§ 16 Rechtsstellung bei Wechsel der Gesellschafter oder Veränderung des Umfangs ihrer Beteiligung; Erwerb vom Nichtberechtigten
(1) Im Verhältnis zur Gesellschaft gilt im Fall einer Veränderung in den Personen der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung als Inhaber eines Geschäftsanteils nur, wer als solcher in der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste (§ 40) eingetragen ist. Eine vom Erwerber in Bezug auf das Gesellschaftsverhältnis vorgenommene Rechtshandlung gilt als von Anfang an wirksam, wenn die Liste unverzüglich nach Vornahme der Rechtshandlung in das Handelsregister aufgenommen wird.
(2) Für Einlageverpflichtungen, die in dem Zeitpunkt rückständig sind, ab dem der Erwerber gemäß Absatz 1 Satz 1 im Verhältnis zur Gesellschaft als Inhaber des Geschäftsanteils gilt, haftet der Erwerber neben dem Veräußerer.
(3) Der Erwerber kann einen Geschäftsanteil oder ein Recht daran durch Rechtsgeschäft wirksam vom Nichtberechtigten erwerben, wenn der Veräußerer als Inhaber des Geschäftsanteils in der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste eingetragen ist. Dies gilt nicht, wenn die Liste zum Zeitpunkt des Erwerbs hinsichtlich des Geschäftsanteils weniger als drei Jahre unrichtig und die Unrichtigkeit dem Berechtigten nicht zuzurechnen ist. Ein gutgläubiger Erwerb ist ferner nicht möglich, wenn dem Erwerber die mangelnde Berechtigung bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt ist oder der Liste ein Widerspruch zugeordnet ist. Die Zuordnung eines Widerspruchs erfolgt aufgrund einer einstweiligen Verfügung oder aufgrund einer Bewilligung desjenigen, gegen dessen Berechtigung sich der Widerspruch richtet. Eine Gefährdung des Rechts des Widersprechenden muss nicht glaubhaft gemacht werden.
Für den Rechtsverkehr
(für Nichtjuristen)
zum Expertenteil (für Juristen)
Bedeutung für den Rechtsverkehr, häufige Anwendungsfälle
a) Allgemeines
1Die im Rahmen des MoMiG mit Wirkung zum 01.11.2008 in Kraft getretene Vorschrift des § 16 GmbHGGesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen vom 23.10.2008, BGBl I, 2026 regelt in Abs. 1, wer unter welchen Voraussetzungen und ab wann im Verhältnis zur Gesellschaft als Inhaber eines Geschäftsanteils anzusehen ist. Mit § 16 GmbHG sollen die Transparenz verbessert und Missbräuche bekämpft werden.RegBegr BT – Drs. 354/07, 84
2Die Bestimmung ist in engem Zusammenhang mit § 40 GmbHG zu lesen, der die Formalitäten der Gesellschafterliste regelt. Denn
3Nach früherem Recht (
4Die Regelung des
5Mit der Offenlegung der Gesellschafterliste im Handelsregister werden die Empfehlungen der Financial Action Task Force on Money Laundering (FATF) und die Richtlinie 2006/60 EG vom 26.10.2005 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung in der Europäischen Union umgesetzt.RegE zum MoMiG vom 25.07.2007, Begr. zu § 16, BT-Drs. 16/6140, 89; zsfd: Michalski/Ebbing, GmbHG, 3. Aufl. 2017,
§ 40 I GmbHG ist durch Art. 14 des Gesetzes zur Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie, zur Ausführung der EU-Geldtransferverordnung und zur Neuorganisation der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen vom 23.06.2017BGBl. I 2017, 1822, 1863 f. mit Wirkung ab dem 26.06.2017 geändert worden. Gemäß § 40 I 2 GmbHG sind jetzt bei nicht in ein Register eingetragenen Gesellschaften deren jeweilige Gesellschafter unter einer zusammenfassenden Bezeichnung mit Namen, Vornamen, Geburtsdatum und Wohnort in die Gesellschafterliste aufzunehmen. In der Praxis betrifft dies vor allen Dingen die Gesellschaften bürgerlichen Rechts. In zeitlicher Hinsicht gilt, dass die wegen der genannten Gesetzesänderung einzureichenden Gesellschafterlisten den Anforderungen des § 40 I GmbHG in der neuen Fassung zu genügen haben, wenn sie vor dem 26.06.2017 dem Handelsregister zwar vorgelegt, dort aber noch nicht aufgenommen wurden.BGH, Beschluss v. 26.06.2018 – II ZB 12/16, http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=d9e33f8949f15b86ceac9bd22f2b190b&nr=86392&pos=0&anz=1 In § 40 IV GmbHG ist seit Juni 2017 eine Verordnungsermächtigung an das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz verankert. Die darauf gründende neue Gesellschafterlistenverordnung (GesLV) ist am 01.07.2018 in Kraft getreten.
§ 16 III GmbHG schafft erstmalig die Voraussetzungen für den gutgläubigen Erwerb eines Geschäftsanteils an einer GmbH und soll den Rechtsverkehr mit GmbH-Anteilen wesentlich erleichtern.
Um einen ersten Überblick über die Bedeutung des
b) § 16 I und II GmbHG aus der Sicht der Gesellschaft
Anknüpfungspunkt für die Stellung als Gesellschafter ist allein die im Handelsregister aufgenommene Gesellschafterliste. Die Aufnahme des Neu-Gesellschafters in die im Handelsregister aufgenommene Gesellschafterliste ist keine Wirksamkeitsvoraussetzung der Abtretung oder sonstigen Verfügung. Ist die Abtretung etwa nach
Der Geschäftsführer und der Notar handeln aufgrund gesetzlicher Verpflichtung und sind Weisungen von Veräußerer und Erwerber bzw. der Gesellschafterversammlung bei der Erstellung der Liste nicht unterworfen. Geschäftsführer handeln allerdings grundsätzlich nur auf Mitteilung und entsprechenden Nachweis einer Veränderung im Bestand der Gesellschafter. Eine besondere Form ist nicht erforderlich. Erforderlich ist allerdings, dass die Gesellschaft vom Rechtsübergang überzeugend unterrichtet wird. Der Gesellschaftsvertrag kann auf den entsprechenden Nachweis nicht verzichten, jedoch eine strengere Form, z.B. Beglaubigung o. Ä. vorschreiben.Scholz/Seibt, GmbHG, 13. Aufl. 2022,
Der Geschäftsführer ist zur Korrektur einer unrichtigen, vom Notar nach
Wenn die Gesellschaft gegen ihre Verhinderungspflicht bzw. ihre Pflicht zur Einreichung einer Korrekturliste verstößt, muss sie sich so behandeln lassen, als sei die Gesellschafterliste, die Gegenstand der Untersagungsverfügung ist, nie in den Handelsregisterordner aufgenommen worden. Die Gesellschaft kann sich nicht über die eingeschränkte Rechtskraftwirkung der im einstweiligen Verfügungsverfahren ergangenen Entscheidung dadurch hinwegsetzen, dass sie unter Berufung auf die Legitimationswirkung einer Gesellschafterliste, die den Eilantragsteller nicht mehr als Gesellschafter ausweist, Beschlüsse fasst.KG, Beschluss v. 09.11.2017, 23 U 67/15, GmbHR 2018, 361; RNotZ 2018, 338; NZG 2018, 660
Die Prüfungspflicht des Registergerichts in Bezug auf eine GmbH-Gesellschafterliste schließt jedenfalls die Prüfung ein, ob die Liste von einem Einreichungsberechtigten erstellt und unterschrieben worden ist. Einreichungsberechtigt ist der im Register eingetragene Geschäftsführer.KG, Beschluss v. 12.06.2018, 22 W 15/18, FGPrax 2018, 212
7Gesellschafterliste:
- Diese muss von einer dazu befugten Person erstellt und
- von einer dazu befugten Person eingereicht worden sein (jeweils Geschäftsführer oder mitwirkender Notar).
- Nach
§ 40 I erfolgt die Änderung der Liste durch den Geschäftsführer auf Mitteilung und Nachweis durch eine dazu befugte Person. - Die Liste muss genau den in § 40 vorgegebenen Inhalt enthalten.
Die Anforderungen an den Inhalt der Gesellschafterliste sind in der GesLV konkretisiert. Die Geschäftsanteile sind jeweils nach arabischen Einzel- und Abschnittsnummern zu nummerieren und zu sortieren, wobei eine Sortierung nach Geschäftsanteilen oder nach Gesellschaftern möglich ist. Ferner sind die vergebenen Nummern beizubehalten. Bei Änderungen, insbesondere der Schaffung neuer Geschäftsanteile, sind neue Nummern zu vergeben. Allerdings ist die Neunummerierung möglich, wenn die Gesellschafterliste aufgrund der bisherigen Nummerierung unübersichtlich würde oder geworden ist. Die GesLV sieht eine Veränderungsspalte vor, die ihrerseits vorzugeben ist. Mit der Änderung des
8Erkennt die Geschäftsführung, dass ein vom Notar vorgenommener Eintrag in der Liste unrichtig ist, kann die Geschäftsführung die Liste entsprechend korrigieren.BGH, Urteil v. 17.12.2013 – II ZR 21/12, http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=f48682f6ce42c127ecdcfde3390e9bcf&nr=66543&pos=0&anz=1, ZIP 2014, 216
9Zur Einreichung einer Gesellschafterliste ist auch ein ausländischer Notar befugt, jedenfalls soweit seine Rechtsstellung und die entsprechende Beurkundung nach den jeweiligen nationalen Rechten (im konkreten Fall Schweiz, Kanton Basel-Stadt) mit dem deutschen Notariat vergleichbar sind.BGH, Beschluss v. 17.12.2013 – II ZB 6/13, http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=4f1e5f6cf1dfb5f30db6ab5447e99923&nr=66653&pos=0&anz=1; ZIP 2014, 317; Seibt, EWiR 2014, 171
10In der Liste einzutragen sind Name, Vorname, Geburtsdatum und Wohnort der betreffenden Person sowie die Nennbeträge der Anteile und die laufenden Nummern der zugeordneten Geschäftsanteile.
Nach
11Die ordnungsgemäß erstellte Gesellschafterliste ist unabhängig davon, wer sie letztlich einreicht, dem neuen Gesellschafter zuzurechnen und wird durch die Aufnahme im Handelsregister den Publizitätsanforderungen gerecht.MüKoGmbHG/Heidinger, (o. Fußn. 3),
12Dem eintretenden Gesellschafter steht ein Rechtsanspruch auf Einreichung der Gesellschafterliste beim Handelsregister zu.MüKoGmbHG/Heidinger, (o. Fußn. 3),
13Der Gesellschafterliste kommt nur dann keine Wirkung zu, wenn in der Person des Mitteilenden oder des Eintragenden ein allgemeiner Zurechnungsausschlussgrund gegeben ist, z.B. Zwang zur Vornahme der Handlung, Vertretung ohne Vertretungsmacht, Fälschung oder fehlende Geschäftsfähigkeit.Noack/Servatius/Haas, (o. Fußn. 3),
14Voraussetzung für die Entfaltung jeglicher Rechtswirkungen der Gesellschafterliste ist die Aufnahme der Liste beim Register. Die Aufnahme erfolgt in den für das entsprechende Registerblatt bestimmten Registerordner (
Werden mehrere Gesellschafterlisten an einem Tag eingereicht, ist
15Soweit die Inhaberschaft, der Umfang der Beteiligung, die Stückelung der Anteile und die Person des Inhabers in die Gesellschafterliste aufgenommen sind, gilt nach Aufnahme der Liste in das Handelsregister die unwiderlegbare Vermutung für die Inhaberschaft.Lutter/Hommelhoff/Bayer, (o. Fußn. 4),
Streitig ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung, ob es neben der Pflicht zur Einreichung auch ein Recht zur Einreichung gibt, wenn keine der im Gesetz genannten Veränderungen eingetreten sind. Das KG lehnt solche Listen als ausdrücklich unzulässig ab.KG, Beschluss v. 18.12.2019, 22 W 91/18, NZG 2020; Beschluss v. 24.04.2020, 22 W 16/18, NZG 2020, 746
aa) Rechtslage im Verhältnis der Gesellschafter zur Gesellschaft bis zur Aufnahme der neuen Liste in das Handelsregister
16Bis zur Aufnahme der geänderten Gesellschafterliste in das Handelsregister, etwa wegen des Erwerbs eines Geschäftsanteils durch einen neuen Gesellschafter, wegen eines Erbfalls oder einer Umwandlung gilt derjenige Gesellschafter als legitimiert, der in der alten Liste eingetragen ist. Er gilt als Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft mit allen Rechten und Pflichten. Der Neu-Gesellschafter, z.B. der Erwerber, kann vor Aufnahme der Liste im Handelsregister keine Gesellschafterrechte geltend machen, insbesondere nicht das Stimmrecht ausüben.Noack/Servatius/Haas, (o. Fußn. 3),
bb) Rechtslage nach Aufnahme der neuen Liste in das Handelsregister
17Mit Aufnahme der neuen Liste in das Handelsregister (zu den Problemen hinsichtlich des Datums als Nachweis der Aufnahme in das Handelsregister siehe oben) ist nur noch der neue Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft berechtigt. Er kann insbesondere Gewinnauszahlung verlangen, soweit im Kaufvertrag mit dem ehemaligen Gesellschafter nichts anderes vereinbart ist. Ist die Anteilsübertragung unwirksam, so gilt gegenüber der Gesellschaft gleichwohl der in die Liste eingetragene Gesellschafter, was auch das Registergericht bindet.Noack/Servatius/Haas, (o. Fußn. 3),
18Nach
19Die Rückwirkung tritt aber nur ein, wenn die Liste unverzüglich nach Vornahme der Rechtshandlung in das Handelsregister aufgenommen wird. Unverzüglich bedeutet juristisch gesprochen, dass die Aufnahme nicht schuldhaft verzögert werden darf. Es stellt sich allerdings die Frage, wessen Verschulden hier maßgeblich ist. Übereinstimmung besteht dahin, dass Verzögerungen, die aus der Sphäre des Handelsregisters stammen, unschädlich sein sollen.Scholz/Seibt, (o. Fußn. 10),
20Was der Gesetzgeber eigentlich erreichen möchte, ist, dass alle Maßnahmen, die der Erwerber gegenüber der Gesellschaft trifft, bis zu dem Zeitpunkt, zu dem an sich die Aufnahme der Liste in das Handelsregister erfolgen müsste, vorläufig wirksam sind. Dies verkehrt zwar den Gesetzeswortlaut in sein Gegenteil, ist aber die einzig praktikable Lösung. Die Maßnahmen sind juristisch gesprochen dann schwebend wirksam. So wäre ein neu bestellter Geschäftsführer auch für die Anmeldung und die Ausführung beschlossener Maßnahmen zuständig, nicht mehr der abberufene Geschäftsführer. Es ist daher ungemein wichtig, zu klären, bis wann die neue Liste in das Handelsregister aufgenommen werden muss. Abgesehen davon, dass das Abstellen auf das Verschulden unbefriedigend ist, werden für das „Unverzüglich“ feste Fristen vorgeschlagen, z.B. zwei WochenMüKoBGB/Armbrüster, Bd. 1, 9. Aufl. 2021,
21Um nicht dieser gesetzgeberischen Fehlleistung ausgesetzt zu werden, sollten die Parteien in einem Anteilskauf- und Übertragungsvertrag in jedem Fall vereinbaren, dass der Erwerber sofort im Verhältnis zur Gesellschaft seine Rechte geltend machen kann, etwa indem der Veräußerer ihn vertritt oder der Veräußerer bei der Abstimmung seinen Weisungen folgt.Scholz/Seibt, (o. Fußn. 10),
dd) Haftung des Veräußerers und des Erwerbers gegenüber der Gesellschaft nach § 16 II
22Wird die Liste in das Handelsregister aufgenommen, so scheidet der Veräußerer gegenüber der Gesellschaft aus dem Gesellschaftsverhältnis und den aus dem Verhältnis weiter bestehenden Pflichten aus, vor allen Dingen etwa auch aus einem Wettbewerbsverbot.Noack/Servatius/Haas, (o. Fußn. 3),
23Der Erwerber haftet mit Aufnahme der Liste in das Handelsregister für sämtliche Einlageforderungen, aber auch für sämtliche Formen der Differenzhaftung und für Nachschüsse. Veräußerer und Erwerber haften gegenüber der Gesellschaft als Gesamtschuldner.BGH, Urteil vom 04.03.1996, II ZR 89/95, BGHZ 132, 137
24Diese gesetzliche Regelung kann vom Veräußerer und dem Erwerber in einem entsprechenden Anteilskauf- und Übertragungsvertrag anderweitig geregelt werden.Noack/Servatius/Haas, (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 25
Der BGH legt
c) Stellung der Gesellschafter
aa) Veräußerer (Alt-Gesellschafter)
25Vorbehaltlich einer anderweitigen Regelung zwischen Veräußerer und Erwerber ist der Alt-Gesellschafter (Veräußerer) bis zur Aufnahme der neuen Gesellschafterliste, die den Erwerber ausweist, gegenüber der Gesellschaft berechtigt und verpflichtet. Der Veräußerer hat bei der Erstellung einer neuen Gesellschafterliste mitzuwirken. Er hat es vor allen Dingen zu unterlassen, in irgendeiner Weise Einfluss auf den Notar (wenn ein solcher bei der Geschäftsanteilsübertragung mitwirkt) oder auf den Geschäftsführer dahingehend zu nehmen, dass die Liste gar nicht oder verspätet eingereicht wird. Ein diesbezügliches Zusammenwirken des Alt-Gesellschafters und des Notars/Geschäftsführers führt dazu, dass die alte Gesellschafterliste unwirksam ist bzw. sich der Alt-Gesellschafter nicht auf diese berufen kann.
Auch wenn ein GmbH-Gesellschafter seine Mitgliedschaft aufgrund eigener Kündigung beendet hat und die Satzung der Gesellschaft bestimmt, dass der nach einer Kündigung zum Aus-scheiden verpflichtete Gesellschafter seine Gesellschafterstellung bereits mit Wirksamwerden seiner Kündigung verliert, so kann sich der Gesellschafter jedenfalls auf die Legitimationswirkung des
An diese Wirkung, die alle mitgliedschaftlichen Rechte und Pflichten erfasst, ist auch das Registergericht gebunden. Dabei steht selbst der Umstand, dass die Gesellschaft die fehlende materiellrechtliche Berechtigung positiv kennt, der Legitimationswirkung des
Dies gilt aber nicht, wenn der Gesellschaft durch einstweilige Verfügung untersagt ist, im Fall der Einziehung eines Geschäftsanteils eine Liste ohne Ausweis der von der Einziehung betroffenen Gesellschafters einzureichen und die Gesellschaft gleichwohl eine solche Liste einreicht und diese im Handelsregister aufgenommen wird. BGH, Urteil v. 02.07.2019, II ZR 406/17, BGHZ 222, 323
Die Legitimationswirkung des
Andererseits ist eine GmbH durch die negative Legitimationswirkung des § 16 I 1 GmbHG nicht gehindert, einen nach einem möglicherweise fehlgeschlagenen Einziehungsversuch aus der Gesellschafterliste entfernten, am materiell bestehenden Geschäftsanteil aus einem in der Person des materiell berechtigten Gesellschafters liegenden wichtigen Grund einzuziehen.BGH, Urteil v. 10.11.2020, II ZR 211/19, NJW 2021, 622
Ist ein Gesellschafter zum Zeitpunkt der Beschlussfassung, die er anfechten möchte, nicht mehr in der Gesellschafterliste eingetragen, steht seiner Anfechtungsklage grundsätzlich die negative Legitimationswirkung des § 16 I 1 GmbHG entgegen. Fehlt diesem Gesellschafter die Anfechtungsbefugnis wegen fehlender Eintragung, fehlt ihm auch die materielle Berechtigung zur Geltendmachung von auf positive Beschlussfeststellung gerichteten Klageanträgen. Die Anfechtung des Beschlusses der Gesellschafterversammlung kann analog § 244 1 AktG nicht mehr geltend gemacht werden, wenn die Gesellschafterversammlung den anfechtbaren Beschluss durch einen neuen Beschluss bestätigt hat und dieser Beschluss nicht fristgerecht angefochten oder die Anfechtung rechtskräftig zurückgewiesen worden ist.BGH, Urteil v. 26.01.2021, II ZR 391/18, NZG 2021, 831
bb) Erwerber (Neu-Gesellschafter)
26Dieser hat einen Anspruch gegen den Geschäftsführer bzw. den Notar, falls es um die Anteilsübertragung geht, eine aktualisierte Gesellschafterliste zu erstellen und umgehend beim Handelsregister zur Aufnahme einzureichen. Der Geschäftsführer haftet für Verstöße gegen diese gesetzliche Pflicht nach § 40 III GmbHG auf Schadensersatz.
27Der Neu-Gesellschafter muss allerdings den Geschäftsführern entsprechende Mitteilung machen und den Anteilsübergang nachweisen. Auch hier gilt, dass ein kollusives Zusammenwirken zwischen einem Neu-Gesellschafter und dem Notar/Geschäftsführer hinsichtlich der Einreichung einer unrichtigen Gesellschafterliste keine Wirkung entfaltet. Die gesetzlich angeordnete Wirkung einer unwiderleglichen Vermutung kommt der Liste dann nicht zu.
28Erben können vom Geschäftsführer darauf verwiesen werden, ihr Erbrecht durch einen entsprechenden Erbschein nachzuweisen. Im Verhältnis zur Gesellschaft darf sich im Fall einer Veränderung in der Person des Gesellschafters nach
Für den Erben kommt es für die Gesellschafterstellung allein auf die Legitimationswirkung gemäß § 16 I 1 GmbHG, also die Eintragung in die Gesellschafterliste, an. Eine andere Möglichkeit, die Gesellschafterstellung nachzuweisen, etwa durch die Vorlage eines Erbscheins, ist nicht ausreichend.OLG Köln, Beschluss v. 27.06.2019, 18 Wx 11/19, GmbHR 2020, 274; NZG 2020, 517
Ist der Alleingeschäftsführer, der auch Gesellschafter war, verstorben, aber noch in der Gesellschafterliste eingetragen, gilt die Legitimationswirkung auch für diesen.
Da aber durch den Tod des eingetragenen Alleingeschäftsführers kein Geschäftsführer vorhanden ist, können die Erben beim zuständigen Registergericht die Bestellung eines Notgeschäftsführers beantragen. Dieser kann anstelle des verstorbenen Geschäftsführers die Gesellschafterversammlung einberufen, in welcher ein neuer Geschäftsführer bestimmt werden kann, der die geänderte Gesellschafterliste bei dem zuständigen Registergericht einreicht. Kann ein Gesellschafter seine Stellung nur mit Erbschein ausweisen, so wäre der Beschluss unter der Beteiligung des Erbscheinerben jedenfalls schwebend unwirksam und könnte nur wirksam werden, sofern die neue Gesellschafterliste unverzüglich beim Handelsregister eingereicht und aufgenommen ist.OLG Karlsruhe, Beschluss v. 27.04.2022, 1 W 71/21, NZG 2022, 1349; NJW-Spezial 2022, 464
Auch ein Nachlasspfleger, welcher für die unbekannten Erben eines Gesellschafters bestellt wurde, kann seine Stellung gegenüber der Gesellschaft nur bei Eintragung in die Gesellschafterliste geltend machen.KG, Beschluss v. 23.11.2022, 22 W 50/22, GWR 2023, 58
29Damit die Liste ihre volle Wirkung entfaltet, muss die Eintragung sowohl dem Erwerber als auch dem Veräußerer zurechenbar sein.MüKoGmbHG/Heidinger, (o. Fußn. 3),
30Schwierig ist die Rechtslage eines Erwerbers, der den Geschäftsanteil unter einer aufschiebenden Bedingung (z.B. Zahlung des Kaufpreises oder Freigabe durch das Bundeskartellamt) erwirbt. Er ist bis zum Eintritt der Bedingung nicht in die Gesellschafterliste aufzunehmen, sodass er dafür zu sorgen hat, dass dem Notar der Eintritt der Bedingung mitgeteilt wird. In Fällen der Übertragung eines Geschäftsanteils unter einer aufschiebenden Bedingung besteht die größte Rechtsunsicherheit für den Erwerber, da es hier zu gewissen Manipulationen hinsichtlich der Mitteilung des Bedingungseintritts an den Notar kommen kann, sodass dieser die Gesellschafterliste nicht neu erstellen und zur Aufnahme beim Handelsregister einreichen kann.
d) Stellung der Geschäftsführung
31Der Geschäftsführung kommt im Hinblick auf die Erstellung und Einreichung der Gesellschafterliste eine sehr große Bedeutung zu. Es wird vom Geschäftsführer nicht verlangt, dass er komplizierte Rechtslagen prüft, eine gewisse Plausibilitätskontrolle hinsichtlich etwa ihm bekannter Unterschriften, Stückelungen der GmbH-Anteile oder Adressen beteiligter Parteien hat er allerdings vorzunehmen.
32Der Gesetzgeber verdeutlicht die starke Pflichtenbindung des Geschäftsführers dadurch, dass er diesen in
33Der Bundesgerichtshof hat es dem Geschäftsführer sogar auferlegt, dass dieser eine Korrekturliste einreicht, auch wenn die ursprüngliche, aber fehlerhafte, Liste durch den Notar erstellt worden ist.BGH, Urteil v. 17.12.2013 – II ZR 21/2012, http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=f48682f6ce42c127ecdcfde3390e9bcf&nr=66543&pos=0&anz=1, ZIP 2014, 216; BGH, Beschluss v. 07.02.2017, II ZR 28/15, http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=5a3c6df15452c6d454b1c4230ff1fb8f&nr=77763&pos=0&anz=1, GmbHR 2017, 519 Der Bundesgerichtshof hat klargestellt, dass ein Gesellschafter seinen Anspruch auf Unterlassung der Einreichung einer zu seinen Lasten materiell unrichtigen Gesellschafterliste zum Handelsregister nicht gegen den Geschäftsführer selbst (persönlich) geltend machen kann, sondern nur gegen die Gesellschaft. Das gilt auch dann, wenn der Geschäftsführer möglicherweise fehlerhaft handelt, sich das fehlerhafte Handeln aber im Rahmen eines unsorgfältigen Handelns des Geschäftsführers hält. Der Anspruch des Gesellschafters richtet sich aber dann gegen den Geschäftsführer persönlich, wenn dieser seine Stellung als Geschäftsführer dadurch missbraucht, dass er eine materiell unrichtige Gesellschafterliste zum Handelsregister einreicht, um damit eigennützige Interessen durchzusetzen. Dies gilt immer dann, wenn der Geschäftsführer auch Gesellschafter ist und er seine Stellung als Gesellschaftergeschäftsführer missbraucht, indem er eine materiell unrichtige Gesellschafterliste einreicht, um damit eigennützige Interessen durchzusetzen. Der Gesellschaftergeschäftsführer verstößt mit der Einreichung einer materiell unrichtigen Gesellschafterliste gegen seine Treuepflicht, weil der Gesellschafter, der nicht mehr in der Liste ausgewiesen ist, aufgrund der negativen Legitimationswirkung des § 16 I GmbHG keine Mitgliedschaftsrechte mehr gegenüber der Gesellschaft wahrnehmen kann.BGH, Urteil v. 08.11.2022 – II ZR 91/21, https://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=12288&Seite=2&nr=132670&pos=73&anz=878, GmbHR 2023, 334; WM 2023, 376; DB 2023, 507; ZIP 2023, 631; NJW-Spezial 2023, 144; Besprechung von Bayer/Rauh, WuB 2023, 137; hierzu auch Hürten/Detsinas, DB 2023, 1014
Ist es einer GmbH auf Eilantrag eines Gesellschafters im Wege der einstweiligen Verfügung untersagt worden, eine geänderte Gesellschafterliste, die den Antragsteller nicht mehr als Gesellschafter ausweist, zum Handelsregister einzureichen, ist die Gesellschaft verpflichtet, hinreichende Maßnahmen zur Verhinderung einer Listeneinreichung zu ergreifen. Kommt es wegen unzureichender bzw. erfolgloser Verhinderungsmaßnahmen gleichwohl zur Einreichung der Liste, muss die Gesellschaft zur Beseitigung des Störungszustands eine Korrekturliste zum Handelsregister einreichen.
Wenn die Gesellschaft gegen ihre Verhinderungspflicht bzw. ihre Pflicht zur Einreichung einer Korrekturliste verstößt, muss sie sich so behandeln lassen, als sei die Gesellschafterliste, die Gegenstand der Untersagungsverfügung ist, nie in den Handelsregisterordner aufgenommen worden. Die Gesellschaft kann sich nicht über die eingeschränkte Rechtskraftwirkung der im einstweiligen Verfügungsverfahren ergangenen Entscheidung dadurch hinwegsetzen, dass sie unter Berufung auf die Legitimationswirkung einer Gesellschafterliste, die den Eilantragsteller nicht mehr als Gesellschafter ausweist, Beschlüsse fasst.KG, Beschluss v. 09.11.2017, 23 U 67/15, GmbHR 2018, 361
34Um dem Geschäftsführer die Einhaltung der Anforderungen aus §§ 16, 40 GmbHG möglichst zu erleichtern, sollte der Gesellschaft und den Gesellschaftern daran gelegen sein, bei möglichst vielen Fällen einer Änderung bei den Gesellschaftern die Liste durch einen Notar erstellen zu lassen, diesen also an der Anteilsübertragung mitwirken zu lassen, wo immer dies nicht ohnehin gesetzlich vorgesehen ist, wie etwa bei der Anteilsübertragung, die nach § 15 GmbHG immer noch zu beurkunden ist.
Ist ein Gesellschafter zu Unrecht nicht in der Gesellschafterliste eingetragen, steht ihm ein Anspruch auf Einreichung einer korrigierten Gesellschafterliste zu, den er im Wege der Leistungsklage entsprechend § 67 II AktG gegen die Gesellschaft durchsetzen kann. Der Anspruch besteht auch dann, wenn der tatsächlich eingetragene Scheingesellschafter der Einreichung einer korrigierten Gesellschafterliste widerspricht. Der tatsächlich berechtigte Gesellschafter muss sich nicht darauf verweisen lassen, die Rechtslage zunächst in einem Rechtsstreit mit dem eingetragenen (Schein-)Gesellschafter zu klären. KG, Beschluss v. 10.07.2019, 2 W 16/19, NZG 2019, 913
§ 16 I 1 GmbHG begründet eine unwiderlegbare Vermutung für die Gesellschafterstellung des Eingetragenen in dem in der Gesellschafterliste verzeichneten Umfang. Die Regelung des § 121 II 2 AktG, wonach Personen, die im Handelsregister eingetragen sind, als befugt zur Einberufung einer Gesellschafterversammlung gelten, findet auf die GmbH keine entsprechende Anwendung. OLG Brandenburg, Urteil v. 21.08.2019, 7 U 169/18, GmbHR 2020, 98
e) Auswirkungen auf Notare
35Für die Erstellung der Gesellschafterliste durch den Notar sind die Mitteilungen und der Nachweis der Anteilsübertragung durch den betroffenen neuen Gesellschafter nicht von entscheidender Bedeutung. Der Notar hat die Rechtslage aufgrund eigener Kompetenz zu beurteilen. Ein eventueller Fehler des Notars beeinträchtigt nicht die Wirkungen der Gesellschafterliste.MüKoGmbHG/Heidinger, (o. Fußn. 3),
36Die Liste ist nach
37Schwierigkeiten können sich für den Notar vor allen Dingen bei einer aufschiebend bedingten Anteilsübertragung ergeben, wenn ihm die Parteien den Eintritt der Bedingung nicht mitteilen. Hier ist umstritten, inwieweit den Notar dann Pflichten zur Aufklärung des wahren Sachverhalts treffen.
Eine notarielle Gesellschafterliste kann auch noch nach Einreichung beim Handelsregister und Aufnahme in den Registerordner wegen offenbarer Unrichtigkeit gemäß
f) Auswirkungen auf Dritte
38Nicht zu unterschätzende Auswirkungen auf Dritte können Maßnahmen der (neuen) Geschäftsführung im Schwebezustand zwischen Anteilsveräußerung, Bestellung der neuen Geschäftsführung durch den Erwerber und dem Unterbleiben der Aufnahme der Gesellschafterliste zum Handelsregister haben. Wird die Liste nicht unverzüglich nach § 16 I, 2 GmbHG ins Handelsregister aufgenommen, ist die Bestellung des neuen Geschäftsführers unwirksam und war die Gesellschaft nicht ordnungsgemäß vertreten.
g) Gutgläubiger Erwerb nach § 16 III GmbHG
39Die für den Rechtsverkehr wahrscheinlich bedeutsamste Neuerung des § 16 GmbHG ist die Möglichkeit, dass Geschäftsanteile gutgläubig erworben werden können. Anknüpfungspunkt für den gutgläubigen Erwerb ist auch hier die Gesellschafterliste. Der gute Glaube wird aber nicht in dem Umfang geschützt, wie dies der Wortlaut des Gesetzes nahelegt. Nicht geschützt ist vor allen Dingen der gute Glaube an die Existenz des Anteils und an dessen Lastenfreiheit.BGH, Beschluss v. 20.09.2011, II ZB 17/10, http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=e944317a983e59b61512e3989a15ecec&nr=58010&pos=0&anz=1, NZG 2011, 1268, Rn. 19; Noack/Servatius/Haas, (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 26 Der gute Glaube an das Bestehen oder Nichtbestehen von beschränkten dinglichen Rechten wird auch nicht geschützt, da solche Rechte in die Gesellschafterliste nicht eingetragen werden können. Vor allen Dingen nicht geschützt wird der gute Glaube daran, dass der Gesellschafter über den Anteil ohne Zustimmung der Gesellschaft bzw. der übrigen Gesellschafter (sogenannte Vinkulierung) frei verfügen kann.BGH, Beschluss v. 20.09.2011, II ZB 17/10, http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=93132197bfa2e1ace53ec2599158914e&nr=58010&pos=0&anz=1, GmbHR 2011, 1269; Lutter/Hommelhoff/Bayer, (o. Fußn. 6), § 16 Rn. 76; Scholz/Seibt, (o.Fußn. 10), § 16 Rn. 76; Rodewald, GmbHR 2009, 196, 197, Noack/Servatius/Haas, (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 26 Ferner ist der gutgläubige Erwerb eines in die Insolvenzmasse gefallenen Geschäftsanteils nicht möglich (§ 81 I 1 InsO).
aa) Grundvoraussetzungen des gutgläubigen Erwerbs
40Folgende Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit ein gutgläubiger Erwerb überhaupt möglich ist:
- Bestehen des Geschäftsanteils,
- unrichtige Wiedergabe des Inhabers oder des Umfangs seiner Beteiligung in der ins Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste,
- rechtsgeschäftlicher Erwerb eines Geschäftsanteils,
- Zurechenbarkeit beim Berechtigten oder Ablauf der Dreijahresfrist,
- kein Widerspruch,
- keine Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von der fehlenden Berechtigung des Veräußerers beim Erwerber.
bb) Existenz des Geschäftsanteils, Stückelung
41Nur der Erwerb eines existierenden Geschäftsanteils ist möglich.RegBegr. BR-Drs. 354/07, 88; Götze/Bressler, NZG 2007, 894, 897
42Geschützt wird auch der gute Glaube an die Richtigkeit der Stückelung: Dies bedeutet, dass, wenn der Anteil zwar besteht, aber die Stückelung des Anteils in der Liste nicht richtig wiedergegeben ist, z.B. weil Zusammenlegung oder Teilung von Anteilen nicht eingetragen wurde, ein gutgläubiger Erwerb des Geschäftsanteils in der richtigen Stückelung möglich ist.Noack/Servatius/Haas, (o. Fußn. 3),
cc) Unrichtigkeit der Gesellschafterliste
43Weitere Voraussetzung für den gutgläubigen Erwerb ist, dass eine unrichtige Gesellschafterliste beim Handelsregister aufgenommen wurde. Ist die Liste in irgendeiner Weise nicht vollständig, fehlt beispielsweise die Unterschrift des Geschäftsführers, sind die Angaben hinsichtlich des angeblichen Inhabers nicht identifizierbar oder ist der Anteil nicht identifizierbar, so ist ein gutgläubiger Erwerb nicht möglich.Zsfd: Noack/Servatius/Haas, (o. Fußn. 3),
44Unrichtig ist die Gesellschafterliste, wenn sie mit der materiellen Rechtslage nicht übereinstimmt. Dies betrifft vor allen Dingen die Unwirksamkeit des Erwerbs wegen Formmangels, wegen fehlender Zustimmung der Gesellschaft oder der Gesellschafter, soweit diese nach dem Gesellschaftsvertrag erforderlich ist, oder wegen wirksamer Anfechtung.Mayer, DNotZ 2008, 403, 417; Noack/Servatius/Haas, (o. Fußn. 3),
dd) Rechtsgeschäftlicher Erwerb
45Anders als I und II gilt III nur für den rechtsgeschäftlichen Erwerb, nicht bei Erwerb durch Erbgang, Verschmelzung oder Bildung einer Gütergemeinschaft.Noack/Servatius/Haas, (o. Fußn. 3),
46Eine weitere wichtige Voraussetzung ist, dass ein sogenanntes Verkehrsgeschäft vorliegt. Das bedeutet, dass sich auf Seiten des Veräußerers und des Erwerbers fremde Dritte gegenüberstehen müssen, da ansonsten keine Notwendigkeit besteht, den guten Glauben zu schützen. Kein Verkehrsgeschäft sind vor allen Dingen Fälle der sogenannten fremdnützigen Treuhand oder der Übertragung an eine Gesellschaft, die vom Gesellschafter ebenfalls beherrscht wird.Noack/Servatius/Haas, (o. Fußn. 3),
ee) Ausschlussgründe für gutgläubigen Erwerb
Fehlende Zurechenbarkeit der Unrichtigkeit vor Erreichen der Dreijahresfrist
47Ist die unrichtige Gesellschafterliste, die den nicht berechtigten Veräußerer als Gesellschafter ausweist, noch nicht länger als drei Jahre beim Handelsregister aufgenommen (zur Berechnung der Dreijahresfrist siehe unten), so scheitert ein gutgläubiger Erwerb, wenn dem tatsächlichen, aber nicht eingetragenen Berechtigten die Unrichtigkeit der Liste nicht zuzurechnen ist. Lag die Unrichtigkeit im Risikobereich des Berechtigten, muss er sich die Unrichtigkeit zurechnen lassen und kann nicht intervenieren.Scholz/Seibt, (o. Fußn. 10),
ff) Unrichtigkeit der Liste für mehr als 3 Jahre
48Unabhängig davon, wer die Unrichtigkeit der Liste zu verantworten hat, ist der gutgläubige Erwerb immer dann möglich, wenn die Liste bereits mehr als drei Jahre unrichtig ist. Maßgebender Zeitpunkt für den Fristbeginn, also für die Berechnung der drei Jahre, ist die Aufnahme der unrichtigen Gesellschafterliste in das Handelsregister. War die Liste zunächst richtig, ist dann aber ein Wechsel der Inhaberschaft eingetreten und dies nicht dokumentiert worden, ist der letztgenannte Zeitpunkt maßgeblich. Schließt sich die eine unrichtige Liste an die andere unrichtige Liste an, so ist der erste Zeitpunkt maßgeblich, zu dem eine unrichtige Liste in das Handelsregister aufgenommen wurde.Scholz/Seibt, (o. Fußn. 10),
gg) Widerspruch
49Der gutgläubige Erwerb wird auch durch einen Widerspruch des Berechtigten gehindert, sobald dieser der Liste zugeordnet ist. Die Zuordnung erfolgt entweder mit Zustimmung dessen, gegen dessen formale Stellung sich der Widerspruch richtet (in der Praxis dürfte dies eher selten sein).Scholz/Seibt, GmbHG, (o. Fußn. 10),
Macht ein Gesellschafter glaubhaft, dass kein wichtiger Grund für eine Einziehung seines Geschäftsanteils gegeben ist, ist zum Schutz vor dem Verlust des Geschäftsanteils an Dritte durch gutgläubigen Erwerb bis zur Klärung der Rechtmäßigkeit der Einziehung die Zuordnung eines Widerspruchs zu der neuen Gesellschafterliste im Wege einer einstweiligen Verfügung geboten, um die Gefahr irreparabler Fakten durch die Einziehung auszuschließen.
Die Zuordnung eines Widerspruchs zur Gesellschafterliste im Handelsregister nach
Im Fall eines eingetragenen Widerspruchs gegen die Eintragung eines anderen Gesellschafters kann der nach dem Einzug seines Geschäftsanteils nicht mehr in die Gesellschafterliste eingetragene Gesellschafter keine Gesellschafterrechte mehr geltend machen. Dies gilt ungeachtet der Wirksamkeit des Einziehungsbeschlusses. Der Gesellschafter kann ab dem Zeitpunkt der Aufnahme einer ihn nicht mehr aufführenden Gesellschafterliste zum Handelsregister seine mitgliedschaftlichen Rechte nicht länger ausüben.LG Köln, Beschluss v. 16.03.2020, 82 O 94/19, ZIP 2020, 2237
hh) Kenntnis, grob fahrlässige Unkenntnis der mangelnden Berechtigung und maßgeblicher Zeitpunkt
50Der gutgläubige Erwerb ist ausgeschlossen, wenn der Erwerber Kenntnis davon hat, dass der Veräußerer nicht berechtigt ist, den Anteil zu übertragen.
51Schwieriger sind die Fälle der grob fahrlässigen Unkenntnis: Der angeblich gutgläubige Erwerber lässt die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonderem Maße außer Acht, er beachtet nicht, was unter den gegebenen Umständen jedermann hätte einleuchten müssen.Noack/Servatius/Haas, (o. Fußn. 3),
52Wichtig ist für die Praxis aber, dass der Erwerber ohne besonderen Anlass nicht zu Nachforschungen verpflichtet ist. Wenn er aber konkrete Verdachtsmomente bezüglich der Nichtberechtigung hat, dann muss er sich Kenntnis verschaffen, ansonsten wird er als grob fahrlässig behandelt.Scholz/Seibt, (o. Fußn. 10), § 16 Rn. 86; Noack/Servatius/Haas, (o. Fußn. 3),
53Der maßgebende Zeitpunkt für Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis ist die Vollendung des Rechtserwerbs.Scholz/Seibt, (o. Fußn. 10),
ii) Übergangsregelung zu Abs. 3
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55Ist die Gesellschafterliste bei Inkrafttreten des Gesetzes am 01.11.2008 unrichtig gewesen, war aber die Unrichtigkeit dem wahren Berechtigten nicht zuzurechnen, ist der gutgläubige Erwerb erst bei Geschäften möglich, die nach dem 01.11.2011 vorgenommen wurden. In der Praxis dürften sich diese Fälle wohl nicht mehr stellen.
h) Gesamtbewertung der Regelung in § 16 GmbHG aus Sicht des Rechtsverkehrs
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57Schwerwiegender sind allerdings die Defizite beim gutgläubigen Erwerb, nämlich dass der gute Glaube an die Verfügungsbefugnis des Veräußerers nicht geschützt wird, so dass z.B. die fehlende Zustimmung der Gesellschaft oder der Gesellschafter die Wirksamkeit der Übertragung hindern kann und der gute Glaube des Erwerbers hieran nicht geschützt wird. Auch ist es nach wie vor nicht möglich, gar nicht existierende Geschäftsanteile gutgläubig zu erwerben.
58Die Regelung in
59Angesichts der Schwierigkeiten sowohl in der Konzeption als auch in der gesetzgeberischen Ausgestaltung, überrascht es nicht, dass es eine ganze Vielzahl von Gerichtsentscheidungen zu der neuen Regelung gibt, vor allen Dingen aber auch eine fast unübersehbare Zahl von Veröffentlichungen in der Fachliteratur, die sich mit der gesetzlichen Regelung und ihren Defiziten sowie entsprechenden Lösungsmöglichkeiten beschäftigen.
Expertenhinweise
(für Juristen)
1) Allgemeines
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2) Definitionen
a) Rechtswirkung der Eintragung in die in das Handelsregister aufgenommene Gesellschafterliste (§ 16 I 1)
aa) Veränderungen in der Person eines Gesellschafters:
63Das ist jeder Gesellschafterwechsel. Dieser kann in der Form der Einzelrechtsnachfolge durch Abtretung nach § 15 III erfolgen, die auch die Übertragung zu Sicherungszwecken oder zu Treuhandzwecken umfasst und auch den
3) Abgrenzungen, Kasuistik
a) Legitimationswirkung der Eintragung in die im Handelsregister aufgenommene Gesellschafterliste
94Durch die in I 1 statuierte Legitimationswirkung gilt derjenige, der als Gesellschafter in die ins Handelsregister aufgenommene Gesellschafterliste eingetragen ist, gegenüber der Gesellschaft als Gesellschafter und zwar unabhängig von seiner materiellrechtlichen Berechtigung; dies wird auch als formale Gesellschafterstellung bezeichnet.
4) Zusammenfassung der Rechtsprechung
a) Legitimationswirkung des I
122Die Rechtsprechung zu
aa) Formalien der Gesellschafterliste:
(1)
OLG München, Beschluss v. 17.07.
5) Literaturstimmen
143Die wesentlichen Diskussionen in der Literatur zur Auslegung bestimmter Tatbestandsmerkmale des
a) Frage der Unverzüglichkeit der Aufnahme der geänderten Gesellschafterliste ins Handelsregister
144Ein schuldhaftes Zögern wird nach einer Literaturauffassung nur im
6) Häufige Paragraphenketten
145Die häufigen Paragrafenketten, in denen
7) Prozessuales
150Für die wesentlichen prozessualen Fragen kann auf die Darstellung der Rechtsprechung oben unter 4) verwiesen werden.
a) Legitimationswirkung
151Der Gesellschafter einer GmbH ist im Verhältnis zu dieser für seine Legitimation nicht auf eine gerichtliche Feststellung angewiesen. Diese richtet sich vielmehr nach § 16 I GmbHG.
8) Anmerkungen
151§ 16 GmbHG erfüllt die hohen Erwartungen des Rechtsverkehrs vor allen Dingen an die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs von GmbH-Anteilen nicht. Dies liegt in erster Linie darin begründet, dass an die Gesellschafterliste als Zurechnungsgrundlage angeknüpft wird. Die Gesellschafterliste ist ihrerseits aber manipulierbar und genießt nicht den öffentlichen Glauben wie etwa das Grundbuch i. S. v.
152Die Regelung in
Die vom Gesetz in § 16 I 1 GmbHG angeordnete strenge Legitimationswirkung der Gesellschafterliste führt insbesondere in Fällen der unrechtmäßigen Einziehung von Geschäftsanteilen, die häufig Gegenstand einer heftigen Auseinandersetzung zwischen Gesellschaftern sind, zu als unbillig empfundenen Ergebnissen. Die Rechtsprechung stellt hohe Anforderungen an den Antrag einer einstweiligen Verfügung zu Gunsten des zu Unrecht ausgeschlossenen Gesellschafters. Es kann hier nur dringend empfohlen werden, sich in der Beratung eines von einer Ausschließung bzw. Einziehung des Geschäftsanteils betroffenen Gesellschafters frühzeitig um die entsprechenden Grundlagen sowie die Vorbereitung eines entsprechenden Antrags zu bemühen.