesentlichen prozessualen Fragen kann auf die Darstellung der Rechtsprechung oben unter 4) verwiesen werden.

a) Legitimationswirkung

151Der Gesellschafter einer GmbH ist im Verhältnis zu dieser für seine Legitimation nicht auf eine gerichtliche Feststellung angewiesen. Diese richtet sich vielmehr nach § 16 I GmbHG. Einer auf Feststellung seiner Gesellschafterstellung gerichteten Feststellungsklage gemäß § 256 I ZPO fehlt deshalb das Feststellungsinteresse. Zulässig kann jedoch eine Zwischenfeststellungsklage nach § 256 II ZPO sein, was im konkreten Fall vom OLG Hamm bejaht wurde.OLG Hamm, Urteil v. 16.04.2014 – 8 U 82/13, NZG 2014, 783 (784) = GmbHR 2014, 935 = ZIP 2014, 1479

b) Zuordnung eines Widerspruchs nach III 3 Alt. 2

152Der materiell Berechtigte hat einen einklagbaren Anspruch gegen die Gesellschaft auf Aktualisierung der Gesellschafterliste,Michalski/Ebbing, GmbHG (o. Fußn. 3), Rn. 229; Wicke, (o. Fußn. 39), Rn. 25 der durch einstweilige Verfügung geltend gemacht werden kann.Michalski/Ebbing, GmbHG (o. Fußn. 3), Rn. 229  Der Anspruch ist entgegen der Auffassung des OLG BrandenburgNZG 2013, 507 gegen die Gesellschaft zu richten.

153Vor Ablauf der 3-Jahres-Frist ist ein geeigneter Sachvortrag zur konkreten Gefahr eines gutgläubigen Erwerbs notwendig.KG, ZIP 2014, 1881, oben (77) Antragsteller kann nur derjenige sein, der beansprucht, Inhaber des betroffenen Geschäftsanteils zu sein. Antragsgegner ist derjenige, der als Inhaber des betroffenen Geschäftsanteils in die Gesellschafterliste eingetragen ist.Lutter/Hommelhoff/Bayer, GmbH-Gesetz (o. Fußn. 6), Rn. 74; weiter, auch für Geschäftsführer, Roth/Altmeppen/Altmeppen, GmbHG (o. Fußn. 23), Rn. 77; Wicke, GmbHG (o. Fußn. 39), Rn. 25; auch für Mitgesellschafter Michalski/Ebbing, GmbHG (o. Fußn. 3), Rn. 228

154Die Löschung des Widerspruchs erfolgt auf Bewilligung desjenigen, der ihn beantragt hat, oder durch die Aufhebung der einstweiligen VerfügungLutter/Hommelhoff/Bayer, GmbHG (o. Fußn. 6), Rn. 75; Michalski/Ebbing, GmbHG (o. Fußn. 3), Rn. 230; Scholz/Seibt, GmbHG (o. Fußn. 10), Rn. 97 als „actus contrarius“ zur Zuordnungsmöglichkeit des § 16 III 4. Wie vom Kammergericht entschieden,KG, Beschluss v. 09.11.2017, 23 U 67/15, GmbHR 2018, 361  kommt die Einreichung einer neuen Gesellschafterliste ohne zugeordneten Widerspruch nicht in Betracht, da die Gesellschafterliste als solche unverändert richtig bleibt und es daher an den Voraussetzungen des § 40 I 1 fehlt.

Eine von Anfang an (teilweise) unrichtige Gesellschafterliste darf nach Aufnahme in das Handelsregister nicht entfernt oder herausgenommen werden, auch wenn sie sich im Nachhinein als unrichtig herausstellt. Derjenige, der sich auf die Unrichtigkeit einer in das Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste berufen möchte, muss die Zuordnung eines Widerspruchs erwirken. Derjenige, der eine Änderung einer falschen Gesellschafterliste bewirken will, muss durch die Einreichung einer ordnungsgemäßen Liste darauf hinwirken. OLG Brandenburg, Beschluss v. 23.08.2022, 7 W 87/22, NZG 2023, 23; NJW-Spezial 2022, 689

c) Vorläufiger Rechtsschutz gegen den Ausschluss aus der GmbH 

Von hoher Praxisrelevanz ist, ab welchem Zeitpunkt der ausgeschlossene Gesellschafter gerichtlichen Eilrechtsschutz in Anspruch nehmen kann. Dabei geht es insbesondere um die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen der Ausgeschlossene sich präventiv gegen die Einreichung einer geänderten Gesellschafterliste zur Wehr setzen kann, oder ob er erst die Einreichung abwarten muss, um nachträglich seine Weiterbehandlung als Gesellschafter zu verlangen.Könen/Dietlein/Schubert, NZG 2021, 771.  

Der ausgeschlossene Gesellschafter hat die Möglichkeit, die Einreichung einer geänderten Gesellschafterliste untersagen zu lassen und der Gesellschaft aufzugeben, den Ausgeschlossenen vorläufig weiter als Gesellschafter zu behandeln.

Der erfolgreichen einstweiligen Verfügung kommt erhebliche Wirkung zu: der BGH entschied im Urteil vom 02.07.2019 (s. o. 15), dass der ausgeschlossene Gesellschafter im Wegen des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die insoweit passivlegitimierte Gesellschaft das Verbot erwirken kann, eine neue Gesellschafterliste, in der er nicht mehr aufgeführt ist, beim Registergericht einzureichen. Wenn die Gesellschaft von dem Verbot Kenntnis hat, ist sie nach Treu und Glauben gehindert, sich auf die formelle Legitimationswirkung des § 16 I 1 GmbHG aufgrund der dennoch eingereichten und im Handelsregister aufgenommenen Liste zu berufen.

Das OLG München hat sich zunächst im Urteil vom 02.12.2020 (25) und dann im Beschluss vom 18.05.2021 (28) mit den Anforderungen an den Verfügungsgrund für den Erlass einer einstweiligen Verfügung beschäftigt. Im Urteil vom 02.12.2020 sah das OLG keinen Verfügungsgrund: der Ausschließungsbeschluss sei aufgrund der Feststellung durch die Versammlungsleitung vorläufig verbindlich. Daraus folge aber noch nicht der vorläufig verbindliche Ausschluss des Gesellschafters aus der Gesellschaft. Bei einer fehlenden Satzungsregelung über den Ausschluss eines Gesellschafters führt auch ein vorläufig verbindlicher Ausschließungsbeschluss nicht zum Ausschluss; vielmehr sei hierzu ein rechtskräftiges Gestaltungsurteil nach erfolgreich erhobener Ausschlussklage erforderlich. Im konkreten Fall war der ausgeschlossene Gesellschafter aufgrund einer erstinstanzlich erlassenen einstweiligen Anordnung weiterhin von der Gesellschaft als Gesellschafter behandelt und zu weiteren Gesellschafterversammlungen eingeladen worden. Die Aufnahme einer geänderten Gesellschafterliste sei auch deshalb nicht erheblich, da das Registergericht aufgrund positiver Kenntnis der Satzung, des Beschlusstextes und in Ermangelung eines Gestaltungsurteils eine geänderte Gesellschafterliste nicht aufnehmen dürfe.

Im Beschluss vom 18.05.2021 (28) hielt das OLG München fest, dass für die Anordnung einer einstweiligen Verfügung zu Gunsten eines GmbH-Gesellschafters im Zusammenhang mit der Einziehung eines Gesellschaftsanteils eine überwiegende Wahrscheinlichkeit genüge, dass die Einziehung rechtswidrig sei.

Mit der einstweiligen Verfügung kann auch die Korrektur der nach Einziehung bereits geänderten Gesellschafterliste angeordnet werden.

In der Praxis sollte so vorgegangen werden, dass – abgesehen von dem besprochenen Sonderfall des Urteils des OLG München vom 02.12.2020 – bei entsprechendem Beschluss zum Ausschluss bzw. zur Einziehung ein Antrag auf Erlass einer entsprechenden einstweiligen Verfügung gestellt wird. Der Verfügungsgrund folgt bereits aus dem gefassten Gesellschafterbeschluss, jedenfalls, wenn dieser durch einen Versammlungsleiter festgestellt worden ist. Auch wenn in der Satzung keine Regelung enthalten ist, dass mit dem Beschluss bereits der Ausschluss feststeht, entfällt der Verfügungsgrund nicht.Könen/Dietlein/Schubert, NZG 2021, 771, 776.

Solange man dem Registergericht mit Blick auf die Gesellschafterliste eine generelle materielle Prüfungsverantwortung abspricht, indiziert bereits der Ausschließungsbeschluss das Vorliegen eines Verfügungsgrunds.

Kommt ein einstweiliger Verfügungsantrag bereits zu spät, da der Geschäftsführer die geänderte Gesellschafterliste unverzüglich nach Beschlussfassung eingereicht hat, sollte in jedem Fall hilfsweise zu dem Einreichungsverbot ein Fortbehandlungsgebot als Gesellschafter beantragt werden. Parallel sollte sich der Gesellschafter – bei evidenten Verstößen gegen die Satzung (z. B. keine Satzungsregelung zu Ausschluss und Einziehung) – unmittelbar an das Registergericht wenden, um diesem positive Kenntnis von dem Wortlaut des Gesellschafterbeschlusses zu verschaffen und so die Aufnahme der geänderten Gesellschafterliste in den Registerordner zu verhindern.

Zu empfehlen ist, den Antrag, den Einziehungsbeschluss „zu suspendieren“, so zu konkretisieren, dass auch dem Risiko der Gesellschaft Rechnung getragen wird. Bei dem Antrag auf Fortbehandlung als Gesellschafter ist z. B. der Anspruch von Gewinnauszahlung aus den Rechten auszunehmen, die einstweilen zu belassen sind. Stellt sich nämlich im Hauptsacheverfahren doch heraus, dass der Einziehungsbeschluss wirksam war, dürfte die Rückforderung von dann zu Unrecht ausgezahlten Gewinnen praktisch sehr schwierig werden.Wanner-Laufer, NJW 2021, 1144, 1147.  

d) Keine Beschwerde gegen Eintragung in die Gesellschafterliste 

Gemäß § 395 I FamFG kann Beschwerde gegen eine unzulässige Eintragung in das Handelsregister eingelegt werden, mit dem Ziel, die unrichtige Eintragung zu löschen. Die Löschung nach § 395 FamFG dient dem Zweck, im öffentlichen Interesse erlassene Vorschriften über die Eintragung in das Handelsregister durchzusetzen. Die Löschung soll bewirken, dass das Register von materiell unrichtigen oder unwirksamen Eintragungen bereinigt wird. Verstöße gegen andere Vorschriften können nicht zu einem Löschungsverfahren nach § 395 FamFG führen.

Die Gesellschafterliste nach § 16 GmbHG stellt keine solche Eintragung dar. Ebenso wenig sind in den Registerordner aufgenommene Unterlagen Eintragungen im Sinne des § 395 FamFG. Die Gesellschafterliste ist vielmehr eine neben der Eintragung auf dem Registerblatt vorhandene Unterlage, die lediglich in die Unterlagen zum Register aufgenommen und dort verwahrt werden muss (§ 8 I Nr. 3, § 40 GmbHG). Sie unterliegt damit weder einem Löschungs- noch einem Berichtigungsverfahren.

Eine Gesellschafterliste nach § 16 GmbHG, die gemäß § 40 GmbHG beim Handelsregister eingereicht worden ist, kann nur dann einer Überprüfung unterzogen werden, wenn sie inhaltlich unrichtig ist, wenn also ein Gesellschafter unrichtig angegeben ist; in diesem Fall kann Widerspruch gegen die Gesellschafterliste eingelegt werden, § 16 III GmbHG.OLG Brandenburg, Beschluss v. 14.04.2021, 7 W 89/20, FGPrax 2021, 115  

e) Richtiger Hauptsacheantrag für Klage nach einer einstweiligen Verfügung 

Eine nach § 926 I ZPO zu erhebende Klage muss den Anspruch betreffen, der in der Arrest- bzw. die einstweilige Verfügung sichern soll, um zu gewährleisten, dass die Klage tatsächlich zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Eilentscheidung führt.

Zwar steht einem zu Unrecht nicht in die Gesellschafterliste eingetragenen Gesellschafter auch gegen die Gesellschaft ein Anspruch auf Einreichung einer korrigierten Gesellschafterliste zu, den er im Wege einer Leistungsklage geltend machen kann. Daneben besteht jedoch auch ein Berichtigungsanspruch gegen den zu Unrecht eingetragenen Scheingesellschafter. Allein dieser Anspruch, nicht derjenige gegen die Gesellschaft gerichtete Anspruch, auf Einreichung einer korrigierten Liste stellt die Hauptsache zu einer auf Zuordnung eines Widerspruchs gerichteten einstweiligen Verfügung dar.KG, Beschluss v. 13.08.2019, 2 W 22/19, NZG 2019, 1179  

8) Anmerkungen

151§ 16 GmbHG erfüllt die hohen Erwartungen des Rechtsverkehrs vor allen Dingen an die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs von GmbH-Anteilen nicht. Dies liegt in erster Linie darin begründet, dass an die Gesellschafterliste als Zurechnungsgrundlage angeknüpft wird. Die Gesellschafterliste ist ihrerseits aber manipulierbar und genießt nicht den öffentlichen Glauben wie etwa das Grundbuch i. S. v. § 885 BGB.

152Die Regelung in § 16 I 2 GmbHG, die eigentlich die Situation des Erwerbers, der noch nicht in die Liste eingetragen ist bzw. für den die Liste noch nicht ins Handelsregister aufgenommen ist, erleichtern sollte, birgt das Risiko, dass bei wörtlicher Auslegung der Bestimmung sämtliche Maßnahmen des neuen Geschäftsführers vor Aufnahme der Liste in das Handelsregister schwebend unwirksam sind. Schwierigkeiten gibt es auch hinsichtlich der Maßnahmen des bisherigen Geschäftsführers, der mit Aufnahme der Liste in das Handelsregister rückwirkend abberufen wird. Hier kann den Beteiligten nur dringend geraten werden, diese Themen im Rahmen einer Vereinbarung anlässlich des Abschlusses des Anteilskauf- und -übertragungsvertrags zu regeln bzw. entsprechende Vollmachten zu erteilen.

Die vom Gesetz in § 16 I 1 GmbHG angeordnete strenge Legitimationswirkung der Gesellschafterliste führt insbesondere in Fällen der unrechtmäßigen Einziehung von Geschäftsanteilen, die häufig Gegenstand einer heftigen Auseinandersetzung zwischen Gesellschaftern sind, zu als unbillig empfundenen Ergebnissen. Die Rechtsprechung stellt hohe Anforderungen an den Antrag einer einstweiligen Verfügung zu Gunsten des zu Unrecht ausgeschlossenen Gesellschafters. Es kann hier nur dringend empfohlen werden, sich in der Beratung eines von einer Ausschließung bzw. Einziehung des Geschäftsanteils betroffenen Gesellschafters frühzeitig um die entsprechenden Grundlagen sowie die Vorbereitung eines entsprechenden Antrags zu bemühen.


Fußnoten