§ 13 Juristische Person; Handelsgesellschaft
(1) Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung als solche hat selbständig ihre Rechte und Pflichten; sie kann Eigentum und andere dingliche Rechte an Grundstücken erwerben, vor Gericht klagen und verklagt werden.
(2) Für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haftet den Gläubigern derselben nur das Gesellschaftsvermögen.
(3) Die Gesellschaft gilt als Handelsgesellschaft im Sinne des Handelsgesetzbuchs.
Für den Rechtsverkehr
(für Nichtjuristen)
zum Expertenteil (für Juristen)
Bedeutung für den Rechtsverkehr, häufige Anwendungsfälle
1) Bevorzugte Rechtsform unternehmerischer Betätigung in Deutschland
a) Historie und zahlenmäßige Verbreitung der GmbH
1Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) ist eine Erfindung des deutschen Gesetzgebers von 1892. Die GmbH sollte im Gegensatz zur Aktiengesellschaft (AG) kein Publikumskapital anziehen und als kleine und einfache Kapitalgesellschaft mit Haftungsbeschränkung („GmbH als kleine Schwester der AG“) zur Stärkung der Wirtschaftskraft beitragen, was mit großem Erfolg gelungen ist. Die GmbH ist die mit Abstand beliebteste Rechtsform in Deutschland. Das Modell der GmbH findet sich mittlerweile mit geringen Nuancen in nahezu sämtlichen Rechtsordnungen wieder.
Per 1. Januar 2019 waren 1.145.476 Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) in Deutschland registriert. Im Vergleich zu anderen Kapitalgesellschaften wie der AG, Europäischen Aktiengesellschaft (SE) oder Unternehmergesellschaft (UG) und Personengesellschaften wie der Offenen Handelsgesellschaft (OHG) und Kommanditgesellschaft (KG einschließlich GmbH & Co. KG) sowie eingetragenen Kaufleuten (e.K.) ist die GmbH seit Jahren eindeutiger Favorit unternehmerischer Betätigung.
b) Vorteile der GmbH
2Gründe für die Beliebtheit der GmbH im Vergleich zu anderen Rechtsformen sind:
• Starke Stellung der Gesellschafter: Diese können den Geschäftsführern Weisungen erteilen und verfügen über weitgehende Einsichts- und Kontrollrechte.
• Einfacher Gründungsvorgang: Notare und Handelsregister sind in der GmbH-Gründung erprobt und das Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) sieht ein vereinfachtes Gründungsverfahren samt Mustergründungsprotokoll für weniger komplexe Gründungsvorgänge vor (
• Einpersonengründung: Eine GmbH kann durch eine Person allein gegründet werden (
• Haftungsbeschränkung: Gläubigern gegenüber besteht grundsätzlich nur eine Haftung in Höhe des Gesellschaftsvermögens. Eine persönliche Haftung der Gesellschafter gegenüber Gläubigern der Gesellschaft besteht nur im Ausnahmefall.
• Zweckfreiheit: Eine GmbH kann zu jedem gesetzlich zulässigen Zweck gegründet werden (
• Flexibilität in der Gestaltung des Gesellschaftsvertrags: Dieser lässt sich nach den Bedürfnissen der Gesellschafter weitestgehend frei gestalten (Satzungsautonomie). Im Gegensatz zur AG besteht keine so genannte Satzungsstrenge.
• Rechtssicherheit: Es besteht ein hoher Grad an Rechtssicherheit. Das GmbH-Recht ist weitestgehend gesetzlich geregelt und seit Jahrzehnten von der Rechtsprechung durchdrungen.
• Qualifikation: Von wenigen gesetzlichen Ausnahmen abgesehen, bedürfen Geschäftsführer keiner speziellen Qualifikation, z.B. in betriebs- und finanzwirtschaftlichen Fragestellungen.
• Frauenquote: Nur für den Fall, dass die Gesellschaft der Unternehmensmitbestimmung nach dem Drittelbeteiligungsgesetz unterliegt und ein Aufsichtsrat zu bestellen ist, besteht eine Frauenquote im Aufsichtsrat und unter den Geschäftsführern.
c) Auslandsinvestments
3Aufgrund der zuvor beschriebenen Vorteile ist die Rechtsform der GmbH gerade auch bei ausländischen Investoren, die unternehmerische Aktivitäten in Deutschland verfolgen, beliebt. Hinzu kommt, dass das GmbH-Gesetz nicht verlangt, dass Gesellschafter oder Geschäftsführer der GmbH in Deutschland ansässig sein müssen oder gar die deutsche Nationalität besitzen müssen; freilich erforderlich ist eine inländische Geschäftsanschrift der GmbH. Ferner reicht die Bestellung eines einzigen Geschäftsführers der Gesellschaft aus. Der Verwaltungssitz (nicht: der Satzungssitz) der GmbH kann auch im Ausland belegen sein (
d) Typenvielfalt der GmbH
4Ausgehend davon, dass die GmbH zu jedem gesetzlich zulässigen Zweck gegründet werden kann und der Gesellschaftsvertrag der GmbH weitestgehend frei von den Gesellschaftern gestaltet werden kann, finden sich in der Praxis verschiedenste Typen der GmbH. Eine wirtschaftliche Zielsetzung der GmbH ist typisch, aber von Gesetzes wegen nicht erforderlich.
Typus | Komplexität des Gesellschaftsvertrags |
Einmann-GmbH | gering |
Mehrpersonen-GmbH (nicht mitbestimmt) | mittel |
Joint Venture GmbH mit Minderheits-/Mehrheits- oder Pari-Beteiligung | hoch |
Familien-GmbH mit Regelungen zum Erhalt der Familienbindung | hoch |
Komplementär-GmbH (persönlich haftende Gesellschafterin der KG) | gering |
GmbH mit Unternehmensmitbestimmung (Aufsichtsrat) | mittel |
Konzern-GmbH (Konzerntochter, Konzernholding) | mittel |
e) Wesensmerkmale der GmbH
5Prägend für die Rechtsform der GmbH sind die folgenden Wesensmerkmale:
• Die GmbH ist juristische Person: Sie entsteht durch Eintragung in das Handelsregister; die Eintragung wirkt konstitutiv. Sie ist eigenständiges, von ihren Gesellschaftern grundsätzlich unabhängiges, Rechtssubjekt, d.h. rechtsfähiger Adressat von Rechten und Pflichten. Ihre Rechtsfähigkeit erlischt mit Löschung aus dem Handelsregister oder im Fall einer Verschmelzung auf andere Rechtsträger.
• Die GmbH ist eigenständiges Vermögenssubjekt: Das Vermögen der GmbH ist vom Vermögen der Gesellschafter getrennt zu behandeln (Trennungsprinzip). Die GmbH haftet ihren Gläubigern gegenüber unbegrenzt mit ihrem Gesellschaftsvermögen.
• Haftungsprivileg der Gesellschafter: Ein direkter Zugriff der Gesellschaftsgläubiger auf das Privatvermögen der Gesellschafter ist, von wenigen Ausnahmen abgesehen, nicht möglich. Die Gesellschafter müssen für Verbindlichkeiten der Gesellschaft grundsätzlich nur in Höhe ihrer Einlage einstehen. Die GmbH wird daher auch als „Gesellschaft ohne Außenhaftung der Gesellschafter“ beschrieben.
• Gläubigerschutz: Um Gläubiger der GmbH vor unberechtigten Eingriffen der beschränkt haftendenden Gesellschafter in das Gesellschaftsvermögen zu schützen, enthält das GmbH-Gesetz ein dezidiertes Kapitalschutzsystem mit Regelungen zur Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung. Das Stammkapital der GmbH ist vom Eigenkapital der GmbH zu unterscheiden. Die Stammkapitalziffer (Mindestsumme 25.000 EUR) zeigt nur an, welches Kapital von den Gründungsgesellschaftern zum Zeitpunkt der Gründung zu erbringen war. Das Stammkapital ist keine garantierte Haftungsmasse zugunsten der Gläubiger; Verluste der Gesellschaft oder gar unberechtigte Entnahmen der Gesellschafter können das Vermögen der GmbH unter die Stammkapitalziffer drücken oder zu einer Überschuldung der Gesellschaft führen.
• Die GmbH handelt durch ihre Organe. Organe der GmbH sind die Geschäftsführer. Geschäftsführer und Gesellschafter (Eigentümer) können, müssen aber nicht identisch sein (Fremdorganschaft,
• Die GmbH ist Kaufmann kraft Rechtsform; mit der Eintragung in das Handelsregister erwirbt die GmbH die Kaufmannseigenschaft (
f) Persönliche Haftung der Gesellschafter
6Wie bereits erwähnt, kommt ein Haftungsdurchgriff, d.h., eine persönliche Haftung der Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Gesellschaft (abgesehen von einer vertraglichen Übernahme der Haftung, z.B. mittels persönlicher Bürgschaft oder sonstigen Sicherheiten) nur in wenigen AusnahmefällenSiehe im Detail unten 'Expertenhinweise' in Betracht.
g) Typische Kompetenzverteilung in der GmbH
7Die Kompetenzverteilung innerhalb der GmbH lässt sich vereinfacht wie auf folgendem Schaubild illustriert darstellen. Die Illustration unterscheidet zwischen dem einfachen Standardmodell und dem etwas komplexeren Beiratsmodell. Letzteres findet sich häufig, um Experten oder Familienmitglieder an der Entscheidungsfindung (sei es beratend und/ oder kontrollierend) in der Gesellschaft mitwirken zu lassen. Beschäftigt die GmbH regelmäßig mehr als 500 Arbeitnehmer und ist daher ein Aufsichtsrat nach dem Drittelbeteiligungsgesetz zu errichten, tritt dieser als Überwachungsorgan an Stelle des Beirats.
82) Abgrenzung zu anderen gängigen Rechtsformen mit beschränkter Haftung
GmbH (Standard) | GmbH & Co. KG | AG | |
Tagesgeschäft | Geschäftsführer | Geschäftsführer (Komplementär) | Vorstand |
Erteilung Zustimmung zustimmungspflichtige Geschäfte | Gesellschafter | Gesellschafter | Aufsichtsrat |
Kontrolle Management | Gesellschafter | Gesellschafter | Aufsichtsrat |
Verbreitung in Deutschland |
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Marktwahrnehmung | Inhabergeführte Unternehmen | Familienunternehmen | Große börsennotierte Konzerne |
Management Struktur | Einfach | Mehrstufig | Dualistisch |
Einfluss Gesellschafter auf Tagesgeschäft |
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Entscheidungsautonomie Geschäftsführung |
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Komplexität der Gründung |
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Verwaltungsaufwand |
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Stamm-/Grundkapital | € 25k | € 25k (Komplementär) | € 50k |
Expertenhinweise
(für Juristen)
1) Allgemeines
1) Einleitung
9Die Vorschrift des
2) Wesensprägende Merkmale der GmbH
a) Einpersonengründung
10Die GmbH kann durch eine Person alleine oder durch mehrere Personen gegründet werden (
b) Zweckfreiheit
11Die GmbH kann zu jedem beliebigen Zweck gegründet werden (
c) Juristische Person
12Die GmbH ist juristische Person des Privatrechts. Als solche ist sie von ihren Gesellschaftern und deren Bestand bzw. Wechsel losgelöst; die Gesellschafter sind allerdings vermögensrechtlich über den Geschäftsanteil und korporativ durch ihren Einfluss auf die Geschäftsführung beteiligt.Creifelds, Rechtswörterbuch, 24. Edition 2020
Als juristische Person verfügt die GmbH über eigene Rechtsfähigkeit, die sie (erst) mit Eintragung in das Handelsregister erlangt (
d) Handelsgesellschaft
13Die GmbH gilt als Handelsgesellschaft im Sinne des Handelsgesetzbuchs,
e) Haftungsbeschränkung
aa) Juristische Person, Trennungsprinzip
14Als juristische Person ist die GmbH unabhängig von ihren Gesellschaftern zu betrachten (Trennungsprinzip) – sie hat eigenstände Rechtsfähigkeit und ist eigenständiges Vermögenssubjekt. Konsequenz dessen ist die Haftungsbeschränkung der Gesellschafter gemäß
bb) Durchbrechungen des Trennungsprinzips: Durchgriff
15Die mit dem Trennungsprinzip verbundene Haftungsbeschränkung der Gesellschafter der GmbH gilt nicht ohne Einschränkungen. Bei Vorliegen ganz besonderer Umstände wird die in
(1) Existenzvernichtender EingriffEingehend zur Entwicklung des existenzvernichtenden Eingriffs siehe Kurzwelly FS Goette, 2011, 277; Roth/Altmeppen/Altmeppen, 9. Aufl. 2019, GmbHG § 13 Rn. 73-130 und Gehrlein, WM 2008, 761ff
16Die Haftung der Gesellschafter für den die Existenz der Gesellschaft vernichtenden Eingriff stellt eine das Kapitalschutzsystem der GmbH ergänzende Fallgruppe der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung gemäß
17Die Haftung der Gesellschafter für einen existenzvernichtenden Eingriff ist eine besondere Form der Haftung wegen Insolvenzverursachung oder Insolvenzvertiefung.BGH, Urteil v. 16.7.2007 (Trihotel), NZG 2007, 667
Bis zur berühmten Grundsatzentscheidung des BGH in der Sache Trihotel wurde die Haftung der Gesellschafter für einen existenzvernichtenden Eingriff als eigenständige, an einen Missbrauch der Rechtsform anknüpfende Durchgriffs(außen)haftung des Gesellschafters gegenüber den Gesellschaftsgläubigern begriffen, die aber subsidiär zur Innenhaftung des Gesellschafters nach §§ 30, 31 GmbH bestand. In der Trihotel-Entscheidung gab der II. Zivilsenat des BGH dieses Konzept einer eigenständigen Haftungsfigur auf.Die Rechtsprechungsänderungen ist auch auf den Wechsel im Vorsitz des II. Zivilsenats von Röhricht zu Goette verbunden, vgl. dazu Weiß, Der Richter hinter dem Recht, 2014, 433ff
Stattdessen wird seit der Trihotel-Entscheidung darauf abgestellt, dass die Existenzvernichtungshaftung an die missbräuchliche Schädigung des im Gläubigerinteresse zweckgebundenen Gesellschaftsvermögens anknüpft und somit als eine Innenhaftung gegenüber der Gesellschaft auf Grundlage einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung gemäß
18Der verschuldensabhängige Schadensersatzanspruch aus
19Bereits von der Rechtsprechung entschiedene Sachverhalte betreffen unter anderemWeitere Beispiele finden sich in Baumbach/Hueck/Fastrich, 22. Aufl. 2019, GmbHG
(2) Vermögensvermischung
20Eine Vermögensvermischung liegt nach der Rechtsprechung des BGH dann vor, wenn die Abgrenzung zwischen Gesellschafts- und Privatvermögen durch eine undurchsichtige Buchführung oder auf andere Weise verschleiert worden ist und deshalb die Kapitalerhaltungsvorschriften, deren Einhaltung ein unverzichtbarer Ausgleich für die Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen (
(3) Sphärenvermischung
21Unter Sphärenvermischung werden Sachverhalte verstanden, in denen der Gesellschafter bei seinem Auftreten im Rechtsverkehr nicht klar zwischen der Gesellschaft und seiner eigenen Sphäre trennt.Wicke, 4. Aufl. 2020, GmbHG
(4) Materielle Unterkapitalisierung
22Materielle Unterkapitalisierung der Gesellschaft wird verstanden als eine „eindeutig und für Insider klar erkennbar unzureichende Eigenkapitalausstattung der Gesellschaft, die einen Misserfolg der Geschäftstätigkeit der Gesellschaft zu Lasten der Gläubiger bei normalen Geschäftsverlauf mit hoher, das gewöhnliche Geschäftsrisiko deutlich übersteigender Wahrscheinlichkeit erwarten lässt“Hachenburg/Ulmer Anh.
(5) Qualifiziert faktischer Konzern
23Die GmbH ist häufig als Konzerngesellschaft Teil einer größeren Unternehmensgruppe. Aufgrund der Weisungsabhängigkeit der Geschäftsführer (
24Eine weitere Weichenstellung erfolgte mit der Entscheidung des II. Zivilsenats in der Sache „Bremer Vulkan“ im Jahr 2001. Der BGH verabschiedete sich von seiner bisherigen Rechtsprechung und stützte die Haftung des herrschenden Unternehmens fortan auf einen „bestandsvernichtenden Eingriff“. Der Schutz der abhängigen GmbH gegenüber Eingriffen ihres Alleingesellschafters folge nicht aus dem Haftungssystem des AktG, sondern beschränke sich auf die Erhaltung des Stammkapitals der Gesellschaft und die Gewährleistung ihres Bestandsschutzes.BGH, Urteil vom 17.9.2001 (Bremer Vulkan), NJW 2001, 3622. Zu den Entwicklungslinien der Rechtsprechung des II. Senats vgl. Röhricht, Festschrift 50 Jahre BGH, 2000, 83ff. und K. Schmidt, NJW 2001, 3577
Der Alleingesellschafter habe bei Eingriffen in das Vermögen der Gesellschaft und ihre Geschäftschancen angemessene Rücksichtnahme auf die Eigenbelange der Gesellschaft zu üben und an einer solchen fehle es, wenn die Gesellschaft ihren Verbindlichkeiten infolge der Eingriffe ihres Gesellschafters nicht mehr nachkommen könne.BGH, Urteil vom 17.9.2001 (Bremer Vulkan), NJW 2001, 3622
Zu einer Haftung des Gesellschafters für die Verbindlichkeiten der von ihm beherrschten GmbH führe aber auch ein solcher bestandsvernichtender Eingriff nur dann, wenn sich die Fähigkeit der GmbH zur Befriedigung ihrer Gläubiger nicht schon durch die Rückführung entzogenen Stammkapitals gemäß
25Inwiefern seit der Trihotel-Entscheidung zwischen einem existenzvernichtenden Eingriff in Konzernsachverhalten und außerhalb von Konzernsachverhalten zu unterscheiden ist, wird unterschiedlich beurteilt.Zum Meinungsstand: Baumbach/Hueck/Fastrich, 22. Aufl. 2019, GmbHG
3) Rechts- und Pflichtenkreis des GmbH-Gesellschafters
26Die Stellung des GmbH-Gesellschafters erschöpft sich nicht in der puren Mitgliedschaft in der Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Sie ist vielmehr geprägt von Rechtsbeziehungen zur Gesellschaft einerseits als auch von Rechtsbeziehungen zu etwaigen Mitgesellschaftern andererseits. Diese sind die aus der Mitgliedschaft erwachsende Treuepflicht, der Gleichbehandlungsgrundsatz und die Gesellschafterklage (actio pro socio).
a) TreuepflichtDie gesellschaftsrechtliche Treuepflicht ist in der Rechtsprechung des BGH als rechtsformübergreifendes Verbandsprinzip anerkannt, siehe dazu BGH, Urteil vom 14.2.2019, NJW 2019, 1289 m. w. N
aa) Akzeptanz, Funktion und Anwendungsbereich
27Die Treuepflicht des GmbH-Gesellschafters ist, wenn auch mit unterschiedlicher dogmatischer Begründung, als über den Grundsatz von Treu und Glauben hinausgehende PflichtVgl. bereits BGHZ 9, 157, 163 („…nicht bloß den Grundsatz von Treu und Glauben (
bb) Inhalt und Fallgruppen
28Allgemein formuliert ist der Gesellschafter zur Loyalität verpflichtet, hat drohenden Schaden von der Gesellschaft abzuwenden und den Gesellschaftszweck aktiv zu fördern.MüKoGmbHG/Merkt, 3. Aufl. 2018, GmbHG
- Stimmrechtsbegrenzung: Pflicht des Gesellschafters bei der Ausübung des Stimmrechts die Interessen der Gesellschaft und der Mitgesellschafter zu wahren, z.B. bei der Ergebnisverwendung,Einhaus/Selter, GmbHR 2016, 1177 ff.
Geltendmachung von Gewinnansprüchen bei überhöhter RücklagenbildungOLG Hamm, Urteil vom 3.7.1991, DStR 1992, 298
oder Ausübung eines Entsenderechts;MüKoGmbHG/Spindler, 3. Aufl. 2019, GmbHG
- Aufklärungspflicht: Pflicht des Gesellschafters zur Aufklärung der Mitgesellschafter über Sachverhalte, die für eine sachgerechte Interessenwahrnehmung relevant sind oder deren Vermögensinteressen berühren, z.B. geplante Änderungen der Beteiligungsstruktur, Existenz von Treuhandverhältnissen an Geschäftsanteilen, Zahlung eines Geschäftsführergehalts an einen Gesellschafter-GeschäftsführerBGH, Urteil vom 11.12.2006, NZG 2007, 185 ; sowie die Pflicht zur Aufklärung des geschäftsunerfahrenen und durch ein persönliches Vertrauensverhältnis verbundenen Gesellschafters;BGH, Urteil vom 7.10.1991, NJW 1992, 300
- Unterlassungspflicht: Pflicht des Gesellschafters zur Unterlassung von kreditschädigenden Äußerungen über die Gesellschaft gegenüber DrittenOLG Dresden, Urteil vom 14.7.1999, NZG 1999, 1220
, treuwidriger Anfechtungsklage gegen Gesellschafterbeschluss, um sich den Lästigkeitswert der Klage abkaufen zu lassenMüKoGmbHG/Merkt, 3. Aufl. 2018, GmbHG
- Stimmpflicht: Pflicht zur Zustimmung zu Erhaltungsmaßnahmen und Verlustvermeidung die objektive unabweisbar erforderlich und den Gesellschaftern zumutbar sindBGH, Urteil vom 12.4.2016, NJW 2016, 2739
, Mitwirkung an der Feststellung des JahresabschlussesMHLS/Lieder, 3. Aufl. 2017, GmbHG
cc) Zeitlicher Anwendungsbereich
29Die Treuepflichtbindung beginnt bereits im Stadium der Vorgründungsgesellschaft und setzt sich in der sich daran anschließenden Vor-GmbH fort.Wicke, 4. Aufl. 2020, GmbHG
b) Gleichbehandlungsgrundsatz
aa) Akzeptanz, Funktion
30Der gesellschaftsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz ist keine Besonderheit des GmbH-Rechts, sondern ein verbandsübergreifendes Prinzip und als solches schon seit Ende des 19. Jahrhunderts anerkannt.Verse, Der Gleichbehandlungsgrundsatz im Recht der Kapitalgesellschaften (2006); MHLS/Lieder, 3. Aufl. 2017, GmbHG
bb) Anwendungsbereich, Inhalt
31Adressat des Gleichbehandlungsgrundsatzes ist die Gesellschaft einschließlich ihrer Organe, d.h. der Gesellschafterversammlung bei der Fassung von Mehrheitsbeschlüssen sowie einzelner Mitgesellschafter bei Ausübung von Organfunktionen, z.B. als Gesellschafter-Geschäftsführer.Baumbach/Hueck/Fastrich, 22. Aufl. 2019, GmbHG
Anders als das Aktiengesetz (
cc) Rechtsfolgen
32Geschäftsführungsmaßnahmen, die gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen, sind rückgängig zu machen oder durch entsprechende Leistung an den Benachteiligten auszugleichen.Baumbach/Hueck/Fastrich, 22. Aufl. 2019, GmbHG
c) Actio pro socio
aa) Akzeptanz, Funktion
33Die actio pro socio hat ihre Grundlage im Gesellschaftsverhältnis und ist Ausfluss des Mitgliedschaftsrechts des Gesellschafters.BGH, Beschluss vom 26.4.2010, NZG 2010, 783
Actio pro socio bezeichnet das Recht des Gesellschafters, von seinen Mitgesellschaftern die Erfüllung ihrer Verpflichtungen gegenüber der Gesellschaft zu verlangen (Sozialansprüche) und im Wege der Klage (im eigenen Namen und auf Leistung an die Gesellschaft) geltend zu machen.BGH, Urteil vom 5.6.1975 (ITT), NJW 1976, 191; BGH, Urteil vom 14.05.1990, NJW 1990, 2627; Wicke, 4. Aufl. 2020, GmbHG
bb) Anwendungsbereich, Inhalt
34Mit der actio pro socio kann der Gesellschafter nach herrschender Meinung nur mitgliedschaftliche Ansprüche der Gesellschaft gegen die Gesellschafter (SozialansprücheZum Begriff: MüKoBGB/Schäfer, 8. Aufl. 2020, BGB
35Ausnahmen zur grundsätzlichen Subsidiarität der Gesellschafterklage sind als praktisches Bedürfnis anerkannt. In der Zweipersonengesellschaft ist der klagewillige Gesellschafter nicht darauf angewiesen, vorab die Gesellschaft zur Klageerhebung gegen den Mitgesellschafter zu zwingen.Oppenländer, DStR 1996, 922, 928
Der Herbeiführung eines Beschlusses nach
d) Einführung
aa) Der Begriff des Konzern(rechts)
36Seit der Aktienrechtsreform im Jahre 1965 bezeichnet der Begriff "Konzernrecht" allgemein alle schutz- und organisationsrechtlichen Aspekte sämtlicher Formen von Unternehmensverbindungen.Bayer, in: MüKo, AktG, 5. Aufl. 2019,
bb) Funktionen des Konzernrechts
37Zusammenschlüsse mehrerer Unternehmen als eine Unternehmensgruppe bieten viele Vorteile, wie etwa die Trennung von strategischer und operativer Leitung (Tagesgeschäft), die Zuordnung von Kosten, Steuern und Erträgen,Drygala/Staake/Szalai, in:Drygala/Staake/Szalai,Kapitalgesellschaftsrecht, 1. Aufl. 2012,
38Wie die Begrifflichkeiten Obergesellschaft und UntergesellschaftSiehe die Definition für abhängige und herrschende Unternehmen in
cc) Gesetzliche Regelungen und Systematik
39Das Konzernrecht ist fragmentiert. Ausdrückliche Regelungen zum Konzernrecht finden sich nur im AktG; der „Allgemeine Teil“ (§§ 15-19 AktG) enthält insbesondere Definitionen und Hilfsnormen, während der „Besondere Teil“ in §
40Für die GmbH scheiterte eine Kodifikation GmbH-konzernrechtlicher Vorschriften 1971. Mit dem Verzicht auf eine Kodifizierung des GmbH-Konzernrechts wollte der Gesetzgeber indes keinesfalls zum Ausdruck bringen, dass etwa bestehende Lücken des GmbH-Rechts nicht durch analoge Anwendung aktienrechtlicher Vorschriften oder durch richterliche Rechtsfortbildung geschlossen werden sollten.Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 10. Aufl. 2022, Einleitung Rn. 20 m.w.N.
Die analoge Anwendbarkeit der Vorschriften und Regelungsfunktionen auf andere Gesellschaftsformen als die Aktiengesellschaft ist überwiegend geklärt und der Rechtsfortbildung durch den II. Zivilsenat zu verdanken. Die Definitionsnormen der §§ 15-19 AktG gelten rechtsformübergreifend, während die Anwendbarkeit der spezielleren Vorschriften der §
e) Konzerntypen und Terminologie
41Legaldefinitionen für zwei Konzerntypen finden sich in
42Keine Legaldefinitionen finden sich für den Vertragskonzern, den faktischen Konzern und Eingliederungskonzern. Systematisch zu verorten sind diese in den §
aa) Unternehmensbegriff
43Der Unternehmensbegriff im Konzernrecht ist nicht legaldefiniert. Ausgangspunkt ist § 15 AktG, aus welchem allerdings lediglich folgt, dass „Unternehmen“ an konzernrechtsrelevanten Unternehmensverbindungen beteiligt sein können. Der Begriff „Unternehmen“ ist rechtsformneutral und nationalitätsneutral konzipiert.BT-Drucksache IV/171, S. 99; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 10. Aufl. 2022, AktG § 15 Rn. 5
Demnach erfasst der Begriff „Unternehmen“ unter anderem Einzelkaufleute, GbRs, Personenhandelsgesellschaften wie OHG oder KG, Kapitalgesellschaften, Vereine, Stiftungen, Gewerkschaften sowie Körperschaften des öffentlichen Rechts (z.B. das Land NiedersachsenBGH, Beschluss vom 17.03.1997 - II ZB 3/96 (Braunschweig)
) und Rechtsformen ausländischen Rechts.Auch diese sind von der Definition des
bb) „Anderweitige wirtschaftliche Interessenbindung“ als KonzerngefahrenmerkmalKritisch dazu Schall, in: BeckOGK, AktG, 1.1.2023, § 15 Rn. 33, 33.1 m.w.N
44Nach der traditionell begründetenBT-Drucksache IV/171, S. 99 und nach wie vor von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vertretenen AuffassungBGH, Urteil vom 18. 6. 2001 - II ZR 212/99 (Karlsruhe). ist nicht jedes Unternehmen automatisch Unternehmen im konzernrechtlichen Sinn. Vielmehr ist ein Aktionär erst dann Unternehmen im konzernrechtlichen Sinne, wenn er neben der Beteiligung an der Aktiengesellschaft anderweitige wirtschaftliche Interessenbindungen hat, die nach Art und Intensität die ernsthafte Sorge begründen, er könne wegen dieser Bindung seinen aus der Mitgliedschaft folgenden Einfluss auf die Aktiengesellschaft zu deren Nachteil ausüben.BGH, Urteil vom 13. 10. 1977 - II ZR 123/76 (LG Essen). Der Fall betraf u.a. die Frage, ob die Bundesrepublik Deutschland herrschendes Unternehmen im Sinne des AktG sein könne. Unverändert: BGH, Urteil vom 18. 6. 2001 - II ZR 212/99 (Karlsruhe). Mit anderen Worten ausgedrückt, bedarf es des zusätzlichen Elements der Konzerngefahr.
45Deutlich zeigt sich dieses Kriterium bei der Diskussion, ob natürliche Personen als Unternehmen im Sinne des Konzernrechts qualifiziert werden können. Etwas vereinfacht ist die Frage zu stellen, ob die betreffende natürliche Person als „reiner Privataktionär“ oder „Aktionär mit anderweitiger unternehmerischer Beteiligung (auch als Aktionär mit multiplem Beteiligungsbesitz oder Aktionär mit anderweitiger wirtschaftlicher Interessenbindungen bezeichnet)“Umfassend: Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 10. Aufl. 2022, AktG
46Dezidierter Prüfung bedarf die Einordnung der anderweitigen unternehmerischen Interessenbindung in Fällen, in denen der als Unternehmer einzustufende Gesellschafter seine Interessen zusammen mit anderen verfolgt, also beispielsweise als Gesellschafter einer anderen Gesellschaft.Servatius, in: Michalski, GmbHG, 3. Aufl. 2017, Syst. Darst. 4 Rn. 14
Entscheidend ist dann, ob und inwieweit der als Unternehmer in Betracht kommende Gesellschafter rechtlich und tatsächlich das unternehmerische Interesse der anderen Gesellschaft prägen kann. Hierfür genügt nach Ansicht der Rechtsprechung das Vorhandensein einer „maßgeblichen Beteiligung“, durch die Einfluss auf die entsprechende Gesellschaft ausgeübt werden kann.BGH, Urt. v. 18.6.2001 – II ZR 212/99 (Karlsruhe).
Während dies für 100%-BeteiligungenLiebscher, in: MüKo, GmbHG, 4. Aufl. 2022, Anh. § 13: Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 75
und Mehrheitsbeteiligungen i.S.d.
cc) Abhängiges und herrschendes Unternehmen
47
Maßgeblich zur Beurteilung der Abhängigkeit ist die Sicht des abhängigen Unternehmens.Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 10. Aufl. 2022, AktG
48Abhängigkeit im Sinne von
49Erfüllt ist der Abhängigkeitstatbestand, wenn ein rechtlich selbständiges Unternehmen, aus seiner Perspektive, in eine Situation geraten ist, in der es der Möglichkeit einer Beherrschung durch ein anderes Unternehmen ausgesetzt ist.Schall, in: BeckOGK, AktG, 1.1.2023,
dd) Mehrfache Abhängigkeit
50Die Abhängigkeit des beherrschten Unternehmens kann auch im Zusammenwirken mehrerer Gesellschaften entstehen. Eine gemeinsame Beherrschung besteht bei einer einheitlichen, vorab und beständig gesicherten Stimmausübung in der Gesellschafterversammlung der abhängigen Gesellschaft. Dies wird beispielsweise angenommen bei Zusammenschluss mehrerer Gesellschafter in einer eigenen Gesellschaft (häufig einer GbR), die dann einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit dem abhängigen Unternehmen abschließt, oder bei Abschluss eines Konsortial-, Stimmbindungs- oder Poolingvertrages.Kiefner, in: Priester/Mayer/Wicke, Münchener Handbuch Gesellschaftsrecht, Band 3,
ee) Abhängigkeits- und Konzernvermutung
51Weiterhin wird nach
52Systematisch ergänzt wird die Vermutung des
ff) Besonderheiten bei der GmbH als Konzerngesellschaft
53Im Gegensatz zum AktG enthält das GmbHG keine Regelungen über verbundene Unternehmen. Gleichwohl kann die GmbH (herrschendes oder abhängiges) Unternehmen im konzernrechtlichen Sinn sein;
54Die GmbH ist bereits kraft ihrer gesetzlichen Organisationsverfassung als Konzernunternehmen geeignet; sie kann sowohl die Rolle des herrschenden als auch des abhängigen Unternehmens übernehmen. Abhängigkeit der GmbH vom herrschenden Unternehmen entsteht bereits durch die bloße Mehrheitsbeteiligung des herrschenden Unternehmens. Es bedarf keiner zusätzlichen Herrschaft dergestalt, dass „das abhängige Unternehmen sich dem Einfluss nicht entziehen kann, den ein anderes auf seine Geschäfts- und Personalpolitik auszuüben vermag.“ Auch das Vorliegen einer Minderheitsbeteiligung,Bayer, in: MüKo, AktG, 5. Aufl. 2019,
55Im Gegensatz zur AG besteht bei der GmbH keine so genannte Satzungsstrenge (vgl.
56Auch mit Blick auf den Gläubigerschutz bestehen erhebliche Unterschiede zur Aktiengesellschaft. Diese unterliegt einer deutlich strengeren Vermögensbindung als die GmbH. Während bei der AG bspw. nach
gg) Schutz der Minderheitsgesellschafter der abhängigen GmbH
57Die GmbH ist nach der Grundkonzeption für personalistisch strukturierte Zusammenschlüsse ausgestaltet (anders als die AG), wodurch tendenziell zugleich eine wesentlich höhere finanzielle Abhängigkeit der (Minderheits-) Gesellschafter besteht. Schließlich verhindert
58Sobald die herrschende Gesellschaft konkurrierend unternehmerisch tätig wird, steigert sich das Risiko, dass die herrschende Gesellschaft bzw. der Mehrheitsgesellschafter den Gewinn eines eigenen oder anderen Konzernunternehmens zum Nachteil der abhängigen Gesellschaft und ihrer Minderheitsgesellschafter optimiert. Klassische Beispiele sind die Gewinnabführung, Auslagerung wirtschaftlich unvorteilhafter Geschäfte, Verlagerung von Gewinn- und Geschäftschancen der Untergesellschaft auf ein anderes (ausländisches) Konzernunternehmen in Jurisdiktionen mit geringeren Lohnkosten, die Verwendung ungünstiger Konzernverrechnungspreise, die Wegnahme gewerblicher Schutzrechte und anschließende Hereinlizenzierung zu optimierten Lizenzgebühren sowie der Transfer von Schlüsselmitarbeitern und deren (temporäre) Verleihung bzw. Entsendung an beherrschte Konzerntöchter.
f) Unterordnungskonzerne
59Unterordnungskonzernstrukturen bilden den Hauptanwendungsfall in der Konzernpraxis.Koch, in: Koch, AktG, 17. Aufl. 2023,
60Ein GewinnabführungsvertragIn der Praxis wird ein Beherrschungsvertrag häufig in Kombination mit einem Gewinnabführungsvertrag abgeschlossen. Vor diesem Hintergrund wird der Gewinnabführungsvertrag in aller Kürze hier ebenso kommentiert.
vermittelt, sofern nur isoliert, d.h. nicht in Kombination mit einem Beherrschungsvertrag abgeschlossen, keine gesetzlich anerkannte Leitungsmacht.Altmeppen, in: MüKo, AktG, 5. Aufl. 2020,
aa) Beherrschungsvertrag
61Ein Beherrschungsvertrag ist ein Vertrag, durch den ein Unternehmen die Leitung ihrer Geschäfte einem anderen Unternehmen unterstellt (
62Der Abschluss eines Beherrschungsvertrags ist zur Bildung einer Organschaft oder sonst aus steuerlichen Gründen nicht erforderlich.
aaa) Weisungskompetenz der Geschäftsleitung der herrschenden Gesellschaft
63Der Vertrag berechtigt die Geschäftsleiter der herrschenden Gesellschaft, der Geschäftsleitung der beherrschten GmbH analog § 308 Abs. 1 S. 1 AktG Weisungen zu erteilen. Zu deren Befolgung ist die Geschäftsführung der beherrschten GmbH grundsätzlich verpflichtet (analog § 308 Abs. 2 S. 1 AktG). Das Weisungsrecht des herrschenden Unternehmens wird durch dessen Organe ausgeübt, die sich dabei jedoch der Unterstützung Dritter bedienen können, indem sie diese zur Ausübung des Weisungsrechts bevollmächtigen.Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 10. Aufl. 2022, AktG
64Von der Beherrschung umfasst sind grundsätzlich auch für die beherrschte Gesellschaft nachteilige Weisungen, wenn sie den Belangen des herrschenden Unternehmens oder der mit ihm oder der Gesellschaft konzernverbundenen Unternehmen dienen. Die in
bbb) Schranken des Weisungsrechts
65Das Weisungsrecht der herrschenden Gesellschaft gilt nicht schrankenlos. Schranken können sich ergeben sich aus Gesetz, dem Beherrschungsvertrag selbst, der Satzung sowie ungeschriebenen Rechtsinstituten wie dem Schädigungsverbot.
(1) Gesetzliche Schranken
66Die Gesellschafterversammlung behält zwingende Zuständigkeiten für Grundsatzfragen, die ihr gesetzlich zugewiesen sind (z. B. Satzungsänderungen, Kapital- und Umwandlungsmaßnahmen).Beurskens, in: Noack/Servatius/Haas, GmbHG, 23. Aufl. 2022, Anh. Die GmbH im Unternehmensverbund, Rn. 119; Verse, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 5. Aufl. 2021, Anh.
67Ausgenommen sind zudem die nach zwingendem Recht einem obligatorischen Aufsichtsrat zugewiesenen Kompetenzen wie Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer nach
68Schranken ergeben sich zudem für Weisungen, die mit zwingenden gesetzlichen Vorschriften (z. B. weil sie die Behandlung des Verlustausgleichsanspruchs betreffen)Kessler, in: Saenger/Inhester, GmbHG, 5. Aufl. 2021, Anh. zu § 13: Konzernrecht, Rn. 168
oder mit der Satzung (z.B. Weisung zur Vornahme eines Geschäfts, das nicht vom Unternehmensgegenstand gedeckt ist) unvereinbar sind.Verse, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2019, Anh.
(2) Vertragliche Schranken
69Der Beherrschungsvertrag selbst kann Grenzen für Weisungen vorgeben. Beispielsweise kann sich das Weisungsrecht nur auf bestimmte Teilbereiche des Unternehmens der beherrschten Gesellschaft beziehen.Kessler, in: Saenger/Inhester, GmbHG, 5. Aufl. 2021, Anh. zu § 13: Konzernrecht, Rn. 167 Grundvoraussetzung für diese Einschränkung ist jedoch, dass sie sich auf eine wesentliche unternehmerische Funktion erstreckt.Liebscher, in: MüKo, GmbHG, 4. Aufl. 2022, Anh. zu § 13: Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 690 Einschränkungen, die dazu führen, dass im Ergebnis der Beherrschungsvertrag die wirtschaftliche Selbständigkeit der Untergesellschaft unberührt lässt, sind jedoch unzulässig; ein vollständiges Abbedingen des Weisungsrechts widerspricht grundsätzlich dem Wesen des Beherrschungsvertrags.Liebscher, in: MüKo, GmbHG, 4. Aufl. 2022, Anh. zu § 13: Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 689
(3) Ungeschriebene Schranken
70Ferner sind existenzgefährdende Weisungen, deren Befolgung die Überlebensfähigkeit der abhängigen Gesellschaft gefährden, unzulässig.Kessler, in: Saenger/Inhester, GmbHG, 4. Aufl. 2020, Anh. zu § 13: Konzernrecht, Rn. 173; Leuschner, in: Habersack/Casper/Löbbe, GmbHG, 3. Aufl. 2021, Anh. nach
71Ob die Weisungskompetenz daneben dort ihre Grenzen findet, wo es um außergewöhnliche, die Struktur des Unternehmens grundlegend verändernde Maßnahmen im Sinne der "Holzmüller"-DoktrinBGH, Urteil v. 25.2.1982 – II ZR 174/80 = NJW 1982, 1703 ff. geht, ist umstritten.Beurskens, in: Noack/Servatius/Haas, GmbHG, 23. Aufl. 2022, Anh. Die GmbH im Unternehmensverbund, Rn. 119 Überwiegend wird dies unter Hinweis abgelehnt, dass die konzernfreie Minderheit sich durch Abschluss des Beherrschungsvertrags ihrer Entscheidungsbefugnisse begeben habe.Beurskens, in: Noack/Servatius/Haas, GmbHG, 23. Aufl. 2022, Anh. Die GmbH im Unternehmensverbund, Rn. 119
ccc) Sorgfaltsmaßstab bei Erteilung und Befolgung von Weisungen
72Bei der Erteilung von Weisungen haben die gesetzlichen Vertreter der Obergesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden (§ 309 Abs. 1 AktG). Sofern sie ihre Pflichten verletzen, sind sie der Gesellschaft zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens als Gesamtschuldner verpflichtet (§ 309 Abs. 2 S. 1 AktG). Daneben haftet das herrschende Unternehmen gegenüber der Untergesellschaft gem. §§ 31, 278, 276 BGB.Vogt, in: Prinz/Winkeljohann, Beck’sches Handbuch der GmbH, 6. Aufl. 2021,
73Vor Umsetzung einer Weisung ist die Geschäftsführung der Untergesellschaft zur Prüfung der Voraussetzungen des Weisungsrechts verpflichtet.Kessler, in: Saenger/Inhester, GmbHG, 4. Aufl. 2020, Anh. zu § 13: Konzernrecht, Rn. 162
Haben die Geschäftsführer der abhängigen GmbH eine sorgfaltswidrig erteilte, offensichtlich nicht bindende Weisung befolgt und dadurch pflichtwidrig an einer Schädigung der GmbH teilgenommen, so haften sie der Untergesellschaft analog § 310 AktG.Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 10. Aufl. 2022, AktG
bb) Gewinnabführungsvertrag
74Ein Gewinnabführungsvertrag ist ein Vertrag, durch den sich eine Gesellschaft verpflichtet, ihren ganzen Gewinn an ein anderes Unternehmen abzuführen (
75Ferner gilt solch ein Vertrag als Gewinnabführungsvertrag, durch den eine Gesellschaft es übernimmt, ihr Unternehmen für Rechnung eines anderen Unternehmens zu führen (§ 291 Abs. 1 S. 2 AktG, so genannter Geschäftsführungsvertrag).
aaa) Abführung des ganzen Gewinns
76Die Gewinnabführung erfasst grundsätzlich den gesamten Jahresüberschuss, wie er ohne die Pflicht zur Gewinnabführung – also ohne die buchhalterisch als Aufwand zu berücksichtigende Gewinnabführung – auszuweisen wäre (fiktiver Jahresüberschuss).Verse, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 5. Aufl. 2021, Anh.
77Gewinne der GmbH dürfen nach der ausdrücklichen gesetzlichen Wertung in
78Der Gewinnabführungsanspruch ist ein auf Geldleistung gerichteter Anspruch, der mit dem Bilanzstichtag der abführenden Gesellschaft entsteht.Liebscher, in: MüKo, GmbHG, 4. Aufl. 2022, Anh. zu § 13: Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 702
Gegen diesen Anspruch kann die Untergesellschaft ihre gegen die Obergesellschaft zustehenden Zahlungsansprüche gemäß §
bbb) Ausgleichsanspruch an außenstehende Gesellschafter
79
80Gleichermaßen verpflichtet
ccc) Steuerliche Organschaft
81Der handelsrechtlich wirksam zustande gekommene Ergebnisabführungsvertrag führt zur Organschaft im steuerrechtlichen Sinne (§§ 14, 17 KStG).Neumann, in: Gosch, KStG, 4. Aufl. 2020,
82Nach § 17 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und Nr. 2 KStG setzt die Anerkennung der körperschaftsteuerlichen Organschaft außerdem die Beachtung der §§ 301 und 302 AktG, d.h. insbesondere die Verpflichtung der Obergesellschaft zum Ausgleich eines etwaigen Jahresfehlbetrags der Untergesellschaft voraus. Weitere Voraussetzungen für die Anerkennung der steuerrechtlichen Organschaft sind eine finanzielle Eingliederung im Sinne von
cc) Schutzmechanismen zugunsten der Untergesellschaft beim Unternehmensvertrag
aaa) Verlustausgleichspflicht
83Zum Schutz der abhängigen Gesellschaft ist die Obergesellschaft bei Vorliegen eines Unternehmensvertrages nach
84Die Ausgleichspflicht ist auf den Ausgleich des gesamten Jahresfehlbetrags gerichtet, selbst wenn die auszugleichenden Verluste das Stammkapital der abhängigen GmbH nicht berühren; das Stammkapital kann also am Bilanzstichtag auch ohne den Verlustausgleich noch gedeckt sein.Verse, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 5. Aufl. 2021, Anh.
85Ein Verzicht oder Vergleich über den Ausgleichsanspruch ist analog § 302 Abs. 3 S. 1 AktG frühestens drei Jahre nach Bekanntmachung der Beendigung des Unternehmensvertrags und nur unter den Voraussetzungen des § 302 Abs. 3 S. 3 AktG möglich.Liebscher, in: MüKo, GmbHG, 4. Aufl. 2022, Anh. zu § 13: Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 930: Danach wird der Verzicht oder Vergleich nur wirksam, wenn die außenstehenden Gesellschafter durch Sonderbeschluss zustimmen und nicht eine Minderheit, deren Anteile zusammen 10% des bei der Beschlussfassung vertretenen Kapitals erreichen, zur Niederschrift Widerspruch erhebt.
Ein Verstoß gegen diese Vorschrift fällt unter
86Nach der Rechtsprechung des BGH ist eine Aufrechnung (z.B. mit Darlehensforderungen aus einem Cash-Pool-System) der herrschenden Gesellschaft gegen einen Verlustausgleichsanspruch zulässig und wirksam, sofern die zur Aufrechnung gestellte Forderung werthaltig ist.BGH, Urteil v. 10.7.2006 – II ZR 238/04 (OLG Jena) Die Beweislast für die Werthaltigkeit trägt das herrschende Unternehmen.BGH, Urteil v. 10.7.2006 – II ZR 238/04 (OLG Jena) Auch Leistungen an Erfüllungs statt sind zulässig, soweit sie ebenfalls werthaltig sind und feststeht, auf welchen Ausgleichsanspruch sie angerechnet werden sollen.Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 10. Aufl. 2021, Anh. § 13. Konzernrecht der GmbH, Rn. 73 Die Befriedigung anderer Gläubiger der abhängigen Gesellschaft kann zur Erfüllung des Verlustausgleichsanspruchs führen, sofern die Drittforderungen werthaltig sind.Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 10. Aufl. 2021, Anh. § 13. Konzernrecht der GmbH, Rn. 73
bbb) Schutz der Gläubiger der abhängigen Gesellschaft
87Die Gläubiger der Untergesellschaft können zunächst den Verlustausgleichsanspruch pfänden und sich überweisen lassen.Vogt, in: Prinz/Winkeljohann, Beck’sches Handbuch der GmbH, 6. Aufl. 2021,
88Der Anspruch auf Sicherheitsleistung setzt ferner die Begründetheit der Gläubigerforderung im Zeitpunkt vor der Eintragung der Beendigung des Vertrags in das Handelsregister voraus,
dd) Zustandekommen des Unternehmensvertrags
89Die Voraussetzungen für den wirksamen Abschluss eines Unternehmensvertrages i.S.v. §§ 291, 292 AktG regeln die §
90Neben dem eigentlichen Vertragsschluss zwischen den beteiligten Gesellschaften sind für das Zustandekommen eines Unternehmensvertrags weiter erforderlich: (i) Zustimmungsbeschluss der Gesellschafterversammlung der abhängigen sowie (ii) der herrschenden Gesellschaft und (iii) Anmeldung und Eintragung im Handelsregister zur Wahrung der Registerpublizität.Wicke, in: Wicke, GmbHG, 4. Aufl. 2020, Anh. § 13: Praxiswichtige Fragen des GmbH-Konzernrechts, Rn. 6 Ohne die notwendigen Zustimmungserklärungen der Ober- und der Untergesellschaft sowie der Eintragung im Handelsregister (der Untergesellschaft) ist der Vertrag nicht schwebend unwirksam, sondern noch nicht existent.Servatius, in: Michalski, GmbHG, 3. Aufl. 2017, Syst. Darst. 4 Rn. 63
aaa) Rechtsnatur
91Unternehmensverträge gemäß
bbb) Abschluss; Rückwirkung
92Unternehmensverträge sind keine gewöhnlichen Austauschverträge.Anders die in
93Während gegen eine Rückbeziehung der Gewinnabführungspflicht auf den Beginn des im Eintragungszeitpunkt laufenden Geschäftsjahrs keine Bedenken bestehen, kann das beherrschungsvertragliche Weisungsrecht nicht rückwirkend begründet werden.Verse, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 5. Aufl. 2021, Anh.
ccc) Form
94Analog
Eine notarielle Beurkundung ist aufgrund
95Die bei Verstößen gegen das Formerfordernis drohende Nichtigkeit des Unternehmensvertrags nach § 125 BGB wird durch die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft eingeschränkt.Verse, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 5. Aufl. 2021, Anh.
ddd) Gesellschafterbeschluss der abhängigen GmbH
96Der Zustimmungsbeschluss der Gesellschafter der abhängigen GmbH zum Abschluss des Unternehmensvertrags bedarf analog
- Mehrheitserfordernis
97Nach
98Hingegen verlangt die überwiegende Ansicht die Zustimmung aller Gesellschafter.Vgl. nur Servatius, in: Michalski, GmbHG, 3. Aufl. 2017, Syst. Darst. 4 Rn. 75 m.w.N.
Die Begründung zielt auf bestehende Parallelen zwischen der AG und der GmbH ab sowie die Umkehr des Gesellschaftszwecks, da die abhängige Gesellschaft nun nicht mehr der Gewinnerzielung im Interesse ihrer Gesellschafter, sondern den unternehmerischen Interessen der Obergesellschaft zu dienen bestimmt sei.Kiefner, in: Priester/Mayer/Wicke, Münchener Handbuch Gesellschaftsrecht, 5. Aufl. 2018, Bd. 3, § 70, Rn. 6
Alternativ bleibt die Möglichkeit, das Erfordernis allseitiger Zustimmung gesellschaftsvertraglich abzubedingen und auf eine satzungsändernde Mehrheit abzusenken (ebenfalls umstritten).Verse, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 5. Aufl. 2021, Anh.
- Stimmrechtsausschluss
99Ob ein herrschendes Unternehmen bei der Beschlussfassung über die Begründung des Vertragskonzerns mit seinen eigenen Stimmen abstimmen darf oder einem Stimmrechtsauschluss unterliegt, wird ebenfalls uneinheitlich beantwortet. Die Beantwortung ist allerdings nach o.g. Ansicht, wonach solche Verträge ohnehin der Zustimmung aller bedürfen, für das GmbH-Recht unerheblich.
100Ungeachtet dessen erscheint die Überlegung jedenfalls nicht fernliegend, zu Lasten des herrschenden Unternehmens das Stimmverbot des
- Prüfungs-, Informations-, und Berichtspflichten
101Die §
eee) Gesellschafterbeschluss der herrschenden Gesellschaft
102Auch die Zustimmung der Gesellschafterversammlung der herrschenden Gesellschaft ist Wirksamkeitsvoraussetzung für den Abschluss eines Unternehmensvertrags, da dieser auch für die Gesellschafter der Obergesellschaft aufgrund der Verlustausgleichpflicht nach
fff) Konstitutive Eintragung in das Handelsregister
103Ein Unternehmensvertrag wird erst mit Eintragung ins Handelsregister der Untergesellschaft wirksam (konstitutive Wirkung).BGH, Beschluss v. 24.10.1988 – II ZB 7/88 = BGH NJW 1989, 295
Die Eintragung im Handelsregister der herrschenden Gesellschaft ist nicht eintragungsfähig, auch nicht auf freiwilliger Basis.AG Duisburg DB 1993, 2522; AG Erfurt GmbHR 1997, 75
Die Anmeldung zum Handelsregister der Untergesellschaft erfolgt durch deren Geschäftsführer bzw. gemäß
ee) Beendigung des Unternehmensvertrags
104Ausdrücklich für das AktG geregelt sind die Vertragsaufhebung (
aaa) Ordentliche Kündigung
105Vorschriften zur ordentlichen Kündigung eines Unternehmensvertrags fehlen im AktG. Die ordentliche Kündigung eines Beherrschungs- und/oder Gewinnabführungsvertrags kommt daher nur in Betracht, wenn der Vertrag diese Möglichkeit (für eine oder beide Parteien) vorsieht.Kessler, in: Saenger/Inhester, GmbHG, 4. Aufl. 2020, Anh. zu § 13: Konzernrecht, Rn. 237
Entgegen dem die Aufhebung regelnden
- Zustimmungsbeschluss der Gesellschafterversammlung der Untergesellschaft
106Die ordentliche Kündigung eines Unternehmensvertrags durch die beherrschte GmbH ist nach der herrschenden Meinung,DNotI-Report 2012, 42 (45); anderer Auffassung m. w. N: Servatius, in: Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt, GmbHG, 4. Aufl. 2023, Rn. 269a die sich auf die Rechtsprechung des BGHBGH, Urt. v. 31.05.2011 - II ZR 109/1 stützt, als innergesellschaftlicher Organisationsakt zu werten, der eines Zustimmungsbeschlusses der Gesellschafter der beherrschten Gesellschafter und einer Dreiviertelmehrheit bedarf.
107Eine höchstrichterliche Entscheidung, ob der Gesellschafterbeschluss eine notarielle Beurkundung erfordert, steht noch aus. Der BGH hält jedoch den mit einer Kündigung verbundenen Eingriff für "nicht schwächer" als den bei Abschluss eines Unternehmensvertrags.DNotI-Report 2012, 42 (45)
Diesen Topos der "Änderung der Organisationsstruktur" verwendete der BGH auch im Zusammenhang mit der Herleitung des Beurkundungserfordernisses für den Beschluss über die Zustimmung zum Abschluss eines Unternehmensvertrags, weswegen die Literatur überwiegend eine notarielle Beurkundung fordert.DNotI-Report 2012, 42 (45); Liebscher, in: MüKo, GmbHG, 4. Aufl. 2022, Anh. zu § 13: Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 1039; Müller-Eising/Schmitt, in: NZG 2011, 1100 (1101); abweichend: Servatius, in: Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt, GmbHG, 4. Aufl. 2023, Rn. 269b
Aus Rechtssicherheitsgründen ist dem im Wege einer analogen Anwendung von
- Zustimmungsbeschluss der Gesellschafterversammlung der Obergesellschaft
108Infolge einer BGH-EntscheidungBGH, Urt. v. 31.05.2011 - II ZR 109/10
empfehlen Literaturstimmen,DNotI-Report 2012, 42 (46); Schnorbus, in: Rowedder/Pentz, GmbHG, 7. Aufl. 2022, Anh. zu
bbb) Außerordentliche Kündigung
109Die außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund kann vertraglich nicht ausgeschlossen werden und ist – im Gegensatz zur ordentlichen Kündigung – auch ohne vertragliche Grundlage zulässig.Beurskens, in: Noack/Servatius/Haas, GmbHG, 23. Aufl. 2022, Anh. Die GmbH im Unternehmensverbund, Rn. 130
110Für die UntergesellschaftDies kann auch, wie mehrfach erwähnt, die GmbH sein. Vgl. Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 10. Aufl. 2022, AktG
- Zustimmungsbeschluss der Gesellschafterversammlung der Untergesellschaft
111Ob bei einer außerordentlichen Kündigung des Unternehmensvertrags durch die beherrschte GmbH ein Zustimmungsbeschluss der Gesellschafterversammlung derselben notwendig ist, wird unterschiedlich beurteilt.Zum Meinungsstand: Altmeppen, in Altmeppen, GmbHG, 11. Aufl. 2023, Anh.
112Da die Wirkungen der Vertragsbeendigung bei einer ordentlichen als auch bei einer außerordentlichen Kündigung (siehe oben) gleichermaßen eintreten, liegt es an sich nahe, wegen der verbleibenden Rechtsunsicherheit vorsorglich einen Gesellschafterbeschluss zu fassen. Auf Basis der für die ordentliche Kündigung dargestellten Erwägungen wäre der Beschluss konsequenterweise analog
- Zustimmungsbeschluss der Obergesellschaft
113Ob bei einer außerordentlichen Kündigung des Unternehmensvertrags durch die herrschende Gesellschaft ein Zustimmungsbeschluss der Gesellschafterversammlung derselben notwendig ist, wird unterschiedlich beurteilt.Servatius, in Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt, GmbHG, 4. Aufl. 2023, Konzernrecht, Rn. 283, 284 Auf Basis der für die ordentliche Kündigung dargestellten Erwägungen wäre der Beschluss privatschriftlich und mit einer Dreiviertelmehrheit zu fassen.
ccc) Aufhebung
114Beherrschungs- und/oder Gewinnabführungsverträge können von den Vertragsparteien jederzeit einvernehmlich aufgehoben werden. Die Aufhebungsvereinbarung bedarf analog § 296 Abs. 1 S. 3 AktG der Schriftform.OLG Düsseldorf, Beschluss v. 19.08.1994 – 3 Wx 178/94 = NJW-RR 95, 233, 234
Der Unternehmensvertrag kann nur zum Ende des Geschäftsjahrs oder des sonst vertraglich bestimmten Abrechnungszeitraums aufgehoben werden. Eine rückwirkende Aufhebung ist unzulässig (
115Die Aufhebung bedarf – als actus contrariusDNotI-Report 2012, 42 (45); Schnorbus, in: Rowedder/Pentz, GmbHG, 7. Aufl. 2022, Anh. zu
ddd) Eröffnung eines Insolvenzverfahrens
116Unter Geltung der Konkursordnung ließ die Rechtsprechung einen Unternehmensvertrag automatisch enden, sobald das Konkursverfahren über das Vermögen einer Vertragspartei eröffnet war.BGH, Urt. v. 14.12.1987 - II ZR 170/87 (Schleswig) = NJW 1988, 1326. Ferner: Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 10. Aufl. 2022, AktG
eee) Maßnahmen nach dem UmwG
117Die Verschmelzung einer Untergesellschaft auf einen aufnehmenden Rechtsträger als auch die Aufspaltung der Untergesellschaft zur Aufnahme nach dem UmwG führen zu einer automatischen Beendigung des Unternehmensvertrages.Beurskens, in: Noack/Servatius/Haas, GmbHG, 23. Aufl. 2022, Anh. Die GmbH im Unternehmensverbund, Rn. 136; Kiefner, in: Priester/Mayer/Wicke, Münchener Handbuch Gesellschaftsrecht, Band 3, § 70, Rn. 35
Dies gilt auch, wenn die Parteien eines Unternehmensvertrages aufeinander verschmolzen werden.Vogt, in: Prinz/Winkeljohann, Beck’sches Handbuch der GmbH, 6. Aufl. 2021,
fff) Relevanz von außenstehenden Gesellschaftern
118Nach
119Für die Praxis empfiehlt sich mangels höchstrichterlicher Klärung, im Falle der Beteiligung eines außenstehenden Gesellschafters an einer GmbH als Organgesellschaft den vorhandenen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag aufzuheben, verbunden mit einem neuen Vertragsschluss, der eine Ausgleichzahlung (
ggg) Vertragsänderung
120Die Änderung folgt den Regeln für den Abschluss des Unternehmensvertrages.Beurskens, in: Noack/Servatius/Haas, GmbHG, 23. Aufl. 2022, Anh. Die GmbH im Unternehmensverbund, Rn. 124
Dies gilt auch bei lediglich redaktionellen oder anderweitigen geringfügigen Änderungen.Kessler, in: Saenger/Inhester, GmbHG, 4. Aufl. 2020, Anh. zu § 13: Konzernrecht, Rn. 232
Die Änderungsvereinbarung ist zunächst an das Schriftformerfordernis gebunden (analog §§ 295 Abs. 1 S. 2, 293 Abs. 3 AktG). Darüber hinaus bedarf es für die Untergesellschaft eines notariell zu beurkundenden Zustimmungsbeschlusses der Gesellschafterversammlung derselben, der eine Dreiviertelmehrheit benötigt. Außerdem wird ein Zustimmungsbeschluss der Gesellschafterversammlung der Obergesellschaft benötigt, der einer Dreiviertelmehrheit bedarf, jedoch keiner notariellen Beurkundung (außer es handelt sich um eine AG).Verse, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 5. Aufl. 2021, Anh.
ff) Rechtsfolgen der Beendigung
121Die Eintragung der Beendigung des Unternehmensvertrags im Handelsregister hat nur rechtsbezeugende (deklaratorische) Bedeutung.Krieger, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts Bd. 4, 5. Aufl. 2020,
122In steuerlicher Hinsicht lässt die Beendigung eines Gewinnabführungsvertrags – außer bei Kündigung durch wichtigen Grund (vgl.
123In gesellschaftsrechtlicher Hinsicht entfallen mit wirksamer Vertragsbeendigung die konzernrechtliche Leitungsmacht,Zumindest für den Beherrschungsvertrag bzw. kombinierten Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag. Der isolierte Gewinnabführungsvertrag vermittelt keine konzernrechtliche Leitungsmacht, siehe dazu oben Fußnote 72
das Weisungsrecht gegenüber der beherrschten Gesellschaft, der Gewinnabführungsanspruch der Obergesellschaft sowie deren Verpflichtung zum Verlustausgleich. Nach Beendigung hat die Obergesellschaft den Gläubigern auf deren Verlangen Sicherheit zu leisten, soweit deren Forderungen bereits vor Bekanntmachung der Eintragung der Beendigung des Unternehmensvertrags ins Handelsregister begründet waren (§ 303 AktG). Im mehrstufigen Konzern können nur die Gläubiger der jeweiligen abhängigen Gesellschaft den Anspruch nach
gg) Unternehmensverträge anderer Art
124Bei den anderen Unternehmensverträge handelt es sich primär um schuldrechtliche Austauschverträge, die nicht in das Organisationsgefüge der Untergesellschaft eingreifen. Zu nennen sind die Gewinngemeinschaft (
g) Faktischer GmbH-Konzern
125Für die Aktiengesellschaft hat der Gesetzgeber in den §
aa) Schädigungsverbot
126Das GmbHG hingegen enthält keine den §§ 311ff. AktG vergleichbaren Regelungen, wenngleich faktische GmbH-Konzerne in der Praxis sehr häufig vorkommen – die GmbH ist bekanntermaßen aufgrund des umfassenden Weisungsrechts ihrer Gesellschafter (
127Aus der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht wird für das herrschende Unternehmen ein Schädigungsverbot abgeleitet, das im Grundsatz besagt, dass eine abhängige GmbH nicht im Konzerninteresse, sondern so zu führen ist, wie es in deren eigenem Unternehmensinteresse liegt, namentlich also so, dass ihre wirtschaftliche Stabilität, ihre Ertragskraft und ihre Zukunftschancen nicht gemindert werden.Leuering/Rubner, in: NJW-Spezial 2018, 52 Das Schädigungsverbot umfasst mehrstufige Abhängigkeitsverhältnisse, z.B. auch zwischen einer Mutter- und Enkelgesellschaft, hat also eine konzerndimensionale Reichweite.Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 9. Aufl. 2019, Anh. § 318 Rn. 28
aaa) Gesteigerte Treuepflicht
128Im Rahmen eines Konzernverhältnisses trifft das herrschende Unternehmen eine gesteigerte Treuepflicht.BGH, Urteil v. 5.12.1983 = NJW 1984, 1351 – Heumann/Ogilvy Enthält der Gesellschaftsvertrag keine Bestimmungen zugunsten der Vermögensinteressen der Gesellschafterminderheit, ist jegliche Schädigung bzw. nachteilige Einflussnahme auf die abhängige GmbH durch das herrschende Unternehmen ohne Zustimmung der außenstehenden Gesellschafter rechtswidrig.BGH, Urteil v. 5.6.1975 = NJW 1976, 191 – ITT Auch Weisungen, die zwar keinen Vermögensnachteil mit sich ziehen, jedoch nicht dem Unternehmensinteresse der abhängigen GmbH entsprechen, sind nach diesem Maßstab unzulässig.Beurskens, in: Noack/Servatius/Haas, GmbHG, 23. Aufl. 2022, Anh. Die GmbH im Unternehmensverbund, Rn. 42
129Das Schädigungsverbot greift selbst dann, wenn der Schaden oder ein sonstiger Nachteil sofort ausgeglichen wird, da die Privilegierungsfunktion des § 311 AktG im GmbH-Recht keine Anwendung findet.Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 20. Aufl. 2020, Anh. zu
bbb) Ausnahme für die Einpersonen-Gesellschaft
130Das Schädigungsverbot greift weniger absolut bei der abhängigen Einpersonen-GmbH. Insoweit fehlt es an dem Eigeninteresse der Gesellschaft, welches dem Einfluss einzelner Gesellschafter Schranken auferlegt.BGH, Urteil v. 28.09.1992 - II ZR 299/91 (Hamm) Das Schädigungsverbot gilt in diesen Fällen bis zur Grenze des Stammkapitalerhaltungsgebots (§§ 30 f. GmbHG) und der Existenzvernichtung.Leuering/Rubner, in: NJW-Spezial 2018, 527 f. Die Weisungen müssen auch nicht im Unternehmensinteresse der Tochtergesellschaft liegen; ausreichend ist die Orientierung am Konzerninteresse und damit gleichzeitig an dem Interesse des herrschenden Unternehmens.Leuering/Rubner, in: NJW-Spezial 2018, 527 f.
ccc) Beispiele für Verstöße gegen Schädigungsverbot
131Folgende Fälle sind für Verstöße gegen das Schädigungsverbot im faktischen GmbH-Konzern praxisrelevant:Liebscher, in: MüKo, GmbHG, 4. Aufl. 2022, Anh. zu § 13: Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 442; Habersack, in: Emmerich/Habersack, Konzernrecht, 11. Aufl. 2020, § 25 Rn. 20 ff.
- Nachteilige Umsatzgeschäfte, welche sich durch ungleichwertige Leistungen zwischen dem abhängigen und dem herrschenden Unternehmen kennzeichnen;
- (entschädigungslose) Inanspruchnahme von Vermögensgegenständen und Rechten der abhängigen Gesellschaft;
- Aufnahme von Konkurrenztätigkeiten durch das herrschende Unternehmen;
- Maßnahmen der Risikoverlagerung innerhalb des Konzerns;
- verdeckte Gewinnausschüttungen; und
- Eingriffe in Geschäftschancen der abhängigen Gesellschaft.
bb) Rechtsfolgen bei Verstoß gegen das Schädigungsverbot
132Kommt es zu einem Verstoß gegen das Schädigungsverbot bzw. einer Verletzung der Treuepflicht, stehen der abhängigen Gesellschaft neben Schadensersatzansprüchen auch Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche zu. Zusätzlich kann ein Verstoß gegen das Schädigungsverbot weitere Rechtsfolgen wie die Nichtigkeit von Gesellschafterbeschlüssen herbeiführen.
aaa) Schadensersatzansprüche der abhängigen Gesellschaft
133Art und Umfang des Anspruchs richten sich nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 280, 249 ff. BGB. Nach dem Grundsatz der Naturalrestitution ist die Rückgängigmachung der nachteiligen Maßnahme geschuldet. Das herrschende Unternehmen hat bei treuwidrigem Eingriff in die Geschäftschancen der abhängigen Gesellschaft zudem den erzielten Gewinn herauszugeben, § 252 BGB.Habersack, in: Emmerich/Habersack, Konzernrecht, 11. Aufl. 2020, § 30 Rn. 15 Die haftungsbegründenden Voraussetzungen sind konzernspezifisch ausgestaltet.
- Kausalität
134Zunächst ist Kausalität notwendig, d.h. der Verstoß gegen das Schädigungsverbot muss durch die nachteilige Einflussnahme auf die abhängige GmbH durch das herrschende Unternehmen veranlasst worden sein. Ausreichend ist jedes Verhalten, wobei auch ein Tätigwerden nachgeordneter Stellen genügt, sei es durch eine Beschlussfassung in der Gesellschafterversammlung oder eine rein tatsächliche Einflussnahme.Krieger, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. 4, 5. Aufl. 2020,
- Verschulden
135Maßstab hierfür ist die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsmanns,
136Abhängig von der Art der Einflussnahme im Einzelfall, kann eine Haftung entweder bereits bei leichter Fahrlässigkeit oder erst bei Vorsatz vorliegen.Liebscher, in: MüKo GmbHG, 4. Aufl. 2022, Anh. zu § 13: Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 472 Handelt das herrschende Unternehmen an der Gesellschafterversammlung vorbei und richtet sich direkt an die Geschäftsführer, so greift die Haftung bereits bei leicht fahrlässigen Verstößen gegen das Schädigungsverbot.Schnorbus, in: Rowedder/Pentz, GmbHG, 7. Aufl. 2022, Anh. zu § 52 Rn. 59 Dagegen soll bei einer Beeinflussung über die Gesellschafterversammlung im Wege eines Weisungsbeschlusses die Haftung erst bei Vorsatz vorliegen.Liebscher, in: MüKo GmbHG, 4. Aufl. 2022, Anh. zu § 13: Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 474 Denn ein formell rechtmäßig zu Stande gekommener Gesellschafterbeschluss ist – unabhängig von dessen Inhalt – wirksam und bestandskräftig und kann somit auch nicht ohne weiteres zu einer Haftung führen.Schnorbus, in: Rowedder/Pentz, GmbHG, 7. Aufl. 2022, Anh. zu § 52 Rn. 59 Demnach ist bei einer solchen unmittelbaren Beeinflussung ein strengerer Maßstab an das Verschuldenserfordernis zu stellen.BGH, Urt. v. 20.03.1995 - II ZR 205/94 (Düsseldorf)
- Beweislast
137Die Darlegungs- und Beweislast für die Verletzung des Schädigungsverbots obliegt der abhängigen GmbH.BGH, Beschluss v. 25.06.2008 - II ZR 133/07 (OLG Stuttgart) Da jedoch die Minderheitsgesellschafter erfahrungsgemäß keinen detaillierten Überblick über die internen Verhältnisse der abhängigen GmbH haben, ist fraglich, ob es hier etwaiger Beweiserleichterungen bedarf.Liebscher, in: MüKo, GmbHG, 4. Aufl. 2022, Anh. zu § 13: Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 475 Dies gilt vor allem für Fälle der informellen Einflussnahme durch das herrschende Unternehmen (z.B. bei bloß verbalen Ratschlägen an die Geschäftsführung), bei welchen es keinerlei Dokumentation bzw. Beweismaterial gibt. Im Rahmen der Diskussion um Beweiserleichterungen bzw. um eine Beweislastumkehr ist es geboten, eine Unterscheidung zwischen den verschiedenen Tatbestandsmerkmalen des Schadensersatzanspruchs zu treffen.Liebscher, in: MüKo, GmbHG, 4. Aufl. 2022, Anh. zu § 13: Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 475
138Infolgedessen besteht hinsichtlich des Merkmals der Veranlassung der schädigenden Einflussnahme eine Beweiserleichterung in Form einer Veranlassungsvermutung zugunsten der abhängigen Gesellschaft.Krieger, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts Bd. 4, 5. Aufl. 2020, § 70 Rn. 145 f. Nach dieser Wertung muss der Kläger also Umstände darlegen und ggf. beweisen „die die Annahme zumindest nahelegen, dass bei der Unternehmensführung im Hinblick auf das Konzerninteresse die eigenen Belange der GmbH über bestimmte, konkret ausgleichsfähige Einzeleingriffe hinaus beeinträchtigt worden sind.“BGH, Urt. v. 29.03.1993 - II ZR 265/91 (Oldenburg) = NJW 1993, 1200 (1203)
139Schwierigkeit bereitet auch der Beweis des objektiven Pflichtverstoßes aufgrund mangelnder Einblicke über die interne Verhältnisse. Demnach nimmt der BGH hier sogar eine Beweislastumkehr an.BGH, Urt. v. 5.02.1979 – II ZR 210/76 = NJW 1980, 231 (232) – Gervais Dies soll jedoch nicht gelten, wenn die schädigende Einflussnahme auf einem Gesellschafterbeschluss beruht, da in diesen Fällen eine Beweisnot nicht erkennbar ist.Liebscher, in: MüKo GmbHG, 4. Aufl. 2022, Anh. zu § 13: Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 482 Schließlich bejaht die Rechtsprechung auch beim Merkmal des Verschuldens eine Beweislastumkehr.BGH, Urt. v. 5.02.1979 – II ZR 210/76 = NJW 1980, 231 (232) – Gervais
- Anspruchsgegner
140Anspruchsgegner des Schadensersatzanspruchs der abhängigen GmbH ist das herrschende Unternehmen. Teilweise wird auch noch eine Haftung der Organe der Konzernspitze unter Verweis auf § 317 Abs. 3 AktG bejaht.Altmeppen, in: Altmeppen, Die Haftung des Managers im Konzern, 1998, S. 78 ff. Dies ist jedoch abzulehnen.Zu den Einzelheiten Liebscher, in: MüKo, GmbHG, 4. Aufl. 2022, Anh. zu § 13: Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 490 f. Neben dem herrschenden Unternehmen können jedoch die Organe der abhängigen Gesellschaft nach § 43 GmbHG schadensersatzpflichtig sein, da sie anders als beim herrschenden Unternehmen ihrer Gesellschaft gegenüber an Rücksichtnahmepflichten gebunden sind.Liebscher, in: MüKo GmbHG, 4. Aufl. 2022, Anh. zu § 13: Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 492
- Aktivlegitimation
141Anspruchsberechtigt ist die abhängige GmbH. Um den Anspruch geltend zu machen, benötigt es einen Gesellschafterbeschluss gemäß § 46 Nr. 8 GmbHG, bei dessen Fassung das herrschende Unternehmen einem Stimmrechtsausschluss nach § 47 Abs. 4 GmbHG unterliegt.Leuschner, in: Habersack/Casper/Löbbe, GmbHG, 3. Aufl. 2021, Anh. nach
142Die Gesellschaftsgläubiger können die Ansprüche des abhängigen Unternehmens erst nach Pfändung und Einziehung zur Überweisung nach §§ 829, 835 ZPO verfolgen.Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 10. Aufl. 2022, Anh. § 318 Rn. 32
Unter Voraussetzungen der §§ 317 Abs. 4, 309 Abs. 4 S. 3 AktG (analog) können die Gläubiger zudem von dem herrschenden Unternehmen Leistung verlangen, falls eine Befriedigung durch die abhängige GmbH nicht mehr zu erwarten ist.Verse, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 5. Aufl. 2021, Anh.
bbb) Unterlassungsansprüche
143Zusätzlich zu den Ansprüchen auf Schadensersatz kommen Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche gegen die Geschäftsführung sowohl der abhängigen Gesellschaft als auch des herrschenden Unternehmens in Betracht.Vogt, in: Prinz/Winkeljohann, Beck’sches Handbuch der GmbH, 6. Aufl. 2021,
ccc) Weitere Rechtsfolgen
144Gemäß § 31 Abs. 1 GmbHG hat das abhängige Unternehmen gegenüber dem herrschenden Unternehmen einen Erstattungsanspruch, sofern Zahlungen geleistet wurden, die gegen den Kapitalerhaltungsgrundsatz aus § 30 GmbHG verstoßen. Im Gegensatz zu
145Ansprüche des abhängigen Unternehmens dogmatisch über die Vorschriften zur Geschäftsführung ohne Auftrag, speziell aus angemaßter Eigengeschäftsführung nach § 687 Abs. 2 BGB, zu konstruieren, werden in der Regel an der Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen scheitern. Insbesondere fehlt hier das Vorliegen eines objektiv fremden Geschäfts sowie die Geschäftsführung gegen den Willen des Geschäftsherrn.Liebscher, in: MüKo GmbHG, 4. Aufl. 2022, Anh. zu § 13: Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 512 f. Nach überwiegender Meinung wird § 687 Abs. 2 BGB bei der Verletzung bloßer vertraglicher Pflichten nämlich nicht angewendet.Gehrlein, in: BeckOK, BGB, § 687 Rn. 5
146Des Weiteren unterliegen der Treuepflicht widersprechende Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der Beschlussanfechtung analog § 243 AktG durch die Gesellschafter als auch Organe des abhängigen Unternehmens.Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 10. Aufl. 2022, Anh. § 318 Rn. 31
cc) Gläubigerschutz
147Den Gläubigern haftet zunächst „nur“ das abhängige Unternehmens, da dieses in der Regel auch der alleinige Schuldner ist. Dies bringt die Gefahr mit sich, dass die Gläubiger keine Haftungsgrundlage haben, sofern das Vermögen der abhängigen Gesellschaft in Folge schädigender Einflussnahme durch das herrschende Unternehmen geschmälert bzw. ausgehöhlt wird.Kiefner, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts Bd. 3, 5. Aufl. 2018, § 68 Rn. 3 Aus diesem Grund wurden seitens Rechtsprechung und Literatur verschiedene Haftungsmodelle entwickelt. Denn anders als im Vertragskonzern kommt im faktischen GmbH-Konzern nur eine Haftung nach allgemeinen Grundsätzen in Betracht. Bei Verstößen gegen das Schädigungsverbot entstehen Ersatzansprüche der Untergesellschaft gegen das herrschende Unternehmen, was reflexartig auch dem Schutz der Gesellschaftsgläubiger dient, da das Vermögen der abhängigen GmbH dadurch wieder vermehrt wird.Liebscher, in: MüKo, GmbHG, 3. Aufl. 2018, Anh. zu § 13: Die GmbH als Konzernbaustein, Rn. 505
148Liegt allerdings eine Einmann-GmbH vor oder billigen die Minderheitsgesellschafter die Einflussnahme des herrschenden Unternehmens, so erweist sich der Gläubigerschutz als schwierig. In solchen Fällen sind die Gläubiger vor allem auf den Schutz durch die Kapitalerhaltungsregeln der §§ 30, 31 GmbHG angewiesen.Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 9. Aufl. 2019, Anh. § 318 Rn. 33 Dieser Schutz greift jedoch nur, sofern ein Gesellschafter unmittelbar etwas aus dem zur Deckung des Stammkapitals erforderlichen Gesellschaftsvermögen erhalten hat. Bei anderen Maßnahmen des herrschenden Unternehmens – wie z.B. dem Eingriff in die Geschäftschancen der Untergesellschaft – kommen die Kapitalerhaltungsvorschriften schon auf Grund des Wortlautes der §§ 30, 31 GmbHG nicht in Betracht.https://gmbhg.kommentar.de/Abschnitt-2/Juristische-Person-Handelsgesellschaft/Allgemeines#14 Die Frage nach dem passenden Haftungsmodell zugunsten der Gläubiger im faktischen GmbH-Konzern war lange Zeit nicht abschließend geklärt, hat durch die Trihotel-Entscheidung jedoch eindeutig an Kontur gewonnen (Existenzvernichtung). Seitdem gilt das Modell der allgemeinen deliktischen Haftung aufgrund Existenzvernichtung.https://gmbhg.kommentar.de/Abschnitt-2/Juristische-Person-Handelsgesellschaft/Allgemeines#16