§ 15 Übertragung von Geschäftsanteilen
(1) Die Geschäftsanteile sind veräußerlich und vererblich.
(2) Erwirbt ein Gesellschafter zu seinem ursprünglichen Geschäftsanteil weitere Geschäftsanteile, so behalten dieselben ihre Selbständigkeit.
(3) Zur Abtretung von Geschäftsanteilen durch Gesellschafter bedarf es eines in notarieller Form geschlossenen Vertrags.
(4) Der notariellen Form bedarf auch eine Vereinbarung, durch welche die Verpflichtung eines Gesellschafters zur Abtretung eines Geschäftsanteils begründet wird. Eine ohne diese Form getroffene Vereinbarung wird jedoch durch den nach Maßgabe des vorigen Absatzes geschlossenen Abtretungsvertrag gültig.
(5) Durch den Gesellschaftsvertrag kann die Abtretung der Geschäftsanteile an weitere Voraussetzungen geknüpft, insbesondere von der Genehmigung der Gesellschaft abhängig gemacht werden.
Für den Rechtsverkehr
(für Nichtjuristen)
zum Expertenteil (für Juristen)
Bedeutung für den Rechtsverkehr, häufige Anwendungsfälle
Ein Wesensmerkmal der Kapitalgesellschaft, zu der die GmbH zählt, ist grundsätzlich ihr (erleichterter) Handel mit Gesellschaftsanteilen und dadurch ihre Ausrichtung auf eine gewisse Fluktuation ihrer Gesellschafter. In Abgrenzung dazu nimmt die GmbH eine besondere Rolle ein, da die Übertragung von GmbH-Geschäftsanteilen der notariellen Beurkundung bedarf. Dies soll in erster Linie den Handel mit Geschäftsanteilen verlangsamen und den in der Regel kleineren (persönlicheren) Gesellschafterkreis vor zu hohen und dynamischen Gesellschafterwechseln schützen. In diesem Zusammenhang stellen sich in der Praxis regelmäßig Fragen im Zusammenhang mit der Beurkundungspflicht von Nebenabreden zum Kauf- und Abtretungsvertrag.
Der Vertrag über die Übertragung von Geschäftsanteilen wird in der Praxis häufig auch als „SPA“ (Share Purchase Agreement) bezeichnet. Ein zentraler Teil eines SPA beschäftigt sich mit den Garantien und Freistellungen. Diese sind Ausfluss einer Due Diligence, die der Käufer vor Abschluss des SPA in den allermeisten Fällen durchführt (s. dazu auch bei Allgemeines unter f)). Die Ergebnisse der Due Diligence sind auch für die etwaig abzuschließende W&I-Versicherung von besonderer Bedeutung. Im Rahmen eines SPA verhandeln die Parteien ein selbstständiges Haftungssystem unter Abkehr von der gesetzlichen Haftung des BGB. Eine der Kerngarantien in einem SPA befasst sich mit der Frage der Anteilskette (chain of title). Dass die Geschäftsanteile auch tatsächlich dem Verkäufer zustehen und er frei über sie verfügen kann, muss ebenfalls im Rahmen der Due Diligence eingehend geprüft werden.
Auch für den Fall der Vererbung von Geschäftsanteilen an einer GmbH sind einige Dinge zu beachten, insbesondere besteht die Möglichkeit, dass die Erben aufgrund von Abtretungs-, Nachfolge-, oder Eintrittsklauseln in der Satzung der GmbH dennoch zur Übertragung der Geschäftsanteile an die verbleibenden Gesellschafter verpflichtet sind.
Den Gesellschaftern wird zudem die Möglichkeit eingeräumt, durch eigens ausgestaltete Abtretungsklauseln oder durch ein Erfordernis der Zustimmung zur Übertragung (sog. Vinkulierung) auf die Wahl des Anteilserwerbers Einfluss zu nehmen. Dies beruht auf dem großen Spielraum, den die Norm bei der Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrages zulässt. So haben sich in der Praxis aufgrund dieser Regelungen eine Vielzahl unterschiedlicher Vertragsklauseln entwickelt, die es den Gesellschaftern ermöglichen, die Übertragung von Anteilen in einer Weise zu steuern, die ihren individuellen Interessen oder auch den strategischen Zielen der Gesellschaft dient.
Expertenhinweise
(für Juristen)
1) Allgemeines
a) Generelle Hinweise
1
Die Selbstständigkeit der Geschäftsanteile wird in Absatz 2 statuiert. Im Gegensatz zur Personengesellschaft führt der Hinzuerwerb von GmbH-Geschäftsanteilen durch einen Gesellschafter nicht zu einer Verschmelzung der Anteile.
Absatz 3 und Absatz 4 normieren Formvorschriften zur Übertragbarkeit von Geschäftsanteilen. Sowohl die Abtretung der Geschäftsanteile als Verfügungsgeschäft, als auch deren zugrunde liegendes Verpflichtungsgeschäft unterliegen hiernach der notariellen Beurkundungspflicht.
Absatz 5 eröffnet wiederum die Möglichkeit, in der Satzung der Gesellschaft bestimmte Voraussetzungen an die Abtretung zu knüpfen oder die Übertragung an die Zustimmung der Gesellschaft oder eines bestimmten Gesellschafterkreises abhängig zu machen.
b) Übertragbarkeit von GmbH-Geschäftsanteilen
aa) Veräußerlichkeit nach § 15 I, 1. Alt GmbHG
2In
Es können sich jedoch Beschränkungen aus vertraglichen und gesetzlichen Regelungen ergeben. In Betracht kommen Einschränkungen durch die Satzung, das Minderjährigenrecht, das Ehegüterrecht sowie durch das Berufsrecht. Wilhelmi, in: Ziemons/Jaeger/Pöschke, BeckOK GmbHG, 63. Ed. (2025),
(1) Vertragliche Regelungen
3Durch den Gesellschaftsvertrag kann die Abtretung von Geschäftsanteilen an Bedingungen geknüpft oder ganz ausgeschlossen werden. Wilhelmi, in: Ziemons/Jaeger/Pöschke, BeckOK GmbHG, 63. Ed. (2025),
(2) Gesetzliche Regelungen
4Veräußern oder erwerben Minderjährige GmbH-Anteile, kann unter Umständen eine familien- bzw. vormundschaftsgerichtliche Genehmigung nach
5Nach dem Ehegüterrecht der Zugewinngemeinschaft gem. §
6Weiter können sich Beschränkungen aus dem Berufsrecht ergeben. Liegt eine Freiberufler-GmbH vor, so kann sich die Abtretung der Geschäftsanteile auf Angehörige der jeweiligen Berufsgruppe beschränken. Wilhelmi, in: Ziemons/Jaeger/Pöschke, BeckOK GmbHG, 63. Ed. (2025),
bb) Vererblichkeit
7Nach
8Das GmbHG sieht im Gegensatz zu den Regelungen von Personengesellschaften auch keine Sonderrechtsnachfolge außerhalb der erbrechtlichen Nachfolge vor. Weller/Reichert, in: Goette/Fleischer, MüKo GmbHG, Bd. 1, 5. Aufl. (2025),
9Durch Abtretungs-, Nachfolge-, oder Eintrittsklauseln im Gesellschaftsvertrag kann der Erbe jedoch zu einer Abtretung seiner Geschäftsanteile verpflichtet werden. Wilhelmi, in: Ziemons/Jaeger/Pöschke, BeckOK GmbHG, 63. Ed. (2025),
Auf diese Weise kann dennoch eine mittelbare Einflussnahme der verbleibenden Gesellschafter über den Verbleib der Anteile ausgeübt werden.
c) Selbstständigkeit von GmbH-Geschäftsanteilen
10In
11Diese Regelung dient der Durchsetzung des Grundsatzes der Aufbringung des Stammkapitals. Weller/Reichert, in: Goette/Fleischer, MüKo GmbHG, Bd. 1, 5. Aufl. (2025),
12Eine Zusammenlegung oder Neustückelung der GmbH-Geschäftsanteile kann unter bestimmten Umständen doch zulässig sein. BGH, Urt. v. 13. 7. 1964 - II ZR 110/62 = NJW 1964, 1954 (1954); BGH, Besch. vom 24. 10. 1974 - II ZB 1/74 = NJW 1975, 118 (118); Wilhelmi, in: Ziemons/Jaeger/Pöschke, BeckOK GmbHG, 63. Ed. (2025),
d) Notarielle Formvorschriften
13Der Grundsatz der freien Übertragbarkeit wird in
14Infolgedessen ist die Formbedürftigkeit weder für das dingliche, noch für das vertragliche Rechtsgeschäft abdingbar. Wilhelmi, in: Ziemons/Jaeger/Pöschke, BeckOK GmbHG, 63. Ed. (2025),
15Bei der Durchführung der Beurkundung bietet sich mehr Handlungsspielraum. Nach §§ 128, 157 BGB ist eine sukzessive Beurkundung zulässig. Weller/Reichert, in: Goette/Fleischer, MüKo GmbHG, Bd. 1, 5. Aufl. (2025),
aa) Verfügungsgeschäft
16Die Abtretung von Anteilen ist nach
17Nach
bb) Besondere Formen der Übertragung
18Die Formvorschrift des
19Nicht von dieser Vorschrift erfasst sind Abtretungen über Geschäftsanteile kraft Gesetzes, kraft Hoheitsaktes oder durch Anwachsung. Wilhelmi, in: Ziemons/Jaeger/Pöschke, BeckOK GmbHG, 63. Ed. (2025),
cc) Verpflichtungsgeschäft
20Das dem Verfügungsgeschäft zugrunde liegende Verpflichtungsgeschäft ist nach
21Rechtfolge ist die Pflicht des Veräußerers zur Abtretung des Geschäftsanteils und die Pflicht des Erwerbers zur Annahme. Weller/Reichert, in: Goette/Fleischer, MüKo GmbHG, Bd. 1, 5. Aufl. (2025),
22Der Umfang der Beurkundungspflicht erstreckt sich nach dem Wortlaut des
23Leidet das geschlossene Verpflichtungsgeschäft an einem Formmangel, ist es nach
24Im Gegensatz zur Veräußerung von GmbH-Geschäftsanteilen können Anteile an einem Gesamthandsvermögen, zum Beispiel in Form einer GbR oder einer Erbengemeinschaft beurkundungslos übertragen werden. Weller/Reichert, in: Goette/Fleischer, MüKo GmbHG, Bd. 1, 5. Aufl. (2025),
dd) Formbedürftigkeit von Nebenabreden
25Die Vorschriften über die Formbedürftigkeit des
26Die Beurteilung, ob getroffene Abreden zwischen den Parteien bereits wesentlichen Nebenabreden darstellen und damit beurkundungspflichtig sind, gestaltet sich in der Praxis oft schwierig, und muss für jeden Einzelfall selbstständig beurteilt werden.
Liegt ein zusammengesetzter oder gemischter Vertrag vor, schlägt sich das Formerfordernis auf den gesamten Vertrag durch. Weller/Reichert, in: Goette/Fleischer, MüKo GmbHG, Bd. 1, 5. Aufl. (2025),
27Folge der Versäumung der Beurkundung ist nach
e) Erschwerung der Abtretung durch Gesellschaftsvertrag
28Durch
29Durch Vinkulierungen kann zusätzlich Kontrolle über den Gesellschafterkreis ausgeübt werden. Weller/Reichert, in: Goette/Fleischer, MüKo GmbHG, Bd. 1, 5. Aufl. (2025),
30Typische Gestaltungsarten von Vinkulierungsklauseln sind Zustimmungsvorbehalte, Bedingungen, Übernahmen bestimmter Verpflichtungen oder der gänzliche Ausschluss der Abtretbarkeit. Blasche, RNotZ 2013, 515 (521 f.)
Der Zustimmungsvorbehalt ist der häufigste Anwendungsfall. Blasche, RNotZ 2013, 515 (521 f.)
Die zu erteilende „Genehmigung“ der Gesellschaft zur Abtretung der Geschäftsanteile im Sinne des
31Gerade bei zugrundeliegenden Konzernstrukturen ist zu prüfen, inwieweit Vinkulierungen auch in mittelbare Veränderungen des Gesellschafterkreises eingreifen können. Blasche, RNotZ 2013, 515 (530); Weller/Reichert, in: Goette/Fleischer, MüKo GmbHG, Bd. 1, 5. Aufl. (2025),
32Gesetzliche Übergänge von GmbH-Geschäftsanteilen können nicht durch Vinkulierungen beschränkt werden. Weller/Reichert, in: Goette/Fleischer, MüKo GmbHG, Bd. 1, 5. Aufl. (2025),
33Vinkulierungsklauseln können nachträglich verschärft oder eingefügt werden. OLG München, Urt. v. 23. 1. 2008 - 7 U 3292/07 = BeckRS 2008, 2845 Rn. 28; Blasche, RNotZ 2013, 515 (524)
Da die Veräußerlichkeit der Geschäftsanteile auch zum Kern des Mitgliedschaftsrechts gehört, ist nach überwiegender Auffassung dafür ein Gesellschafterbeschluss mit Zustimmung aller betroffener Gesellschafter nötig. OLG München, Urt. v. 23. 1. 2008 - 7 U 3292/07 = NJW-Spezial 2008, 208; OLG Dresden, Ent. v. 10.5.2004 – 2 U 286/04 GmbHR 2004, 1080 = BeckRS 2004, 07290; Weller/Reichert, in: Goette/Fleischer, MüKo GmbHG, Bd. 1, 5. Aufl. (2025),
f) Bedeutung der Vorschrift für die Unternehmenskaufpraxis (inklusive Exkurs zur Due Diligence)
34aa) Bedeutung einer Due Diligence
Ein wesentlicher Bestandteil im Prozess des Anteilskaufs ist die Durchführung einer sog. Due Diligence (wörtlich übersetzt: „gebührende Sorgfalt“, abgekürzt auch häufig „DD“ genannt). Im Rahmen einer Due Diligence wird der Kaufgegenstand, im Falle des Geschäftsanteilskaufs mithin die Gesellschaft, an der Anteile erworben werden sollen, einer genauen Prüfung unterzogen. Eine derartige Prüfung unterteilt sich zumeist in eine Legal Due Diligence, eine Financial Due Diligence und eine Tax Due Diligence, die durch jeweilige Fachexperten durchgeführt wird.
Die Ergebnisse der Due Diligence werden in einem Due Diligence-Report zusammengefasst, um für den Käufer der Gesellschaftsanteile die Möglichkeit zu schaffen, etwaige Risiken beim Abschluss der Transaktion einordnen zu können. In den weitaus meisten Fällen handelt es sich bei dieser Auswertung um einen sog. „Red-Flag-Report“, in den nicht jegliche Abweichungen vom Idealzustand aufgenommen werden, sondern nur solche, die den Abschluss der Transaktion gefährden können, somit ein sog. „Dealbreaker-Potential“ aufweisen.
Ein potenzieller Käufer hat aus unterschiedlichen Gründen S. zu den Gründen auch Greitemann/Funk, in: Holzapfel/Pöllath/Bergjan/Engelhardt; Unternehmenskauf in Recht und Praxis, 16. Aufl. 2021, Rn. 701 ein Interesse an der Durchführung einer Due Diligence. Zum einen erhält er einen tiefgehenden Überblick über die Risiken, aber auch die Chancen, die der Anteilserwerb mit sich bringen kann. Die Ergebnisse der Due Diligence können zum anderen auch unmittelbaren Einfluss auf die Kaufpreisgestaltung haben.
35bb) Due Diligence-Checkliste
Üblicherweise übermittelt der Käufer dem Verkäufer eine sog. DD-Checkliste mit Fragen, zu denen Dokumente vorgelegt werden sollen oder er fordert unmittelbar gewisse aus seiner Sicht relevante Dokumente an. Sofern es sich nicht um ein sehr kleines Unternehmen handelt oder sonstige besondere Situationen gegeben sind (z.B. Management-Buy-Out oder sehr geringer Kaufpreis), die eine umfassende Due Diligence nicht erforderlich erscheinen lassen, bietet es sich stets an, die für die Due Diligence erforderlichen Dokumente in einem virtuellen Datenraum (sog. VDR) zu verwalten. In diesem Datenraum werden die Dokumente anhand der DD-Checkliste strukturiert abgelegt und es kann im Laufe der Durchführung der Due Diligence ein Frage-und-Antwort-Tool genutzt werden.
36Übliche Themenfelder in einer Legal-DD-Checkliste sind:
- Allgemeine Informationen (z.B. Gründungsdokumentation, Gesellschafterlisten, Niederschriften von Gesellschafterversammlungen, Mitglieder des Aufsichtsrates/Beirates)
- Informationen zu vergangenen Kapital-/Umwandlungsmaßnahmen der Gesellschaft
- Umstrukturierungen und Anteilsübertragungen bzgl. Geschäftsanteilen
- Rechte und Belastungen an den Gesellschaftsanteilen der Gesellschaft
- Verträge der Gesellschaft mit Gesellschaftern und Inter-Company Verträge
- Organe der Gesellschaft (z.B. Beirat/Aufsichtsrat)
- Gewerbliche Schutzrechte und Datenschutz der Gesellschaft
- Immobilien oder Mietverträge (Inhalt dieses Teils hängt maßgeblich davon ab, ob die Gesellschaft Immobilien im Eigentum hat oder die Betriebsimmobilie gemietet ist)
- Finanzierung/Sicherheiten
- Sonstige Betriebsmittel
- Liefer- und Vertriebsbeziehungen (einschließlich einer Liste der wesentlichen Kunden und Lieferanten)
- Sonstige Verträge und Standardformulare (insbesondere Allgemeine Verkaufs- und Einkaufsbedingungen)
- Versicherungen
- Arbeitsrechtliche Verhältnisse (insbesondere Vorlage einer anonymisierten Mitarbeiterliste inklusive Positionsbezeichnung und Betriebszugehörigkeit, Vorlage des Standardarbeitsvertrages)
- Regelungen zur betrieblichen Altersversorgung
- Öffentliches Recht (insbesondere Genehmigungen)
- Rechtsstreitigkeiten
- Compliance (z.B. Informationen zu bedeutenden Compliance-Verstößen und Vorlage der Compliance-Richtlinie der Gesellschaft)
- Sonstiges (z.B. Pressemitteilungen)
Im Rahmen der Beratungspraxis auf Käuferseite hat sich eine sog. „Catch-all-Frage“ am Ende einer DD-Checkliste als sinnvoll erwiesen. Diese kann z.B. lauten: „Dokumentation sämtlicher Vorgänge, Tatsachen und Gegebenheiten, die für die Gesellschaft und deren Geschäftsbetriebe bzw. ihre Gesellschafter von wesentlicher Bedeutung sind oder die eine Kaufentscheidung eines potenziellen Käufers beeinflussen.“
Dabei ist es freilich insbesondere sehr stark von der Größe und dem Tätigkeitsgebiet des Zielunternehmens abhängig, welche Themenkomplexe im Rahmen einer Due Diligence ggf. noch intensiver zu beleuchten sind oder aber auch eine geringere Bedeutung haben können.
37cc) W&I-Versicherung
In den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen hat die Due Diligence im Zusammenhang mit den aus dem anglo-amerikanischen Rechtsraum stammenden W&I-Versicherungen (Warranty & Indemnity Insurance). Diese Versicherung wird zumeist von den Käufern der Geschäftsanteile abgeschlossen Der Abschluss einer W&I-Versicherung durch den Verkäufer kommt nur in Ausnahmefällen zum Tragen. und hat zur Folge, dass im Bereich der versicherten Risiken die Verkäufer nur zu einem Maximalbetrag von EUR 1,00 haften. Grundlage für die Frage, ob die Transaktion von der Versicherung gedeckt wird und für den Umfang der Versicherung ist der DD-Bericht und etwaig darin enthaltene Findings. Denn nur unbekannte Risiken sind von der W&I-Versicherung umfasst. Sobald eine Thematik bereits im DD-Bericht offengelegt ist, schließt dies die Versicherbarkeit des Sachverhaltes aus. Jakobs; in: Lanheid/Wandt, Münchner Kommentar zum VVG, 3. Aufl. (2025), Kap. 36 Rn. 144 Freilich ist der Abschluss einer solchen Versicherung ein finanzieller Posten, der im Rahmen der Verhandlung des Unternehmenskaufvertrages Berücksichtigung finden muss. Dabei wird es unterschiedlich gehandhabt, ob der Preis unmittelbar in die Kaufpreisberechnung mit aufgenommen oder im Rahmen des Vertrages geregelt wird, dass die Parteien z.B. jeweils die Hälfte des Preises für die Versicherung tragen.
38dd) Prüfung der Anteilskette im Rahmen der Due Diligence
Einen zentralen Aspekt im Rahmen der Due Diligence stellt die Prüfung der Anteilskette (sog. chain of title) dar. Durch diese Prüfung wird eindeutig festgestellt, dass die Geschäftsanteile auch tatsächlich übergehen können, wenn eine lückenlose Dokumentation der Eigentumsübergänge von Geschäftsanteilen an der Gesellschaft von ihrer Gründung bis zum Zeitpunkt der Durchführung der Due Diligence gewährleistet ist. Bei dieser Prüfung wird die gesamte Kette der Eigentumsübertragungen in den Blick genommen, um sicherzustellen, dass alle früheren Eigentumsübergänge korrekt dokumentiert und eingetragen sind und keine unrechtmäßigen oder fehlenden Übertragungen vorliegen. Ziel ist es hierbei, mögliche Risiken oder Unklarheiten bezüglich des Eigentums an den Geschäftsanteilen zu identifizieren und sicherzustellen, dass der Verkäufer auch tatsächlich rechtmäßiger Eigentümer und mithin die verfügungsbefugte Person über die Geschäftsanteile ist. Grundsätzlich ist die Nachvollziehbarkeit der Anteilseigner der Geschäftsanteile einer GmbH dadurch gegeben, dass die jeweiligen Gesellschafterlisten im Handelsregister historisch hinterlegt sind. Auch ist entsprechend
39Zu Gunsten des Käufers sollte in jedem Fall eine Garantie für die Thematik der Anteilskette aufgenommen werden. Eine solche Garantie fällt in die Kategorie der sog. Kerngarantien. Dabei handelt es sich – im Gegensatz zu den sog. operativen Garantien, die sich auf die laufende Geschäftstätigkeit und operative Kennzahlen beziehen – solche Garantien, die die wesentlichen und grundlegenden Aspekte des Unternehmens betreffen und zentrale Fakten oder Zustände garantiert werden, die für die Entscheidung des Käufers eine besondere Bedeutung haben. Im Unterschied zu den operativen Garantien werden die Kerngarantien in den meisten Fällen von einer etwaig vereinbarten Haftungshöchstgrenze ausgenommen, und auch die Verjährung von Garantieansprüchen ist gemeinhin länger angesetzt, als die der operativen Garantien. Insbesondere aus diesem Grund ist es auch für den Verkäufer, zusammen mit dessen Beratern, von zentraler Bedeutung, die Thematik der Anteilskette im Auge zu behalten, um das Haftungsrisiko zu minimieren.
Eine Garantieklausel in Bezug auf die Anteilskette könnte lauten:
„Die Gesellschaft ist nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland ordnungsgemäß gegründet worden und existiert wirksam. Die kaufgegenständlichen Anteile sind rechtswirksam begründet und stehen im alleinigen und uneingeschränkten rechtlichen und wirtschaftlichen Eigentum der Verkäufer. Die kaufgegenständlichen Anteile sind frei von Rechten Dritter und unterliegen keinen Verfügungsbeschränkungen, jeweils gleich auf welcher rechtlichen oder tatsächlichen Grundlage. An den kaufgegenständlichen Anteilen bestehen insbesondere weder Pfand- und Sicherungsrechte, Nutzungsverhältnisse, Treuhandverhältnisse oder ähnliche Rechte noch Wandlungs-, Ankaufs-, Vorkaufs- oder Optionsrechte bzw. sonstige Erwerbsrechte Dritter.“
ee) Begründung eines eigenen Haftungssystems im Unternehmenskaufvertrag
Neben der Tatsache, dass bei den Kerngarantien in den meisten Fällen eine etwa vereinbarte Haftungshöchstgrenze nicht eingreift, werden Garantieansprüche in Unternehmenskaufverträgen nicht nach den gesetzlichen Regelungen über die Gewährleistung abgewickelt, dieses ist vielmehr ausdrücklich ausgeschlossen. Als Alternative zu diesem Haftungsregime vereinbaren die Parteien im Kauf- und Abtretungsvertrag über Geschäftsanteile, dass sie sich vom gesetzlichen Haftungssystem lösen möchten und ein eigenständiges Haftungssystem eingesetzt wird, das eingehend im Vertrag niedergelegt ist. Nach diesem Haftungssystem garantiert der Verkäufer in Form eines selbstständigen verschuldensunabhängigen Garantieversprechens gemäß §
41Wendet man sich für die Bestimmung der Grundlagen der Haftung vom gesetzlichen Haftungssystem ab, so wird hingegen für die Bestimmung des Umfangs der Haftung auf die gesetzlichen Systematiken und Regelungen zurückgegriffen. Tritt ein Garantiefall ein, finden bei der Schadensermittlung und -berechnung die §§ 249 ff. BGB Anwendung, sofern die Parteien im Vertrag nichts Abweichendes vereinbaren. Der Schaden umfasst dabei zumeist unmittelbare und mittelbare Schäden. Die bedeutendste Ausprägung bei mittelbaren Schäden ist in diesem Zusammenhang der entgangene Gewinn. Da diese Schadenskategorie ein hohes finanzielles Risiko birgt, empfiehlt es sich, die ersatzfähigen mittelbaren Schäden dahingehend einzuschränken, dass sie typischerweise vorhersehbar und auf gewöhnlichen Kausalverläufen beruhen müssen. Hinzu kommt, dass in vielen Fällen für operative Garantien eine Haftungshöchstgrenze (in der Regel 15-50% des Kaufpreises) vereinbart wird. Im Gegenzug dazu finden sich in Unternehmenskaufverträgen oft auch sog. de-minimes-Regelungen. Hierbei werden bestimmte (geringfügige) Ansprüche ausgeschlossen bzw. ein Betrag festgelegt, den ein Schaden umfassen muss, um ersatzfähig zu sein.
42ff) Bedeutung von Freistellungen im Unternehmenskaufvertrag
Neben dem Garantiegefüge stellen die Regelungen über die sog. Freistellungen einen weiteren zentralen Teil eines Kauf- und Abtretungsvertrags über Geschäftsanteile an einer GmbH dar. Bei einer Freistellung handelt es sich um eine Vereinbarung, bei der eine Partei, in den meisten Fällen der Verkäufer, sich verpflichtet, die andere Partei, in der Regel den Käufer, von bestimmten Ansprüchen, Forderungen oder Verbindlichkeiten freizustellen. Das bedeutet, dass der Verkäufer im Falle von späteren rechtlichen oder finanziellen Forderungen, die aus bestimmten vorvertraglichen Umständen resultieren, diese übernimmt und die jeweils andere Partei vor daraus entstehenden Nachteilen schützt. Typischerweise wird eine Freistellung genutzt, um Risiken abzudecken, wie zum Beispiel offene Rechtsstreitigkeiten, Steuerforderungen oder Umweltverbindlichkeiten. Auf diesem Weg soll sichergestellt werden, dass der Käufer nach dem Kauf nicht für Ansprüche haftet, die bereits vor Vertragsschluss bestanden haben.
Für die Formulierung der Freistellungen stellt wiederum der DD-Report eine wesentliche Grundlage dar. In der Regel versucht sich der Käufer die Findings der Due Diligence durch Freistellungen des Verkäufers dergestalt abzusichern, dass für den Fall, dass er sich aufgrund der jeweiligen Problematik einem Anspruch ausgesetzt sieht oder er im Zusammenhang mit den Findings finanzielle Nachteile befürchten muss, er sich beim Verkäufer schadlos halten kann.
Dabei ist eine Freistellung im Vergleich zu einer seitens des Verkäufers abgegebenen Garantie ein Mehr. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf den Haftungsumfang des Verkäufers. Denn Freistellungen sind in der Regel nicht auf den Kaufpreis begrenzt und unterliegen auch keiner de-minimes-Regelung.
43gg) Gewährleistungsausschluss im Übrigen
Neben den Garantie- und Freistellungsansprüchen vereinbaren die Parteien regelmäßig einen darüberhinausgehenden Gewährleistungsausschluss. Das hat zur Folge, dass die Regelungen zur Gewährleistung aus dem BGB nicht ergänzend Anwendung finden.
Würde die ergänzende Anwendung der Gewährleistungsregelungen des BGB Da der Ausschluss der Gewährleistungshaftung nach dem BGB üblicher Standard im Rahmen von Unternehmenstransaktionen ist, soll diese hier nur überblicksartig dargestellt werden.
nicht ausgeschlossen werden, kämen die Vorschriften der §