Schliessen
von Göler (Hrsg.) / Ulrich Schnelle / § 16

§ 16 Rechtsstellung bei Wechsel der Gesellschafter oder Veränderung des Umfangs ihrer Beteiligung; Erwerb vom Nichtberechtigten

(1) Im Verhältnis zur Gesellschaft gilt im Fall einer Veränderung in den Personen der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung als Inhaber eines Geschäftsanteils nur, wer als solcher in der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste (§ 40) eingetragen ist. Eine vom Erwerber in Bezug auf das Gesellschaftsverhältnis vorgenommene Rechtshandlung gilt als von Anfang an wirksam, wenn die Liste unverzüglich nach Vornahme der Rechtshandlung in das Handelsregister aufgenommen wird.

(2) Für Einlageverpflichtungen, die in dem Zeitpunkt rückständig sind, ab dem der Erwerber gemäß Absatz 1 Satz 1 im Verhältnis zur Gesellschaft als Inhaber des Geschäftsanteils gilt, haftet der Erwerber neben dem Veräußerer.

(3) Der Erwerber kann einen Geschäftsanteil oder ein Recht daran durch Rechtsgeschäft wirksam vom Nichtberechtigten erwerben, wenn der Veräußerer als Inhaber des Geschäftsanteils in der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste eingetragen ist. Dies gilt nicht, wenn die Liste zum Zeitpunkt des Erwerbs hinsichtlich des Geschäftsanteils weniger als drei Jahre unrichtig und die Unrichtigkeit dem Berechtigten nicht zuzurechnen ist. Ein gutgläubiger Erwerb ist ferner nicht möglich, wenn dem Erwerber die mangelnde Berechtigung bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt ist oder der Liste ein Widerspruch zugeordnet ist. Die Zuordnung eines Widerspruchs erfolgt aufgrund einer einstweiligen Verfügung oder aufgrund einer Bewilligung desjenigen, gegen dessen Berechtigung sich der Widerspruch richtet. Eine Gefährdung des Rechts des Widersprechenden muss nicht glaubhaft gemacht werden.

Für den Rechtsverkehr

(für Nichtjuristen)

zum Expertenteil (für Juristen)

Bedeutung für den Rechtsverkehr, häufige Anwendungsfälle

a) Allgemeines

1Die im Rahmen des MoMiG mit Wirkung zum 01.11.2008 in Kraft getretene Vorschrift des § 16 GmbHGGesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen vom 23.10.2008, BGBl I, 2026 regelt in Abs. 1, wer unter welchen Voraussetzungen und ab wann im Verhältnis zur Gesellschaft als Inhaber eines Geschäftsanteils anzusehen ist. Mit § 16 GmbHG sollen die Transparenz verbessert und Missbräuche bekämpft werden.RegBegr BT – Drs. 354/07, 84

2Die Bestimmung ist in engem Zusammenhang mit § 40 GmbHG zu lesen, der die Formalitäten der Gesellschafterliste regelt. Denn § 16 stellt für alle seine Regelungsbereiche auf den Inhalt dieser Gesellschafterliste ab, die in das Handelsregister aufzunehmen ist. Derjenige, der in dieser Liste eingetragen ist, gilt im Verhältnis zur Gesellschaft als Inhaber des betroffenen Geschäftsanteils, unabhängig davon, ob er materiellrechtlich Gesellschafter ist (Abs. 1). Er haftet neben dem Voreingetragenen für rückständige Einlageverpflichtungen aus dem betroffenen Geschäftsanteil, auch wenn er ihn nicht wirksam erworben haben sollte (Abs. 2). Von den in die Gesellschafterliste Eingetragenen können Dritte den betroffenen Geschäftsanteil (gutgläubig) erwerben, auch wenn der in die Liste eingetragene Veräußerer materiellrechtlich nicht Inhaber des Geschäftsanteils ist.

3Nach früherem Recht (§ 16 GmbHG a.F.) gab es die Unterscheidung zwischen formaler Gesellschafterstellung und materiellrechtlicher Gesellschafterstellung ebenfalls. Diese Bestimmung stellte aber zur Unterscheidung nicht auf die Eintragung in eine Gesellschafterliste ab, sondern auf die Anmeldung der Geschäftsanteilsübertragung bei der Gesellschaft. Der auch nach altem Recht vorgesehenen und zum Handelsregister einzureichenden Gesellschafterliste kam insoweit keine Bedeutung zu.

4Die Regelung des § 16 orientiert sich an § 76 II AktG. Ähnlich wie bei § 16 gilt nach § 76 II AktG im Verhältnis zur Gesellschaft als Aktionär nur, wer als solcher im Aktienregister eingetragen ist.

5Mit der Offenlegung der Gesellschafterliste im Handelsregister werden die Empfehlungen der Financial Action Task Force on Money Laundering (FATF) und die Richtlinie 2006/60 EG vom 26.10.2005 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung in der Europäischen Union umgesetzt.RegE zum MoMiG vom 25.07.2007, Begr. zu § 16, BT-Drs. 16/6140, 89; zsfd: Michalski/Ebbing, GmbHG, 3. Aufl. 2017, § 16 Rn. 1–7; Noack/Servatius/Haas, GmbHG, 23. Aufl. 2022, § 16 Rn. 1; MüKoGmbHG/Heidinger, 4. Aufl. 2022, § 16 Rn. 1

§ 40 I GmbHG ist durch Art. 14 des Gesetzes zur Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie, zur Ausführung der EU-Geldtransferverordnung und zur Neuorganisation der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen vom 23.06.2017BGBl. I 2017, 1822, 1863 f.  mit Wirkung ab dem 26.06.2017 geändert worden. Gemäß § 40 I 2 GmbHG sind jetzt bei nicht in ein Register eingetragenen Gesellschaften deren jeweilige Gesellschafter unter einer zusammenfassenden Bezeichnung mit Namen, Vornamen, Geburtsdatum und Wohnort in die Gesellschafterliste aufzunehmen. In der Praxis betrifft dies vor allen Dingen die Gesellschaften bürgerlichen Rechts. In zeitlicher Hinsicht gilt, dass die wegen der genannten Gesetzesänderung einzureichenden Gesellschafterlisten den Anforderungen des § 40 I GmbHG in der neuen Fassung zu genügen haben, wenn sie vor dem 26.06.2017 dem Handelsregister zwar vorgelegt, dort aber noch nicht aufgenommen wurden.BGH, Beschluss v. 26.06.2018 – II ZB 12/16, http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=d9e33f8949f15b86ceac9bd22f2b190b&nr=86392&pos=0&anz=1   In § 40 IV GmbHG ist seit Juni 2017 eine Verordnungsermächtigung an das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz verankert. Die darauf gründende neue Gesellschafterlistenverordnung (GesLV) ist am 01.07.2018 in Kraft getreten.

§ 16 findet Anwendung auf jede Form von Gesellschafterwechsel, also vor allen Dingen auf rechtsgeschäftliche Veräußerungen von Geschäftsanteilen, aber auch auf Wechsel der Gesellschafterstellung im Wege des Erbgangs, in Zwangsvollstreckungsverfahren, Umwandlungsfälle oder die Anwachsung.Michalski/Ebbing, GmbHG (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 8–13; RegE zum MoMiG vom 25.07.2007, Begr. zu § 16, BT-Drs. 16/6140, 91; Lutter/Hommelhoff/Bayer, GmbHG, 20. Aufl. (2020), § 16 Rn. 8; MüKoGmbHG/Heidinger (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 90

§ 16 III GmbHG schafft erstmalig die Voraussetzungen für den gutgläubigen Erwerb eines Geschäftsanteils an einer GmbH und soll den Rechtsverkehr mit GmbH-Anteilen wesentlich erleichtern.

Um einen ersten Überblick über die Bedeutung des § 16 GmbHG für den Rechtsverkehr und die Anwendung bezüglich der Norm zu erhalten, bietet es sich wegen der Berührung der Interessen mindestens des Alt-Gesellschafters, des möglichen Neu-Gesellschafters sowie vor allen Dingen der Gesellschaft, ihrer Geschäftsführung, aber auch der Notare und des Handelsregisters an, die Darstellung in der Perspektive der unterschiedlichen Stakeholder vorzunehmen. Dabei wird nachstehend zunächst auf die Bestimmungen des § 16 I und II GmbHG eingegangen, dann auf die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs eines GmbH-Geschäftsanteils nach III.

b) § 16 I und II GmbHG aus der Sicht der Gesellschaft

Anknüpfungspunkt für die Stellung als Gesellschafter ist allein die im Handelsregister aufgenommene Gesellschafterliste. Die Aufnahme des Neu-Gesellschafters in die im Handelsregister aufgenommene Gesellschafterliste ist keine Wirksamkeitsvoraussetzung der Abtretung oder sonstigen Verfügung. Ist die Abtretung etwa nach § 15 GmbHG und auch ansonsten wirksam (z.B. Geschäftsfähigkeit der Parteien), ist der Erwerber auch ohne Aufnahme in die Gesellschafterliste und deren Veröffentlichung im Handelsregister Inhaber des Anteils und kann über diesen verfügen. Gegenüber der Gesellschaft ist hingegen der Erwerb erst durch Aufnahme des Erwerbers in die Gesellschafterliste und deren Aufnahme im Handelsregister wirksam. Für die Erstellung der Liste und deren Einreichung zum Handelsregister sind allein die Geschäftsführer und bei Mitwirkung von inländischen Notaren an Veränderungen in der Gesellschafterstellung diese zuständig (vgl. § 40). Zu erstellen und einzureichen ist die neue Gesellschafterliste nur bei Veränderungen in den Personen der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung. Keine Veränderung in der Person der Gesellschafter liegt vor bei Mitgliederwechsel in OHG, KG und der BGB-Außengesellschaft, ebenso wenig bei einer aufschiebend bedingten Übertragung (z.B. Zahlung des Kaufpreises oder Freigabe des Zusammenschlusses durch das Bundeskartellamt), solange die Bedingung noch nicht eingetreten ist.BGH, Beschluss v. 20.09.2011, II ZB 17/10, http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=e944317a983e59b61512e3989a15ecec&nr=58010&pos=0&anz=1, NZG 2011, 1268; Noack/Servatius/Haas (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 8  Das Registergericht prüft nur die Einhaltung der formalen Voraussetzung des § 40 I und II, nicht die materielle Richtigkeit der Liste.BGH, Beschluss v. 20.09.2011, II ZB 17/10, http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=e944317a983e59b61512e3989a15ecec&nr=58010&pos=0&anz=1,  NZG 2011, 1268 Rn. 10; KG, Beschluss v. 05.07.2016, 22 W 114/15, DB 2016, 1686  Das Register kann die Liste aber zurückweisen, wenn Angaben offenkundig falsch sind oder auf offenkundigem Irrtum beruhen.OLG München, Beschluss v. 08.09.2009, 31 Wx 82/09, NJW 2010, 305

Der Geschäftsführer und der Notar handeln aufgrund gesetzlicher Verpflichtung und sind Weisungen von Veräußerer und Erwerber bzw. der Gesellschafterversammlung bei der Erstellung der Liste nicht unterworfen. Geschäftsführer handeln allerdings grundsätzlich nur auf Mitteilung und entsprechenden Nachweis einer Veränderung im Bestand der Gesellschafter. Eine besondere Form ist nicht erforderlich. Erforderlich ist allerdings, dass die Gesellschaft vom Rechtsübergang überzeugend unterrichtet wird. Der Gesellschaftsvertrag kann auf den entsprechenden Nachweis nicht verzichten, jedoch eine strengere Form, z.B. Beglaubigung o. Ä. vorschreiben.Scholz/Seibt, GmbHG, 13. Aufl. 2022, § 16 Rn. 1

Der Geschäftsführer ist zur Korrektur einer unrichtigen, vom Notar nach § 40 II 1 GmbHG eingereichten Gesellschafterliste befugt.BGH, Urteil v. 07.02.2017, II ZR 28/15, GmbHR 2017, 519; http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=6b26aa65470e0b938e4096fc032a92b9&nr=77763&pos=0&anz=1; dagegen OLG Rostock, Beschluss v. 25.01.2017, 1 W 55/16, DB 2017, 1894 (dürfte durch Beschluss des BGH überholt sein).  

Wenn die Gesellschaft gegen ihre Verhinderungspflicht bzw. ihre Pflicht zur Einreichung einer Korrekturliste verstößt, muss sie sich so behandeln lassen, als sei die Gesellschafterliste, die Gegenstand der Untersagungsverfügung ist, nie in den Handelsregisterordner aufgenommen worden. Die Gesellschaft kann sich nicht über die eingeschränkte Rechtskraftwirkung der im einstweiligen Verfügungsverfahren ergangenen Entscheidung dadurch hinwegsetzen, dass sie unter Berufung auf die Legitimationswirkung einer Gesellschafterliste, die den Eilantragsteller nicht mehr als Gesellschafter ausweist, Beschlüsse fasst.KG, Beschluss v. 09.11.2017, 23 U 67/15, GmbHR 2018, 361; RNotZ 2018, 338; NZG 2018, 660  

Die Prüfungspflicht des Registergerichts in Bezug auf eine GmbH-Gesellschafterliste schließt jedenfalls die Prüfung ein, ob die Liste von einem Einreichungsberechtigten erstellt und unterschrieben worden ist. Einreichungsberechtigt ist der im Register eingetragene Geschäftsführer.KG, Beschluss v. 12.06.2018, 22 W 15/18, FGPrax 2018, 212  

7Gesellschafterliste: 

  • Diese muss von einer dazu befugten Person erstellt und
  • von einer dazu befugten Person eingereicht worden sein (jeweils Geschäftsführer oder mitwirkender Notar).
  • Nach § 40 I erfolgt die Änderung der Liste durch den Geschäftsführer auf Mitteilung und Nachweis durch eine dazu befugte Person.
  • Die Liste muss genau den in § 40 vorgegebenen Inhalt enthalten.

Die Anforderungen an den Inhalt der Gesellschafterliste sind in der GesLV konkretisiert. Die Geschäftsanteile sind jeweils nach arabischen Einzel- und Abschnittsnummern zu nummerieren und zu sortieren, wobei eine Sortierung nach Geschäftsanteilen oder nach Gesellschaftern möglich ist. Ferner sind die vergebenen Nummern beizubehalten. Bei Änderungen, insbesondere der Schaffung neuer Geschäftsanteile, sind neue Nummern zu vergeben. Allerdings ist die Neunummerierung möglich, wenn die Gesellschafterliste aufgrund der bisherigen Nummerierung unübersichtlich würde oder geworden ist. Die GesLV sieht eine Veränderungsspalte vor, die ihrerseits vorzugeben ist. Mit der Änderung des § 40 I GmbH fanden erstmals prozentuale An-gaben Eingang in die Gesellschafterlisten. Die Prozenteintragungen sollen eine Verlinkung zwischen dem Transparenzregister (§ 18 GwG) und der Gesellschafterliste ermöglichen. Unklar bleibt ohne die GesLV, wie die Prozentangaben anzugeben sind. Im Oktober 2017 entschied das OLG München, dass Prozentangaben zwingend sind.OLG München, Beschluss v. 12.10.2017, 31 Wx 299/17, ZIP 2017, 2475  Einen Monat später verwarf das OLG Nürnberg die Angabe „< 1 %“ als derzeit unzulässig.OLG Nürnberg, Beschluss v. 23.11.2017, 12 W 1866/17, NZG 2018, 61  Die GesLV stellt klar, dass die Angabe „< 1 %“ nach § 4 IV GesLV zulässig ist. Prozentuale Beteiligungen dürfen nicht als Bruch dargestellt werden.Einführung zur GesLV etwa Miller, NJW 2018, 2518; Szalai, GWR 2018, 250; Rubner/Leuering, NJW-Spezial 2018, 463; Frank/Schaub, DStR 2018, 822   

8Erkennt die Geschäftsführung, dass ein vom Notar vorgenommener Eintrag in der Liste unrichtig ist, kann die Geschäftsführung die Liste entsprechend korrigieren.BGH, Urteil v. 17.12.2013 – II ZR 21/12, http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=f48682f6ce42c127ecdcfde3390e9bcf&nr=66543&pos=0&anz=1, ZIP 2014, 216

9Zur Einreichung einer Gesellschafterliste ist auch ein ausländischer Notar befugt, jedenfalls soweit seine Rechtsstellung und die entsprechende Beurkundung nach den jeweiligen nationalen Rechten (im konkreten Fall Schweiz, Kanton Basel-Stadt) mit dem deutschen Notariat vergleichbar sind.BGH, Beschluss v. 17.12.2013 – II ZB 6/13, http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=4f1e5f6cf1dfb5f30db6ab5447e99923&nr=66653&pos=0&anz=1; ZIP 2014, 317; Seibt, EWiR 2014, 171

10In der Liste einzutragen sind Name, Vorname, Geburtsdatum und Wohnort der betreffenden Person sowie die Nennbeträge der Anteile und die laufenden Nummern der zugeordneten Geschäftsanteile.

Nach § 40 I 2 GmbHG sind bei nicht in ein Register eingetragenen Gesellschaften, z.B. GbR, deren jeweilige Gesellschafter unter einer zusammenfassenden Bezeichnung mit Name, Vorname, Geburtsdatum und Wohnort aufzunehmen.BGH, Beschluss v. 26.06.2018, II ZB 12/16, http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=b31d922c92f14d38bf301d89eff26e77&nr=86392&pos=0&anz=1, ZIP 2018, 1591

11Die ordnungsgemäß erstellte Gesellschafterliste ist unabhängig davon, wer sie letztlich einreicht, dem neuen Gesellschafter zuzurechnen und wird durch die Aufnahme im Handelsregister den Publizitätsanforderungen gerecht.MüKoGmbHG/Heidinger, (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 44

12Dem eintretenden Gesellschafter steht ein Rechtsanspruch auf Einreichung der Gesellschafterliste beim Handelsregister zu.MüKoGmbHG/Heidinger, (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 45

13Der Gesellschafterliste kommt nur dann keine Wirkung zu, wenn in der Person des Mitteilenden oder des Eintragenden ein allgemeiner Zurechnungsausschlussgrund gegeben ist, z.B. Zwang zur Vornahme der Handlung, Vertretung ohne Vertretungsmacht, Fälschung oder fehlende Geschäftsfähigkeit.Noack/Servatius/Haas, (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 14 ff.; Lutter/Hommelhoff/Bayer, (o. Fußn. 4), § 16 Rn. 20; MüKoGmbHG/Heidinger, (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 47

14Voraussetzung für die Entfaltung jeglicher Rechtswirkungen der Gesellschafterliste ist die Aufnahme der Liste beim Register. Die Aufnahme erfolgt in den für das entsprechende Registerblatt bestimmten Registerordner (§ 9 Abs. 1 Handelsregisterverordnung, HRV). Das Handelsregister hat keine prüfende, sondern nur verwahrende und die allgemeine Kenntnisnahme ermöglichende Funktion.MüKoGmbHG/Heidinger, (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 87; RegBegr. BT-Drs. 16/6140, 38 Für die Wirkung der Gesellschafterliste bei I und auch III und vor allen Dingen für die Abgrenzung der Haftung nach II ist allein das Datum der Aufnahme der Liste entscheidend. Bis vor etwa wenigen Jahren war dieses entscheidende Datum weder für die betroffenen Gesellschafter noch die GmbH oder die Verkehrskreise aus dem Handelsregister ersichtlich.Scholz/Seibt, 12. Aufl. 2021, § 40 Rn. 38; MüKoGmbHG/Heidinger, (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 88  Der Gesetzgeber muss sicherstellen, dass das Datum der Aufnahme vom Registergericht elektronisch mit der Gesellschafterliste so zu verbinden ist, dass das Datum dauerhaft gesichert und mit der Liste einsehbar ist. Technische Voraussetzungen für die Aufnahme des Datums der Liste im Handelsregister sind zwischenzeitlich geschaffen worden.

Werden mehrere Gesellschafterlisten an einem Tag eingereicht, ist § 9 I 2 HRV in dem Sinne auszulegen, dass die Listen in chronologischer Reihenfolge, notfalls auch mit Markierung der Uhrzeit, in den Registerordner einzustellen sind.OLG Düsseldorf, Beschluss v. 18.03.2019, 3 Wx 53/18, NJW-Spezial 2019, 303

15Soweit die Inhaberschaft, der Umfang der Beteiligung, die Stückelung der Anteile und die Person des Inhabers in die Gesellschafterliste aufgenommen sind, gilt nach Aufnahme der Liste in das Handelsregister die unwiderlegbare Vermutung für die Inhaberschaft.Lutter/Hommelhoff/Bayer, (o. Fußn. 4), § 16 Rn. 35; Noack/Servatius/Haas, (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 5, 15  Die Gesellschaft kann sich nicht auf die Unrichtigkeit der Liste berufen, wenn sie die Fehler der Liste selbst zu verantworten hat, etwa bei fehlender Mitteilung oder Abweichen der Liste von der Mitteilung. Umgekehrt kann sich die Gesellschaft nicht auf die unwiderlegliche Vermutung der im Handelsregister veröffentlichten Liste berufen, wenn die Mitteilung und der Nachweis vorliegen, der Geschäftsführer jedoch die Aufnahme in die Gesellschafterliste und deren Einreichung verzögert.Lutter/Hommelhoff/Bayer, (o. Fußn. 4), § 16 Rn. 42; Noack/Servatius/Haas, (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 16

Streitig ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung, ob es neben der Pflicht zur Einreichung auch ein Recht zur Einreichung gibt, wenn keine der im Gesetz genannten Veränderungen eingetreten sind. Das KG lehnt solche Listen als ausdrücklich unzulässig ab.KG, Beschluss v. 18.12.2019, 22 W 91/18, NZG 2020; Beschluss v. 24.04.2020, 22 W 16/18, NZG 2020, 746   

aa) Rechtslage im Verhältnis der Gesellschafter zur Gesellschaft bis zur Aufnahme der neuen Liste in das Handelsregister

16Bis zur Aufnahme der geänderten Gesellschafterliste in das Handelsregister, etwa wegen des Erwerbs eines Geschäftsanteils durch einen neuen Gesellschafter, wegen eines Erbfalls oder einer Umwandlung gilt derjenige Gesellschafter als legitimiert, der in der alten Liste eingetragen ist. Er gilt als Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft mit allen Rechten und Pflichten. Der Neu-Gesellschafter, z.B. der Erwerber, kann vor Aufnahme der Liste im Handelsregister keine Gesellschafterrechte geltend machen, insbesondere nicht das Stimmrecht ausüben.Noack/Servatius/Haas, (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 9  Er kann insbesondere auch die Geschäftsführung nicht abberufen oder neue Geschäftsführer bestellen. Für Verpflichtungen gegenüber der Gesellschaft aus der Mitgliedschaft haftet vor Aufnahme der Liste in das Handelsregister nur der ehemalige Gesellschafter, z.B. der Veräußerer. Das gilt auch für Verpflichtungen, die in der Zeit zwischen der Veräußerung und der Aufnahme der neuen Liste in das Handelsregister fällig werden.

bb) Rechtslage nach Aufnahme der neuen Liste in das Handelsregister

17Mit Aufnahme der neuen Liste in das Handelsregister (zu den Problemen hinsichtlich des Datums als Nachweis der Aufnahme in das Handelsregister siehe oben) ist nur noch der neue Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft berechtigt. Er kann insbesondere Gewinnauszahlung verlangen, soweit im Kaufvertrag mit dem ehemaligen Gesellschafter nichts anderes vereinbart ist. Ist die Anteilsübertragung unwirksam, so gilt gegenüber der Gesellschaft gleichwohl der in die Liste eingetragene Gesellschafter, was auch das Registergericht bindet.Noack/Servatius/Haas, (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 12; OLG Jena, Beschl. v. 15.02.2021 - 2 W 53/21, BeckRS 2021, 12917, Rn. 16, 17, 18c) Rückwirkung der unverzüglichen Aufnahme in die Gesellschafter in das Handelsregister (I Satz 2)

18Nach § 16 I Satz 2 GmbHG soll der Erwerber, der entweder noch nicht in die Liste eingetragen ist oder für den die Liste noch nicht in das Handelsregister aufgenommen wurde, die Möglichkeit haben, unmittelbar nach Rechtswirksamkeit des Erwerbs an satzungsändernden Gesellschafterbeschlüssen und vor allen Dingen auch an der Bestellung neuer Geschäftsführer mitzuwirken.RegBegr. BT-Drs. 16/6140, 38 Die Rückwirkung gilt nur für Rechtshandlungen des Erwerbers, also des Gesellschafters, nicht auch umgekehrt für Rechtshandlungen der Gesellschaft gegenüber dem Veräußerer oder dem Erwerber.Scholz/Seibt, (o. Fußn. 10), § 16 Rn. 46

19Die Rückwirkung tritt aber nur ein, wenn die Liste unverzüglich nach Vornahme der Rechtshandlung in das Handelsregister aufgenommen wird. Unverzüglich bedeutet juristisch gesprochen, dass die Aufnahme nicht schuldhaft verzögert werden darf. Es stellt sich allerdings die Frage, wessen Verschulden hier maßgeblich ist. Übereinstimmung besteht dahin, dass Verzögerungen, die aus der Sphäre des Handelsregisters stammen, unschädlich sein sollen.Scholz/Seibt, (o. Fußn. 10), § 16 Rn. 47; Lutter/Hommelhoff/Bayer, (o. Fußn. 4), § 16 Rn. 49; Noack/Servatius/Haas(o. Fußn. 3), § 16 Rn. 21b; a. A. MüKoGmbHG/Heidinger, (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 182  Die gesetzliche Regelung ist für den Rechtsverkehr mindestens unglücklich. So wie das Gesetz formuliert ist, sind Rechtshandlungen des Erwerbers in Bezug auf sein Verhältnis zur Gesellschaft bis zur Aufnahme der neuen Liste in das Handelsregister schwebend unwirksam. Erst wenn die Liste aufgenommen wird, werden die Maßnahmen wirksam. Das bedeutet, dass wichtige Maßnahmen im Hinblick auf die Geschäftsführung, die auch gegenüber Dritten relevant sind, wie z.B. die Abberufung des alten Geschäftsführers und Bestellung eines neuen Geschäftsführers, zunächst einmal nicht wirksam sind. Eigentlich ist die Rechtslage so, dass der bisherige Geschäftsführer, der nur schwebend unwirksam abberufen und gekündigt wurde, weiter im Amt ist, der neue Geschäftsführer allerdings noch nicht.

20Was der Gesetzgeber eigentlich erreichen möchte, ist, dass alle Maßnahmen, die der Erwerber gegenüber der Gesellschaft trifft, bis zu dem Zeitpunkt, zu dem an sich die Aufnahme der Liste in das Handelsregister erfolgen müsste, vorläufig wirksam sind. Dies verkehrt zwar den Gesetzeswortlaut in sein Gegenteil, ist aber die einzig praktikable Lösung. Die Maßnahmen sind juristisch gesprochen dann schwebend wirksam. So wäre ein neu bestellter Geschäftsführer auch für die Anmeldung und die Ausführung beschlossener Maßnahmen zuständig, nicht mehr der abberufene Geschäftsführer. Es ist daher ungemein wichtig, zu klären, bis wann die neue Liste in das Handelsregister aufgenommen werden muss. Abgesehen davon, dass das Abstellen auf das Verschulden unbefriedigend ist, werden für das „Unverzüglich“ feste Fristen vorgeschlagen, z.B. zwei WochenMüKoBGB/Armbrüster, Bd. 1, 9. Aufl. 2021, § 121 BGB Rn. 7; Noack/Servatius/Haas(o. Fußn. 3), § 16 Rn. 21b  oder vier Wochen.Scholz/Seibt, (o. Fußn. 10), § 16 Rn. 47; Noack/Servatius/Haas, (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 21d; Wicke, 4. Aufl. 2020, GmbHG, § 16 Rn. 11  Wenn die Liste bis dahin nicht in das Handelsregister aufgenommen ist, gilt die alte Lage, also so, als ob der neue Gesellschafter doch nicht Gesellschafter geworden wäre, und alle (Interims-) Beschlüsse und Maßnahmen sind unwirksam.

21Um nicht dieser gesetzgeberischen Fehlleistung ausgesetzt zu werden, sollten die Parteien in einem Anteilskauf- und Übertragungsvertrag in jedem Fall vereinbaren, dass der Erwerber sofort im Verhältnis zur Gesellschaft seine Rechte geltend machen kann, etwa indem der Veräußerer ihn vertritt oder der Veräußerer bei der Abstimmung seinen Weisungen folgt.Scholz/Seibt, (o. Fußn. 10), § 16 Rn. 49; Noack/Servatius/Haas, (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 21c

dd) Haftung des Veräußerers und des Erwerbers gegenüber der Gesellschaft nach § 16 II

22Wird die Liste in das Handelsregister aufgenommen, so scheidet der Veräußerer gegenüber der Gesellschaft aus dem Gesellschaftsverhältnis und den aus dem Verhältnis weiter bestehenden Pflichten aus, vor allen Dingen etwa auch aus einem Wettbewerbsverbot.Noack/Servatius/Haas(o. Fußn. 3), § 16 Rn. 22 Für alle Leistungen, die vor der Anmeldung bzw. der Aufnahme in das Handelsregister fällig waren, haftet der Veräußerer weiter. Dies kann besonders für Fragen aus einer fehlgeschlagenen Sachkapitalerhöhung oder für fällige Nachschüsse relevant sein.

23Der Erwerber haftet mit Aufnahme der Liste in das Handelsregister für sämtliche Einlageforderungen, aber auch für sämtliche Formen der Differenzhaftung und für Nachschüsse. Veräußerer und Erwerber haften gegenüber der Gesellschaft als Gesamtschuldner.BGH, Urteil vom 04.03.1996, II ZR 89/95, BGHZ 132, 137

24Diese gesetzliche Regelung kann vom Veräußerer und dem Erwerber in einem entsprechenden Anteilskauf- und Übertragungsvertrag anderweitig geregelt werden.Noack/Servatius/Haas, (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 25

Der BGH legt § 16 II GmbHG weit aus. Er ist der Auffassung, dass sowohl nach altem Recht, § 16 III GmbHG a. F., als auch nach neuer Gesetzesfassung der Veräußerer nicht nur für rückständige Einlageforderungen, sondern auch für die auf den Geschäftsanteil rückständigen Leistungen haftet. Darunter fallen nach allgemeiner Meinung auch die Haftung aus anderem Rechtsgrund wie etwa die Solidar- bzw. Ausfallhaftung nach § 24 GmbHG. Trotz des engeren Wortlauts gilt dies auch für die Neufassung der Vorschrift. Da nach den Gesetzesmaterialien keine inhaltliche Neuregelung des § 16 III GmbHG a.F. beabsichtigt war,BT-Drucks. 16/6140, S. 38  kann für die Auslegung des Begriffs der „Einlageverpflichtung“ auf die Rechtsprechung und Literatur zu § 16 III GmbHG a. F. zurückgegriffen werden.BGH, Urteil v. 18.09.2018, II ZR 312/16, http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=25ad6c20c8f4b62306ef4c5b5b82414a&nr=89225&pos=0&anz=1, BB 2018, 2893; Noack/Servatius/Haas, (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 23; Scholz/Seibt, (o. Fußn. 10), § 16 Rn. 52; Lutter/Hommelhoff/Bayer, (o. Fußn. 6), § 16 Rn. 56; i. E. auch MüKoGmbHG/Heidinger (o. Fußn. 3) § 16 Rn. 210; a. A. Götze/Bressler, NZG 2007, 894; Mayer, DNotZ 2008, 403.  

c) Stellung der Gesellschafter

aa) Veräußerer (Alt-Gesellschafter)         

25Vorbehaltlich einer anderweitigen Regelung zwischen Veräußerer und Erwerber ist der Alt-Gesellschafter (Veräußerer) bis zur Aufnahme der neuen Gesellschafterliste, die den Erwerber ausweist, gegenüber der Gesellschaft berechtigt und verpflichtet. Der Veräußerer hat bei der Erstellung einer neuen Gesellschafterliste mitzuwirken. Er hat es vor allen Dingen zu unterlassen, in irgendeiner Weise Einfluss auf den Notar (wenn ein solcher bei der Geschäftsanteilsübertragung mitwirkt) oder auf den Geschäftsführer dahingehend zu nehmen, dass die Liste gar nicht oder verspätet eingereicht wird. Ein diesbezügliches Zusammenwirken des Alt-Gesellschafters und des Notars/Geschäftsführers führt dazu, dass die alte Gesellschafterliste unwirksam ist bzw. sich der Alt-Gesellschafter nicht auf diese berufen kann.

Auch wenn ein GmbH-Gesellschafter seine Mitgliedschaft aufgrund eigener Kündigung beendet hat und die Satzung der Gesellschaft bestimmt, dass der nach einer Kündigung zum Aus-scheiden verpflichtete Gesellschafter seine Gesellschafterstellung bereits mit Wirksamwerden seiner Kündigung verliert, so kann sich der Gesellschafter jedenfalls auf die Legitimationswirkung des § 16 I 1 GmbHG stützen.OLG Düsseldorf, Urteil v. 24.06.2016, I-16 U 24/15, NZG 2017, 264  

§ 16 I 1 GmbHG begründet unabhängig von der materiellen Rechtslage, also auch im Fall einer unwirksamen Anteilsübertragung, eine relative oder formale Rechtsstellung des Gesellschafters durch Normierung einer gesetzlichen Fiktion oder einer unwiderleglichen Vermutung. Daraus folgt der Grundsatz, dass die GmbH nur den in der Gesellschafterliste Eingetragenen als Gesellschafter behandeln darf, und zwar unabhängig von der materiellen Rechtslage.

An diese Wirkung, die alle mitgliedschaftlichen Rechte und Pflichten erfasst, ist auch das Registergericht gebunden. Dabei steht selbst der Umstand, dass die Gesellschaft die fehlende materiellrechtliche Berechtigung positiv kennt, der Legitimationswirkung des § 16 I 1 GmbHG nicht entgegen.OLG Frankfurt, Beschluss v. 04.11.2016, 20 W 269/16, ZIP 2017, 1273  

Dies gilt aber nicht, wenn der Gesellschaft durch einstweilige Verfügung untersagt ist, im Fall der Einziehung eines Geschäftsanteils eine Liste ohne Ausweis der von der Einziehung betroffenen Gesellschafters einzureichen und die Gesellschaft gleichwohl eine solche Liste einreicht und diese im Handelsregister aufgenommen wird. BGH, Urteil v. 02.07.2019, II ZR 406/17, BGHZ 222, 323

Die Legitimationswirkung des § 16 I 1 GmbHG greift auch bei eingezogenen Geschäftsanteilen.BGH, Urteil v. 20.11.2018, II ZR 12/17, http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=2858653afdb7b2fb8e6bc0ef26a27de6&nr=92073&pos=0&anz=1, NZG 2019, 269  

Andererseits ist eine GmbH durch die negative Legitimationswirkung des § 16 I 1 GmbHG nicht gehindert, einen nach einem möglicherweise fehlgeschlagenen Einziehungsversuch aus der Gesellschafterliste entfernten, am materiell bestehenden Geschäftsanteil aus einem in der Person des materiell berechtigten Gesellschafters liegenden wichtigen Grund einzuziehen.BGH, Urteil v. 10.11.2020, II ZR 211/19, NJW 2021, 622

Ist ein Gesellschafter zum Zeitpunkt der Beschlussfassung, die er anfechten möchte, nicht mehr in der Gesellschafterliste eingetragen, steht seiner Anfechtungsklage grundsätzlich die negative Legitimationswirkung des § 16 I 1 GmbHG entgegen. Fehlt diesem Gesellschafter die Anfechtungsbefugnis wegen fehlender Eintragung, fehlt ihm auch die materielle Berechtigung zur Geltendmachung von auf positive Beschlussfeststellung gerichteten Klageanträgen. Die Anfechtung des Beschlusses der Gesellschafterversammlung kann analog § 244 1 AktG nicht mehr geltend gemacht werden, wenn die Gesellschafterversammlung den anfechtbaren Beschluss durch einen neuen Beschluss bestätigt hat und dieser Beschluss nicht fristgerecht angefochten oder die Anfechtung rechtskräftig zurückgewiesen worden ist.BGH, Urteil v. 26.01.2021, II ZR 391/18, NZG 2021, 831

bb) Erwerber (Neu-Gesellschafter)

26Dieser hat einen Anspruch gegen den Geschäftsführer bzw. den Notar, falls es um die Anteilsübertragung geht, eine aktualisierte Gesellschafterliste zu erstellen und umgehend beim Handelsregister zur Aufnahme einzureichen. Der Geschäftsführer haftet für Verstöße gegen diese gesetzliche Pflicht nach § 40 III GmbHG auf Schadensersatz.

27Der Neu-Gesellschafter muss allerdings den Geschäftsführern entsprechende Mitteilung machen und den Anteilsübergang nachweisen. Auch hier gilt, dass ein kollusives Zusammenwirken zwischen einem Neu-Gesellschafter und dem Notar/Geschäftsführer hinsichtlich der Einreichung einer unrichtigen Gesellschafterliste keine Wirkung entfaltet. Die gesetzlich angeordnete Wirkung einer unwiderleglichen Vermutung kommt der Liste dann nicht zu.

28Erben können vom Geschäftsführer darauf verwiesen werden, ihr Erbrecht durch einen entsprechenden Erbschein nachzuweisen. Im Verhältnis zur Gesellschaft darf sich im Fall einer Veränderung in der Person des Gesellschafters nach § 16 I 1 GmbHG auf die Rechte eines Gesellschafters nur derjenige berufen, der als solcher in der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste eingetragen ist. Diese Bestimmung gilt uneingeschränkt auch im Erbfall.OLG Naumburg, Urteil v. 01.09.2016, 2 U 95/15, GWR 2016, 507  

Für den Erben kommt es für die Gesellschafterstellung allein auf die Legitimationswirkung gemäß § 16 I 1 GmbHG, also die Eintragung in die Gesellschafterliste, an. Eine andere Möglichkeit, die Gesellschafterstellung nachzuweisen, etwa durch die Vorlage eines Erbscheins, ist nicht ausreichend.OLG Köln, Beschluss v. 27.06.2019, 18 Wx 11/19, GmbHR 2020, 274; NZG 2020, 517  

Ist der Alleingeschäftsführer, der auch Gesellschafter war, verstorben, aber noch in der Gesellschafterliste eingetragen, gilt die Legitimationswirkung auch für diesen. 

Da aber durch den Tod des eingetragenen Alleingeschäftsführers kein Geschäftsführer vorhanden ist, können die Erben beim zuständigen Registergericht die Bestellung eines Notgeschäftsführers beantragen. Dieser kann anstelle des verstorbenen Geschäftsführers die Gesellschafterversammlung einberufen, in welcher ein neuer Geschäftsführer bestimmt werden kann, der die geänderte Gesellschafterliste bei dem zuständigen Registergericht einreicht. Kann ein Gesellschafter seine Stellung nur mit Erbschein ausweisen, so wäre der Beschluss unter der Beteiligung des Erbscheinerben jedenfalls schwebend unwirksam und könnte nur wirksam werden, sofern die neue Gesellschafterliste unverzüglich beim Handelsregister eingereicht und aufgenommen ist.OLG Karlsruhe, Beschluss v. 27.04.2022, 1 W 71/21, NZG 2022, 1349; NJW-Spezial 2022, 464

 Auch ein Nachlasspfleger, welcher für die unbekannten Erben eines Gesellschafters bestellt wurde, kann seine Stellung gegenüber der Gesellschaft nur bei Eintragung in die Gesellschafterliste geltend machen.KG, Beschluss v. 23.11.2022, 22 W 50/22, GWR 2023, 58

29Damit die Liste ihre volle Wirkung entfaltet, muss die Eintragung sowohl dem Erwerber als auch dem Veräußerer zurechenbar sein.MüKoGmbHG/Heidinger, (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 44,182

30Schwierig ist die Rechtslage eines Erwerbers, der den Geschäftsanteil unter einer aufschiebenden Bedingung (z.B. Zahlung des Kaufpreises oder Freigabe durch das Bundeskartellamt) erwirbt. Er ist bis zum Eintritt der Bedingung nicht in die Gesellschafterliste aufzunehmen, sodass er dafür zu sorgen hat, dass dem Notar der Eintritt der Bedingung mitgeteilt wird. In Fällen der Übertragung eines Geschäftsanteils unter einer aufschiebenden Bedingung besteht die größte Rechtsunsicherheit für den Erwerber, da es hier zu gewissen Manipulationen hinsichtlich der Mitteilung des Bedingungseintritts an den Notar kommen kann, sodass dieser die Gesellschafterliste nicht neu erstellen und zur Aufnahme beim Handelsregister einreichen kann.

d) Stellung der Geschäftsführung

31Der Geschäftsführung kommt im Hinblick auf die Erstellung und Einreichung der Gesellschafterliste eine sehr große Bedeutung zu. Es wird vom Geschäftsführer nicht verlangt, dass er komplizierte Rechtslagen prüft, eine gewisse Plausibilitätskontrolle hinsichtlich etwa ihm bekannter Unterschriften, Stückelungen der GmbH-Anteile oder Adressen beteiligter Parteien hat er allerdings vorzunehmen.

32Der Gesetzgeber verdeutlicht die starke Pflichtenbindung des Geschäftsführers dadurch, dass er diesen in § 40 III schadensersatzpflichtig macht, wenn er gegen seine Verpflichtungen hinsichtlich der Gesellschafterliste verstößt.

33Der Bundesgerichtshof hat es dem Geschäftsführer sogar auferlegt, dass dieser eine Korrekturliste einreicht, auch wenn die ursprüngliche, aber fehlerhafte, Liste durch den Notar erstellt worden ist.BGH, Urteil v. 17.12.2013 – II ZR 21/2012, http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&amp;Art=en&amp;sid=f48682f6ce42c127ecdcfde3390e9bcf&amp;nr=66543&amp;pos=0&amp;anz=1, ZIP 2014, 216; BGH, Beschluss v. 07.02.2017, II ZR 28/15, http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&amp;Art=en&amp;sid=5a3c6df15452c6d454b1c4230ff1fb8f&amp;nr=77763&amp;pos=0&amp;anz=1, GmbHR 2017, 519 Der Bundesgerichtshof hat klargestellt, dass ein Gesellschafter seinen Anspruch auf Unterlassung der Einreichung einer zu seinen Lasten materiell unrichtigen Gesellschafterliste zum Handelsregister nicht gegen den Geschäftsführer selbst (persönlich) geltend machen kann, sondern nur gegen die Gesellschaft. Das gilt auch dann, wenn der Geschäftsführer möglicherweise fehlerhaft handelt, sich das fehlerhafte Handeln aber im Rahmen eines unsorgfältigen Handelns des Geschäftsführers hält. Der Anspruch des Gesellschafters richtet sich aber dann gegen den Geschäftsführer persönlich, wenn dieser seine Stellung als Geschäftsführer dadurch missbraucht, dass er eine materiell unrichtige Gesellschafterliste zum Handelsregister einreicht, um damit eigennützige Interessen durchzusetzen. Dies gilt immer dann, wenn der Geschäftsführer auch Gesellschafter ist und er seine Stellung als Gesellschaftergeschäftsführer missbraucht, indem er eine materiell unrichtige Gesellschafterliste einreicht, um damit eigennützige Interessen durchzusetzen. Der Gesellschaftergeschäftsführer verstößt mit der Einreichung einer materiell unrichtigen Gesellschafterliste gegen seine Treuepflicht, weil der Gesellschafter, der nicht mehr in der Liste ausgewiesen ist, aufgrund der negativen Legitimationswirkung des § 16 I GmbHG keine Mitgliedschaftsrechte mehr gegenüber der Gesellschaft wahrnehmen kann.BGH, Urteil v. 08.11.2022 – II ZR 91/21, https://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=12288&Seite=2&nr=132670&pos=73&anz=878, GmbHR 2023, 334; WM 2023, 376; DB 2023, 507; ZIP 2023, 631; NJW-Spezial 2023, 144; Besprechung von Bayer/Rauh, WuB 2023, 137; hierzu auch Hürten/Detsinas, DB 2023, 1014

Ist es einer GmbH auf Eilantrag eines Gesellschafters im Wege der einstweiligen Verfügung untersagt worden, eine geänderte Gesellschafterliste, die den Antragsteller nicht mehr als Gesellschafter ausweist, zum Handelsregister einzureichen, ist die Gesellschaft verpflichtet, hinreichende Maßnahmen zur Verhinderung einer Listeneinreichung zu ergreifen. Kommt es wegen unzureichender bzw. erfolgloser Verhinderungsmaßnahmen gleichwohl zur Einreichung der Liste, muss die Gesellschaft zur Beseitigung des Störungszustands eine Korrekturliste zum Handelsregister einreichen.

Wenn die Gesellschaft gegen ihre Verhinderungspflicht bzw. ihre Pflicht zur Einreichung einer Korrekturliste verstößt, muss sie sich so behandeln lassen, als sei die Gesellschafterliste, die Gegenstand der Untersagungsverfügung ist, nie in den Handelsregisterordner aufgenommen worden. Die Gesellschaft kann sich nicht über die eingeschränkte Rechtskraftwirkung der im einstweiligen Verfügungsverfahren ergangenen Entscheidung dadurch hinwegsetzen, dass sie unter Berufung auf die Legitimationswirkung einer Gesellschafterliste, die den Eilantragsteller nicht mehr als Gesellschafter ausweist, Beschlüsse fasst.KG, Beschluss v. 09.11.2017, 23 U 67/15, GmbHR 2018, 361  

34Um dem Geschäftsführer die Einhaltung der Anforderungen aus §§ 16, 40 GmbHG möglichst zu erleichtern, sollte der Gesellschaft und den Gesellschaftern daran gelegen sein, bei möglichst vielen Fällen einer Änderung bei den Gesellschaftern die Liste durch einen Notar erstellen zu lassen, diesen also an der Anteilsübertragung mitwirken zu lassen, wo immer dies nicht ohnehin gesetzlich vorgesehen ist, wie etwa bei der Anteilsübertragung, die nach § 15 GmbHG immer noch zu beurkunden ist.

Ist ein Gesellschafter zu Unrecht nicht in der Gesellschafterliste eingetragen, steht ihm ein Anspruch auf Einreichung einer korrigierten Gesellschafterliste zu, den er im Wege der Leistungsklage entsprechend § 67 II AktG gegen die Gesellschaft durchsetzen kann. Der Anspruch besteht auch dann, wenn der tatsächlich eingetragene Scheingesellschafter der Einreichung einer korrigierten Gesellschafterliste widerspricht. Der tatsächlich berechtigte Gesellschafter muss sich nicht darauf verweisen lassen, die Rechtslage zunächst in einem Rechtsstreit mit dem eingetragenen (Schein-)Gesellschafter zu klären. KG, Beschluss v. 10.07.2019, 2 W 16/19, NZG 2019, 913

§ 16 I 1 GmbHG begründet eine unwiderlegbare Vermutung für die Gesellschafterstellung des Eingetragenen in dem in der Gesellschafterliste verzeichneten Umfang. Die Regelung des § 121 II 2 AktG, wonach Personen, die im Handelsregister eingetragen sind, als befugt zur Einberufung einer Gesellschafterversammlung gelten, findet auf die GmbH keine entsprechende Anwendung. OLG Brandenburg, Urteil v. 21.08.2019, 7 U 169/18, GmbHR 2020, 98

e) Auswirkungen auf Notare

35Für die Erstellung der Gesellschafterliste durch den Notar sind die Mitteilungen und der Nachweis der Anteilsübertragung durch den betroffenen neuen Gesellschafter nicht von entscheidender Bedeutung. Der Notar hat die Rechtslage aufgrund eigener Kompetenz zu beurteilen. Ein eventueller Fehler des Notars beeinträchtigt nicht die Wirkungen der Gesellschafterliste.MüKoGmbHG/Heidinger, (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 68

36Die Liste ist nach § 40 II Satz 2 GmbHG mit einer Notarbescheinigung zu versehen. Damit dokumentiert das Gesetz eine stärkere Richtigkeitsgewähr der vom Notar erstellten Liste und damit eine verstärkte Rechtsscheinwirkung.MüKoGmbHG/Heidinger, (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 68

37Schwierigkeiten können sich für den Notar vor allen Dingen bei einer aufschiebend bedingten Anteilsübertragung ergeben, wenn ihm die Parteien den Eintritt der Bedingung nicht mitteilen. Hier ist umstritten, inwieweit den Notar dann Pflichten zur Aufklärung des wahren Sachverhalts treffen.

Eine notarielle Gesellschafterliste kann auch noch nach Einreichung beim Handelsregister und Aufnahme in den Registerordner wegen offenbarer Unrichtigkeit gemäß § 44a II BeurkG berichtigt werden. Die Urschrift der entsprechend berichtigten Gesellschafterliste bleibt gemäß § 45 I BeurkG in Verwahrung des Notars. Die Berichtigung erfolgt durch Einreichung einer elektronisch beglaubigten Abschrift der berichtigten Gesellschafterliste beim Handelsregister. Hierfür reicht nicht aus, dass bei dem insoweit gemäß § 12 II HGB einzureichenden elektronischen Dokument die Berichtigung allein im Text der Urkunde vorgenommen wird; vielmehr muss auch die elektronisch beglaubigte Abschrift der berichtigten Gesellschafterliste einen Berichtigungsvermerk gemäß § 44a II BeurkG enthalten, der Umstand und Zeitpunkt der Berichtigung erkennen lässt.OLG Nürnberg, Beschluss v. 28.12.2017, 12 W 2005/17  In die Gesellschafterliste ist ein Testamentsvollstrecker-Vermerk nicht aufzunehmen.BGH, Beschluss v. 24.02.2015, II ZB 17/14, http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&amp;Art=en&amp;sid=50c60b75f0992d8e72391b905b9582e0&amp;nr=70645&amp;pos=0&amp;anz=1, WM 2015, 725

f) Auswirkungen auf Dritte

38Nicht zu unterschätzende Auswirkungen auf Dritte können Maßnahmen der (neuen) Geschäftsführung im Schwebezustand zwischen Anteilsveräußerung, Bestellung der neuen Geschäftsführung durch den Erwerber und dem Unterbleiben der Aufnahme der Gesellschafterliste zum Handelsregister haben. Wird die Liste nicht unverzüglich nach § 16 I, 2 GmbHG ins Handelsregister aufgenommen, ist die Bestellung des neuen Geschäftsführers unwirksam und war die Gesellschaft nicht ordnungsgemäß vertreten.

g) Gutgläubiger Erwerb nach § 16 III GmbHG

39Die für den Rechtsverkehr wahrscheinlich bedeutsamste Neuerung des § 16 GmbHG ist die Möglichkeit, dass Geschäftsanteile gutgläubig erworben werden können. Anknüpfungspunkt für den gutgläubigen Erwerb ist auch hier die Gesellschafterliste. Der gute Glaube wird aber nicht in dem Umfang geschützt, wie dies der Wortlaut des Gesetzes nahelegt. Nicht geschützt ist vor allen Dingen der gute Glaube an die Existenz des Anteils und an dessen Lastenfreiheit.BGH, Beschluss v. 20.09.2011, II ZB 17/10, http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=e944317a983e59b61512e3989a15ecec&nr=58010&pos=0&anz=1,  NZG 2011, 1268, Rn. 19; Noack/Servatius/Haas, (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 26 Der gute Glaube an das Bestehen oder Nichtbestehen von beschränkten dinglichen Rechten wird auch nicht geschützt, da solche Rechte in die Gesellschafterliste nicht eingetragen werden können. Vor allen Dingen nicht geschützt wird der gute Glaube daran, dass der Gesellschafter über den Anteil ohne Zustimmung der Gesellschaft bzw. der übrigen Gesellschafter (sogenannte Vinkulierung) frei verfügen kann.BGH, Beschluss v. 20.09.2011, II ZB 17/10, http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&amp;Art=en&amp;sid=93132197bfa2e1ace53ec2599158914e&amp;nr=58010&amp;pos=0&amp;anz=1, GmbHR 2011, 1269; Lutter/Hommelhoff/Bayer, (o. Fußn. 6), § 16 Rn. 76; Scholz/Seibt, (o.Fußn. 10), § 16 Rn. 76; Rodewald, GmbHR 2009, 196, 197, Noack/Servatius/Haas, (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 26   Ferner ist der gutgläubige Erwerb eines in die Insolvenzmasse gefallenen Geschäftsanteils nicht möglich (§ 81 I 1 InsO).

aa) Grundvoraussetzungen des gutgläubigen Erwerbs

40Folgende Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit ein gutgläubiger Erwerb überhaupt möglich ist:

  • Bestehen des Geschäftsanteils,
  • unrichtige Wiedergabe des Inhabers oder des Umfangs seiner Beteiligung in der ins Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste,
  • rechtsgeschäftlicher Erwerb eines Geschäftsanteils,
  • Zurechenbarkeit beim Berechtigten oder Ablauf der Dreijahresfrist,
  • kein Widerspruch,
  • keine Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von der fehlenden Berechtigung des Veräußerers beim Erwerber.
bb) Existenz des Geschäftsanteils, Stückelung

41Nur der Erwerb eines existierenden Geschäftsanteils ist möglich.RegBegr. BR-Drs. 354/07, 88; Götze/Bressler, NZG 2007, 894, 897

42Geschützt wird auch der gute Glaube an die Richtigkeit der Stückelung: Dies bedeutet, dass, wenn der Anteil zwar besteht, aber die Stückelung des Anteils in der Liste nicht richtig wiedergegeben ist, z.B. weil Zusammenlegung oder Teilung von Anteilen nicht eingetragen wurde, ein gutgläubiger Erwerb des Geschäftsanteils in der richtigen Stückelung möglich ist.Noack/Servatius/Haas(o. Fußn. 3), § 16 Rn. 28

cc) Unrichtigkeit der Gesellschafterliste

43Weitere Voraussetzung für den gutgläubigen Erwerb ist, dass eine unrichtige Gesellschafterliste beim Handelsregister aufgenommen wurde. Ist die Liste in irgendeiner Weise nicht vollständig, fehlt beispielsweise die Unterschrift des Geschäftsführers, sind die Angaben hinsichtlich des angeblichen Inhabers nicht identifizierbar oder ist der Anteil nicht identifizierbar, so ist ein gutgläubiger Erwerb nicht möglich.Zsfd: Noack/Servatius/Haas, (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 33

44Unrichtig ist die Gesellschafterliste, wenn sie mit der materiellen Rechtslage nicht übereinstimmt. Dies betrifft vor allen Dingen die Unwirksamkeit des Erwerbs wegen Formmangels, wegen fehlender Zustimmung der Gesellschaft oder der Gesellschafter, soweit diese nach dem Gesellschaftsvertrag erforderlich ist, oder wegen wirksamer Anfechtung.Mayer, DNotZ 2008, 403, 417; Noack/Servatius/Haas, (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 31  Nach der RechtsprechungBGH, Beschluss v. 20.09.2011, II ZB 17/10, http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=e944317a983e59b61512e3989a15ecec&nr=58010&pos=0&anz=1,  NZG 2011, 1268, Rn. 14 ist ein gutgläubiger Erwerb eines bedingt übertragenen Geschäftsanteils nicht möglich. Dieser Problematik liegt folgende Konstellation zugrunde: Der in die Liste zu Unrecht eingetragene Gesellschafter überträgt seinen Geschäftsanteil aufschiebend bedingt (Kaufpreiszahlung, Freigabe durch Kartellamt) an einen neuen Gesellschafter. Bevor die Bedingung eingetreten ist, überträgt er den Geschäftsanteil noch einmal an einen weiteren neuen Gesellschafter. Dieser kann nicht gutgläubig erwerben, da die Gesellschafterliste so lange nicht unrichtig ist, wie die Bedingung nicht eingetreten ist. Die Gesellschafterliste kann eine aufschiebend bedingte Übertragung von Geschäftsanteilen nicht erfassen. Sie ist so lange richtig, bis die Bedingung eingetreten ist und dann der neue Gesellschafter in der neuen Liste vermerkt ist. Das Ergebnis ist in gewissem Sinne unbefriedigend, da der zweite Erwerber, der an sich das Vollrecht erwirbt, schlechter gestellt wird als der Ersterwerber, der bei Eintritt der Bedingung gutgläubig erwerben kann.

dd) Rechtsgeschäftlicher Erwerb

45Anders als I und II gilt III nur für den rechtsgeschäftlichen Erwerb, nicht bei Erwerb durch Erbgang, Verschmelzung oder Bildung einer Gütergemeinschaft.Noack/Servatius/Haas, (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 30

46Eine weitere wichtige Voraussetzung ist, dass ein sogenanntes Verkehrsgeschäft vorliegt. Das bedeutet, dass sich auf Seiten des Veräußerers und des Erwerbers fremde Dritte gegenüberstehen müssen, da ansonsten keine Notwendigkeit besteht, den guten Glauben zu schützen. Kein Verkehrsgeschäft sind vor allen Dingen Fälle der sogenannten fremdnützigen Treuhand oder der Übertragung an eine Gesellschaft, die vom Gesellschafter ebenfalls beherrscht wird.Noack/Servatius/Haas, (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 30

ee) Ausschlussgründe für gutgläubigen Erwerb
Fehlende Zurechenbarkeit der Unrichtigkeit vor Erreichen der Dreijahresfrist

47Ist die unrichtige Gesellschafterliste, die den nicht berechtigten Veräußerer als Gesellschafter ausweist, noch nicht länger als drei Jahre beim Handelsregister aufgenommen (zur Berechnung der Dreijahresfrist siehe unten), so scheitert ein gutgläubiger Erwerb, wenn dem tatsächlichen, aber nicht eingetragenen Berechtigten die Unrichtigkeit der Liste nicht zuzurechnen ist. Lag die Unrichtigkeit im Risikobereich des Berechtigten, muss er sich die Unrichtigkeit zurechnen lassen und kann nicht intervenieren.Scholz/Seibt, (o. Fußn. 10), § 16 Rn. 103; Noack/Servatius/Haas, (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 37  Die Unrichtigkeit ist dem tatsächlich Berechtigten vor allen Dingen dann zuzurechnen, wenn er selber in irgendeiner Weise dazu beigetragen hat, dass die Liste unrichtig ist. Eine grundsätzliche Pflicht, die in das Handelsregister aufgenommene Gesellschafterliste regelmäßig zu kontrollieren, besteht allerdings auch nicht.Noack/Servatius/Haas(o. Fußn. 3), § 16 Rn. 39  Der wahre Berechtigte muss aber tätig werden, wenn er Kenntnis von der Unrichtigkeit der Gesellschafterliste erhält. Unternimmt er nichts, ist gutgläubiger Erwerb vom zu Unrecht eingetragenen Veräußerer möglich.Scholz/Seibt, (o. Fußn. 10), § 16 Rn. 106

ff) Unrichtigkeit der Liste für mehr als 3 Jahre

48Unabhängig davon, wer die Unrichtigkeit der Liste zu verantworten hat, ist der gutgläubige Erwerb immer dann möglich, wenn die Liste bereits mehr als drei Jahre unrichtig ist. Maßgebender Zeitpunkt für den Fristbeginn, also für die Berechnung der drei Jahre, ist die Aufnahme der unrichtigen Gesellschafterliste in das Handelsregister. War die Liste zunächst richtig, ist dann aber ein Wechsel der Inhaberschaft eingetreten und dies nicht dokumentiert worden, ist der letztgenannte Zeitpunkt maßgeblich. Schließt sich die eine unrichtige Liste an die andere unrichtige Liste an, so ist der erste Zeitpunkt maßgeblich, zu dem eine unrichtige Liste in das Handelsregister aufgenommen wurde.Scholz/Seibt, (o. Fußn. 10), § 16 Rn. 101; Lutter/Hommelhoff/Bayer, (o. Fußn. 4), § 16 Rn. 79; Mayer, DNotZ 2008, 403, 420; Noack/Servatius/Haas, (o. Fußn. 3), § 16, Rn. 40

gg) Widerspruch

49Der gutgläubige Erwerb wird auch durch einen Widerspruch des Berechtigten gehindert, sobald dieser der Liste zugeordnet ist. Die Zuordnung erfolgt entweder mit Zustimmung dessen, gegen dessen formale Stellung sich der Widerspruch richtet (in der Praxis dürfte dies eher selten sein).Scholz/Seibt, GmbHG, (o. Fußn. 10), § 16 Rn. 95; Noack/Servatius/Haas, (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 41  In der Praxis häufiger ist der Erlass einer einstweiligen Verfügung durch das jeweils zuständige Gericht, wobei zwar die wahre Rechtsstellung des Berechtigten glaubhaft gemacht werden muss, nicht aber die konkrete Gefährdung seiner Rechtsstellung (III 5).

Macht ein Gesellschafter glaubhaft, dass kein wichtiger Grund für eine Einziehung seines Geschäftsanteils gegeben ist, ist zum Schutz vor dem Verlust des Geschäftsanteils an Dritte durch gutgläubigen Erwerb bis zur Klärung der Rechtmäßigkeit der Einziehung die Zuordnung eines Widerspruchs zu der neuen Gesellschafterliste im Wege einer einstweiligen Verfügung geboten, um die Gefahr irreparabler Fakten durch die Einziehung auszuschließen. § 16 III 2 GmbHG schränkt den Anspruch auf Zuordnung eines Widerspruchs gemäß § 16 III 4 und 5 GmbHG nicht ein. Passivlegitimiert sind die Gesellschafter, die unrichtig als alleinige Gesellschafter eingetragen sind. Der Widerspruch ist auch statthaft, wenn es nur zu einer Änderung des Beteiligungsumfangs bei bereits in die Liste eingetragenen Gesellschaftern kommt.LG Kassel, Urteil v. 11.07.2018, 11 O 4146/16, GWR 2019, 29  

Die Zuordnung eines Widerspruchs zur Gesellschafterliste im Handelsregister nach § 16 III 4 GmbHG soll einen gutgläubigen Erwerb des Geschäftsanteils von einem Nichtberechtigten verhindern. Ist aber der Geschäftsanteil infolge des Wirksamwerdens der Einziehung untergegangen, ist ein gutgläubiger Erwerb des Geschäftsanteils nicht mehr möglich. Nur der Erwerb eines existierenden Geschäftsanteils ist denkbar. Ein entsprechender Widerspruch geht daher ins Leere.LG Cottbus, Urteil v. 01.02.2018, 11 O 73/17, BeckRS 2018, 7135  

Im Fall eines eingetragenen Widerspruchs gegen die Eintragung eines anderen Gesellschafters kann der nach dem Einzug seines Geschäftsanteils nicht mehr in die Gesellschafterliste eingetragene Gesellschafter keine Gesellschafterrechte mehr geltend machen. Dies gilt ungeachtet der Wirksamkeit des Einziehungsbeschlusses. Der Gesellschafter kann ab dem Zeitpunkt der Aufnahme einer ihn nicht mehr aufführenden Gesellschafterliste zum Handelsregister seine mitgliedschaftlichen Rechte nicht länger ausüben.LG Köln, Beschluss v. 16.03.2020, 82 O 94/19, ZIP 2020, 2237  

hh) Kenntnis, grob fahrlässige Unkenntnis der mangelnden Berechtigung und maßgeblicher Zeitpunkt

50Der gutgläubige Erwerb ist ausgeschlossen, wenn der Erwerber Kenntnis davon hat, dass der Veräußerer nicht berechtigt ist, den Anteil zu übertragen.

51Schwieriger sind die Fälle der grob fahrlässigen Unkenntnis: Der angeblich gutgläubige Erwerber lässt die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonderem Maße außer Acht, er beachtet nicht, was unter den gegebenen Umständen jedermann hätte einleuchten müssen.Noack/Servatius/Haas(o. Fußn. 3), § 16 Rn. 35

52Wichtig ist für die Praxis aber, dass der Erwerber ohne besonderen Anlass nicht zu Nachforschungen verpflichtet ist. Wenn er aber konkrete Verdachtsmomente bezüglich der Nichtberechtigung hat, dann muss er sich Kenntnis verschaffen, ansonsten wird er als grob fahrlässig behandelt.Scholz/Seibt, (o. Fußn. 10), § 16 Rn. 86; Noack/Servatius/Haas, (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 35; Götze/Bressler, NZG 2007, 894, 898

53Der maßgebende Zeitpunkt für Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis ist die Vollendung des Rechtserwerbs.Scholz/Seibt, (o. Fußn. 10), § 16 Rn. 87; Noack/Servatius/Haas, (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 35  Anders ist die Rechtslage im Falle einer aufschiebenden Bedingung (z.B. Freigabe durch Bundeskartellamt), auf deren Eintritt die Parteien keinen Einfluss haben. Hier darf der Erwerber nicht zum Zeitpunkt der Abtretung bösgläubig sein, spätere Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis schadet dann nicht mehr.Götze/Bressler, NZG 2007, 894, 899; Mayer, DNotZ 2008, 403, 422; Noack/Servatius/Haas, (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 39  Anderes gilt allerdings, wenn der Erwerber noch Einfluss auf den Bedingungseintritt hat, vor allen Dingen, wenn er die Bedingung durch Kaufpreiszahlung selbst erfüllt. Dann kommt es für Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis auf den Zeitpunkt des Bedingungseintritts an.Götze/Bressler, NZG 2007, 894, 899; Noack/Servatius/Haas, (o. Fußn. 3), § 16 Rn. 39

ii) Übergangsregelung zu Abs. 3

54§ 3 III EGGmbHG sieht für den gutgläubigen Erwerb eine Übergangsregelung vor: Ist die Gesellschafterliste bezüglich eines Geschäftsanteils vor dem 01.11.2008 unrichtig, gilt § 16 GmbHG III, wenn die Unrichtigkeit dem materiellen Berechtigten zuzurechnen ist, erst ab dem 01.05.2009. Der Berechtigte hat also sechs Monate Zeit gehabt, sich auf die Neuregelung einzustellen bzw. seine Eintragung durchzusetzen.

55Ist die Gesellschafterliste bei Inkrafttreten des Gesetzes am 01.11.2008 unrichtig gewesen, war aber die Unrichtigkeit dem wahren Berechtigten nicht zuzurechnen, ist der gutgläubige Erwerb erst bei Geschäften möglich, die nach dem 01.11.2011 vorgenommen wurden. In der Praxis dürften sich diese Fälle wohl nicht mehr stellen.

h) Gesamtbewertung der Regelung in § 16 GmbHG aus Sicht des Rechtsverkehrs

56§ 16 GmbHG erfüllt die hohen Erwartungen des Rechtsverkehrs vor allen Dingen an die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs von GmbH-Anteilen nicht. Dies liegt in erster Linie darin begründet, dass an die Gesellschafterliste als Zurechnungsgrundlage angeknüpft wird. Diese ist aber trotz aller gesetzlichen Bestimmungen und der für die Geschäftsführung angeordneten Schadensersatzpflicht manipulierbar.

57Schwerwiegender sind allerdings die Defizite beim gutgläubigen Erwerb, nämlich dass der gute Glaube an die Verfügungsbefugnis des Veräußerers nicht geschützt wird, so dass z.B. die fehlende Zustimmung der Gesellschaft oder der Gesellschafter die Wirksamkeit der Übertragung hindern kann und der gute Glaube des Erwerbers hieran nicht geschützt wird. Auch ist es nach wie vor nicht möglich, gar nicht existierende Geschäftsanteile gutgläubig zu erwerben.

58Die Regelung in § 16 I 2 GmbHG, die eigentlich die Situation des Erwerbers, der noch nicht in die Liste eingetragen ist bzw. für den die Liste noch nicht ins Handelsregister aufgenommen ist, erleichtern sollte, verfehlt ihren Sinn, indem sie bei wörtlicher Auslegung sämtliche Maßnahmen des neuen Gesellschafters vor Aufnahme der Liste in das Handelsregister schwebend unwirksam macht. Wie oben ausgeführt, muss man das Gesetz so auslegen, dass der Erwerber schon vor seiner Eintragung bestimmte Maßnahmen wirksam vornehmen kann, die dann bei Ausbleiben der Aufnahme der Liste in das Handelsregister allerdings unwirksam werden.

59Angesichts der Schwierigkeiten sowohl in der Konzeption als auch in der gesetzgeberischen Ausgestaltung, überrascht es nicht, dass es eine ganze Vielzahl von Gerichtsentscheidungen zu der neuen Regelung gibt, vor allen Dingen aber auch eine fast unübersehbare Zahl von Veröffentlichungen in der Fachliteratur, die sich mit der gesetzlichen Regelung und ihren Defiziten sowie entsprechenden Lösungsmöglichkeiten beschäftigen.

Expertenhinweise

(für Juristen)

1) Allgemeines

64§ 16 GmbHG enthält drei Regelungskomplexe, die sich auf die Eintragung des (neuen) Gesellschafters in die nach § 40 ins Handelsregister aufgenommene Gesellschafterliste beziehen und damit bestimmte Aspekte des Erwerbs von Geschäftsanteilen von der Aufnahme in die Gesellschafterliste abhängig machen. Absatz 1 und 2 betreffen das Verhältnis zwischen Gesellschaft und Gesellschafter.

2) Definitionen

a) Rechtswirkung der Eintragung in die in das Handelsregister aufgenommene Gesellschafterliste (§ 16 I 1)

aa) Veränderungen in der Person eines Gesellschafters:

63Das ist jeder Gesellschafterwechsel. Dieser kann in der Form der Einzelrechtsnachfolge durch Abtretung nach § 15 III erfolgen, die auch die Übertragung zu Sicherungszwecken oder zu Treuhandzwecken umfasst und auch den

3) Abgrenzungen, Kasuistik

a) Legitimationswirkung der Eintragung in die im Handelsregister aufgenommene Gesellschafterliste

94Durch die in I 1 statuierte Legitimationswirkung gilt derjenige, der als Gesellschafter in die ins Handelsregister aufgenommene Gesellschafterliste eingetragen ist, gegenüber der Gesellschaft als Gesellschafter und zwar unabhängig von seiner materiellrechtlichen Berechtigung; dies wird auch als formale Gesellschafterstellung bezeichnet.

4) Zusammenfassung der Rechtsprechung

a) Legitimationswirkung des I

122Die Rechtsprechung zu § 16 I beschäftigt sich insbesondere mit Fragen der Gesellschafterliste, insbesondere wer diese einreichen kann und welchen Umfang die Liste haben kann, ebenso mit dem Verhältnis der materiellrechtlichen Berechtigung zur formalen Berechtigung nach I 1.

aa) Formalien der Gesellschafterliste:
(1)

OLG München, Beschluss v. 17.07.2015, 14 W 1132/15, NZG 2015, 1272; GmbHR 2015, 1214; ZIP 2015, 2420, NJW-RR 2016, 106; RNotZ 2016, 51.
Es kann hier dahingestellt bleiben, ob die nach § 40 I 1 GmbHG dem Geschäftsführer einer GmbH obliegende Verpflichtung, unverzüglich nach Wirksamwerden einer Veränderung in den Personen der Gesellschafter oder ihrer Beteiligung, eine von ihm unterschriebene neue Gesellschafterliste zum Handelsregister einzureichen, die im Wege einer einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden kann.
Der Umstand, dass die vom Geschäftsführer eingereichte neue Gesellschafterliste nach Auffassung eines Gesellschafters inhaltlich falsch sein soll, betrifft die Frage der Berichtigung dieser Liste. Insoweit ergibt sich aus § 40 GmbHG nach einer aufgrund einer Veränderung bereits erfolgten Mitteilung kein Anspruch auf nochmalige Änderung der Gesellschafterliste ohne Vorliegen einer erneuten Veränderung. Entsprechend § 67 V 2 AktG kommt eine Löschung der Eintragung eines Gesellschafters bei Widerspruch des Betroffenen nicht in Betracht. Ein derartiger Widerspruch kann nur durch eine Klage oder ein rechtskräftiges Urteil überwunden werden.
Den berechtigten Interessen eines Gesellschafters kann in so einem Fall durch Anordnung der Zuordnung eines Widerspruchs gemäß § 16 III, IV und V GmbHG in Anlehnung an § 899 II BGB Rechnung getragen werden.

BGH, Beschluss vom 20.09.2011 – II ZB 17/10, http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=2cc7d993c66ed5578940a26ef6e8bbd0&nr=58010&pos=0&anz=1, BGHZ 191, 84 = NZG 2011, 1268 = DB 2011, 2832 = GmbHR 2011, 1269 = MittBayNot 2012, 149

123Das Registergericht ist berechtigt, eine Gesellschafterliste zurückzuweisen, die entgegen § 40 I 1, II 1 GmbHG keine Veränderungen in den Personen der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung ausweist, sondern solche nur ankündigt. Für den Fall des aufschiebend bedingten Erwerbs kann die Liste erst eingereicht werden, wenn die Bedingung eingetreten ist (Rn. 74).

124Nach § 16 III GmbHG ist die Gesellschafterliste Anknüpfungspunkt für den gutgläubigen Erwerb eines Geschäftsanteils. Die Rechtsscheinwirkungen des § 16 III können nur so weit gehen, wie die Gesellschafterliste als Rechtsscheinträger den für den Rechtsverkehr maßgeblichen Vertrauenstatbestand begründen kann. Die Gesellschafterliste ist aber nicht geeignet einen Rechtsschein dafür zu setzen, dass der in der Liste eingetragene Inhaber des Geschäftsanteils über diesen nicht bereits aufschiebend bedingt verfügt hat. Die Gesellschafterliste begründet keinen Vertrauenstatbestand für die Freiheit des Geschäftsanteils von Belastungen oder dafür, dass der Gesellschafter in seiner Verfügungsmacht über den Geschäftsanteil nicht durch den Gesellschaftsvertrag beschränkt ist. Für die Beschränkung der Verfügungsmacht bei einem aufschiebend bedingten Erwerb nach § 161 I BGB gilt nichts anderes (Rn. 81).

125Das Registergericht darf – obwohl es nur Verwahrstelle ist – die eingereichte Liste jedenfalls darauf prüfen, ob sie den Anforderungen des § 40 I 1 GmbHG entspricht.So auch schon OLG München, Beschl. v. 08.09.2009, 31 Wx 82/09, NJW 2010, 305 Das Registergericht ist daher berechtigt, eine Gesellschafterliste vorzuweisen, die entgegen § 40 I 1, II 1 GmbHG keine Veränderungen in den Personen der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung ausweist, sondern solche nur ankündigt. Es steht nicht im Belieben der Beteiligten, den Inhalt der von ihnen eingereichten Gesellschafterliste abweichend von den gesetzlichen Vorgaben um weitere, ihnen sinnvoll erscheinende Bestandteile zu ergänzen. Davon ist der Fall zu unterscheiden, dass eine in die Gesellschafterliste aufzunehmende Veränderung i. S. v. § 40 I bereits eingetreten ist, das Gesetz aber keine zwingende Vorgabe macht, wie diese Veränderung in der Gesellschafterliste darzustellen ist. Deshalb kann beispielsweise die Umnummerierung abgetretener Geschäftsanteile unter Kennzeichnung ihrer Herkunft durch Durchstreichen der bisherigen laufenden Nummern und durch Veränderungsnachweis unter den neuen laufenden Nummern nicht beanstandet werden, wenn dadurch eine hinreichend klare Zuordnung der Geschäftsanteile gewährleistet ist (Rn. 73).

(2)

OLG Dresden, Beschluss v. 01.06.2016, 17 W 0289/16, NotBZ 2016, 463; ZIP 2017, 80; GmbHR 2017, 306; RNotZ 2017, 322

Mangels einer besonderen Übergangsvorschrift, wie sie der MoMiG-Gesetzgeber etwa zu § 16 III GmbHG für die neu eingeführte Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs von Geschäftsanteilen geschaffen hat (§ 3 III EGGmbHG), ist § 16 I GmbHG in der am 01.11.2008 in Kraft getretenen Fassung seit eben diesem Tag anwendbar.

Die Neuregelung des § 16 I 1 GmbHG i. d. F. vom 23.10.2008, nach der im Verhältnis zur Gesellschaft „im Fall einer Veränderung in den Personen der Gesellschafter“ als Inhaber eines Geschäftsanteils nur derjenige gilt, der als solcher in der im Handelsregister aufgenommenen Liste eingetragen ist, erstreckt sich nicht auch auf Veränderungen, die schon vor dem 01.11.2008 bei der Gesellschaft ordnungsgemäß angemeldet wurden, aber nach der Anmeldung nicht zu einer Aktualisierung auch der Gesellschafterliste geführt haben.

BGH, Beschluss vom 24.02.2015 – II ZB 17/14, http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=f1b5105bc6a572341a0cde224f8500c0&nr=70645&pos=0&anz=1, NJW 2015, 1303

126Das Registergericht darf die Aufnahme einer mit einem Testamentsvollstrecker-Vermerk versehenen Gesellschafterliste ablehnen. Ein Testamentsvollstrecker-Vermerk gehört nicht zu den gesetzlich vorgesehenen Angaben in der Gesellschafterliste. § 40 I 1 GmbHG sieht nach einer Veränderung in den Personen der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung die Einreichung einer Liste der Gesellschafter vor, aus welcher Name, Vorname, Geburtsdatum und Wohnort der Letzteren sowie die Nennbeträge und die laufenden Nummern der von einem jeden derselben übernommenen Geschäftsanteile zu entnehmen sind. Mit dem Erbfall ist zwar eine Veränderung in den Personen der Gesellschafter eingetreten. Die Aufnahme des Testamentsvollstrecker-Vermerks in die aus diesem Anlass neu einzureichende Gesellschafterliste ist aber nicht vorgesehen. Es steht nicht im Belieben der Beteiligten, den Inhalt der von ihnen eingereichten Gesellschafterliste abweichend von den gesetzlichen Vorgaben um weitere, ihnen sinnvoll erscheinende Bestandteile freiwillig zu ergänzen. Dem steht der Grundsatz der Registerklarheit entgegen, der entsprechend auch für die Gesellschafterliste gilt. Werden Eintragungen in der Gesellschafterliste in das Belieben der Beteiligten gestellt, ist die Gefahr der Unverständlichkeit und Unübersichtlichkeit höher als bei Eintragungen in das Handelsregister, weil die Liste nicht – wie das Handelsregister – von einer staatlichen Stelle nach den in der Handelsregisterverordnung vorgegebenen Regeln verändert wird, sondern durch Notare und Geschäftsführer eine Liste eingereicht wird, deren Gestaltung weder im Einzelnen vorgegeben ist noch geprüft werden muss (Rn. 72). Die Tatsache, dass im Verhältnis zur Gesellschaft im Falle einer Erbfolge unzweifelhaft eine Veränderung in der Person des Gesellschafters eintritt, begründet kein Bedürfnis für die Eintragung eines Testamentsvollstrecker-Vermerks. Der Testamentsvollstrecker ist nicht auf eine Legitimation durch die Gesellschafterliste angewiesen. Inhaber des Geschäftsanteils auch bei der Dauertestamentsvollstreckung ist der Erbe. Er ist auch Träger des Stimmrechts; lediglich die Ausübung des Stimmrechts kann Sache des Amtswalters sein.BGH, Urteil vom 13.05.2014 – II ZR 250/12, http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=30707e07158863bc22923bb69eed2118&nr=68320&pos=0&anz=1, BGHZ 201, 216 = GmbHR 2014, 863 Die Ladung von Amtswaltern knüpft an die Ausübungsbefugnis und nicht an die Gesellschafterstellung an. Als Legitimationsausweis gegenüber der Gesellschaft für die Ausübung der Stimmrechte genügt das Testamentsvollstrecker-Zeugnis. Ein Bedürfnis zur Eintragung eines Testamentsvollstrecker-Vermerks besteht auch nicht zur Verhinderung eines gutgläubigen Erwerbs des Geschäftsanteils von den Erben (Rn. 76 und 77).So auch schon OLG München, Beschluss vom 15.11.2011 – 31 Wx 274/11, ZIP 2012, 1669 (1670) = GmbHR 2012, 39

(3)

KG, Beschluss v. 05.07.2016, 22 W 114/15, DB 2016, 1686; ZIP 2016, 1383; FGPrax 2016, 161; NZG 2016, 987; WM 2016, 1741, GmbHR 2016, 1157; NJW-RR 2016, 1320; NotBZ 2017, 41

Die Löschung einer in den Registerordner des Handelsregisters aufgenommenen Gesellschafterliste ist gesetzlich nicht vorgesehen.

§ 395 FamFG ist auf diese Fälle weder direkt noch analog anwendbar.

Das Registergericht trifft bei der Entgegennahme einer Gesellschafterliste keine inhaltliche Prüfpflicht. Es darf jedoch prüfen, ob die eingereichte Gesellschafterliste den formalen Anforderungen des § 40 GmbHG entspricht.

BGH, Urteil vom 17.12.2013 – II ZR 21/12, http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=c6c4651c33e26e200b18a5c5b2810bce&nr=66543&pos=0&anz=1, ZIP 2014, 216 = NZG 2014, 184

127Der Geschäftsführer ist zu einer Korrektur einer unrichtigen, vom Notar nach § 40 II 1 GmbHG eingereichten Gesellschafterliste befugt. § 40 II 1 setzt den Notar hinsichtlich der Einreichung der Liste an die Stelle des grundsätzlich nach § 40 I GmbHG zuständigen Geschäftsführers, regelt aber nicht auch die Korrektur. Wenn die Korrektur wieder über den Notar veranlasst werden müsste, der die unrichtige Liste eingereicht hat, läge darin ein unnötiger und zeitraubender Umweg, zumal die Gesellschaft einen dazu unwilligen Notar nicht leicht zur Einreichung einer korrigierten Liste zwingen kann (Rn. 96). Der Geschäftsführer muss den Betroffenen vor der Einreichung einer korrigierten Gesellschafterliste Gelegenheit zur Stellungnahme geben. Wenn der Betroffene der Korrektur widerspricht, ändert das nichts an der Berechtigung des Geschäftsführers, bei Fehlern für eine Berichtigung der Gesellschafterliste zu sorgen, solange nicht der Betroffene im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes erreicht, dass dem Geschäftsführer die Einreichung einer geänderten Gesellschafterliste untersagt wird (Rn. 99). Der Betroffene kann sich gegen eine mögliche Verfügung des in die Gesellschafterliste eingetragenen Gesellschafters über den Geschäftsanteil durch einen Widerspruch schützen oder im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes erreichen, dass dem Geschäftsführer die Einreichung der geänderten Gesellschafterliste vorläufig untersagt wird (Rn. 102).

(4)

OLG Frankfurt am Main, Beschluss v. 04.11.2016, 20 W 269/16, GmbHR 2017, 868

Vorrang der Bescheidung einer Anmeldung gegenüber der Durchführung eines Amtslöschungsverfahrens, wenn in beiden Fällen bei Löschung eines im Registerblatt eingetragenen Geschäftsführers erreicht werden kann.

BGH, Beschluss vom 17.12.2013 – II ZB 6/13, http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=81f067eef85431ae6880d81b0efe2fe5&nr=66653&pos=0&anz=1, BGHZ 199, 270 (273) = GmbHR 2014, 248 = ZIP 2014, 317

128Das Registergericht ist nicht befugt zu prüfen, ob ein im Ausland ansässiger Notar oder jedenfalls ein Notar mit Sitz in Basel/Schweiz eine Gesellschafterliste einreichen darf. Eine Gesellschafterliste ist dann in das Handelsregister aufzunehmen, wenn Veränderungen in den Personen der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung bereits eingetreten sind, aber auch, wenn die geänderten Eintragungen in der eingereichten Gesellschafterliste von dem Geschäftsführer oder dem Notar stammen, der an den Veränderungen mitgewirkt hat. Das formale Prüfungsrecht des Registergerichts ist insoweit aber auf die Prüfung beschränkt, ob es sich bei der Person, die eine geänderte Gesellschafterliste zur Aufnahme in das Handelsregister einreicht, um eine in § 40 I und II GmbHG genannte Person handelt, etwa auch um den Notar, der an den Veränderungen mitgewirkt hat, denen die geänderten Eintragungen entsprechen (Rn. 71, 72). Etwaige Zweifel, ob der Geschäftsführer oder Notar zur Einreichung der von ihm unterzeichneten Liste im konkreten Fall befugt ist, können im Registerverfahren nicht ohne Weiteres geklärt werden. Von dem formellen Prüfungsrecht des Registergerichts wäre die Beanstandung der durch den ausländischen Notar eingereichten Liste daher nur umfasst, wenn ein Notar mit Sitz im Ausland oder jedenfalls ein Notar mit Sitz in Basel/Schweiz unter keinen Umständen zur Einreichung einer Gesellschafterliste berechtigt wäre und er deshalb einem Dritten gleichstünde, dessen fehlende Berechtigung vom Registergericht ohne Weiteres festgestellt werden könnte. Dies ist nicht der Fall, da eine nach dem GmbHG erforderliche Beurkundung durch einen ausländischen Notar vorgenommen werden kann, sofern die ausländische Beurkundung der deutschen gleichwertig ist. Es kommt für die zu entscheidende Frage auch nicht darauf an, ob der ausländische Notar, der eine Anteilsübertragung beurkundet hat, zur Einreichung der Liste gemäß § 40 II verpflichtet ist oder diese Pflicht nur deutschen Notaren obliegt.

(5)

OLG Rostock, Beschluss v. 25.01.2017, 1 W 55/16, DB 2017, 1894

Ein Notar, der an der Übertragung eines GmbH-Geschäftsanteils mitwirkt, hat gemäß § 40 I GmbHG eine von ihnen unterschriebene aktualisierte Gesellschafterliste zum Handelsregister einzureichen. Steht die Abtretung eines Geschäftsanteils unter einer aufschiebenden Bedingung, setzt diese Verpflichtung des Notars erst mit Wirksamwerden der Abtretung, d. h. mit Bedingungseintritt, ein. Bleibt der Notar trotz Bedingungseintritt untätig, hat der Geschäftsführer keine Befugnis, die Liste anstelle des Notars einzureichen.

OLG München, Urteil vom 29.07.2010 – 23 U 1997/10, GmbHR 2011, 429 (430) = ZIP 2011, 570

129Der Gesellschafter einer GmbH hat gegen den Geschäftsführer keinen Anspruch auf Einreichung einer Gesellschafterliste mit einem bestimmten Inhalt. Ein derartiger Berichtigungsanspruch kommt nur gegen die Gesellschaft in Betracht. Meinungsverschiedenheiten in Geschäftsführerfragen sind zwischen dem Gesellschafter und der juristischen Person auszutragen.

(6)

BGH, Urteil v. 07.02.2017, II ZR 28/15,
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=6b26aa65470e0b938e4096fc032a92b9&nr=77763&pos=0&anz=1, GmbHR 2017, 519–523

Der Geschäftsführer ist zur Korrektur einer unrichtigen, vom Notar nach § 40 II 1 GmbHG eingereichten Gesellschafterliste befugt; ob die Gesellschafter entgegen dem allgemeinen Grundsatz, dass sie als Herren der Gesellschaft Zuweisungen an den Geschäftsführer befugt sind, zur Listenkorrektur keine Weisungen erteilen dürfen, bleibt offen.

OLG Brandenburg, Beschluss vom 12.12.2013 – 7 W 72/12, NZG 2013, 507 (508) = GmbHR 2013, 309

130Eine Klage auf Einreichung der Gesellschafterliste einer GmbH bei dem Handelsregister ist gegen den Geschäftsführer und nicht gegen die Gesellschaft zu richten, da es sich hierbei um eine höchstpersönliche Verpflichtung des Geschäftsführers handelt. Ein Notar, der an einer auflösend bedingten Abtretung eines Geschäftsanteils mitwirkt, aber nicht den Eintritt der auflösenden Bedingung überwachen soll, ist nicht verpflichtet, von sich aus eine geänderte Gesellschafterliste nach Eintritt der auflösenden Bedingung einzureichen. Diese Verpflichtung obliegt dem Geschäftsführer. Abweichend von dem soeben vorgestellten Urteil des OLG München nimmt das OLG Brandenburg aus dem Schadensersatzanspruch gegen den Geschäftsführer nach § 40 III GmbHG einen unmittelbaren Erfüllungsanspruch des Gesellschafters gegen Geschäftsführer an. Im Hinblick auf die höchstpersönliche Verpflichtung des Geschäftsführers kann sich der Erfüllungsanspruch auch nur gegen den Geschäftsführer selbst und nicht gegen die GmbH richten. Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig.

(7)

OLG Celle, Beschluss v. 03.05.2017, 9 UH 1/17, GmbHR 2017, 875; NZG 2017, 1030; NJW-RR 2017, 1120; ZIP 2018, 900

Ist beim Berufungsgericht kein Verfahren gegen den in der Gesellschafterliste vermeintlich zu Unrecht Eingetragenen anhängig, ist für die Zuordnung eines Widerspruchs zur Gesellschafterliste gemäß § 16 III 4 GmbHG mangels bei ihm anhängiger Hauptsache nicht das Berufungsgericht zuständig.

Werden in einer Beschlussmängelstreitigkeit die den Beschluss als Gesellschafterin anfechtende Kläger-GmbH und die Beklagten-GmbH, in deren Gesellschafterversammlung der Beschluss gefasst wurde, durch denselben Geschäftsführer vertreten, so ist die Klage unzulässig.

(8)

OLG München, Beschluss v. 12.10.2017, 31 Wx 299/17, ZIP 2017, 2475; GmbHR 2018, 35; NZG 2018, 63; RPfleger 2018, 90; FGPrax 2018, 21; NotBZ 2018, 113; DB 2018, 757; MitBayNot 2018, 270

Wird bei dem Registergericht wegen einer Veränderung des Gesellschafterbestands einer GmbH eine neue Gesellschafterliste eingereicht, muss darin für jeden Geschäftsanteil aufgeführt sein, welche prozentuale Beteiligung er am Stammkapital vermittelt. Diese Pflicht ergibt sich zwingend aus § 40 I 1 GmbHG.

Die Auffassung, aus einer systematisch-teleologischen Auslegung der Vorschrift sei der Schluss zu ziehen, dass es der Angabe des Prozentsatzes pro Anteil nicht bedürfe, sofern das Stammkapital der Gesellschaft in Geschäftsanteile zu je 1,00 € eingeteilt sei, da ein solcher Prozentsatz keinen nennenswerten Erkenntniswert für das Transparenzregister vermittle, trifft nicht zu. Für eine solche Auslegung findet sich weder im Wortlaut noch in der Gesetzesbegründung überhaupt ein Ansatz.

(9)

KG, Beschluss v. 09.11.2017, 23 U 67/15, GmbHR 2018, 361; RNotZ 2018, 338; NZG 2018, 660

Ist es einer GmbH auf Eilantrag eines Gesellschafters im Wege der einstweiligen Verfügung untersagt worden, eine geänderte Gesellschafterliste, die den Antragsteller nicht mehr als Gesellschafter ausweist, zum Handelsregister einzureichen, ist die Gesellschaft verpflichtet, hinreichende Maßnahmen zur Verhinderung einer Listeneinreichung zu ergreifen. Kommt es wegen unzureichender bzw. erfolgloser Verhinderungsmaßnahmen gleichwohl zur Einreichung der Liste, muss die Gesellschaft zur Beseitigung des Störungszustands eine Korrekturliste zum Handelsregister einreichen.

Wenn die Gesellschaft gegen ihre Verhinderungspflicht bzw. ihre Pflicht zur Einreichung einer Korrekturliste verstößt, muss sie sich so behandeln lassen, als sei die Gesellschafterliste, die Gegenstand der Untersagungsverfügung ist, nie in den Handelsregisterordner aufgenommen worden. Die Gesellschaft kann sich nicht über die eingeschränkte Rechtskraftwirkung der im einstweiligen Verfügungsverfahren ergangenen Entscheidung dadurch hinwegsetzen, dass sie unter Berufung auf die Legitimationswirkung einer Gesellschafterliste, die den Eilantragsteller nicht mehr als Gesellschafter ausweist, Beschlüsse fasst.

Besteht ein gleichwohl (auf einer Gesellschafterversammlung) gefasster Beschluss in der Einrichtung eines Aufsichtsrats auf der Grundlage einer in der Satzung enthaltenen Öffnungsklausel, ist dieser zudem deshalb unwirksam, weil es sich um eine Satzungsänderung handelt, die nur durch notarielle Beurkundung und Eintragung in das Handelsregister wirksam werden kann (Festhaltung: KG Berlin, 23.07.2015, 23 U 18/15).

(10)

OLG Nürnberg, Beschluss v. 23.11.2017, 12 W 1866/17, NZG 2018, 61; DB 2018, 55

Zur Zulässigkeit von Rundungen bei der nach § 40 I 1 GmbHG i. d. F. des Gesetzes vom 23.06.2017 (BGBl. I 2017, 1822, 1864) in der Gesellschafterliste anzugebenden „durch den jeweiligen Nennbetrag eines Geschäftsanteils vermittelten jeweiligen prozentualen Beteiligung am Stammkapital“ wie auch bei dem nach § 40 I 3 GmbHG in der genannten Fassung anzugebenden „Gesamtumfang der Beteiligung am Stammkapital als Prozentsatz“.

Die bloße Angabe des Nichtüberschreitens bestimmter Erheblichkeitsschwellen bei Kleinstbeteiligungen – hier: die Formulierung „< 1 %“ – in der Gesellschafterliste zur Bezeichnung der „durch den jeweiligen Nennbetrag eines Geschäftsanteils vermittelten jeweiligen prozentualen Beteiligung am Stammkapital“ ist – jedenfalls derzeit – unzulässig.

(11)

OLG Nürnberg, Beschluss v. 28.12.2017, 12 W 2005/17, BB 2018 337; GmbHR 2018, 256; DB 2018, 626; EWiR 2018, 195; FGPrax 2018, 73; GmbH-StB 2018, 113; GmbH-Stpr 2018, 286; LSK 2017, 138923; MDR 2018, 350; MittBayNt 2018, 268; NotBZ 2018, 235; NWB 2018, 686, NZG 2018, 312; RNotZ 2018, 273; RPfleger 2018, 274; ZIP 2018, 372

Eine notarielle Gesellschafterliste kann auch noch nach Einreichung beim Handelsregister und Aufnahme in den Registerordner wegen offenbarer Unrichtigkeit gemäß § 44a II BeurkG berichtigt werden.

Die Urschrift der entsprechend berichtigten Gesellschafterliste bleibt gemäß § 45 I BeurkG in Verwahrung des Notars. Die Berichtigung erfolgt durch Einreichung einer elektronisch beglaubigten Abschrift der berichtigten Gesellschafterliste beim Handelsregister. Hierfür reicht nicht aus, dass bei dem insoweit gemäß § 12 II HGB einzureichenden elektronischen Dokument die Berichtigung allein im Text der Urkunde vorgenommen wird; vielmehr muss auch die elektronisch beglaubigte Abschrift der berichtigten Gesellschafterliste einen Berichtigungsvermerk gemäß § 44a II BeurkG enthalten, der Umstand und Zeitpunkt der Berichtigung erkennen lässt.

(12)

KG, Beschluss v. 12.06.2018, 22 W 15/18, FGPrax 2018, 212; MittBayNot 2019, 285; RNotZ 2018, 648; LSK 2018, 20934

Die Prüfungspflicht des Registergerichts in Bezug auf eine GmbH-Gesellschafterliste schließt jedenfalls die Prüfung ein, ob die Liste von einem Einreichungsberechtigten erstellt und unterschrieben worden ist. Einreichungsberechtigt ist der im Register eingetragene Geschäftsführer.

(13)

BGH, Beschluss v. 26.06.2018 – II ZB 12/16,
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=b31d922c92f14d38bf301d89eff26e77&nr=86392&pos=0&anz=1,
ZIP 2018, 1591, NJW 2018, 2794; LSK 2018, 17685; GWR 2018, 329; NZG 2018, 1023; FGPrax 2018, 210; RNotZ 2018, 647; WM 2018, 1548; ZIP 2018, 1591; EWiR 2018, 519, DB 2018, 1981; GmbHR 2018, 958; GmbH-StB 2018, 359; GmbH-Stpr 2018, 381; MDR 2018, 1133; NWB 2018, 2452; RPfleger 2018, 619; ZNotP 2018, 329; FD-InsR 2018, 408228

Die wegen einer Veränderung i. S. v. § 8 EGG GmbHG i. V. m. § 40 I 1 GmbHG a. F. einzureichende Gesellschafterliste hat den Anforderungen des § 40 I GmbHG in der Fassung vom 23.06.2017 zu genügen, wenn sie vor dem 26.06.2017 im Handelsregister zwar vorgelegt, dort aber noch nicht aufgenommen wurde.

(14)

OLG Düsseldorf, Beschluss v. 18.03.2019, 3 Wx 53/18; NJW-Spezial 2019, 303

Eine Registerbeschwerde, die sich gegen die Zurückweisung des Antrags auf Änderung der Reihenfolge der Gesellschafterlisten richtet, ist statthaft.

Werden mehrere Gesellschafterlisten an einem Tag eingereicht, ist § 9 I 2 HRV in dem Sinne auszulegen, dass die Listen in chronologischer Reihenfolge in den Registerordner einzustellen sind.

(15)

BGH, Urteil v. 02.07.2019, II ZR 406/17,
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=0827e7c0210551035efedc39341ee557&nr=98020&pos=0&anz=1, BGHZ 222, 323; NJW 2019, 3155; NZG 2019, 979; DStR 2019, 1755; ZIP 2019, 1521; WM 2019, 1495; BB 2019, 2124; GmbHR 2019, 988

Wird einer GmbH nach Einziehung eines Geschäftsanteils durch eine einstweilige Verfügung untersagt, eine neue Gesellschafterliste, die den von der Einziehung Betroffenen nicht mehr als Gesellschafter ausweist, beim Amtsgericht zur Veröffentlichung im Handelsregister einzureichen, ist die Gesellschaft nach Treu und Glauben gehindert, sich auf die formelle Legitimationswirkung des § 16 I 1 GmbHG zu berufen, wenn entgegen der gerichtlichen Anordnung eine veränderte Gesellschafterliste zum Handelsregister eingereicht und im Registerordnung aufgenommen worden ist.

(16)

KG, Beschluss v. 10.07.2019, 2 W 16/19, NZG 2019, 913; DNotZ 2021, 70; BB 2019, 1812; WM 2019, 1643; ZIP 2019, 1423; RNotZ 2019, 502

Entsprechend der Rechtslage bei § 67 II AktG steht auch einem zu Unrecht nicht in die Gesellschafterliste eingetragenen Gesellschafter einer GmbH ein Anspruch auf Einreichung einer korrigierten Gesellschafterliste zu, den er im Wege der Leistungsklage gegen die Gesellschaft durchsetzen kann.

Ein solcher Anspruch besteht auch dann, wenn der tatsächlich eingetragene Scheingesellschafter der Einreichung einer korrigierten Gesellschafterliste widerspricht. Der Berechtigte muss sich nicht darauf verweisen lassen, die Rechtslage zunächst in einem Rechtsstreit mit dem eingetragenen Listengesellschafter (Prätendentenstreit) zu klären.

(17)

KG, Beschluss v. 20.08.2019, 22 W 1/18, NZG 2020, 235; RNotZ 2020, 171; MittBayNot 2020, 371; FGPrax 2020, 29

Für die notwendige Prüfung, ob der satzungsändernde Beschluss einer GmbH-Gesellschafterversammlung von aktuellen Gesellschaftern gefasst worden ist, ist durch das Registergericht auf die letzte in den Registerordner aufgenommene Gesellschafterliste auch dann abzustellen, wenn diese bereits vor dem Inkrafttreten des § 16 I 1 GmbHG am 01.11.2008 zur Registerakte eingereicht worden ist.

(18)

OLG Brandenburg, Urteil v. 21.08.2019, 7 U 169/18, GmbHR 2020, 98

§ 16 I 1 GmbHG begründet eine unwiderlegbare Vermutung für die Gesellschafterstellung der Eingetragenen in dem in der Gesellschafterliste verzeichneten Umfang.

Die Regelung des § 121 II 2 AktG, wonach Personen, die im Handelsregister eingetragen sind, als befugt zur Einberufung der Versammlung gelten, findet auf die GmbH nicht entsprechende Anwendung.

(19)

OLG Hamm, Urteil v. 27.11.2019, I-8 U 69/19, NZG 2020, 986; DNotZ 2021, 301

Hat ein Gesellschafter einer GmbH einem Dritten eine über den Tod hinaus geltende Vollmacht erteilt, ihn in der Gesellschafterversammlung zu vertreten und die ihm zustehenden Rechte auszuüben, kann nach dem Tod des Gesellschafters und vor Änderung der Gesellschafterliste der Vertreter wirksam zu Gesellschafterversammlungen geladen werden. Der Vertreter kann für den verstorbenen Listengesellschafter dessen Rechte gegenüber der Gesellschaft wahrnehmen.

Etwaige Beschlussmängel kann der Erbe des in der Gesellschafterliste eingetragenen Gesellschafters im eigenen Namen gerichtlich geltend machen.

Ein Einberufungsmangel zur Gesellschafterversammlung einer GmbH liegt nicht vor, wenn für den zur Einberufung berechtigten Geschäftsführer ein von diesem beauftragter Rechtsanwalt handelt, jedenfalls sofern aus der Ladung hervorgeht, dass der Zuständige Urheber der Einberufung ist.

Im Wege der einstweiligen Verfügung kann nach nichtiger oder anfechtbarer Einziehung eines Geschäftsanteils nicht die Zuordnung eines Widerspruchs zur Gesellschafterliste verlangt werden, wenn der eingezogene Geschäftsanteil anschließend in der Gesellschafterliste weder der Gesellschaft noch einer anderen Person zugeordnet worden ist. Der Widerspruch ließe die von der Gesellschafterliste ausgehende Legitimationswirkung unberührt, und für die Besorgnis eines gutgläubigen Erwerbs des Geschäftsanteils fehlt es an der Grundlage.

(20)

KG, Beschluss v. 18.12.2019, 22 W 91/18, NZG 2020, 907; ZIP 2020, 1303

Das formale Prüfungsrecht des Registergerichts in Bezug auf die zur Aufnahme in den Registerordner eingereichte Gesellschafterliste umfasst auch die Prüfung, ob die neu eingereichte Liste Veränderungen gegenüber der zuletzt in den Registerordner aufgenommene Liste ausweist. Ist dies nicht der Fall, ist eine Aufnahme abzulehnen.

(21)

KG, Beschluss v. 13.03.2020, 22 W 53/19, NZG 2020, 831; ZIP 2020, 1560

In einem Beschwerdeverfahren auf Aufnahme einer Gesellschafterliste in den Registerordner tritt Erledigung ein, wenn später eine jüngere Liste gleichen Inhalts in den Registerordner aufgenommen wird.

Die Feststellung einer Erledigung nach § 62 I FamFG kommt weder für einen in den Listen ausgewiesenen Gesellschafter noch die Gesellschaft in Betracht.

(22)

LG Köln, Beschluss v. 16.03.2020, 82 O 94/19, ZIP 2020, 2237

Im Fall eines eingetragenen Widerspruchs gegen die Eintragung eines anderen Gesellschafters kann der nach dem Einzug seines Geschäftsanteils nicht mehr in die Gesellschafterliste eingetragene Gesellschafter keine Gesellschafterrechte mehr geltend machen. Dies gilt ungeachtet der Wirksamkeit des Einziehungsbeschlusses. Der Gesellschafter kann ab dem Zeitpunkt der Aufnahme einer ihn nicht mehr aufführenden Gesellschafterliste zum Handelsregister seine mitgliedschaftlichen Rechte nicht länger ausüben. (Verweis auf BGH, Urteil v. 02.07.2019 – II ZR 406/17, oben (15)).

(23)

KG, Beschluss v. 24.04.2020, 22 W 16/18, NZG 2020, 746; ZIP 2020, 1071; FGPrax 2020, 122

Die Aufnahme einer Gesellschafterliste in den Registerordner, die denselben Gesellschafterbestand wie die letzte im Registerordner aufgenommene Liste ausweist, kommt nicht in Betracht. Die durch die Nichtaufnahme einer Liste eingetretene und für eine Beschwerde notwendige Beschwer entfällt, wenn später eine jüngere Liste gleichen Inhalts in den Registerordner aufgenommen wird.

(24)

KG, Beschluss v. 17.09.2020, 22 W 66/19, ZIP 2020, 2014.

Ist die Eintragung der Abberufung eines Geschäftsführers in das Handelsregister auf der Grundlage einer Prüfung nach § 16 I 1 GmbHG getroffen worden, kommt die Löschung dieser Eintragung nach § 395 FamFG nicht allein deshalb in Betracht, weil später die Nichtigkeit des zugrundeliegenden Beschlusses wegen einer fehlerhaften Einziehung festgestellt wird.

(25)

OLG München, Urteil v. 02.12.2020, 7 U 4305/20, NJW-RR 2021, 229; NZG 2021, 293; RNotZ 2021, 224

Bei fehlender Satzungsregelung über den Ausschluss eines Gesellschafters aus der Gesellschaft führt ein Ausschließungsbeschluss der Gesellschafterversammlung noch nicht zum Ausschluss des betroffenen Gesellschafters. Vielmehr bedarf es in einer solchen Konstellation für einen wirksamen Ausschluss eines Gestaltungsurteils nach erfolgreich erhobener Ausschlussklage. Bis zur Erwirkung eines rechtskräftigen Gestaltungsurteils über seinen Ausschluss behält der auszuschließende Gesellschafter vielmehr seine vollen Gesellschafterrechte.

Zwar kann auch bei einer fehlenden vorläufigen Verbindlichkeit des Ausschlusses die Gefahr einer Einreichung einer geänderten, den auszuschließenden Gesellschafter nicht mehr ausweisenden Gesellschafterliste zum Handelsregister bestehen, die ein Vorgehen des auszuschließenden Gesellschafters im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes rechtfertigen könnte. Die in einer solchen Konstellation an die Glaubhaftmachung eines Verfügungsgrunds zu stellenden Anforderungen sind jedoch hoch. Neben dem Beschluss müssen weitere, die aktuelle Gefahr der Einreichung einer unrichtigen Gesellschafterliste begründende Umstände hinzutreten.

(26)

OLG Düsseldorf, Beschluss v. 10.02.2021, 3 Wx 5/21, NZG 2021, 882; ZIP 2021, 694; BB 2021, 787

Zu den Voraussetzungen für die Bestellung eines einzelvertretungsberechtigten Notgeschäftsführers für die Komplementär-GmbH einer GmbH & Co. KG wegen Fehlens der organschaftlichen Vertretung (hier nach Untersagung der Tätigkeit des einzigen Geschäftsführers der betroffenen GmbH durch gerichtliche einstweilige Verfügung wegen dessen Gerierens als Alleininhaber der Gesellschaft unter bewusster Benachteiligung des anderen, an der Gesellschaft beteiligten „Familienstammes“).

Die hilfsweise Einlegung einer Beschwerde ist möglich, wenn sie von einer innerprozessualen Bedingung abhängig gemacht wird, was der Fall ist, wenn – wie hier – die Beschwerde eines der Beteiligten erkennbar für den Fall erhoben ist, dass das Rechtsmittel eines anderen Beteiligten vom Senat für unzulässig oder unbegründet erachtet wird.

(27)

OLG Brandenburg, Beschluss v. 14.04.2021, 7 W 89/20, FGPrax 2021, 115; ZEV 2021, 475

Gemäß § 395 Abs. 1 FamFG kann Beschwerde gegen eine unzulässige Eintragung in das Handelsregister eingelegt werden, mit dem Ziel, die unrichtige Eintragung zu löschen. Die Löschung nach § 395 FamFG dient dem Zweck, im öffentlichen Interesse erlassene Vorschriften über die Eintragung in das Handelsregister durchzusetzen. Die Löschung soll bewirken, dass das Register von materiell unrichtigen oder unwirksamen Eintragungen bereinigt wird. Verstöße gegen andere Vorschriften können nicht zu einem Löschungsverfahren nach § 395 FamFG führen.

Die Gesellschafterliste nach § 16 GmbHG stellt keine solche Eintragung dar. Ebenso wenig sind in den Registerordner aufgenommene Unterlagen Eintragungen i. S. d. § 395 FamFG. Die Gesellschafterliste ist vielmehr eine neben der Eintragung auf dem Registerblatt vorhandene Unterlage, die lediglich in die Unterlagen zum Register aufgenommen und dort verwahrt werden muss (§ 8 I Nr. 3, § 40 GmbHG). Sie unterliegt damit weder einem Löschungs- noch einem Berichtigungsverfahren.

Eine Gesellschafterliste nach § 16 GmbHG, die gemäß § 40 GmbHG beim Handelsregister eingereicht worden ist, kann nur dann einer Überprüfung unterzogen werden, wenn sie inhaltlich unrichtig ist, wenn also ein Gesellschafter unrichtig angegeben ist; in diesem Fall kann Widerspruch gegen die Gesellschafterliste eingelegt werden, § 16 Abs. 3 GmbHG.

(28)

OLG München, Beschluss v. 18.05.2021, 7 W 718/21, ZIP 2021, 1266; NZG 2021, 1121; EWiR 2021, 363

Für die Anordnung einer einstweiligen Verfügung zu Gunsten eines GmbH-Gesellschafters im Zusammenhang mit der Einziehung seines Gesellschaftsanteils genügt eine überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass die Einziehung rechtswidrig ist.

Ein Fehlverhalten als Gesellschafter-Geschäftsführer kann die Einziehung des Gesellschaftsanteils nur dann rechtfertigen, wenn aufgrund der Pflichtverletzung als Geschäftsführer auch ein Verbleiben desselben als Gesellschafter den übrigen Gesellschaftern unzumutbar wird, etwa weil durch das Fehlverhalten das Vertrauensverhältnis der Gesellschafter so nachhaltig zerrüttet wird, dass eine gedeihliche Zusammenarbeit auch auf dieser Ebene ausgeschlossen erscheint, oder weil Treuepflichten schwerwiegend verletzt wurden.

Mit der einstweiligen Verfügung kann die Korrektur der nach Einziehung bereits geänderten Gesellschafterliste angeordnet werden.

(29)

OLG Brandenburg, Beschluss v. 23.02.2022, 7 W 21/22, NZG 2022, 971; GmbHR 2022, 645

Die Einreichung einer Gesellschafterliste bei dem zuständigen Registergericht ist ein höchstpersönliches Rechtsgeschäft und kann nur vom Geschäftsführer selbst durchgeführt werden.

Eine Stellvertretung bei der Abgabe der Gesellschafterliste ist folglich nicht möglich. Dies ergibt sich bereits aus der in § 40 Abs. 3 GmbHG enthaltenen Haftung. Die Gesellschafter haben demnach einen Anspruch gegenüber der GmbH auf Erstellung und Einreichung einer Gesellschafterliste beim Handelsregister. Der Anspruch selbst kann durch eine Klage oder in einigen Fällen im einstweiligen Rechtsschutz durchgesetzt werden.

Ein Titel auf Erstellung und Einreichung einer Gesellschafterliste ist eine unvertretbare Handlung gemäß § 888 Abs. 1 ZPO und kann folglich nur mittels Zwang durchgesetzt werden.

(Ähnliche Entscheidung KG, Beschluss v. 29.11.2021, 22 W 58/21, BeckRS 2021, 50075.)

bb) Verhältnis von Vermutungswirkungen des I zur materiellen Rechtslage
(1)

OLG Düsseldorf, Urteil v. 24.06.2016, I-16 U 24/15, NZG 2017, 264, DB 2016, 2468; GmbHR 2016, 988; GmbH-Stpr 2017, 94; GWR 2016, 486; LSK 2016, 104508; NWB 2017, 406; GWR 2016, 486

Die Anfechtungsklage setzt, anders als die Feststellungsklage, eine besondere Klagebefugnis voraus. Grundsätzlich können nur Gesellschafter die Anfechtungsklage erheben.

Auch wenn ein GmbH-Gesellschafter seine Mitgliedschaft aufgrund eigener Kündigung beendet hat und die Satzung der Gesellschaft bestimmt, dass der nach einer Kündigung zum Ausscheiden verpflichtete Gesellschafter seine Gesellschafterstellung bereits mit Wirksamwerden seiner Kündigung verliert, so kann sich der Gesellschafter jedenfalls auf die Legitimationswirkung des § 16 I 1 GmbHG stützen.

Solange wie der Gesellschafter in die im Handelsregister aufgenommene Gesellschafterliste eingetragen ist und sein Geschäftsanteil noch nicht übertragen oder eingezogen worden ist, ist die Gesellschaft berechtigt und verpflichtet, ihn dieser Rechtsstellung gemäß zu behandeln.

Insofern besteht auch die Pflicht, den ausgeschiedenen Gesellschafter zur Gesellschafterversammlung einzuladen. Wird dies unterlassen, so führt dieser Verstoß zur Nichtigkeit der in der Gesellschafterversammlung gefassten Beschlüsse.

OLG Bremen, Urteil vom 21.10.2011 – 2 U 43/11, GmbHR 2012, 687 (688) = NJW-Spezial 2012, 432 = GmbH-StB 2012, 176

131Beschlüsse einer GmbH-Gesellschafterversammlung, wie etwa auch ein Einziehungsbeschluss, welche Personen betreffen, die ausweislich der Gesellschafterliste zum Zeitpunkt der Beschlussfassung nicht Gesellschafter sind, gehen ins Leere und sind von vornherein unwirksam, was der dadurch Betroffene mit der allgemeinen Feststellungsklage nach § 256 ZPO geltend machen kann.

132Wurde ein Vertrag über die Veräußerung eines GmbH-Geschäftsanteils angefochten, so führen die bürgerlich-rechtlichen Nichtigkeits- und Anfechtungsvorschriften nicht dazu, dass die Gesellschafter im Verhältnis zur Gesellschaft rückwirkend in ihre alten Rechtspositionen eingesetzt werden. Vielmehr ergibt sich aus § 16 I, dass die Gesellschaft berechtigt und verpflichtet ist, unabhängig von der wahren Rechtslage auf den Inhalt der Gesellschafterliste abzustellen, ohne dass insoweit ein Gegenbeweis zulässig wäre. Die Gesellschaft darf nur den in der Gesellschafterliste Eingetragenen als Gesellschafter behandeln; auf subjektive Momente ist demgegenüber nicht abzustellen, also auch nicht etwa darauf, ob der Gesellschaft eine Unrichtigkeit der Liste positiv bekannt war.

(2)

OLG Naumburg, Urteil v. 01.09.2016, 2 U 95/15, GWR 2016, 507; LSK 2016, 108120; ZIP 2016, 2217; ErbR 2017, 350; EWiR 2017, 267; GmbHR 2017, 86; GmbH-Stpr 2017, 191; NotBZ 2017, 336

Im Verhältnis zur Gesellschaft darf sich im Falle einer Veränderung in der Person des Gesellschafters nach § 16 I 1 GmbHG auf die Rechte eines Gesellschafters nur derjenige berufen, der als solcher in der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste eingetragen ist. Diese Bestimmung gilt uneingeschränkt auch im Erbfall.

OLG Zweibrücken, Beschluss vom 15.12.2011 – 3 W 144/11, GmbHR 2012, 689 = NZG 2012, 471

133Die sich aus § 16 I GmbHG verfahrensrechtlich ergebenden Konsequenzen gelten für alle mitgliedschaftlichen Rechte und Pflichten, insbesondere auch für die Rechte des neuen Gesellschafters, an der Willensbildung der Gesellschaft mitzuwirken. Da der Neugesellschafter zwar materiellrechtlich bereits Inhaber des Geschäftsanteils, über dessen Teilung die Altgesellschafter Beschluss fassen, war, aber die neue Gesellschafterliste noch nicht beim Handelsregister eingereicht und damit auch noch nicht aufgenommen war, konnte die Gesellschafterversammlung in Abwesenheit des Neugesellschafters abgehalten und die Beschlüsse von den Altgesellschaftern wirksam gefasst werden.

(3)

OLG Frankfurt, Beschluss v. 04.11.2016, 20 W 269/16, ZIP 2017, 1273; GmbHR 2017, 868

§ 16 I 1 GmbHG begründet unabhängig von der materiellen Rechtslage, also auch im Fall einer unwirksamen Anteilsübertragung, eine relative oder formale Rechtsstellung des Gesellschafters durch Normierung einer gesetzlichen Fiktion oder einer unwiderleglichen Vermutung. Daraus folgt der Grundsatz, dass die GmbH nur den in der Gesellschafterliste Eingetragenen als Gesellschafter behandeln darf, und zwar unabhängig von der materiellen Rechtslage.

An diese Wirkung, die alle mitgliedschaftlichen Rechte und Pflichten erfasst, ist auch das Registergericht gebunden. Dabei steht selbst der Umstand, dass die Gesellschaft die fehlende materiellrechtliche Berechtigung positiv kennt, der Legitimationswirkung des § 16 I 1 GmbHG nicht entgegen.

Es bedarf keiner Amtslöschung nach § 395 I FamFG und des damit verbundenen, auch zeitaufwändigen förmlichen Verfahrens, wenn die sachliche Berichtigung des Registerblatts der GmbH im Hinblick auf die dortige Eintragung einer Person als Geschäftsführer der GmbH auf einfacherem Weg erfolgen kann, weil eine entscheidungsreife Anmeldung des neuen Geschäftsführers vorliegt, der die Abberufung des bisherigen Geschäftsführers der GmbH aufgrund einer Gesellschafterbeschlusses angemeldet worden ist. Denn mit Vollzug dieser Anmeldung kann genau der Zustand erreicht werden, der auch Ergebnis des Verfahrens der Amtslöschung wäre, nämlich die Löschung des bisherigen Geschäftsführers der GmbH aus deren Registerblatt.

BGH, Beschluss vom 17.07.2012 – II ZR 216/10,  http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=0de82d3dd8c8b05962e382adb64774ec&nr=62065&pos=0&anz=1, GmbHR 2012, 1303 (1304) = ZIP 2013, 117

134Bereits nach altem Recht bestand für eine nicht der Fiktion des § 16 I GmbHG a.F. unterfallende Person keine Klagebefugnis für auf Nichtigerklärung von Gesellschafterbeschlüssen und auf positive Beschlussfeststellung gerichtete Klageanträge. Dies gilt erst recht nach § 16 I GmbHG n.F.Die Klagebefugnis für eine Feststellung der Gesellschafterstellung behandelt das OLG Hamm, Urteil vom 16.04.2014 – 8 U 82/13, NZG 2014, 783 (784) = GmbHR 2014, 935 = ZIP 2014, 1479, beim BGH anhängig als Revisionsverfahren II ZR 184/14

(4)

LG Cottbus, Urteil v. 01.02.2018, 11 O 73/17, BeckRS 2018, 7135

Die Zuordnung eines Widerspruchs zur Gesellschafterliste im Handelsregister nach § 16 III 4 GmbHG soll einen gutgläubigen Erwerb des Geschäftsanteils von einem Nichtberechtigten verhindern. Ist aber der Geschäftsanteil infolge des Wirksamwerdens der Einziehung untergegangen, ist ein gutgläubiger Erwerb des Geschäftsanteils nicht mehr möglich. Nur der Erwerb eines existierenden Geschäftsanteils ist denkbar. Ein entsprechender Widerspruch geht daher ins Leere. 

BGH, Urteil vom 27.01.2015 – KZR 90/13, http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=2df958b251c268a635ebb4fe60e8900f&nr=70580&pos=0&anz=1, NZG 2015, 478 (479, 480)

135Die kartellrechtliche Nichtigkeit eines Anteilskauf- und –abtretungsvertrags nach §§ 134 BGB, 1 GWB steht der Annahme nicht entgegen, dass eine Gesellschafterin gegenüber der Gesellschaft nach § 16 I GmbHG a.F. und n.F. der Gesellschaft gegenüber als Erwerberin des Geschäftsanteils und damit als Gesellschafterin gilt. Der BGH (aaO.) setzt sich in Rn. 18 ausführlich mit der Literatur zu der Frage auseinander, ob § 16 I auch dann eingreift, wenn die Nichtigkeit der Übertragung eines Geschäftsanteils nach § 134 BGB auf einem Verstoß gegen § 1 GWB beruht. Der BGH schließt sich im Ergebnis der damals herrschenden Meinung an. Der BGH folgt seiner Rechtsprechung zum alten Recht, wonach ein fehlerhafter Beitritt zu einer GmbH nicht nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft zu beurteilen sei, weil nach § 16 I die Gesellschaft unabhängig von der wahren Rechtslage jeden, dessen Anteilserwerb von der unwiderleglichen Vermutung erfasst werde, als Gesellschafter behandeln dürfe und müsse. Auch wenn der Zweck der Gesellschaft auf einen Verstoß gegen das Kartellverbot gerichtet sei, bedarf es keiner von Gesetzes wegen eintretenden Nichtigkeit des Beitritts (Rn. 87). Zahlungen, die ein derartiger Scheingesellschafter an die Gesellschaft oder Mitgesellschafter leistet, erfolgen daher nicht ohne Rechtsgrund, sodass bereicherungsrechtliche Ansprüche zwischen dem Scheinerwerber, der die Zahlungen geleistet hat, und den entsprechenden Begünstigten ausgeschlossen sind (Rn. 92).

(5)

LG Kassel, Urteil v. 11.07.2018, 11 O 4146/16, GWR 2019, 29

Macht ein Gesellschafter glaubhaft, dass kein wichtiger Grund für eine Einziehung seines Geschäftsanteils gegeben ist, ist zum Schutz vor dem Verlust des Geschäftsanteils an Dritte durch gutgläubigen Erwerb bis zur Klärung der Rechtmäßigkeit der Einziehung die Zuordnung eines Widerspruchs zu der neuen Gesellschafterliste im Wege einer einstweiligen Verfügung geboten, um die Gefahr irreparabler Fakten durch die Einziehung auszuschließen.

§ 16 III 2 GmbHG schränkt den Anspruch auf Zuordnung eines Widerspruchs gemäß § 16 III 4 und 5 GmbHG nicht ein.

Passivlegitimiert sind die Gesellschafter, die unrichtig als alleinige Gesellschafter eingetragen sind.

Der Widerspruch ist auch statthaft, wenn es nur zu einer Änderung des Beteiligungsumfangs bei bereits in die Liste eingetragenen Gesellschaftern kommt.

(6)

BGH, Urteil v. 20.11.2018, II ZR 12/17,
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=2858653afdb7b2fb8e6bc0ef26a27de6&nr=92073&pos=0&anz=1,
NZG 2019, 269; DStR 2019, 567; LSK 2018, 37266; NJW 2019, 993; GWR 2019, 68; LMK 2019, 417112; NotBZ 2019, 137; BB 2019, 779; WM 2019, 310; ZIP 2019, 316; WuB 2019, 182; GmbHR 2019, 335; DB 2019, 359; MDR 2019, 430

Die Legitimationswirkung des § 16 I 1 GmbHG greift auch bei eingezogenen Geschäftsanteilen.

Allein die unberechtigte, weil nicht satzungsgemäße Übernahme der Versammlungsleitung als solche stellt bei der GmbH keinen relevanten Verfahrensmangel dar, der zur Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit sämtlicher unter dieser Versammlungsleitung gefassten Beschlüsse führt. Vielmehr bedarf es hierfür auch in diesem Fall eines für die Beschlussfassung ursächlichen oder relevanten Durchführungsfehlers bei der Versammlungsleitung.

(7)

OLG Dresden, Beschluss v. 04.03.2019, 8 W 150/19, NZG 2019, 513; LSK 2019, 4427

Begehrt der von einem Einziehungsbeschluss betroffene Gesellschafter den Erlass einer einstweiligen Verfügung, mit der die Einreichung einer geänderten Gesellschafterliste zum Handelsregister einstweilen untersagt werden soll, bemisst sich der Streitwert nach einem Bruchteil des Verkehrswerts des betroffenen Geschäftsanteils.

(8)

OLG Köln, Beschluss v. 27.06.2019, 18 Wx 11/19, GmbHR 2020, 274; NZG 2020, 517

Der Bestellung eines Notgeschäftsführers steht § 50 III 1 GmbHG nicht entgegen, wenn alle Gesellschafter, welche in der Gesellschafterliste eingetragen sind, verstorben sind. Die Erben der Gesellschafter gelten mangels Aufnahme in die Gesellschafterliste gemäß § 16 I 1 GmbHG im Verhältnis zur Gesellschaft noch nicht als Gesellschafter.

Nach herrschender Meinung geht das OLG Köln davon aus, dass es für eine Gesellschafterstellung allein auf die Legitimationswirkung gemäß § 16 I 1 GmbHG und damit auf die Eintragung in die Gesellschafterliste ankommt. Eine andere Möglichkeit für die Legitimation eines Gesellschafters, etwa durch die Vorlage eines Erbscheins, ist nicht ausreichend.

Das OLG Köln ließ offen, ob der noch nicht in die Gesellschafterliste aufgenommene Gesellschafter-Erbe die Gesellschafterrechte zumindest schwebend unwirksam wahrnehmen und über diesen Weg die Bestellung eines neuen Geschäftsführers erreichen kann.

(9)

OLG Brandenburg, Urteil v. 23.07.2019, 3 U 31/18, BeckRS 2019, 17988

Liegt bei der Einlegung der Berufung eine wirksame Prozessvollmacht nicht vor, ist das Rechtsmittel zu verwerfen. Der Nachweis der Prozessvollmacht erfordert aber auch den Nachweis der Vertretungsmacht der Person, die für die Partei gehandelt hat.

Fehlt es an einer wirksamen Bestellung als Geschäftsführer der Gesellschaft, kann dieser auch keine wirksame Prozessvollmacht für die Gesellschaft erteilen.

§ 16 I 2 GmbHG, der die formell-rechtliche Legitimation des Erwerbers gegenüber der Gesellschaft betrifft, setzt voraus, dass der Erwerber, dessen Rechtshandlung wirksam werden soll, den betroffenen Geschäftsanteil wirksam erworben hat. Erfolgt die Übertragung des Geschäftsanteils unter einer Bedingung oder – wie hier – zu einem vereinbarten späteren Zeitpunkt, muss der Erwerber mit der Beschlussfassung warten, bis die Anteilsabtretung wirksam geworden ist. Deshalb kann auch die nachfolgende Eintragung der Gesellschafterliste in den Registerordner des Handelsregisters die vorgenomme Rechtshandlung – Bestellung des Geschäftsführers – wirksam werden.

(10)

BGH, Urteil v. 10.11.2020, II ZR 211/19,
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&az=II%20ZR%20211/19&nr=112415,
NJW 2021, 622; DStR 2021, 177; NZG 2021, 117; WM 2020, 2375; ZIP 2020, 2513

Eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist durch die negative Legitimationswirkung des § 16 I 1 GmbHG nicht gehindert, einen nach einem möglicherweise fehlgeschlagenen Einziehungsversuch aus der Gesellschafterliste entfernten, aber materiell bestehenden Geschäftsanteil aus einem in der Person des materiell berechtigten Gesellschafters liegenden wichtigen Grund einzuziehen.

(11)

BGH, Urteil v. 26.01.2021, II ZR 391/18,
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=1026&Seite=11&nr=115039&pos=354&anz=648,
NZG 2021, 831; DStR 20212, 1001; DNotZ 2021, 456; BB 2021, 844; ZIP 2021, 459; WM 2021, 390; RNotZ 2021, 223

Der Anfechtung eines Gesellschafterbeschlusses durch einen zum Zeitpunkt der Beschlussfassung nicht mehr als Inhaber eines Geschäftsanteils eingetragenen Gesellschafter einer GmbH steht grundsätzlich die negative Legitimationswirkung des § 16 I 1 GmbHG entgegen.

Fehlt dem Kläger die Anfechtungsbefugnis, weil er nicht als Inhaber eines Geschäftsanteils in der Gesellschafterliste eingetragen ist, fehlt ihm auch die materielle Berechtigung zur Geltendmachung von auf positive Beschlussfeststellung gerichteten Klageanträgen.

Die Anfechtung des Beschlusses der Gesellschafterversammlung einer GmbH kann analog § 244 1 AktG nicht mehr geltend gemacht werden, wenn die Gesellschafterversammlung den anfechtbaren Beschluss durch einen neuen Beschluss bestätigt hat und dieser Beschluss nicht fristgerecht angefochten oder die Anfechtung rechtskräftig zurückgewiesen worden ist.

(12)

OLG Jena, Beschluss v. 15.02.2021, 2 W 53/21, NZG 2021, 1025; NJW-RR 2021, 973

Im Innenverhältnis zwischen der Gesellschaft und ihren Gesellschaftern ist allein die Eintragung der in das Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste maßgeblich. Diese entfaltet Legitimationswirkung für die Geltendmachung sämtlicher Gesellschafterrechte, ohne dass es auf die wahre Berechtigung ankommt.

Für den Eintritt der Legitimationswirkung kommt es auf den Zeitpunkt der Aufnahme der Gesellschafterliste im Handelsregister an. Bis zur Aufnahme der geänderten Liste in das Handelsregister gilt der durch die alte Liste legitimierte Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft weiter als Gesellschafter mit allen Rechten und Pflichten. Erst mit der erfolgten Aufnahme der geänderten Liste im Handelsregister tritt der Erwerber als Gesellschafter auch gegenüber der Gesellschaft an die Stelle des Veräußerers, und es gehen sämtliche Mitgliedschaftsrechte und -pflichten von diesem Zeitpunkt an auf den Erwerber über.

(13)

OLG München, Beschluss v. 22.02.2022, 7 W 186/22, BeckRS 2022, 5154

Ein Gesellschafter, der von einer möglicherweise fehlerhaften Einziehung von Anteilen betroffen ist, kann gegen diese Einziehung durch die Erhebung einer Klage vorgehen. Indes kann er nicht verhindern, dass eine Gesellschafterliste, welche die Einziehung erkennen lässt, zum Handelsregister eingereicht und dort aufgenommen wird.

Die Legitimationswirkung des § 16 I 1 GmbHG bewirkt, dass die von den übrigen Gesellschaftern gefassten Beschlüsse wirksam bleiben, auch wenn der Gesellschafter später erfolgreich gegen den Einziehungsbeschluss vorgegangen ist.

Die Legitimationswirkung des § 16 I 1 GmbHG entfällt auch nicht unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben, wenn sich die Einziehung des Geschäftsanteils als nachträglich unwirksam herausstellt und die nach der Einziehung eingereichte Gesellschafterliste daher unrichtig ist.

In einem solchen Fall ist ein Verfügungsgrund des von der Einziehung betroffenen Gesellschafters, wenn dieser die Einreichung einer korrigierten, ihn wieder als Gesellschafter ausweisenden Gesellschafterliste verlangt, zu bejahen.

(14)

OLG München, Urteil v. 30.03.2022, 7 U 6050/21, BeckRS 2022, 7476

§ 16 I 2 GmbHG fordert keinen engen zeitlichen Zusammenhang zwischen dem materiellrechtlichen Erwerb der Gesellschafterstellung und der Aufnahme der geänderten Gesellschafterliste in das Handelsregister. Die Regelung fordert hingegen nur einen engen zeitlichen Zusammenhang zwischen der von einem Erwerber vorgenommenen Rechtshandlung und der Aufnahme der ihn als neuen Gesellschafter ausweisenden Gesellschafterliste in das Handelsregister.

§ 16 I 2 GmbHG ist auch dann anwendbar, wenn die Rechtshandlung nicht das Gesellschaftsverhältnis an sich und dessen Fortsetzung betrifft, sondern die Zustimmung des Gesellschafters zu einem sofortigen Ausscheiden aus der Gesellschaft.

Die Wirkung des § 16 I 2 GmbHG tritt auch dann ein, wenn die Gesellschafterliste durch den Geschäftsführer beim Handelsregister eingereicht wurde und nicht durch einen Notar.

(15)

OLG Karlsruhe, Beschluss v. 27.04.2022, 1 W 71/21, NZG 2022, 1349; NJW-Spezial 2022, 464

Bei Tod des bisherigen Alleingeschäftsführers, der auch als Gesellschafter weiterhin ordnungsgemäß in der Gesellschafterliste eingetragen ist, greift die Gesellschaftervermutung durch die Legitimationswirkung des § 16 I 1 GmbHG und die damit einhergehende Gesellschafterstellung des Verstorbenen. Die Vermutung der Gesellschafterstellung des Verstorbenen bleibt bestehen, auch wenn der Gesellschafter nicht mehr existiert und seine Rechte nicht mehr wahrnehmen kann.

Da durch den Tod des Alleingeschäftsführers, der auch als Gesellschafter eingetragen ist, kein Geschäftsführer mehr vorhanden ist, können die Erben beim zuständigen Registergericht die Bestellung eines Notgeschäftsführers beantragen. Dieser kann anstelle des verstorbenen Geschäftsführers die Gesellschafterversammlung einberufen, in welcher ein neuer Geschäftsführer bestimmt werden kann, und die geänderte Gesellschafterliste bei dem zuständigen Registergericht einreichen. Die verbleibenden Gesellschafter sind mangels Geschäftsführerstellung gemäß § 40 I GmbHG nicht in der Lage, die geänderte Liste einzureichen.

Das OLG Karlsruhe ließ offen, ob der mit einem Erbschein ausgewiesene Erbe gemäß § 16 I 2 GmbHG an einer Beschlussfassung der Gesellschaft mitwirken kann. Ein Beschluss unter der Beteiligung des Erbscheinerben wäre jedenfalls schwebend unwirksam und könnte nur wirksam werden, sofern die neue Gesellschafterliste unverzüglich beim Handelsregister eingereicht und aufgenommen ist.

(16)

OLG Brandenburg, Beschluss v. 23.08.2022, 7 W 87/22, NZG 2023, 23; NJW-Spezial 2022, 689

Eine von Anfang an (teilweise) unrichtige Gesellschafterliste darf nach Aufnahme in das Handelsregister nicht entfernt oder herausgenommen werden, auch wenn sie sich im Nachhinein als unrichtig herausstellt.

Derjenige, der sich auf die Unrichtigkeit einer in das Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste berufen möchte, muss die Zuordnung eines Widerspruchs erwirken. Derjenige, der eine Änderung einer falschen Gesellschafterliste bewirken will, muss durch die Einreichung einer ordnungsgemäßen Liste darauf hinwirken.

(17)

KG, Beschluss v. 12.10.2022, 22 W 43/22, BeckRS 2022, 38634

Im Rahmen der beschränkten und nur auf die formellen Aspekte ausgerichteten Prüfung bei einer Aufnahme in eine Gesellschafterliste ist grundsätzlich an dem Erfordernis festzuhalten, dass der Unterzeichnende der neuen Gesellschafterliste durch seine bestehende Eintragung im Register ausreichend als Geschäftsführer ausgewiesen ist.

Es findet nur eine formelle Prüfung der Gesellschafterstellung statt.

(18)

BGH, Urteil v. 08.11.2022, II ZR 91/21,
https://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=12288&Seite=2&nr=132670&pos=73&anz=878
GmbHR 2023, 334; WM 2023, 376; DB 2023, 507; WM 2023, 374; ZIP 2023, 631; NJW-Spezial 2023, 144

In diesem grundlegenden Urteil beschäftigt sich der BGH mit der Frage, ob der Geschäftsführer einer GmbH als solcher auf die Einreichung einer richtigen Gesellschafterliste in Anspruch genommen werden kann oder ob sich der Anspruch grundsätzlich gegen die Gesellschaft richtet und nur unter bestimmten Umständen unmittelbar gegen den Geschäftsführer.

Der BGH entscheidet im Meinungsstreit hinsichtlich der Passivlegitimation für die Einreichung einer berichtigten Gesellschafterliste in der Weise, dass sich der Anspruch allein gegen die Gesellschaft, nicht aber gegen den Geschäftsführer richtet (Rn. 18). Zwischen dem Gesellschafter und dem Geschäftsführer der Gesellschaft bestehen grundsätzlich keine unmittelbaren Rechtsbeziehungen. Der Geschäftsführer ist in seiner Eigenschaft als Gesellschaftsorgan allein der Gesellschaft gegenüber treuepflichtig. Auch die Zuständigkeit der Gesellschafter für die Bestellung und Anstellung des Geschäftsführers (§ 46 Nr. 5 GmbHG) führt zu keiner rechtlichen Bindung an den einzelnen Gesellschafter. Der Geschäftsführer haftet nach § 43 II GmbHG auch nur gegenüber der Gesellschaft und nicht direkt wegen Verletzung seiner Organpflichten gegenüber den Gesellschaftern. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der in § 40 III GmbHG statuierten unmittelbaren Haftung des Geschäftsführers gegenüber Gesellschaftern. § 40 III GmbHG enthält zwar eine Durchbrechung des Grundsatzes der Haftungskonzentration, nach dem der Geschäftsführer wegen Verletzung seiner organschaftlichen Pflichten gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG nur gegenüber der Gesellschaft haftet. Der genannte sekundärrechtliche Schadensersatzanspruch der Gesellschafter lässt aber nicht den Schluss zu, dass der Gesetzgeber damit unausgesprochen auch von einem unmittelbaren primärrechtlichen Erfüllungsanspruch des Gesellschafters gegen den Geschäftsführer auf Einreichung und Führung einer Gesellschafterliste entsprechend § 40 I GmbHG ausgegangen ist (Rn. 23).

Der Geschäftsführer persönlich kann aber auf Unterlassung der Einreichung einer den Gesellschafter zu Unrecht nicht mehr als Gesellschafter ausweisenden Gesellschafterliste wegen drohender Verletzung der gesellschaftsrechtlichen Treuepflichten in Anspruch genommen werden, wenn der Geschäftsführer auch Gesellschafter ist und er seine Befugnis, als Geschäftsführer der Gesellschaft eine geänderte bzw. berichtigte Liste einzureichen, missbraucht, indem er eine materiell unrichtige Gesellschafterliste einreicht, um damit eigennützige Interessen durchzusetzen (Rn. 26). Ein Gesellschafter einer GmbH, der seine Stellung als Geschäftsführer dadurch missbraucht, dass er eine materiell unrichtige Gesellschafterliste zum Handelsregister einreicht, um damit eigennützige Interessen durchzusetzen, verletzt seine gesellschafterliche Treuepflicht gegenüber dem von der Unrichtigkeit nachteilig betroffenen Gesellschafter (Rn. 29). Nicht jede unsorgfältige Geschäftsführungsmaßnahme eines Gesellschaftergeschäftsführers stellt zugleich eine Verletzung seiner gesellschafterlichen Treuepflicht dar. Die Treuepflicht dient dem Ausgleich widerstreitender Interessen des einzelnen Gesellschafters und der Gesellschaft bzw. der Mitgesellschafter untereinander. Anders ist die Situation, wenn ein Gesellschaftergeschäftsführer ohne Vorliegen eines Interessenkonflikts ausschließlich im Interesse der Gesellschaft tätig wird und dabei nicht das erforderliche Maß an Sorgfalt walten lässt. Auch die Einreichung einer materiell unrichtigen Gesellschafterliste kann im Einzelfall allein auf ein unsorgfältiges Handeln des Gesellschaftergeschäftsführers zurückzuführen sein. Eine Treuepflichtverletzung ist aber jedenfalls dann anzunehmen, wenn der Gesellschaftergeschäftsführer seine Befugnis zur Einreichung einer geänderten bzw. berichtigten Liste missbraucht, indem er eine materiell unrichtige Gesellschafterliste einreicht, um damit eigennützige Interessen durchzusetzen (Rn. 33-34).

(19)

KG, Beschluss v. 23.11.2022, 22 W 50/22, GWR 2023, 58

Die Regelung des § 16 I 1 GmbHG ist auch auf die Erben eines GmbH-Gesellschafters anwendbar. Die Erben können die Gesellschafterrechte erst ausüben, wenn sie ordnungsgemäß in die Gesellschafterliste nach § 40 GmbHG aufgenommen worden sind. Diese Grundsätze gelten auch für einen Nachlasspfleger, der für die unbekannten Erben des Gesellschafters bestellt wurde.

(20)

BGH, Urteil v. 06.12.2022, II ZR 187/21
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&az=II%20ZR%20187/21&nr=132387
ZIP 2023, 355; BB 2023, 257; WM 2023, 248

Der BGH bekräftigt, dass die Gesellschafterliste nach § 16 I 1 GmbHG nur formelle Legitimationswirkung entfaltet. Die materiellrechtliche Gesellschafterstellung als solche und deren Schutz vor sittenwidriger Schädigung durch Mitgesellschafter bleiben von ihr unberührt (so auch bereits BGH, Urteil v. 10.11.2020, II ZR 211/19, s. o. 10).

b) Fragen der Haftung nach II

(1)

BGH, Urteil v. 18.09.2018, II ZR 312/16,
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=25ad6c20c8f4b62306ef4c5b5b82414a&nr=89225&pos=0&anz=1,
BB 2018, 2893, DB 2018, 2808, DNotZ 2019, 118; DStR 2019, 65, EWiR 2018, 681; GmbHR 2018, 1303; LSK 2018, 25791; MDR 2018, 1447; MittBayNot 2019, 284; NGZ 2018, 1344; RNotZ 2019, 115; WM 2018, 2187; WuB 2019, 81; ZIP 2018, 2018

Übriger Gesellschafter i. S. d. § 24 GmbHG ist auch derjenige, der seine Gesellschafterstellung erst nach Fälligkeit der Einlageforderung, derentwegen das Kaduzierungsverfahren eingeleitet wurde, erworben hat. Das gilt auch, wenn sein Geschäftsanteil durch Teilung des Anteils des bisherigen Alleingesellschafters, der seine fällige Einlageschuld nicht erbracht hat, entstanden und ihm übertragen worden ist.

Auch ein Gesellschafter, der seine Gesellschafterstellung nur in der Zeit zwischen der Fälligkeit der Einlageforderung, derentwegen das Kaduzierungsverfahren betrieben wird, und dem Eintritt der Voraussetzungen der §§ 21 bis 23 GmbHG innehatte (sog. Zwischenerwerber), haftet nach § 24 GmbHG.

Der Anspruch aus § 24 GmbHG verjährt gemäß §§ 195, 199 BGB.

OLG Köln, Urteil vom 31.03.2011 – 18 U 171/10, NZI 2011, 376 = BeckRS 2011, 08127

136Das OLG Köln bejaht die Haftung des Erwerbers nach § 16 II auch für Rückzahlungsansprüche aus § 31 I GmbHG. Das Gericht sieht in diesem Anspruch keinen persönlichen Anspruch, auf den § 16 II keine Anwendung finde, sondern ist der Auffassung, dass die Kapitalerhaltung die Kehrseite der Kapitalaufbringung sei. Von daher erscheint es konsequent, § 16 II auch auf solche Verpflichtungen anzuwenden, die – wie § 31 GmbHG – der Kapitalerhaltung dienen. Für den Charakter als Beitragsverpflichtung und gegen eine persönliche Schuld spricht die Ausfallhaftung der Mitgesellschafter gemäß § 31 III GmbHG.

(2)

KG, Beschluss v. 13.08.2019, 2 W 22/19, NZG 2019, 1179; ZIP 2019, 1766; NJW-RR 2019, 1054; WM 2019, 1787; BB 2019, 2068

Eine nach § 926 I ZPO zu erhebende Klage muss den Anspruch betreffen, den der Arrest bzw. die einstweilige Verfügung sichern soll, um zu gewährleisten, dass die Klage auch tatsächlich zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Eilentscheidung führt.

Zwar steht einem zu Unrecht nicht in die Gesellschafterliste eingetragenen Gesellschafter einer GmbH auch gegen die Gesellschaft ein Anspruch auf Einreichung einer korrigierten Gesellschafterliste zu, den er im Wege einer Leistungsklage geltend machen kann. Daneben besteht jedoch auch ein Berichtigungsanspruch gegen den zu Unrecht eingetragenen Scheingesellschafter. Allein dieser Anspruch und nicht der gegen die Gesellschaft gerichtete Anspruch auf Einreichung einer korrigierten Liste stellt die Hauptsache zu einer auf Zuordnung eines Widerspruchs gerichteten einstweiligen Verfügung dar.

(3)

OLG Brandenburg, Urteil v. 09.09.2020, 4 U 30/20, NWB 2020, 3232

Die Unwirksamkeit der Kaduzierung eines GmbH-Geschäftsanteils ist mit der Feststellungsklage geltend zu machen.

Wird nur einer von mehreren säumigen Gesellschaftern zur Einzahlung der Stammeinlage aufgefordert, steht diesem ein Zurückbehaltungsrecht zu, das er jedoch vor einem auf die Säumnis gestützten Kaduzierungsverfahren geltend gemacht haben muss.

Eine Kaduzierung ist nicht allein deshalb treuwidrig, weil die Gesellschaft nicht mit der offenen Einlageforderung gegen einen fälligen Anspruch des Gesellschafters auf Darlehensrückzahlung aufgerechnet hat.

c) Gutgläubiger Erwerb nach III

BGH, Beschluss v. 24.02.2015, II ZB 17/14,
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=50c60b75f0992d8e72391b905b9582e0&nr=70645&pos=0&anz=1,
WM 2015, 725; ZIP 2015, 732; DB 2015, 914; NJW 2015, 1303; NZG 2015, 519; ZEV 2015, 285; GmbHR 2015, 562; MDR 2015, 527; DStR 2015, 1121; ZNotP 2015, 149; DNotZ 2015, 456; FamRZ 2015, 1029; FGPrax 2015, 121; WuB 2015, 328; ErbR 2015, 371; RPfleger 2015, 479

Das Registergericht darf die Aufnahme einer mit einem Testamentsvollstrecker-Vermerk versehenen Gesellschafterliste ablehnen.

137Im Vordergrund der Rechtsprechung stehen Fragen des Widerspruchs und zum Umfang des Vorbringens bei Anträgen auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zur Verhinderung eines gutgläubigen Erwerbs.

(1)

OLG München, Beschluss vom 11.03.2011 – 31 Wx 162/10, NZG 2011, 473 (474) = DNotI-Report 2011, 54

138Da bei einem Erwerb eines GmbH-Geschäftsanteils nur der gute Glaube an die Anteilsinhaberschaft des Veräußerers, nicht aber an dessen uneingeschränkte Verfügungsbefugnis geschützt ist, findet im Falle einer aufschiebend bedingten Veräußerung ein gutgläubiger Zwischenerwerb durch einen Dritten nicht statt. Daher ist in derartigen Fällen auch die Zuordnung eines Widerspruchs zur beim Handelsregister eingereichten Gesellschafterliste weder erforderlich noch zulässig.

(2)

KG, Beschluss vom 01.04.2010 – 2 W 36/10, ZIP 2010, 2047 (2050) = BeckKS 2010, 13125

139Gemäß § 16 III 5 GmbHG ist das Bestehen eines Verfügungsgrundes gemäß §§ 935, 940 ZPO zu vermuten. Das Kammergericht lässt es dahinstehen, ob diese Vermutung widerlegbar ist. Das Kammergericht hat vielmehr für den konkreten Fall entschieden, dass die Vermutung für den Verfügungsgrund im konkreten Fall nicht aufgrund des eigenen Verhaltens der Antragstellerin selbst widerlegt wurde. Aus § 16 III 2 kann nicht gefolgert werden, dass bis zum Ablauf der 3-Jahres-Frist die gesetzliche Dringlichkeitsvermutung des § 16 III 5 GmbHG gleichsam gesetzlich widerlegt wäre, etwa weil der Betroffene bis zu diesem Zeitpunkt den Verlust seines Geschäftsanteils gar nicht zu befürchten habe. Denn diese Auffassung hätte zur Folge, dass der Erlass einer einstweiligen Verfügung in den ersten drei Jahren seit Einreichung der Gesellschafterliste generell ausgeschlossen wäre. Es ist, so das Kammergericht, indessen anzunehmen, dass eine derart gravierende Einschränkung der von § 16 III 4 ausdrücklich vorgesehenen einstweiligen Verfügung im Wortlaut dieser Vorschrift oder mindestens in den Gesetzesmaterialien seinen Niederschlag gefunden hätte, was nicht der Fall ist.

(3)

OLG Nürnberg, Beschluss vom 19.08.2014 – 12 W 1568/14, ZIP 2014, 1881

140Eine einstweilige Verfügung, gerichtet auf die Zuordnung eines Widerspruchs gemäß § 16 III 3 Alt. 2 GmbHG, hat nicht stets zu erfolgen, wenn der Gesellschafter feststellt, dass eine fehlerhafte Gesellschafterliste zum Handelsregister eingereicht worden ist. Insoweit genügt die abstrakte, durch Unrichtigkeit der Gesellschafterliste begründete Gefahr eines gutgläubigen Erwerbs erst nach Ablauf der 3-Jahres-Frist des § 16 III 2 GmbHG. Wenn die 3-Jahres-Frist dieser Bestimmung aber noch nicht abgelaufen ist, ist von einem Antragsteller im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zur Zuordnung des Widerspruchs zu verlangen, dass er eine Gefährdung seiner Rechte darlegt, die den Erlass einer einstweiligen Verfügung bereits vor dem Ablauf dieser Frist erforderlich erscheinen lässt. Das OLG Nürnberg geht davon aus, dass die 3-Jahres-Frist auch dazu dienen soll, dass der Gesellschafter mit der Gesellschaft, den Geschäftsführern, den Mitgesellschaftern oder dem vermeintlichen Gesellschafter eine Vereinbarung trifft, damit das Handelsregister die Gesellschafterverhältnisse wieder zutreffend verlautbart. Verbleibt dem Antragsteller noch ausreichend Zeit, um im ordentlichen Verfahren eine Klärung herbeizuführen, liegt eine Dringlichkeit der Sache nicht vor. Sollte sich ein gerichtliches Verfahren zeitlich so lange hinziehen, dass das Erreichen der 3-Jahres-Frist drohe, bleibe dem Antragsteller dann auch unbenommen, zu diesem Zeitpunkt eine einstweilige Verfügung zu beantragen. Die Dringlichkeit würde sich dann aus dem Umstand des Ablaufs der 3-Jahres-Frist ergeben.

(4)

OLG Thüringen, Urteil vom 09.10.2013 – 2 U 678/12, GmbHR 2013, 1259 mit Anmerkung Heinze

141Entgegen der oben (Rn. 130) vorgestellten Auffassung des OLG Brandenburg geht das OLG Thüringen davon aus, dass bei einer auf Änderung der Gesellschafterliste gerichteten Klage die Gesellschaft die richtige Beklagte, nicht der Geschäftsführer, ist. Bereits im einstweiligen Verfügungsverfahren (Urteil vom 05.12.2012 – 2 U 557/12, GmbHR 2013, 145, Kommentar Peetz) hatte das OLG Thüringen diese Rechtsauffassung vertreten. Das OLG Thüringen vertritt die Auffassung, dass die herrschende Meinung in der Literatur seine Rechtsmeinung stütze und nicht die des OLG Brandenburg. Daher wurde auch die Revision nicht zugelassen.

(5)

KG, Beschluss vom 15.07.2013 – 12 W 30/12, GmbHR 2013, 762 (762) = DB 2013, 1477 = ZIP 2013, 1176 = DB 2013, 1748

142Ist einer Eintragung in der Gesellschafterliste ein Widerspruch zugeordnet worden, so kommt zu dessen Rückgängigmachung nur die Löschung des Widerspruchs als „actus contrarius“ zur Zuordnungsmöglichkeit des § 16 III 4 GmbHG in Betracht. Die Löschung des Widerspruchs ist nicht ausdrücklich in § 16 III geregelt. Jedoch ist die Löschung des Widerspruchs als „actus contrarius“ zur Zuordnungsmöglichkeit des § 16 III 4 GmbHG zulässig. Voraussetzung ist in entsprechender Anwendung des Rechtsgedankens aus § 19 GBO, dass der Berechtigte die Löschung des zu seinen Gunsten eingetragenen Widerspruchs bewilligt hat. Die Einreichung einer neuen Gesellschafterliste, der kein Widerspruch zugeordnet wäre, kommt demgegenüber nicht in Betracht, weil die Voraussetzungen des § 40 I 1 GmbHG nicht vorliegen, weil im konkreten Fall die Liste korrekt war und korrekt blieb und somit die Liste unverändert richtig war und keine Veränderung eingetreten war.

(6)

LG Berlin, Urteil v. 29.08.2019, 93 O 61/19, Vorinstanz zu (2)

(7)

KG, Urteil v. 09.03.2020, 2 U 80/19, DStR 2020, 994; ZIP 2020, 617; NZG 2020, 460; DNotZ 2021, 231

Sieht die Satzung einer GmbH die Möglichkeit der Zwangseinziehung oder Zwangsabtretung eines Gesellschaftsanteils für den Fall seiner Pfändung vor, kann ein entsprechender Einziehungs- oder Abtretungsbeschluss gegen die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht verstoßen und anfechtbar sein, wenn die Gesellschaft die betreffenden Geschäftsanteile selbst im Wege der Sicherungsvollstreckung nach § 720a ZPO aufgrund eines nicht rechtskräftigen Titels wegen einer zwischen den Parteien umstrittenen Forderung gepfändet hat.

d) Sonstiges

OLG Celle, Beschluss v. 03.05.2017, 9 UH 1/17, GmbHR 2017, 875; NZG 2017, 1030; NJW-RR 2017, 1120; ZIP 2018, 900

Ist beim Berufungsgericht kein Verfahren gegen den in der Gesellschafterliste vermeintlich zu Unrecht Eingetragenen anhängig, ist für die Zuordnung eines Widerspruchs zur Gesellschafterliste gem. § 16 II 4 GmbHG mangels bei ihm anhängiger Hauptsache nicht das Berufungsgericht zuständig.

Werden in einer Beschlussmängelstreitigkeit die den Beschluss als Gesellschafterin anfechtende Kläger-GmbH und die Beklagten-GmbH, in deren Gesellschafterversammlung der Beschluss gefasst wurde, durch denselben Geschäftsführer vertreten, so ist die Klage unzulässig.

5) Literaturstimmen

143Die wesentlichen Diskussionen in der Literatur zur Auslegung bestimmter Tatbestandsmerkmale des § 16 erfolgen nachstehend zu Themen, zu denen sich die Rechtsprechung – soweit ersichtlich – noch nicht geäußert hat.

a) Frage der Unverzüglichkeit der Aufnahme der geänderten Gesellschafterliste ins Handelsregister

144Ein schuldhaftes Zögern wird nach einer Literaturauffassung nur im

6) Häufige Paragraphenketten

145Die häufigen Paragrafenketten, in denen § 16 GmbHG vorkommt, sind die Verbindungen mit § 15 sowie mit der Formvorschrift für die Gesellschafterliste in § 40 GmbHG.

7) Prozessuales

150Für die wesentlichen prozessualen Fragen kann auf die Darstellung der Rechtsprechung oben unter 4) verwiesen werden.

a) Legitimationswirkung

151Der Gesellschafter einer GmbH ist im Verhältnis zu dieser für seine Legitimation nicht auf eine gerichtliche Feststellung angewiesen. Diese richtet sich vielmehr nach § 16 I GmbHG.

8) Anmerkungen

151§ 16 GmbHG erfüllt die hohen Erwartungen des Rechtsverkehrs vor allen Dingen an die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs von GmbH-Anteilen nicht. Dies liegt in erster Linie darin begründet, dass an die Gesellschafterliste als Zurechnungsgrundlage angeknüpft wird. Die Gesellschafterliste ist ihrerseits aber manipulierbar und genießt nicht den öffentlichen Glauben wie etwa das Grundbuch i. S. v. § 885 BGB.

152Die Regelung in § 16 I 2 GmbHG, die eigentlich die Situation des Erwerbers, der noch nicht in die Liste eingetragen ist bzw. für den die Liste noch nicht ins Handelsregister aufgenommen ist, erleichtern sollte, birgt das Risiko, dass bei wörtlicher Auslegung der Bestimmung sämtliche Maßnahmen des neuen Geschäftsführers vor Aufnahme der Liste in das Handelsregister schwebend unwirksam sind. Schwierigkeiten gibt es auch hinsichtlich der Maßnahmen des bisherigen Geschäftsführers, der mit Aufnahme der Liste in das Handelsregister rückwirkend abberufen wird. Hier kann den Beteiligten nur dringend geraten werden, diese Themen im Rahmen einer Vereinbarung anlässlich des Abschlusses des Anteilskauf- und -übertragungsvertrags zu regeln bzw. entsprechende Vollmachten zu erteilen.

Die vom Gesetz in § 16 I 1 GmbHG angeordnete strenge Legitimationswirkung der Gesellschafterliste führt insbesondere in Fällen der unrechtmäßigen Einziehung von Geschäftsanteilen, die häufig Gegenstand einer heftigen Auseinandersetzung zwischen Gesellschaftern sind, zu als unbillig empfundenen Ergebnissen. Die Rechtsprechung stellt hohe Anforderungen an den Antrag einer einstweiligen Verfügung zu Gunsten des zu Unrecht ausgeschlossenen Gesellschafters. Es kann hier nur dringend empfohlen werden, sich in der Beratung eines von einer Ausschließung bzw. Einziehung des Geschäftsanteils betroffenen Gesellschafters frühzeitig um die entsprechenden Grundlagen sowie die Vorbereitung eines entsprechenden Antrags zu bemühen.


Fußnoten