Schliessen
von Göler (Hrsg.) / Benjamin Lüders, Nilüfer Toprak LL.M. / § 38
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§ 38 Widerruf der Bestellung

(1) Die Bestellung der Geschäftsführer ist zu jeder Zeit widerruflich, unbeschadet der Entschädigungsansprüche aus bestehenden Verträgen.

(2) Im Gesellschaftsvertrag kann die Zulässigkeit des Widerrufs auf den Fall beschränkt werden, daß wichtige Gründe denselben notwendig machen. Als solche Gründe sind insbesondere grobe Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung anzusehen.

(3) Der Geschäftsführer hat das Recht, um den Widerruf seiner Bestellung zu ersuchen, wenn er wegen Mutterschutz, Elternzeit, der Pflege eines Familienangehörigen oder Krankheit seinen mit der Bestellung verbundenen Pflichten vorübergehend nicht nachkommen kann und mindestens ein weiterer Geschäftsführer bestellt ist. Macht ein Geschäftsführer von diesem Recht Gebrauch, muss die Bestellung dieses Geschäftsführers

  • 1. widerrufen und dabei die Wiederbestellung nach Ablauf des Zeitraums der in § 3 Absatz 1 und 2 des Mutterschutzgesetzes genannten Schutzfristen zugesichert werden,
  • 2. in den Fällen der Elternzeit, der Pflege eines Familienangehörigen oder der Krankheit widerrufen und dabei die Wiederbestellung nach einem Zeitraum von bis zu drei Monaten entsprechend dem Verlangen des Geschäftsführers zugesichert werden; von dem Widerruf der Bestellung kann abgesehen werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.

In den in Satz 2 Nummer 2 genannten Fällen kann die Bestellung des Geschäftsführers auf dessen Verlangen für einen Zeitraum von bis zu zwölf Monaten widerrufen werden. § 77a Absatz 2 findet auf Bestellungen während des Zeitraums nach den Sätzen 2 oder 3 keine Anwendung, wenn das Beteiligungsgebot ohne den Widerruf eingehalten wäre.

Für den Rechtsverkehr

(für Nichtjuristen)

zum Expertenteil (für Juristen)

Bedeutung für den Rechtsverkehr, häufige Anwendungsfälle

1. Allgemeines

1§ 38 GmbH ist die zentrale Norm für die Gesellschaft und die Gesellschafter, um die Bestellung des Geschäftsführers zu widerrufen. Allerdings stellt § 38 GmbHG nur einen der möglichen Beendigungsgründe der Geschäftsführerstellung dar. So kann z.B. die Organstellung des Geschäftsführers auch durch Zeitablauf, Tod, Amtsunfähigkeit (vgl. § 6), vertragliche Aufhebung oder durch Amtsniederlegung beendet werden.

2. Regelungsziel

2Der im Gesetzestext verwendete Begriff „Widerruf“ der Bestellung meint tatsächlich die Abberufung des Geschäftsführers aus seinem Amt.

§ 38 I GmbHG soll einen Ausgleich dafür schaffen, dass die Gesellschafter fortlaufend hinsichtlich der Geschäftsführungstätigkeit des Geschäftsführers vertrauen müssen und der Geschäftsführer im Umfang seiner Vertretungsmacht grundsätzlich unbeschränkt und unbeschränkbar (§ 37 II S. 1 GmbHG) ist. Daher soll ein Geschäftsführer nur so lange amtieren können, wie er auch das volle Vertrauen der Gesellschafter hat. Zum Ausdruck kommt dabei auch die überragende Stellung der Gesellschafterversammlung. Sie ist das oberste Organ der Gesellschaft und sie bestimmt grundsätzlich über die Bestellung und Abberufung eines Geschäftsführers (§ 46 Nr. 5 GmbHG).

3. § 38 I GmbHG – freier Widerruf

a) Allgemein

3Das Gesetz sieht als Regelfall vor, dass der Geschäftsführer jederzeit abberufen werden kann. Allerdings ist § 38 I GmbHG abdingbar. Das heißt, im Gesellschaftsvertrag können die Gesellschafter eine andere Regelungen treffen. Zum Beispiel kann das Abberufungsrecht nur auf die Fälle beschränkt werden, dass ein wichtiger Grund für die Abberufung (§ 38 II GmbHG) oder eine qualifizierte Stimmenmehrheit vorliegen muss. Werden dagegen im Gesellschaftsvertrag gar keine anderweitigen Regelungen getroffen, so kann der Geschäftsführer entsprechend § 38 I GmbHG jederzeit abberufen werden und dies ohne Begründungszwang. Letzteres bedeutet, dass keine sachlichen Gründe für die Abberufung benannt werden und auch nicht vorliegen müssen. Nur ausnahmsweise kann die freie Abberufbarkeit eines Geschäftsführers gegen die Treuepflicht der Gesellschafter untereinander verstoßen. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn in einer Zwei-Mann-GmbH der Gesellschafter-Geschäftsführer abberufen werden soll und dieser seine Lebensplanung auf die Tätigkeit in der Gesellschaft abgestellt hat. Dann wird angenommen, dass die Abberufung nur aus wichtigem Grund erfolgen kann.

b) Zuständigkeit und Abberufungsverfahren
aa) Zuständigkeit

4Wie die Zuständigkeit zur Bestellung, so liegt ebenfalls die Abberufungszuständigkeit bei den Gesellschaftern bzw. der Gesellschafterversammlung (§ 46 Nr. 5 GmbHG), sofern nicht der Gesellschaftsvertrag ein anderes Organ (zum Beispiel Aufsichtsrat, Beirat, Gesellschafterausschuss oder einzelne Gesellschafter) dafür bestimmt. Im Gesellschaftsvertrag kann beispielweise auch geregelt werden, dass die Abberufungszuständigkeit nur einem Gesellschafter zusteht oder einer bestimmten Gesellschaftergruppe.

Dagegen kann gesellschaftsexternen Dritten nicht die Abberufungskompetenz übertragen werden.

bb) Gesellschafterbeschluss

Sind keine vom Gesetz abweichenden Regelungen getroffen zur Abberufungszuständigkeit getroffen worden sind die Gesellschafter für die Abberufung zuständig. Es bedarf dann für die Abberufung des Geschäftsführers eines wirksamen Beschlusses der Gesellschafterversammlung. Ein Gesellschafter-Geschäftsführer darf bei seiner eigenen Abberufung nach § 38 I GmbHG – also ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes - mit abstimmen.

Vor der Beschlussfassung muss der Geschäftsführer nicht gehört werden.

cc) Vollzug der Abberufung

Für den Vollzug der Abberufung des Geschäftsführers ist es erforderlich, die Abberufung gegenüber diesem bekannt zu geben. Ist der Geschäftsführer bei der Beschlussfassung gegenwärtig, wird seine Abberufung formfrei ihm gegenüber sofort wirksam, sofern sie unbedingt und mit sofortiger Wirkung erklärt wurde. Ist der Geschäftsführer nicht anwesend, muss ihm der Beschluss bekannt gegeben werden. Die Zuständigkeit für die Bekanntgabe liegt grundsätzlich bei der Gesellschafterversammlung, es sei denn, die Gesellschafterversammlung hat einen anderen Geschäftsführer oder einen Dritten mit der Bekanntgabe beauftragt.

Praxis-Tipp: In einem solchen Fall muss auch ein entsprechender Gesellschafterbeschluss gefasst werden, welcher zum Inhalt die Beauftragung eines Dritten, die Abberufung gegenüber dem Geschäftsführer bekannt zu geben, hat.

Die Erklärung der Abberufung bedarf keiner besonderen Form, sollte zu beweiszwecken aber schriftlich und per Einschreiben oder persönliche Übergabe gegen Empfangsbekenntnis erfolgen. Der Beschluss über die Abberufung des Geschäftsführers wird mit Zugang der Erklärung an den Geschäftsführer wirksam.

Für den weiteren Vollzug ist die Abberufung zum Handelsregister anzumelden. Dies sollte auch dann geschehen, wenn die Wirksamkeit der Abberufung streitig ist. Die Anmeldung zum Handelsregister erfolgt durch einen anderen Geschäftsführer.

c) Kündigung des Geschäftsführeranstellungsvertrages

5Von der Abberufung zu unterscheiden ist die Beendigung des Anstellungsverhältnisses. Abberufung und Kündigung stellen daher zwei unterschiedliche Vorgänge dar. In der Praxis wird dies so gehandhabt, dass neben dem Gesellschafterbeschluss über die Abberufung eines Geschäftsführers auch ein Gesellschafterbeschluss über die (ordentliche und, bei Vorliegen von wichtigen Gründen für die Abberufung, die außerordentliche) Kündigung des Geschäftsführeranstellungsvertrags gefasst wird. Dieser Beschluss enthält auch bereits einen Widerspruch der Fortführung des Dienstverhältnisses nach dem Beendigungszeitpunkt. Auch wird ein Beschluss darüber gefasst, dass eine Person (meistens einer der Gesellschafter) damit beauftragt wird, die Kündigung dem Geschäftsführer bekannt zu geben.

Zu beachten ist, dass so lange die Kündigung des Anstellungsverhältnisses nicht erfolgt und wirksam geworden ist, der Geschäftsführer grundsätzlich seinen Vergütungsanspruch behält.

4. § 38 II GmbHG – Einschränkungen der freien Widerrufbarkeit

a) Allgemein

6Abweichend von § 38 I GmbHG kann der Abberufungsgrund auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes beschränkt sein. Dies muss allerdings im Gesellschaftsvertrag festgelegt werden oder sich durch Auslegung ergeben. Die Abberufung aus wichtigem Grund kann nicht ausgeschlossen werden, da es möglich sein muss auch gegen den Willen der Mehrheit der Gesellschafter einen nicht mehr tragbaren Geschäftsführer seines Amtes zu entheben.

b) Grundlagen der Einschränkung

Es gibt unterschiedliche Gründe, aus denen die freie Abberufbarkeit eingeschränkt sein kann. Das kann sich aus dem Gesellschaftsvertrag, vertraglichen Abreden unter den Gesellschaftern, aus gesetzlichen Regelungen zur Mitbestimmung von Arbeitnehmern oder aus Treuepflichten ergeben.

aa) Sonderrechte des abberufenen Geschäftsführers

Zugunsten eines Gesellschafters kann beispielsweise ein Sonderrecht in die Satzung aufgenommen werden mit dem Inhalt, dass dem begünstigten Gesellschafter ein Recht auf die Geschäftsführung als mitgliedschaftliches Sonderrecht eingeräumt wird. In diesem Fall ist eine freie Abberufung nach § 38 I GmbHG nicht möglich. Nur eine Abberufung mit Zustimmung des begünstigten Gesellschafters oder aus wichtigem Grund (§ 38 II GmbHG) ist möglich.

bb) Präsentations- und Entsenderechte

Im Gesellschaftsvertrag kann auch geregelt werden, dass einzelne Gesellschafter oder Gesellschaftergruppen das Recht haben sollen, einen Geschäftsführer zu präsentieren, der dann von der Gesellschafterversammlung zu bestellen ist oder einen Geschäftsführer zu entsenden, ohne, dass es hierfür eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung bedarf. In diesen Fällen wird dann üblicherweise auch vereinbart, dass der Geschäftsführer entweder nicht ohne Zustimmung der präsentierenden oder der entsendenden Gesellschafter wieder abberufen werden kann.

cc) Stimmbindungsvereinbarungen

Ist ein Gesellschafter-Geschäftsführer mit den übrigen Gesellschaftern eine Stimmbindungsvereinbarung hinsichtlich seiner Abberufung eingegangen, so ist es den übrigen Gesellschaftern nicht gestattet, den Gesellschaftergeschäftsführer abredewidrig abzuberufen, es sei denn, es liegt ein wichtiger Grund vor.

c) Zuständigkeit und Abberufungsverfahren

Im Regelfall – also wenn kein anderes Organ im Gesellschaftsvertrag bestimmt worden ist – entscheiden auch hier die Gesellschafter über die Abberufung aus wichtigem Grund in der Gesellschafterversammlung durch Beschluss.

Die Abberufung des Geschäftsführers aus wichtigem Grund erfolgt mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Die Rechtsprechung und einschlägige Literaturauffassung gehen davon aus, dass eine im Gesellschaftsvertrag vereinbarte qualifizierte Mehrheit, welche für die Abberufung aus wichtigem Grund gelten solle, nicht anzuwenden ist. Ansonsten sähen sich die Gesellschafter gezwungen, einen Geschäftsführer auf unbestimmte Zeit zu akzeptieren, der aber nach Ansicht der Mehrheit der Gesellschafter untragbar ist (beispielsweise wenn die Regelung die qualifizierten Mehrheit auf Basis aller Geschäftsanteile vorsieht).

d) Wichtige Gründe für die Abberufung

§ 38 II GmbHG nennt zwei Beispiele, welche stets einen wichtigen Grund für die Abberufung des Geschäftsführers darstellen, nämlich die Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung und grobe Pflichtverletzungen.

Ein wichtiger Grund für die Abberufung ist dann anzunehmen, wenn der weitere Verbleib des Geschäftsführers in seinem Amt der Gesellschaft und den Gesellschaftern bei Würdigung aller Umstände und bei Berücksichtigung der betroffenen Interessen nicht länger zugemutet werden kann. Ob ein solcher wichtiger Grund vorliegt, ist stets am Einzelfall zu überprüfen. Von der Rechtsprechung wurden beispielsweise als wichtige Gründe für die Abberufung anerkannt die Annahme von Schmiergeldern, Unredlichkeit, Fälschung von Buchungsunterlagen, langjährige Bilanzmanipulationen und Steuerhinterziehung, schwerer Vertrauensbruch, Zerwürfnis der Geschäftsführer untereinander, das nachdrückliche und andauernde Widersetzen gegenüber Gesellschafterweisungen, schwerwiegende oder wiederholte Kompetenzüberschreitung, geschäftsschädigendes Verhalten gegenüber Dritten oder Eigenmächtigkeiten zu Lasten der Gesellschaft, unterlassene Aufstellung von Jahresabschlusses oder die Nichteinreichung der Jahresabschlüsse beim Finanzamt, Missbrauch von Gesellschaftsvermögen, Duldung pflichtwidrigen Handelns anderer Geschäftsführer, Unterlassen der Vorlage wichtiger Entscheidungen an die Gesellschafterversammlung, Nichterfüllung von Gesellschafteranfragen nach § 51a GmbHG.

5. § 38 GmbHG aus Sicht der Gesellschafterversammlung

7Nach § 46 Nr. 5 GmbHG ist grundsätzlich die Gesellschafterversammlung für die Abberufung des Geschäftsführers zuständig, falls im Gesellschaftsvertag keine anderen Regelungen hierzu getroffen worden sind. Auf Beschlussantrag eines Gesellschafters wird in der Gesellschafterversammlung über die Abberufung des Geschäftsführers dann abgestimmt. Falls die Abberufung aus wichtigem Grund erfolgen soll, so ist zu empfehlen, dem Beschlussantrag eine Begründung beizufügen, welche die Sachverhalte, die eine Abberufung begründen, darstellt. Dies ist allerdings nicht zwingend. Da die Gesellschafter jedoch die Möglichkeit haben müssen, sich mit den Gründen der Abberufung zu befassen, sollte nach hiesiger Auffassung auf eine Begründung nicht verzichtet werden.

Der Beschluss über die Abberufung kommt zustande, wenn er mit einer Stimmmehrheit angenommen wird. Falls das Abstimmungsergebnis unentschieden ist, also 50 % der Gesellschafter mit „Nein“ und 50 % der Gesellschafter mit „Ja“ gestimmt haben, dann gilt der Beschluss als abgelehnt und damit als nicht zustande gekommen.

Bei der Abstimmung ist besonderes Augenmerk darauf zu legen, ob einer der Gesellschafter einem Stimmverbot entsprechend § 47 IV GmbH unterlegen ist. Dies ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn der betroffene Gesellschafter auch der Geschäftsführer ist, welcher aus wichtigem Grund abberufen werden soll. Die Rechtsprechung und Literatur geht in einem solchen Fall von einem Stimmverbot aus. Bei der Abberufung eines Fremdgeschäftsführers (also einem, der nicht zugleich auch Gesellschafter ist) können dagegen Zustimmungspflichten der Gesellschafter bestehen. Wenn tatsächlich ein wichtiger Abberufungsgrund besteht sind die Gesellschafter aufgrund ihrer sogenannten Treuepflichten, zur Zustimmung verpflichtet. Stimmt ein zur Zustimmung verpflichteter Gesellschafter dennoch mit „Nein“ muss seine Stimme nicht mitgezählt werden, da er gegen seine Treuepflichten verstößt. Oft ergeben sich hierdurch Streitigkeiten zwischen den Gesellschaftern, so dass eine Klärung über das Abstimmungsergebnis und das Zustandekommen des Beschlusses gerichtlich erfolgen muss.

6. § 38 aus Sicht des Gesellschafters

8Die Gesellschafter sind bei einer Abberufung eines Geschäftsführers aus wichtigem Grund nach § 38 II GmbHG gehalten, der Abberufung aufgrund ihrer ihnen obliegenden Treuepflicht zuzustimmen.

Die Treuepflicht gebietet es, der Abberufung eines Geschäftsführers, welcher Pflichtverletzungen begangen hat, zuzustimmen, da eine weitere Tätigkeit für die Belange der Gesellschaft nicht zumutbar ist. Falls die Gesellschafter hinsichtlich des Abberufungsbeschlusses dennoch mit „Nein“ stimmen, sind ihre Stimmen nicht mitzuzählen, da sie nichtig sind. Dies allerdings nur dann, wenn tatsächlich wichtige Gründe für die Abberufung des Geschäftsführers vorlagen. Ansonsten trifft die Gesellschafter keine Zustimmungspflicht, genauso wie bei einer Abberufung gemäß § 38 I GmbHG, da es nicht auf das Vorliegen von wichtigen Gründen ankommt.

In der Praxis wird oft unter den Gesellschaftern darüber gestritten, ob die abgegebenen Stimmen des Gesellschafters oder bestimmter Gesellschafter nichtig sind, da sie gehalten gewesen sind, dem Abberufungsbeschluss aufgrund von vermeintlichen Pflichtverletzungen des Geschäftsführers zuzustimmen. Auch solche Streitigkeiten bedürfen meist der gerichtlichen Klärung im Wege der Anfechtungs- bzw. Beschlussfeststellungsklage. Eine wichtige Rolle spielt hierbei auch der einstweilige Rechtsschutz. Durch eine einstweilige Verfügung kann verhindert werden, dass ein Beschluss der Gesellschafterversammlung vollzogen wird, soweit Gesellschafter befürchten, dass dem Geschäftsführer auf Grund des Beschlusses gekündigt wird und seine Abberufung zum Handelsregister angemeldet wird, obwohl kein wichtiger Grund vorliegt. Andererseits kann einem Geschäftsführer auch durch einstweilige Verfügung untersagt werden, seine Geschäftsführungsbefugnisse auszuüben, bis ein Rechtsstreit über die Wirksamkeit seiner Abberufung entschieden ist.

Eine entscheidende Rolle für das Vorgehen gegen den Beschluss und seiner Umsetzung spielt die Frage, ob der Abberufungsbeschluss durch den Leiter der Versammlung förmlich festgestellt wurde. Ob es einen solchen Versammlungsleiter gibt, ob der Beschluss festgestellt ist und welche rechtlichen Konsequenzen das hat ist im Einzelfall zu prüfen.

7. § 38 aus Sicht des Geschäftsführers

a) Fremdgeschäftsführer

9Wird der Fremdgeschäftsführer gemäß § 38 I GmbHG ohne wichtigen Grund abberufen, so hat er unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf Schadenersatz, insbesondere dann, wenn in seinem Anstellungsvertrag die Abberufung beschränkt wurde. Diese schuldrechtliche Abrede hindert jedoch die Gesellschafterversammlung nicht daran, den Geschäftsführer abzuberufen, wenn es im Gesellschaftsvertrag gestattet ist.

Der Fremdgeschäftsführer kann sich bei einer Abberufung gemäß § 38 II GmbHG in Bezug auf die Fehlerhaftigkeit bzw. Unwirksamkeit des Beschlusses nicht aus eigenem Recht wehren, insbesondere kann er nicht wie ein Gesellschafter Anfechtungsklage, Feststellungsklage oder einstweiligen Rechtsschutz erheben. Ihm bleibt aber die Möglichkeit eine Klage auf Wiederbestellung zu erheben, wenn ihm z.B. die Satzung ein Recht zur Geschäftsführung einräumt, es sei denn, ein wichtiger Grund zur Abberufung liegt tatsächlich vor. Auch kann er eine Klage auf Feststellung dahingehend erheben, dass der Abberufungsbeschluss nicht zustande gekommen ist, wenn eine förmliche Beschlussfeststellung unterblieben ist.

Sollte sich allerdings herausstellen, dass der Abberufungsbeschluss nichtig oder aufgrund einer Anfechtungsklage für nichtig erklärt worden ist, dann fehlt der Abberufung bereits der notwenige Gesellschafterbeschluss mit der Folge, dass der Geschäftsführer seine Stellung nie verloren hatte.

b) Gesellschafter-Geschäftsführer

10Bei der Abberufung ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes gemäß § 38 I GmbHG hat der Gesellschafter-Geschäftsführer in der Gesellschafterversammlung ein Stimmrecht. Hat er die nötige Mehrheit, um eine Stimmenmehrheit zu verhindern, kann er seine Abberufung also verhindern.

Bei der Abberufung aus wichtigem Grund hat der Gesellschafter-Geschäftsführer dagegen kein Stimmrecht, andernfalls könnte er seine Abberufung aus wichtigem Grund verhindern, wenn er z.B. Mehrheitsgesellschafter ist. Der Geschäftsführer ist auch an der Abstimmungsteilnahme als Vertreter eines anderen Gesellschafters gehindert (dies gilt im Übrigen auch für den Fremdgeschäftsführer).

Meistens entsteht in der Praxis unter den Gesellschaftern Streit darüber, ob der Gesellschafter-Geschäftsführer von der Abstimmung ausgeschlossen war und ob tatsächlich wichtige Gründe bzw. Pflichtverletzungen vorlagen. Dieser Streit wird dann im Wege der den Abberufungsbeschluss angreifenden Anfechtungsklage gerichtlich geklärt. Unklar ist, ob der Geschäftsführer in der Zwischenzeit sein Amt ausüben darf oder nicht. Oft wird dies im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes versucht zu kläre. Entweder durch ein Verbot des Vollzugs des Abberufungsbeschlusses bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die Beschlussanfechtungsklage oder durch ein Verbot der Ausübung der organschaftlichen Rechte.

8. § 38 aus Sicht von Kunden, Lieferanten

11Für Kunden und Lieferanten ist die Abberufung des Geschäftsführers insofern wichtig, als dass sie wissen müssen, ob der Geschäftsführer bei Abschluss eines Geschäfts vertretungsbefugt ist oder war.

Wurde seitens der Gesellschaft unterlassen, die Abberufung des Geschäftsführers im Handelsregister anzumelden, müssen sich gutgläubige Kunden und Lieferanten nicht entgegenhalten lassen, dass der Geschäftsführer bei Vertragsabschluss nicht vertretungsbefugt gewesen ist. Die Gesellschaft hat dann das abgeschlossene Geschäft des abberufenen Geschäftsführers zu akzeptieren.

Expertenhinweise

(für Juristen)

1) Allgemeines

12Richtigerweise müsste die Gesetzesüberschrift „Abberufung des Geschäftsführers“ anstatt „Widerruf der Bestellung“ heißen. Tatsächlich nämlich zielt die Vorschrift darauf ab, die Organstellung des Geschäftsführers ex nunc und nicht ex tunc – wie etwa bei einem Widerruf – zu beenden.Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, GmbHG, 21. Auflage (2017), § 38, Rn. 1  

Absatz 1 der Norm statuiert den Grundsatz der jederzeitigen Abberufbarkeit des Geschäftsführers. Diese Regelung ist jedoch dispositiv. Absatz 2 behandelt die Grenzen, innerhalb derer die freie Widerrufbarkeit nach Absatz 1 eingeschränkt werden kann.

Die Abberufung ist, wie die Kündigung, ein einseitiges RechtsgeschäftLutter/Hommelhoff/Kleindiek, GmbHG, 19. Auflage (2016), § 38, Rn. 1 , ist jedoch strikt von der schuldrechtlichen Ebene zu trennen.

Im Rahmen von § 38 macht es keinen Unterschied, ob es sich bei dem Geschäftsführer um einen Fremd- oder um einen Gesellschafter-Geschäftsführer handelt. Die Regelungen gelten für beide gleichermaßen.

 

2) Definitionen

a)         Widerruf der Bestellung (Abs. 1)

13Der Widerruf nach Abs. 1 ist zu jeder Zeit möglich, wenn keine anderweitigen Regelungen in der Satzung verankert sind. Das bedeutet also, dass der Geschäftsführer jederzeit und mit sofortiger Wirkung – ex nunc – ohne Vorliegen von GründenWicke/Wicke, GmbHG, 3. Auflage (2016), § 38, Rn. 4. ; Roth/ Altmeppen/Altmeppen, GmbHG, 8. Auflage (2015), § 38, Rn. 4  und daher auch ohne jegliche Begründung abberufen werden kann.

Ausnahmsweise kann aber eine Abberufung aus offenbar „unsachlichen Gründen“ unwirksam sein.Scholz/Schneider,GmbHG, 10. Auflage(2007), § 38, Rn. 16; a.A. Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbH, 8. Auflage (2015), § 38 Rn. 4   Dies ist dann der Fall, wenn die Voraussetzungen der §§ 226, 826 BGB vorliegen. Hierfür trägt allerdings der Geschäftsführer die Beweislast.Scholz/Schneider, GmbHG, 10. Auflage(2007), § 38, Rn. 16  

aa)     Voraussetzung für den Widerruf

14Die Abberufung stellt – ebenso wie die Bestellung zum Geschäftsführer – einen körperschaftlichen Akt dar.Michalski/Terlau, GmbHG, 2. Auflage(2010), § 38, Rn. 7  Für die Abberufung des Geschäftsführers und damit der Beendigung der Organstellung ist daher ein wirksamer Abberufungsbeschluss durch das zuständige Organ sowie eine Erklärung gegenüber dem Geschäftsführer notwendig.Michalski/Terlau, GmbHG, 2. Auflage(2010), § 38, Rn. 7  Der Abberufungsbeschluss und die Abberufungserklärung bedürfen grundsätzlich keiner Form.Ziemons/Jaeger/Heilmeier, BeckOK GmbHG, 33.Edition (Stand:01.11.2017), § 38, Rn. 73  

Der Geschäftsführer selbst hat vor dem Abberufungsbeschluss kein Recht auf rechtliches Gehör.Ulmer/Habersack/Winter/Paefgen, GmbHG, Band II, 2006, § 38, Rn. 82  

bb)     Zuständigkeit
(1)       Gesetzliche Regelung

15Grundsätzlich liegt die Zuständigkeit für die Abberufung des Geschäftsführers gem. § 46 Nr. 5 GmbHG bei der Gesellschafterversammlung. 

(2)       Gesellschaftsvertragliche Regelungen

Durch Regelungen im Gesellschaftsvertrag kann allerdings von dem gesetzlichen Regelfall abgewichen werden und die Abberufungskompetenz auf andere Organe (Aufsichtsrat, Beirat, Gesellschafterausschuss) oder Mitglieder der Gesellschaft übertragen werden.Michalski/Terlau, GmbHG, 2. Auflage(2010), § 38, Rn. 14  Allerdings bleibt dann weiterhin die Gesellschafterversammlung für die Abberufung zuständig, wenn das Organ, welchem die Abberufungskompetenz übertragen wurde, funktionsunfähig wird BGH, NJW 1954, 799Roth/ Altmeppen/Altmeppen, GmbHG, 8. Auflage (2015), § 38, Rn. 13  oder wenn ein wichtiger Grund für die Abberufung gegeben ist.Stephan/Thieves in Münchener Kommentar zum GmbHG, 2. Auflage (2016), § 38 Rn. 30; Roth/ Altmeppen/Altmeppen, GmbHG, 8.Auflage (2015), § 38, Rn. 13; Henssler/Strohn/Oetker, GmbHG, 3. Auflage (2016), § 38 Rn. 33.; Rowedder/Schmidtz-Leithoff/Baukelmann, GmbHG, 6. Auflage (2017), § 38 Rn. 17;  aA mit weiteren nachweisen: Michalski/Terlau, GmbHG, 2. Auflage (2010), § 38, Rn. 18  § 38 Abs. II ist jedoch zwingendes Recht. Die Gesellschafterversammlung muss als oberstes Organ der Gesellschaft die Möglichkeit haben, einen Geschäftsführer abzuberufen, in dessen Person wichtige Gründe zur Abberufung vorliegen. Anderenfalls wäre es beispielsweise einem gemäß der Satzung für die Abberufung zuständigen Teil der Gesellschafter möglich, einen Geschäftsführer im Amt zu halten, obwohl dessen Tätigkeit der Gesellschaft schadet. Soweit teilweise darauf verwiesen wirdZöllner/Noack, GmbHG, 21. Auflage (2017), § 38 Rn. 25 , dass die Gesellschafterversammlung in diesem Fall das zuständige Organ dazu zwingen kann, die Abberufung vorzunehmen, so würde dies nur unnötige Verzögerungen nach sich ziehen.

Einem außenstehenden Dritten kann nicht die Abberufungskompetenz übertragen werden, es sei denn, dieser wird Organ der Gesellschaft und damit Teil der Organisation.Michalski/Terlau, GmbHG, 2. Auflage (2010), § 38, Rn. 17  

Allgemein anerkannt ist die Möglichkeit der Übertragung der Bestellungskompetenz (auch bezeichnet als Bestellungs-, Bestimmungs-, Kreations- oder Entsenderecht) auf einen Gesellschafter.Frauke Wedemann, Gesellschafterkonflikte in geschlossenen Kapitalgesellschaften, 2013, S. 269  Wenn im Gesellschaftsvertrag geregelt wurde, dass die Bestellung und Berufung eines Geschäftsführers einem anderen Organ oder auch einem Gesellschafterstamm übertragen wurde, so ist im Zweifel davon auszugehen, dass Bestellungs- und Abberufungskompetenz in einer Hand liegen.Lutter/Hommelhoff/Kleindiek, GmbHG, 19. Auflage (2016), § 38, Rn. 3.Frauke Wedemann, Gesellschafterkonflikte in geschlossenen Kapitalgesellschaften, 2013, S. 269-270  

Auch kann einem Gesellschafter oder einem Gesellschafterstamm ein Sonderrecht i.S.v. § 35 BGB auf Unterbreitung eines bindenden Beschlussvorschlags („Benennungs- und Präsentationsrechts“) dahingehend eingeräumt werden, dass die Mitgesellschafter dem vorgeschlagenen Geschäftsführer zustimmen müssen.Ulmer/Habersack/Winter/Paefgen, GmbHG, Band II, 2006, § 38, Rn. 7; Frauke Wedemann, Gesellschafterkonflikte in geschlossenen Kapitalgesellschaften, 2013, S. 267  Dieses Vorschlagsrecht bindet die Gesellschafter auch bei der Abberufung des vom Sonderrechtsinhaber benannten Geschäftsführer.

Bei der Abberufung des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH, einer GmbH & Co. KG, haben die Kommanditisten kein Abberufungsrecht analog §§ 117, 127 HGB. Jedoch kann im Einzelfall die Abberufung von ihrer Zustimmung abhängig sein, so z.B., wenn alle wesentlichen Entscheidungen in einer Familien-KG von den Kommanditisten getragen werden.OLG München GmbHR 2004, 587   Andernfalls können die Kommanditisten mit Schadensersatzansprüchen gegen die GmbH und gegen den Geschäftsführer selbst vorgehen, sowie gem. § 127 HGB der GmbH die Geschäftsführungsbefugnis und Vertretung zu entziehen.BGH, Urt. v. 25.04.1983 – II ZR 170/82  

(3)     Mitbestimmte Gesellschaft

In einer mitbestimmten GmbH gestaltet sich die Situation etwas anders. Hier ist die Anwendbarkeit des § 38 GmbHG ausgeschlossen.Michalski/Terlau, GmbHG, 2. Auflage(2010), § 38, Rn. 12  Nach § 31 Abs. 1 MitbestG und §§ 12, 13 MontanMitbestG ist für den Widerruf der Bestellung des Geschäftsführers der § 84 AktG anzuwenden. Hiernach ist zwingend der Aufsichtsrat für die Abberufung zuständig. Die damit begründete Abberufungszuständigkeit des Aufsichtsrats darf gem. § 107 Abs. 3 S. 3 AktG auch nicht auf einen Aufsichtsratsausschuss übertragen werden. Daher kann weder durch Satzung, noch durch anderweitige Regelungen die Zuständigkeit einem anderen Organ übertragen werden. Auch kann die Abberufung nicht von der Zustimmung der Gesellschafterversammlung abhängig gemacht werden.Ziemons/Jaeger/Heilmeier, BeckOK GmbHG, 33.Edition (Stand:01.11.2017), § 38, Rn. 9    Nach § 84 Abs. 3 S. 1 AktG kann allerdings in einer mitbestimmten GmbH der Geschäftsführer nur dann abberufen werden, wenn ein wichtiger Grund für die Abberufung vorliegt. Gem. § 84 Abs. 3, S. 2 AktG stellen wichtige Gründe die grobe Pflichtverletzung und die Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung dar; aber auch der Vertrauensentzug wird als Abberufungsgrund deklariert. Allerdings können keine weiteren beliebigen „wichtigen Gründe“ durch Festlegung in der Satzung geschaffen werden.

Auch in der mitbestimmten GmbH bedarf es eines Beschluss zur Abberufung des Geschäftsführers.

cc)     Der Abberufungsbeschluss
(1)      Mehrheitserfordernisse

16Falls keine anderweitigen Regelungen im Gesellschaftsvertrag getroffen worden sind, entscheidet die Gesellschafterversammlung gem. § 47 Abs. 1 GmbHG mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Im Gesellschaftsvertrag können jedoch abweichende Mehrheitserfordernisse geregelt werden, wie z.B. das Erfordernis der Einstimmigkeit oder qualifizierte Stimm-Mehrheiten

(2)      Stimmrecht

Ein Gesellschafter-Geschäftsführer hat bei seiner Abberufung grundsätzlich ein Stimmrecht. Es ist nicht nach § 47 Abs. 4 GmbHG ausgeschlossen, weil es sich – ebenso wie bei der Bestellung zum Geschäftsführer – um eine zulässige Wahrnehmung eigener Mitgliedschaftsinteressen handelt.Michalski/Terlau, GmbHG, 2. Auflage(2010), § 38, Rn. 21  Soweit er über eine Sperrminorität verfügt, kann er durch seine Stimme seine Abberufung also verhindern.Ziemons/Jaeger/Heilmeier, BeckOK GmbHG, 33. Edition (Stand:01.11.2017), § 38, Rn. 59  Auch bei der Vertretung durch andere Gesellschafter, gleichgültig ob der Vertreter selbst Gesellschafter ist oder nicht, steht § 47 Abs. 4 GmbHG der Stimmrechtsausübung nicht entgegen. Hat der Abzuberufende ein Sonderrecht auf die Position des Geschäftsführers, bedarf die Abberufung seiner Zustimmung. Das gilt nur dann nicht, wenn die Abberufung aus wichtigem Grund erfolgt.

(3)      Bekanntgabe gegenüber Abberufenem

Ist der Abberufene bei der Beschlussfassung zugegen, erübrigt sich grundsätzlich eine Bekanntgabe.Scholz/Schneider, GmbHG, 10. Auflage(2007), § 38, Rn. 30  Das ist jedenfalls unproblematisch, wenn über die Wirksamkeit des Abberufungsbeschlusses zwischen den Gesellschaftern Einigkeit besteht, beispielsweise, weil die erforderliche Mehrheit zustande gekommen ist.Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, GmbHG, 21. Auflage (2017), § 38, Rn. 42  Besteht allerdings über das Beschlussergebnis aus anderen Gründen Uneinigkeit (z.B. Fragen zur Wirksamkeit von Stimmrechtsvollmachten, Erreichen von statutarischen Voraussetzungen für Beschlussfähigkeit), kann es an der Kundgabe einer Abberufungsentscheidung gegenüber dem Abberufenen fehlen.Baumbach/ Hueck/Zöllner/Noack, GmbHG, 21. Auflage (2017), § 38, Rn. 42  

Ist der Abberufene bei der Beschlussfassung nicht zugegen, muss ihm der Beschluss bekanntgegeben werden. Im Regelfall muss dem abberufenen Geschäftsführer mitgeteilt werden, dass er abberufen ist und von welchem Gremium über seine Abberufung beschlossen wurde. Es genügt nicht, wenn der Geschäftsführer zufällig Kenntnis vom Abberufungsbeschluss erlangt.Michalski/Terlau, GmbHG, 2. Auflage(2010), § 38, Rn. 24  Erforderlich ist der Zugang (§ 130 BGB), positiver Kenntnisnahme bedarf es nicht.
Zuständig ist das für die Abberufung zuständige Organ, in der Regel also die Gesellschafterversammlung.
Oftmals wird im Rahmen der Gesellschafterversammlung, in welcher über die Abberufung abgestimmt wird, auch über die Beauftragung eines Gesellschafters oder eines anderen Geschäftsführer zur Bekanntgabe gegenüber dem Abberufenen abgestimmt. Zu beachten ist, dass § 174 BGB gilt. Das Protokoll der Gesellschafterversammlung mit dem Abberufungsbeschluss, in welchem die Beauftragung zur Bekanntgabe enthalten ist, muss der Erklärung beigefügt sein.Scholz/Schneider, GmbHG, 10. Auflage(2007), § 38, Rn. 30  Eine Erklärung der Abberufung durch eine unzuständige Stelle kann nicht rückwirkend gem. §§ 180 S. 2, 177 BGB genehmigt werden.Lutter/ Hommelhoff/Kleindiek, GmbHG, 19. Auflage (2016), § 38, Rn. 6a

dd)    Rechtsfolge
(1)       Für die Organstellung

17Mit Wirksamwerden des Widerrufs erlöschen die Geschäftsführungsbefugnisse und die Vertretungsmacht des Geschäftsführers.Gehrlein/Ekkenga/Simon/Buck-Heeb, GmbHG, (2012), § 38, Rn. 59  

Einige Pflichten des abberufenen Geschäftsführers, insbesondere solche, die an sein Wissen anknüpfen, können unbeschadet der Abberufung fortwirken. Die Pflicht zur Wahrung der VerschwiegenheitGehrlein/Ekkenga/Simon/Buck-Heeb, GmbHG, (2012), § 38, Rn. 59  bleibt ebenso bestehen, wie die Informationspflicht gegenüber der GmbH (nicht gegenüber Gesellschaftern), wenn nur der Ausgeschiedene Auskunft geben kann.BGH, Beschluss vom 20.09.1993 - II ZR 244/92  Hingegen trifft den abberufenen Geschäftsführer, der noch im Handelsregister eingetragen ist, weder eine Einberufungspflicht noch -befugnis nach § 49 Abs. 3.Baumbach/ Hueck/Zöllner/Noack, GmbHG, 21. Auflage (2017), § 38, Rn. 102  Für den ausgeschiedenen Geschäftsführer besteht weder Befugnis, noch Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags.Baumbach/ Hueck/Zöllner/Noack, GmbHG, 21. Auflage (2017), § 38, Rn. 102  Insolvenzrechtliche Pflichten zur Auskunft und zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung treffen Geschäftsführer, die vor weniger als zwei Jahren vor Insolvenzantrag ausgeschieden waren (§ 101 Abs. 1 S. 2 InsO, § 97 Abs. 1 InsO, § 98 InsO). § 36 AO ordnet die Weitergeltung gewisser steuerverfahrensrechtlicher Pflichten auch nach Erlöschen der Vertretungsmacht an. Keine Pflicht besteht zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nach § 807 ZPO.BGH, Beschluss vom 28. 9. 2006 - I ZB 35/06  

(2)     Für das Anstellungsverhältnis

Das schuldrechtliche Anstellungsverhältnis des Geschäftsführers ist strikt zu unterscheiden von der Stellung als Organ der Gesellschaft.BGH, Urteil vom 28. 10. 2002 - II ZR 146/02; Lutter/ Hommelhoff/Kleindiek, GmbHG, 19. Auflage (2016), § 38, Rn. 25  Der Anstellungsvertrag besteht also trotz Abberufung als organschaftlicher Geschäftsführer fort. Er kann, soweit wichtige Kündigungsgründe nicht vorliegen, auch nicht fristlos beendet werden, sondern nur unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfristen. Bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist behält daher der abberufene Geschäftsführer grundsätzlich seinen Vergütungsanspruch.Michalski/Terlau, GmbHG, 2. Auflage(2010), § 38, Rn. 27; Lutter/ Hommelhoff/Kleindiek, GmbHG, 19. Auflage (2016), § 38, Rn. 25  Einen Anspruch des Geschäftsführers auf Beschäftigung in einer seiner früheren Tätigkeit in einer vergleichbaren leitenden Funktion, wird grundsätzlich abgelehnt. Lutter/ Hommelhoff/Kleindiek, GmbHG, 19. Auflage (2016), § 38, Rn. 25  Ausgangspunkt dafür ist die Auslegung des Anstellungsvertrages. Dieser kann zwar im Fall der Abberufung des Geschäftsführers aus der Organstellung einen Anspruch auf Beschäftigung in einer ähnlichen Position als leitender Angestellter vorsehen, hat aber regelmäßig nur die Beschäftigung als Geschäftsführer zum Inhalt. Eine Tätigkeit unterhalb der Organebene ist typischerweise nicht vereinbart.BGH, Urteil vom 11. 10. 2010 – II ZR 266/08  Zu beachten ist aber, dass sich der Geschäftsführer bis zum Ablauf des Anstellungsvertrages nach ordentlicher Kündigung im Einzelfall (und nach Treu und Glauben) darauf einlassen muss, eine seinen Kenntnissen und Fähigkeiten angemessene andere leitende Stellung anzunehmen, will er die fristlose Kündigung vermeiden, insbesondere wenn er die Abberufung selbst verschuldet hat.OLG Karlsruhe v. 25. 8. 1995 15 U 286/94 ; BGH, 14.07.1966 - II ZR 212/64  Gibt die Gesellschaft zu verstehen, dass sie unter keinen Umständen bereit ist, den Geschäftsführer weiter zu beschäftigen, braucht der ehemalige Geschäftsführer der Gesellschaft für die Erhaltung seines Vergütungsanspruchs seine Dienste auch nicht anzubieten.BGH: Urteil vom 09.10.2000 - II ZR 75/99  Der Geschäftsführer hat aufgrund der erfolgten Abberufung das Recht, sein Anstellungsverhältnis außerordentlich zu kündigen.Michalski/Terlau, GmbHG, 2. Auflage(2010), § 38, Rn. 26  Er kann gegebenenfalls Schadensersatz verlangen, wenn die Abberufung entweder im Anstellungsvertrag oder auch in der Satzung an Voraussetzungen geknüpft ist und diese nicht vorliegen; andernfalls handelt die Gesellschaft nicht vertragswidrig.BGH, Urteil vom 28. 10. 2002 - II ZR 146/02  

b)      Beschränkung des freien Widerrufs (Abs. 2)

aa)     Gesetzliche Beschränkung

18Soweit die Gesellschaft mitbestimmungspflichtig ist (§ 31 MitbestG oder § 12 MontanMitbestG) und § 84 AktG Anwendung findet, kann ein Geschäftsführer nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes vom Aufsichtsrat abberufen werden.Ulmer/Habersack/Winter/Paefgen, GmbHG, Band II, 2006, § 38, Rn. 87 ; Gehrlein/Ekkenga/Simon/Buck-Heeb, GmbHG, (2012), § 38, Rn. 55  

Keines wichtigen Grundes bedarf gemäß § 37 Abs. 3 MitbestG hingegen die Abberufung eines Geschäftsführers nach Ablauf von fünf Jahren, wenn die Gesellschaft nachträglich in den Anwendungsbereich des MitbestG hineingewachsen ist und der abzuberufende Geschäftsführer zu jenem Zeitpunkt im Amt ist.ErfK/Oetker, MitbestG, 18. Auflage (2018), § 37 Rn. 1-4  Der Beginn dieser 5-Jahresfrist ist streitig.Henssler/Strohn/Oetker, GmbHG, §. Auflage (2016), § 38 Rn. 13  

bb)       Gesellschaftsvertragliche Beschränkungen

19Das freie Widerrufsrecht kann durch den Gesellschaftsvertrag bis zur Grenze der Abberufung aus wichtigem Grund beschränkt werden. Jegliche Beschränkung muss aber im Gesellschaftsvertrag verankert sein.Lutter/ Hommelhoff/Kleindiek, GmbHG, 19. Auflage (2016), § 38, Rn. 8  Insgesamt besagt Abs. 2 also, dass die Zulässigkeit des Widerrufs nur im Gesellschaftsvertrag und nur so weit beschränkt werden kann, dass der Widerruf aus wichtigem Grund unangetastet bleibt. Die Beschränkungsmöglichkeit besteht nicht nur bei Gesellschafter-Geschäftsführern, sondern auch bei Fremdgeschäftsführern.Stephan/Tieves Münchener Kommentar GmbHG, 2. Auflage (2016), § 38 Rn. 73; Lutter/ Hommelhoff/Kleindiek, GmbHG, 19. Auflage (2016), § 38, Rn. 8  

cc)       Beschränkung aufgrund von Treuepflichten

20Anders liegt der Fall, wenn ein namhaft oder mitunternehmerisch beteiligter Gesellschaftergeschäftsführer abberufen werden soll. Hier bedarf es für die Abberufung unter Berücksichtigung der gesellschafterlichen Treuepflicht eines sachlichen Grundes, der auch einen verständigen Entscheidungsträger zur Abberufung veranlassen würde.Baumbach/ Hueck/Zöllner/Noack, GmbHG, 21. Auflage (2017), § 38, Rn. 20  Dabei gebietet es die Treuepflicht, dass die Gesellschafter auf die mitgliedschaftlichen Interessen der anderen Gesellschafter Rücksicht nehmen, und erfordert ihnen gegenüber die gebotene Loyalität.Ulmer/Habersack/Winter/Paefgen, GmbHG, Band II, 2006, § 38, Rn. 13  Den Gesellschaftern ist es somit untersagt, einen Gesellschafter-Geschäftsführer aus willkürlichen und vollständig sachfremden Motiven abzuberufen.OLG Zweibrücken Urteil vom 05.06.2003 – 4. U 117/02  Das Motiv der Abberufung muss aber die Qualität eines wichtigen Grundes nicht erreichen.OLG Koblenz, Beschluss vom 21.06.2007 - 6 W 298/07  

c) Widerruf aus wichtigem Grund (Abs. 2)

aa)     Wichtiger Grund
(1)       Allgemeines

21Ein wichtiger Grund i. S. des § 38 Abs. 2 GmbHG ist gegeben, wenn der weitere Verbleib des Geschäftsführers in seinem Amt der Gesellschaft und den Gesellschaftern bei Würdigung aller Umstände unter Berücksichtigung der widerstreitenden Interessen nicht länger zugemutet werden kann.OLG Zweibrücken, Urteil vom 8. 6. 1999 - 8 U 138/98  Dabei verlangt das Vorliegen eines wichtigen Grundes eine umfassende Abwägung der betroffenen Interessen, die alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen hat. Aufgrund der Vielzahl der hierzu ergangenen Rechtsprechung hat sich eine Kasuistik gebildet, welche eine brauchbare Orientierungshilfe bietet und eine wertende Anlehnung des konkreten Falles an „verwandte“ Präzedenzfälle erlaubt.Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbH, 8. Auflage (2015), § 38 Rn. 34  

Ein „wichtiger Grund“ setzt nicht notwendigerweise pflichtwidriges und schuldhaftes Verhalten des Geschäftsführers voraus. Daher kann auch ein Zerwürfnis unter mehreren Geschäftsführern – ohne dass schuldhaftes Verhalten einzelner Geschäftsführer vorliegt – die Abberufung eines jeden Geschäftsführers ermöglichen, sofern das Zerwürfnis unheilbar ist und keine gedeihliche Zusammenarbeit der Geschäftsführer mehr erwarten lässt.BGH Urteil vom 24.02.1992, Az.: II ZR 79/91  Auch eine zerrüttete Vertrauensbasis im Verhältnis zur Gesellschafterversammlung kann grundsätzlich einen wichtigen Grund zur Abberufung darstellen. Allerdings genügt nicht allein der schlichte Entzug des Vertrauens durch die Gesellschafter, da ansonsten der wichtige Grund zu weitgehend ins Belieben der Gesellschafter gestellt wäre.Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbH, 8. Auflage (2015), § 38 Rn. 40  Wenn dagegen die Gesellschafter den Vertrauensentzug auf Umstände stützen, die auch für einen objektiven Dritten den weiteren Verbleib des Geschäftsführers unzumutbar erscheinen lassen, kann dies die Abberufung rechtfertigen.OLG Köln: Urteil vom 30.03.1999 - 22 U 143/98  

Ein wichtiger Grund kann auch in den Verhältnissen der Gesellschaft bzw.  äußeren Umständen liegen.Michalski/Terlau, GmbHG, 2. Auflage(2010), § 38, Rn. 40  

Ein einmaliges Versagen eines Geschäftsführers bedeutet nicht unbedingt sofort die Abberufung aus „wichtigem Grund“. Zu beachten ist aber, dass sich ein wichtiger Grund auch aus einer Gesamtheit von Verfehlungen ergeben kann.OLG Naumburg, Urteil vom 23. 2. 1999 - 7 U (Hs) 25/98  

Der Gesellschaftsvertrag kann den Begriff des wichtigen Grundes nicht einschränkend konkretisieren, weil dies die Mindestgarantie des Abs. 2 verletzen würde. Er kann insbesondere nicht die nur beispielhafte Aufzählung des Abs. 2 S. 2 zu einer abschließenden machen oder umgekehrt einen der Fälle des Abs. 2, S. 2 ausschließen. Es können aber im Wege einer nicht abschließenden Auflistung weitere spezielle Widerrufsgründe aufgeführt werden. Auch ist es möglich, bestimmte Tatbestände als Widerrufsgründe zu qualifizieren, wie z.B. das Erreichen einer bestimmten Altersgrenze, auch wenn dies in allgemeiner Bewertung keinen wichtigen Grund darstellt.Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbH, 8. Auflage (2015), § 38 Rn. 36  

(2) Grobe Pflichtverletzung

22Das Gesetz zählt in Abs. 2, S. 2 zwei Beispiele auf, welche stets einen wichtigen Grund zur Abberufung darstellen, nämlich die grobe Pflichtverletzung und die Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung. Als grobe Pflichtverletzung des Geschäftsführers kommt eine Verletzung all derjenigen Pflichten in Betracht, die dem Geschäftsführer aus seiner Organstellung sowie aus seinem Anstellungsverhältnis gegenüber der Gesellschaft erwachsen.Ulmer/Habersack/Winter/Paefgen, GmbHG, Band II, 2006, § 38, Rn. 24  Es muss sich jedoch um ein bestimmtes Maß „grober“ Pflichtwidrigkeit handeln. Diese kann sowohl in den objektiven Umständen, als auch im Schuldvorwurf zu finden sein.Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbH, 8. Auflage (2015), § 38 Rn. 36  Beispiele für „grobe Pflichtverletzungen“ sind: Missbrauch von Gesellschaftsvermögen für eigene Zwecke;BGH, 17.10.1983 - II ZR 31/83  tätliche Angriffe gegen GesellschafterBGH DStR 1994, 1746  und / oder Mitarbeitern;OLG Stuttgart GmbHR 1995, 229  Beteiligung an strafbaren Handlungen;BGH, Urteil vom 14-10-1991 - II ZR 239/90  Fälschung von Buchungsunterlagen;OLG Hamm: Entscheidung vom 07.05.1984 - 8 U 22/84  Bestechlichkeit und schwerer Vertrauensbruch;BGH Urteil vom 08.05.1967, Az.: II ZR 126/65   unrichtige Bilanzerstellung;BayObLG, Beschluß vom 13. 5. 1955 - 2 Z 14/55  Annahme von Schmiergeldern,OLG Hamm: Entscheidung vom 07.05.1984 - 8 U 22/84  Verletzung von Buchführungspflichten;OLG Zweibrücken, Urteil vom 30. 10. 1997 - 4 U 11/97  Unterlassen der Vorlage wichtiger Entscheidungen an die Gesellschafterversammlung,OLG Naumburg, Urteil vom 23. 2. 1999 - 7 U (Hs) 25/98  Kündigung eines Mitgeschäftsführers ohne Gesellschafterbeschluss,OLG Hamm, Urteil vom 07.10.1992 - 8 U 75/92  Vereinnahmung von Bargeld aus Warenkäufen in eigene Tasche,OLG Zweibrücken, Urteil vom 30. 10. 1997 - 4 U 11/97  Insolvenzverschleppung;BGH, Urteil vom 20. 6. 2005 - II ZR 18/03  Durchführung einer Geschäftsführungsmaßnahme von besonderem Gewicht trotz eindeutigen Widerspruchs des Mitgeschäftsführers.OLG Karlsruhe, Urteil vom 4. 5. 1999 - 8 U 153/97  

(3) Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung

23Für die Annahme der Unfähigkeit der Geschäftsführung genügt insoweit eine ressortbezogene Unfähigkeit bzw. eine mangelnde Eignung unabhängig davon, ob sie auf einem Mangel an ausreichender Vorbildung, auf dem Fehlen der notenwendigen Autorität, auf mangelndem Arbeitseinsatz oder aufgrund langer Krankheitsdauer auftritt. Auf ein Verschulden des Geschäftsführers kommt es nicht an.Ulmer/Habersack/Winter/Paefgen, GmbHG, Band II, 2006, § 38, Rn. 26  Allerdings kann z.B. die Erfolglosigkeit des Geschäftsführers bei seiner Tätigkeit ein Indiz für die mangelnde Eignung sei,nAltmeppen in Roth/Altmeppen, GmbH, 8. Auflage (2015), § 38 Rn. 39  ebenso wie mangelnde Kenntnisse und dauernde Krankheit.Michalski/Terlau, GmbHG, 2. Auflage(2010), § 38, Rn. 46  

bb)    Der Abberufungsbeschluss
(1) Mehrheitserfordernisse

24Die Abberufung aus wichtigem Grund kann nach herrschender Auffassung auch dann mit einfacher Mehrheit der Gesellschafterversammlung beschlossen werden, wenn die Satzung eine qualifizierte Mehrheit verlangt. Es würde nämlich eine unzulässige Einschränkung bedeuten, wenn der Widerruf aus wichtigem Grund an eine höhere als die in § 47 I GmbHG bestimmte einfache Mehrheit gebunden wäre.BGH, Urteil vom 20-12-1982 - II ZR 110/82  Auch weiterreichende Einschränkungen der Abberufbarkeit, wie z.B. das Sonderrecht zur Geschäftsführung, die „unwiderrufliche“ Bestellung oder die Bestellung „auf Lebenszeit“, rechtfertigen keine Beschlussqualifikationen.Lutter/Hommelhoff/Kleindiek, GmbHG, 19. Auflage (2016), § 38, Rn. 16. ; Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbH, 8. Auflage (2015), § 38 Rn. 30  

Darüber hinaus bleibt die Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung für die Abberufung aus wichtigem Grund unberührt – selbst wenn die dahingehende Beschlusskompetenz durch Sonderrecht einer einzelnen Person oder Personengruppe eingeräumt wurde.Lutter/Hommelhoff/Kleindiek, GmbHG, 19. Auflage (2016), § 38, Rn. 16  

(2) Stimmrecht

25Der Gesellschafter-Geschäftsführer hat bei einem Beschluss über seine Abberufung aus wichtigem Grund gemäß § 47 IV GmbHG kein Stimmrecht.OLG Düsseldorf: Urteil vom 24.02.2000 - 6 U 77/99; BGH, Urteil vom 21. 4. 1969 - II ZR 200/67  Anderenfalls könnte er – etwa als Mehrheitsgesellschafter – seine Abberufung verhindern. Auch ein Fremdgeschäftsführer kann bei seiner Abberufung nicht als Vertreter eines Gesellschafters mitstimmen.

Es ist allerdings umstritten, ob ein Stimmverbot erst dann eingreifen soll, wenn der wichtige Grund auch tatsächlich besteht und nicht lediglich behauptet wird, da ansonsten das Stimmrecht des Abzuberufenden durch bloße Behauptung wichtiger Gründe vereitelt werden könnte.Bejahend: Baumbach/ Hueck/Zöllner/Noack, GmbHG, 21. Auflage (2017), § 38, Rn. 35 ; Ulmer/Habersack/Winter/Paefgen, GmbHG, Band II, 2006, § 38, Rn. 86  

Nach einem Teil der Literatur greift ein Stimmrechtsausschluss nur, wenn ein wichtiger Grund tatsächlich auch vorliegt. Der Versammlungsleiter hat über das Vorliegen eines wichtigen Grundes zu befinden und die Stimmberechtigung hiernach zu beurteilen.Baumbach/ Hueck/Zöllner/Noack, GmbHG, 21. Auflage (2017), § 38, Rn. 35  Der Beschluss ist nach dieser Auffassung anfechtbar, wenn der betroffene Gesellschafter-Geschäftsführer mangels wichtigen Grundes zu Unrecht von der Abstimmung ausgeschlossen wurde und mit seiner Stimme – im Fall der Berücksichtigung – den Abberufungsantrag hätte scheitern lassen können.Ulmer/Habersack/Winter/Paefgen, GmbHG, Band II, 2006, § 38, Rn. 86  

Nach der Gegenansicht soll das Stimmrecht bereits entfallen, wenn als wichtiger Grund ein qualifizierbarer, nicht bloß ins Blaue hinein behaupteter Sachverhalt ohne evidente Treuwidrigkeit zum Gegenstand der Beschlussfassung über die Abberufung gemacht werde.Michalski/Terlau, GmbHG, 2. Auflage(2010), § 38, Rn. 61.; Lutter/Hommelhoff/Kleindiek, GmbHG, 19. Auflage (2016), § 38, Rn. 17; Scholz/Schneider, GmbHG, 10. Auflage(2007), § 46, Rn. 7  Dies wird unter anderem damit begründet, dass ansonsten die Rechtsstellung des betroffenen Gesellschafter-Geschäftsführers dem unkontrollierbaren Belieben des Versammlungsleiters unterworfen werde.Lutter/Hommelhoff/Kleindiek, GmbHG, 19. Auflage (2016), § 38, Rn. 17  Aus dem Stimmrechtsausschluss folge auch kein Verlust seiner Rechtsschutzmöglichkeiten. Der Abberufene könne sofort gerichtlich – im Wege der Beschlussmängelklage – klären lassen, ob wirklich ein wichtiger Grund vorlag. Der Verweis auf die Anfechtungsklage birgt aber auch das Problem, dass bei einer unzutreffenden Behauptung eines wichtigen Grundes der Gesellschafter- Geschäftsführer bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung „blockiert“ werden kann.

Demgegenüber vertritt Altmeppen die Ansicht, dass stets auf das äußere (rechnerische) Beschlussergebnis abzustellen und gänzlich auf eine förmliche Beschlussfeststellung zu verzichten sei, um dem betroffenen Gesellschafter einen effektiven Rechtsschutz zu ermöglichen.Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbH, 8. Auflage (2015), § 38 Rn. 56  Diese Ansicht würde im Streitfall zur Annahme des Stimmrechts führen. Hat die rechnerische Mehrheit ausweislich des Beschlussprotokolls den Antrag auf Abberufung des Geschäftsführers nicht angenommen, schafft die Stimmabgabe derjenigen, die zu Unrecht einen wichtigen Grund behaupten, nicht sogleich vollendete Tatsachen.Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbH, 8. Auflage (2015), § 38 Rn. 56  Diejenigen Gesellschafter, die sich auf einen wichtigen Grund und damit einem Stimmrechtsauschluss des Gesellschafter-Geschäftsführers berufen, müssten ihrerseits gerichtliche Hilfe durch vorläufigen Rechtsschutz und Beschlussfeststellungsklage in Anspruch nehmen. Dagegen kann sich der betroffene Gesellschafter-Geschäftsführer auf den Standpunkt stellen, dass er einen „Abberufungsbeschluss“, der keine Mehrheit bekommen hat, zunächst noch nicht beachten muss.Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbH, 8. Auflage (2015), § 38 Rn. 56  Ist der Beschlussantrag auf Abberufung unter entscheidender Mitwirkung des betroffenen Gesellschafter-Geschäftsführers abgelehnt, müssen diejenigen klagen, die den Stimmrechtsausschluss wegen Vorliegens eines wichtigen Grundes behaupten. Dies würde zunächst bedeuten, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer weiterhin sein Amt ausüben darf. Ist der Beschlussantrag aber auch bei Mitzählen der Stimmen des Betroffenen angenommen, so ist der Gesellschafter-Geschäftsführer wirksam abberufen.

Die letztgenannte Ansicht ist vorzugswürdig. Hiergegen spricht auch nicht ein Bedürfnis nach „Rechtssicherheit“ und „Rechtsklarheit“ im Hinblick auf das Beschlussergebnis. Die GmbH ist nicht zu vergleichen mit einer Aktiengesellschaft. In einer GmbH treten juristische Streitfragen im Hinblick auf die Bewertung bzw. Gültigkeit von Stimmabgaben wesentlich häufiger auf als in der AG. Die Hauptversammlung der AG entscheidet weder über die Geschäftsleiterposition, noch über Geschäftsführungsfragen. Es besteht daher kein Anlass, in der GmbH eine Geltungsbehauptunganzuerkennen, wenn das angeblich Beschlossene rechnerisch noch nicht einmal die einfache Mehrheit erreicht hat, dennoch aber die beweisbelastete Minderheit die Abberufung lediglich unter Berufung auf den Ausnahmetatbestand des § 47 IV GmbHG behaupten kann. Die Beschlussfeststellungsklage ist daher nach dieser Auffassung die richtige Klageart, auch wenn der Versammlungsleiter sich der Behauptung der Minderheit anschließt.

Der BGH hingegen hat in seiner Entscheidung vom 04.04.2017BGH, NZG 2017, 700  klargestellt, dass es im Rahmen des Rechtsstreits über die Wirksamkeit der Abberufung ausschließlich auf das tatsächliche Vorliegen eines wichtigen Grundes zur Abberufung ankommt. Das Gericht darf, so der BGH in seiner Entscheidung, nicht schon aufgrund der schlüssigen Behauptung von einem Abberufungsgrund ausgehen, über dessen Vorliegen die Parteien gerade streiten. Eine Anfechtungsklage des Mehrheitsgesellschafters gegen seine Abberufung als Geschäftsführer kann in Folge dessen nicht schon abgewiesen werden, weil die Stimme des Betroffenen vermeintlich zu Recht nicht gezählt wurde. Denn dann würde das Vorliegen eines wichtigen Grundes gerade nicht geklärt und dem Betroffenen der Rechtsschutz verweigert. Das tatsächliche Vorliegen eines wichtigen Grundes ist auch für die positive Beschlussfeststellungsklage gegen einen die Abberufung mit den Stimmen des Betroffenen ablehnenden Beschluss von Bedeutung, so der BGH weiter, weil das Gericht das Zustandekommen eines wirksamen Beschlusses nur feststellen kann, wenn ein wichtiger Grund für die Abberufung tatsächlich vorliegt. Beweisen muss das Vorliegen eines wichtigen Grundes derjenige, welcher sich auf ihn beruft.

Das Teilnahme- und Rederecht bleibt auch bei einem Stimmrechtsausschluss – jedenfallsunberührt.Prof. Dr. Wulf Goette, Das Organverhältnis des GmbH‐Geschäftsführers in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, DStR 1998, S. 940  

Nach der Rechtsprechung des BGHBGH, Urteil vom 19.11.1990 - II ZR 88/89; BGH, Urteil vom 09-11-1987 - II ZR 100/87; ähnlich hierzu BGH, Urteil vom 28. 4. 1975 - II ZR 16/73  gebietet die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht allen Gesellschaftern, der Abberufung eines Geschäftsführers zuzustimmen, in dessen Person wichtige Gründe vorliegen, die sein Verbleiben in der Organstellung für die Gesellschaft unzumutbar machen. Stimmen, die in einer Gesellschafterversammlung trotz Vorliegens wichtiger Gründe gleichwohl für ein Verbleiben des (Fremd-) Geschäftsführers im Amt abgegeben werden, sind nichtig und sind daher nicht mitzuzählen. Werden sie gleichwohl mitgezählt und kommt deswegen ein ablehnendes Beschlussergebnis zustande, so ist der Beschluss anfechtbar. Wird ein Fremdgeschäftsführer abberufen, kommt es also nicht auf die Frage an, ob ein Stimmverbot besteht, sondern, ob eine Zustimmungspflicht begründet ist.

(3)      Beschlussfeststellung durch Versammlungsleiter

26Sehr umstritten ist die Frage, ob dem Versammlungsleiter einer Gesellschafterversammlung eine sogenannte Beschlussfeststellungskompetenz zukommt und welche rechtlichen Konsequenzen sich hieraus ergeben. Entscheidend kann dies hinsichtlich der Wirkung eines förmlich festgestellten Beschlusses sein, was wiederum für die Strategie im Rahmen von Gesellschafterstreitigkeiten eine erhebliche Rolle spielt.

Einem förmlich festgestellten Beschluss soll nach ganz herrschender Auffassung im Schrifttum und der Rechtsprechung des BGH eine (vorläufige) Wirksamkeit zukommen.BGHZ 104, 66, 69; Roth/Altmeppen/Roth, GmbHG, § 47 Rn 133; Ulmer/Hüffer/Schürnbrand, GmbHG, § 47 Rn 29; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, GmbHG, Anh. § 47, Rn 118; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner, GmbHG, § 47 Rn. 9; Lutter/Hommelhoff/Bayer, Anh. § 47 Rn 43  Das ist unproblematisch, wenn das Beschlussergebnis unter den Gesellschaftern nicht umstritten ist. Doch gerade dann, wenn das Ergebnis der Abstimmung unter den Gesellschaftern streitig ist, kann eine dennoch erfolgte förmliche Beschlussfeststellung durch den Versammlungsleiter zu nicht tragbaren Ergebnissen führen.

Die bisher überwiegende Ansicht geht davon aus, dass ein Versammlungsleiter grundsätzlich zur Feststellung des Beschlussergebnisses berechtigt sei.BGH, Urteil vom 21. 6. 2010 - II ZR 230/08; Lutter/Hommelhoff/Bayer, GmbHG, 19. Auflage (2016), § 38, Rn. 17a.; Scholz/Schmidt/Seibt, GmbHG, 10. Auflage (2007), § 48, Rn. 53.; Ulmer/Habersack/Winter/Hüffer, GmbHG, Band II, 2006, § 48, Rn. 33  Unstreitig ist dies, wenn dem Versammlungsleiter entweder durch satzungsmäßige Bestimmung oder durch einstimmigen Gesellschafterbeschluss diese Kompetenz übertragen wurde.

Strittig ist dagegen, ob einem Versammlungsleiter per se und qua Amt die Befugnis zukommt, das Abstimmungsergebnis mit vorläufiger Verbindlichkeit festzustellen. Oder ob eine solche Beschlussfeststellungskompetenz des Versammlungsleiters nur mit Zustimmung aller Gesellschafter in Betracht kommt.

Im Ergebnis führt der eine Weg, welcher eine förmliche Beschlussfeststellung durch den Versammlungsleiter als (vorläufig) wirksam anerkennt, zur Anfechtungsklage durch die ablehnenden Gesellschafter; der andere wiederum, welcher keine generelle Beschlussfeststellungskompetenz des Versammlungsleiters anerkennt, zur Feststellungsklage durch die zustimmenden Gesellschafter.Noack, Der Versammlungsleiter im GmbH-Recht, GmbHR 15/2017, S.794  Römermann hingegen vertritt die Auffassung, dass eine Anfechtungsklage schon dann zulässig sei, wenn sich einer der Beteiligten eines wirksam gefassten Beschlusses berühmt.Michalski/Römermann, GmbHG, 3. Auflage (2017), § 47 Rn. 599  

Das GmbHG kennt – im Gegensatz zum AktG in § 130 Abs. 2 – keine Regelungen hinsichtlich der Leitung der Gesellschafterversammlung, der Aufgaben und der Beschlussfeststellungskompetenz eines Versammlungsleiters. Es ist auch nicht von einer planwidrigen Regelungslücke auszugehen, welche es erlauben würde, die aktienrechtlichen Vorschriften hinsichtlich des Versammlungsleiters auf die GmbH analog anzuwenden.KG, Beschluss vom 12.10.2015 zum Az 22 W 74/15; Michalski/Römermann, GmbHG, 3. Auflage (2017), § 47 Rn. 582  

Nach der auch hier vertretenen Ansicht, ist es nicht begründbar – solange und soweit es hierzu keine Regelungen in der Satzung gibt –, dass ein Versammlungsleiter in einer Gesellschafterversammlung per se eine Beschlussfeststellungskompetenz hat.KG, Beschluss vom 12.10.2015 zum Az 22 W 74/15  

Insbesondere im Falle einer paritätischen Zweipersonen-GmbH würde dies dazu führen, dass eine (vorläufige) Wirksamkeit von Gesellschafterbeschlüssen nur noch erreicht werden kann, wenn der Versammlungsleiter diese förmlich feststellt. Denn die Gesellschafter werden sich in einer Pattsituation gerade nicht auf eine Beschlussfeststellung einigen können. Statt der Gesellschafterversammlung würde dem Versammlungsleiter die Kompetenz übertragen werden – auch gegen die Mehrheit der Stimmen –, einem Beschluss zur vorläufigen Wirksamkeit zu verhelfen.

Das würde im Übrigen auch der anerkannten Auffassung widersprechen, dass eine Beschlussfassung und die Herbeiführung der Wirksamkeit der gefassten Beschlüsse auch ohne Versammlungsleiter möglich sind.Lutter/Hommelhoff/Bayer, GmbHG, 19. Auflage (2016), Anh zu § 47, Rn. 38.; Michalski/Römermann, GmbHG, 3. Auflage (2017), § 47, Rn. 583  

Bei Bestehen einer Versammlungsleitung in einer Gesellschafterversammlung wird nicht nur dann ein Organakt im Sinn eines Gesellschafterbeschlusses geschaffen, wenn ein Versammlungsleiter diesen förmlich feststellt. Denn die Gesellschafterversammlung – als oberstes Organ der Gesellschaft – überträgt mit der Wahl eines Versammlungsleiters nicht ihre Organkompetenz auf den VersammlungsleiterAltmeppen, Machtverhältnisse bei Abberufung eines Gesellschafter-Geschäftsführers in einer GmbH aus „wichtigem Grund“, NJW 2016, S. 2833 , sondern nur eine organisatorische Stellung. Der Versammlungsleiter ist kein Teil eines Organs in einer GmbH, sondern lediglich Funktionsgehilfe der Gesellschafterversammlung und führt deren Weisungen aus.Michalski/Römermann, GmbHG, 3. Auflage (2017), § 47, Rn. 589; Altmeppen, Machtverhältnisse bei Abberufung eines Gesellschafter-Geschäftsführers in einer GmbH aus „wichtigem Grund“, NJW 2016, 2833  

Soweit geltend gemacht wird, die Rechtssicherheit verlange, dass generell von entsprechenden Beschlussfeststellungskompetenzen des Versammlungsleiters ausgegangen werde, mag dies für die Aktiengesellschaft gelten, die auch entsprechende Regelungen vorsieht. Allerdings gilt dies nicht für die GmbH, da dies ansonsten zu einem unerträglichem Rechtsverlust führt. Es besteht die Möglichkeit, positive Beschlussfeststellungsklage zu erheben.KG, Beschluss vom 12.10.2015 zum Az. 22 W 74/15  

Es bedarf daher in einer Gesellschafterversammlung keiner Beschlussfeststellung durch den Versammlungsleiter, da die Beschlussfassung der Gesellschafter der entscheidende Organakt ist.Altmeppen, Machtverhältnisse bei Abberufung eines Gesellschafter-Geschäftsführers in einer GmbH aus „wichtigem Grund“, NJW 2016, S. 2833  Die Beschlussfeststellungskompetenz und damit die Herbeiführung der (vorläufigen) Wirksamkeit eines Gesellschafterbeschlusses gegen das Votum der Gesellschafter, kann daher keinem außerhalb des GmbH-Organs stehenden Versammlungsleiter übertragen werden, es sei denn, dies wurde von der Gesellschaftersammlung so bestimmt. Zudem würde die Klageobliegenheit auf den jeweils anderen Gesellschafterstamm abgewälzt. Dies würde insbesondere in zweigliedrigen Gesellschaften zu nicht gerechten Ergebnissen führen. Die Gesellschafter sind nach der herrschenden Meinung genötigt, eine Beschlussanfechtungsklage zu erheben, obwohl nach dem Ergebnis der Stimmabgabe (z.B. bei einer Pattsituation) ein Beschluss nicht zustande gekommen ist.

Nach der herrschenden Meinung muss im Rahmen von Gesellschafterstreitigkeiten also eine fristgebundene Anfechtungsklage erhoben werden, wenn ein Versammlungsleiter das Zustandekommen des Beschlusses zur Abberufung eines Geschäftsführers feststellt.

cc)      Abberufung aus wichtigem Grund in einer zweigliedrigen GmbH

27In einer zweigliedrigen Gesellschaft, in welcher z.B. die Gesellschafter auch zugleich Geschäftsführer sind, kann zwar jeder einzelne Gesellschafter-Geschäftsführer aus wichtigem Grund abberufen werden, allerdings werden hohe Anforderungen an die Abberufung gestellt.OLG Stuttgart, Hinw.-Beschl. v. 13. 5. 2013 – 14 U 12/13  

Nach Ansicht des BGH lässt sich der Gedanke des § 84 III S. 4 AktG – der vorläufigen Wirksamkeit bei förmlich festgestelltem Beschluss – jedenfalls dann nicht auf die GmbH übertragen, wenn an dieser nur zwei Gesellschafter je zur Hälfte beteiligt sind, einer von ihnen oder beide zu Geschäftsführern bestellt sind und der Widerruf der Bestellung nicht einem anderen Organ als der Gesellschafterversammlung übertragen ist.BGH, Urteil vom 20.12.1982, Az. II ZR 110/82  Entsprechendes gilt auch bei einer zweigliedrigen Gesellschaft, in welcher der Minderheitengesellschafter den Mehrheitsgesellschafter aus wichtigem Grund abberufen will.OLG Stuttgart, Hinw.-Beschl. v. 13. 5. 2013 – 14 U 12/13  So könnte nämlich ein Gesellschafter mit der Behauptung, der andere sei aus wichtigem Grund für die Gesellschaft als Geschäftsführer nicht mehr zumutbar, dessen Stimme ausschalten und so einen zunächst formal gültigen Abberufungsbeschluss herbeiführen. Damit wäre die Abberufung ohne Rücksicht auf ihre sachliche Berechtigung bis zu einer gegenteiligen rechtskräftigen Gerichtsentscheidung vorläufig wirksam und somit ein geeignetes Mittel, bei Meinungsverschiedenheiten unter den Gesellschaftern einen geschäftsführenden Gesellschafter unter Umständen auf Jahre hinaus auszuschalten.BGH, Urteil vom 20.12.1982, Az. II ZR 110/82  Um dies zu vermeiden, gilt für zweigliedrige Gesellschaften, dass die Wirksamkeit eines Abberufungsbeschlusses entscheidend und allein von der materiellen Rechtslage abhängt. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die materielle Rechtslage kann daher ein vermeintlich abberufener Gesellschafter-Geschäftsführer – wenn auch im Schwebezustand – weiter amtieren.Siehe auch c) dd)  Der Gesellschaft bliebe aber in diesem Fall dennoch die Möglichkeit, einstweiligen Rechtsschutz zu beantragen, um einzelne Maßnahmen der Geschäftsführung verbieten zu lassen.Michalski/Terlau, GmbHG, 3. Auflage (2017), § 38, Rn.68  

d) Streit über die Wirksamkeit der Abberufung

28Die Abberufung des Fremdgeschäftsführers und die des Gesellschafter-Geschäftsführers stellt oftmals eine prekäre Situation dar. Insbesondere, wenn wichtige Gründe für die Abberufung vorgetragen werden, werden diese häufig entweder von einzelnen Gesellschaftern bestritten oder durch den Geschäftsführer selbst. Die Frage, ob die Abberufung wirksam war, bedarf dann einer gerichtlichen Klärung.

aa)         Rechtsweg und Gerichtsstand

29Grundsätzlich werden Streitigkeiten zwischen der Gesellschaft und ihrem (ehemaligem) Geschäftsführer hinsichtlich der Abberufung und Kündigung gem. § 5 I S.3 ArbGG vor der ordentlichen Gerichtsbarkeit ausgetragen und nicht vor dem Arbeitsgericht. Allerdings können die Parteien die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte vereinbaren gem. 2 IV ArbGG.

Sowohl für die Organstellung, als auch für den Anstellungsvertrag bestimmt sich der Gerichtsstand nach dem Erfüllungsort gem. § 29 ZPO. Dieser liegt am Sitz der Gesellschaft. Ausschließlich zuständig ist das Landgericht, vgl. § 246 III S.1 AktG. Funktionell entscheidet – soweit eine solche existiert – die Kammer für Handelssachen; vgl. § 246 III S. 2 AktG.

bb)      Die Parteien eines Rechtsstreits
(1)        Klageverfahren

30Beschlussmängelstreitigkeiten, die mittels Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen ausgetragen werden, sind regelmäßig gegen die Gesellschaft als Beklagte zu richten. Zur Geltendmachung der Nichtigkeit und Unwirksamkeit von Gesellschafterbeschlüssen ist jeder Gesellschafter als Ausfluss seines Mitgliedschaftsrechts befugt.Born/Ghassemi-Tabar/Gehle/Wiegand-Schneider, Gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten,5. Auflage(2016), S. 930, Rn. 21  Insoweit wäre der Gesellschafter Kläger des Rechtsstreits.

Die obigen Parteirollen gelten auch bei Beschlussfeststellungsklagen.

Für den Fremdgeschäftsführer gestaltet sich die Situation etwas anders. Für diesen bleibt in der Regel kein Recht, eine Beschlussmängelklage zu erheben mit Ausnahme einer Nichtigkeitsklage, die aber oftmals mangels Nichtigkeitsgründe nicht durchgreift.Michalski/Terlau, GmbHG, 3. Auflage (2017), § 38, Rn.71  Stellt sich allerdings heraus, dass der Abberufungsbeschluss nichtig ist oder auf Anfechtungsklage hin für nichtig erklärt wurde, fehlt der Abberufung der notwendige wirksame Gesellschafterentscheid mit der Folge, dass der Geschäftsführer seine Stellung nie verloren hatte. Dann steht es dem Fremdgeschäftsführer frei, eine Feststellungsklage zu erheben, welche darauf gerichtet ist, dass der Abberufungsbeschluss nichtig ist.OLG Brandenburg: Urteil vom 15.03.2005 - 6 U 90/04  

(2)      Einstweiliger Rechtsschutz

31Für das einstweilige Verfügungsverfahren gilt je nach verfolgtem Rechtsschutzziel eine unterschiedliche Verteilung der Parteirollen. 

So können einzelne Gesellschafter (hierunter auch der Gesellschafter-Geschäftsführer) im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens beantragen, dass der Abberufungsbeschluss nicht vollzogen wird. Dieser Antrag ist regelmäßig gerichtet gegen die Gesellschaft.Lutter/Hommelhoff/Bayer, GmbHG, 19. Auflage (2016), § 38, Rn. 30  

Die Gesellschaft dagegen kann beantragen, dass dem abberufenen Geschäftsführer bis zur Entscheidung in der Hauptsache die Tätigkeit als Geschäftsführer verboten wird.OLG München, NZG 2013, 947  Dieser Antrag richtet sich gegen den Geschäftsführer selbst.

Der einstweilige Rechtsschutz stellt ein wichtiges Instrument im Rahmen von Gesellschafterstreitigkeiten dar. Auf Grund der Unklarheiten im Zeitraum zwischen dem Abberufungsbeschluss und einem rechtskräftigen Urteil im Rahmen der Beschlussmängelstreitigkeit kann ein Geschäftsführer schnell „kaltgestellt“ werden, durch das Verbot der Ausübung seiner Geschäftsführertätigkeit mit einer zusätzlichen einstweiligen Verfügung.

cc)       Vertretung der Gesellschaft im Prozess

32Klagt der alleinige Geschäftsführer gegen seine Abberufung – ob nun im Wege der Anfechtungsklage als Gesellschafter-Geschäftsführer oder durch Feststellungsklage als Fremdgeschäftsführer –, wird die Gesellschaft durch ihre Gesellschafter vertreten. Diese bestellen gem. § 46 Nr. 8 GmbHG einen besonderen Vertreter.Born/Ghassemi-Tabar/Gehle/Wiegand-Schneider, Gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten,5. Auflage (2016), S. 1041, Rn. 143. Baumbach/ Hueck/Zöllner/Noack, GmbHG, 21. Auflage (2017), § 38, Rn. 60  
Wenn dagegen mehrere Geschäftsführer existieren, dann wird die Gesellschaft durch die übrigen Geschäftsführer in vertretungsberechtigter Zahl vertreten. Begehrt hingegen ein Gesellschafter Feststellung dahingehend, dass eine wirksame Abberufung des Geschäftsführers erfolgt sei, dann vertritt der Geschäftsführer die Gesellschaft.Baumbach/ Hueck/Zöllner/Noack, GmbHG, 21. Auflage (2017), § 38, Rn. 60  

Bei der mitbestimmten GmbH kommt § 112 AktG analog zur Anwendung.Michalski/Terlau, GmbHG, 3. Auflage (2017), § 38, Rn.74  Demnach vertritt der Aufsichtsrat die Gesellschaft.

dd)      Zeitraum zwischen Abberufungsbeschluss und rechtskräftiger Entscheidung

33Sobald Streit über die Wirksamkeit eines Beschlusses zur Abberufung eines Geschäftsführers aus wichtigem Grund besteht, stellt sich die Frage, ob der Geschäftsführer seine Befugnisse noch ausüben darf oder nicht. Dies umfasst den Zeitraum zwischen dem Tag der Beschlussfassung und einer rechtskräftigen Entscheidung über die Wirksamkeit des Gesellschafterversammlungsbeschlusses.

Eine gesetzliche Regelung hierzu findet sich im GmbHG nicht. Nach § 84 Abs. 3 Satz 4 AktG ist der Beschluss zur Abberufung des Vorstandes bis zur rechtskräftigen Feststellung des Gegenteils wirksam. Die umgekehrte Lösung findet sich im Recht der Personen- und Handelsgesellschaften. Die Entziehung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis aus wichtigem Grund erfolgt gemäß den §§ 117, 127 HGB durch gerichtliche Entscheidung.

In der Rechtsprechung finden sich in Bezug auf die GmbH nur wenige Entscheidungen. Ausgangspunkt ist stets die Entscheidung des BGH vom 20.12.1982.BGH, NJW 1982, 938  

Nach diesem Urteil entscheidet sich die Frage, ob der Geschäftsführer in der Schwebezeit bis zur Feststellung der Rechtslage im Amt ist oder nicht, alleine nach der objektiven Rechtslage. In dem Fall, über welchen der BGH zu entscheiden hatte, ging es um eine paritätische Zwei-Personen-GmbH. Der BGH hält dort weder § 84 Abs. 3 Satz 4 AktG, noch die §§ 117, 127 HGB für anwendbar. Der BGH will in diesem Fall den Schwebezustand hinnehmen und verweist auf die Möglichkeit des Weges der einstweiligen Verfügung. Im Übrigen scheint die Rechtslage hinsichtlich des Schwebezustandes ungeklärt.vgl. hierzu ausführlich Stephan/Tieves Münchener Kommentar, GmbHG, 2. Auflage (2016), § 38 Rn. 143 bis 146  

Der Gesellschaft steht zur vorläufigen Sicherung ihrer Rechte also die Möglichkeit offen, eine einstweilige Verfügung zu beantragen mit dem Ziel, dem Geschäftsführer – bis zur Klärung im Hauptsacheverfahren – die Ausübung seiner Geschäftsführertätigkeiten zu untersagen und seine Vertretungsbefugnisse vorläufig zu entziehen. Möglich ist zudem, Anträge auf Verhängung von Betretungsverboten und Einsichtnahmeverboten sowie die Umwandlung von Einzel- in Gesamtvertretungsbefugnis zu stellen.Roth/Altmeppen/Altmeppen, GmbHG, 8. Auflage (2015), § 38 Rn. 68 ff.; Michalski/Terlau, GmbHG, 3. Auflage (2017), § 38, Rn.76  

Dagegen kann der einzelne Gesellschafter und somit auch der abberufene Gesellschafter-Geschäftsführer einstweiligen Rechtsschutz beantragen mit dem Ziel, die bisherigen Organbefugnisse zu sichern.Lutter/Hommelhoff/Kleindiek, GmbHG, 19. Auflage (2016), § 38, Rn. 30  

 


Fußnoten