Schliessen
von Göler (Hrsg.) / Philip Rödiger, LL.M. oec. / § 6
Versionen

§ 6 Geschäftsführer

(1) Die Gesellschaft muß einen oder mehrere Geschäftsführer haben.

(2) Geschäftsführer kann nur eine natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige Person sein. Geschäftsführer kann nicht sein, wer

  • 1. als Betreuter bei der Besorgung seiner Vermögensangelegenheiten ganz oder teilweise einem Einwilligungsvorbehalt (§ 1825 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) unterliegt,
  • 2. aufgrund eines gerichtlichen Urteils oder einer vollziehbaren Entscheidung einer Verwaltungsbehörde einen Beruf, einen Berufszweig, ein Gewerbe oder einen Gewerbezweig nicht ausüben darf, sofern der Unternehmensgegenstand ganz oder teilweise mit dem Gegenstand des Verbots übereinstimmt,
  • 3. wegen einer oder mehrerer vorsätzlich begangener Straftaten a)des Unterlassens der Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens (Insolvenzverschleppung),b)nach den §§ 283 bis 283d des Strafgesetzbuchs (Insolvenzstraftaten),c)der falschen Angaben nach § 82 dieses Gesetzes oder § 399 des Aktiengesetzes,d)der unrichtigen Darstellung nach § 400 des Aktiengesetzes, § 331 des Handelsgesetzbuchs, § 346 des Umwandlungsgesetzes oder § 17 des Publizitätsgesetzes odere)nach den §§ 263 bis 264a oder den §§ 265b bis 266a des Strafgesetzbuchs zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahrverurteilt worden ist; dieser Ausschluss gilt für die Dauer von fünf Jahren seit der Rechtskraft des Urteils, wobei die Zeit nicht eingerechnet wird, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist.

Satz 2 Nummer 2 gilt entsprechend, wenn die Person in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum einem vergleichbaren Verbot unterliegt. Satz 2 Nr. 3 gilt entsprechend bei einer Verurteilung im Ausland wegen einer Tat, die mit den in Satz 2 Nr. 3 genannten Taten vergleichbar ist.

(3) Zu Geschäftsführern können Gesellschafter oder andere Personen bestellt werden. Die Bestellung erfolgt entweder im Gesellschaftsvertrag oder nach Maßgabe der Bestimmungen des dritten Abschnitts.

(4) Ist im Gesellschaftsvertrag bestimmt, daß sämtliche Gesellschafter zur Geschäftsführung berechtigt sein sollen, so gelten nur die der Gesellschaft bei Festsetzung dieser Bestimmung angehörenden Personen als die bestellten Geschäftsführer.

(5) Gesellschafter, die vorsätzlich oder grob fahrlässig einer Person, die nicht Geschäftsführer sein kann, die Führung der Geschäfte überlassen, haften der Gesellschaft solidarisch für den Schaden, der dadurch entsteht, dass diese Person die ihr gegenüber der Gesellschaft bestehenden Obliegenheiten verletzt.

Für den Rechtsverkehr

(für Nichtjuristen)

zum Expertenteil (für Juristen)

Bedeutung für den Rechtsverkehr, häufige Anwendungsfälle

1§ 6 GmbHG trägt die leicht verständliche Überschrift „Geschäftsführer“. Sie ist eine der wichtigsten Vorschriften, die es bei der Gründung einer GmbH zu beachten gilt. Die Norm unterteilt sich in 5 Absätze.

Absatz 1

2Gemäß Abs. 1 muss jede Gesellschaft einen Geschäftsführer haben. Dies ist sachgerecht, denn ohne einen Geschäftsführer ist die GmbH nicht handlungsfähig und könnte am Wirtschaftsleben nicht teilhaben. Der Geschäftsführer „führt“ nicht nur die Geschäfte der GmbH. Der Geschäftsführer ist zudem „Organ“ der Gesellschaft, nur durch ihn ist die juristische Person der GmbH im Rechts- und Geschäftsverkehr handlungsfähig, § 35 GmbHG

Absatz 2

3Gemäß Abs. 2 kann Geschäftsführer nur eine natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige Person sein. Es muss sich also um einen Menschen handeln, der nicht unter Betreuung steht oder dem aus anderem Grunde untersagt wurde, geschäftlich tätig zu sein. Damit wird die Verantwortlichkeit des Handelnden gegenüber dem Rechtsverkehr betont. Dies bedeutet, dass Geschäftsführer keine juristische Person sein kann. Geschäftsführer einer GmbH kann somit beispielsweise keine andere GmbH oder eine Aktiengesellschaft sein.

4Es genügt aber nicht, dass der Geschäftsführer eine natürliche Person i.S.d. §§ 1 ff BGB, also ein Mensch, ist. Dieser Mensch muss zudem unbeschränkt geschäftsfähig sein. Damit scheiden Geschäftsunfähige und Minderjährige als Geschäftsführer aus.

Geschäftsunfähig ist, wer nicht das siebente Lebensjahr vollendet hat, beschränkt geschäftsfähig ist, wer zwischen 7 und 18 Jahren alt ist, §§ 104, 106, 2 BGB. Um Geschäftsführer sein zu können, muss die betreffende natürliche Person also mindestens 18 Jahre alt sein.

5Wer sich in einer, die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistesfähigkeit befindet, kann selbst dann nicht Geschäftsführer werden, obwohl er/sie 18 Jahre alt ist. – Soweit der vom Gesetzgeber formulierte Grundsatz, der in diversen Unterpunkten im Gesetzestext näher konkretisiert wird.

6Ziff. 1 Als nicht geschäftsfähig i.S.d. § 6 GmbHG gilt derjenige, der als Betreuter bei der Besorgung seiner Vermögensangelegenheiten ganz oder teilweise einem Einwilligungsvorbehalt unterliegt, § 1903 BGB. Damit wird deutlich, dass nicht jede unter Betreuung stehende Person als Geschäftsführer ausscheidet, wohl aber diejenige, die noch nicht einmal ihre eigenen Vermögensangelegenheiten ohne einen Betreuer wahrnehmen kann.

Ergo: Wer noch nicht einmal für sich selber sorgen kann, kann nicht Geschäftsführer werden.

7Die Nationalität des Geschäftsführers spielt keine Rolle. Entscheidend ist allein, dass es dem Geschäftsführer jederzeit gestattet ist, in die Bundesrepublik Deutschland einzureisen und sich dort aufzuhalten. Dies ist bei EU-Bürgern unproblematisch. Unter Umständen kann ein Staatsbürger eines Landes, der für eine Einreise nach Deutschland ein Visum braucht, jedoch als Geschäftsführer ungeeignet sein.

8Ziff. 2 Wem aufgrund eines gerichtlichen Urteils oder einer vollziehbaren Entscheidung einer Verwaltungsbehörde die Ausübung eines Berufs, eines Berufszweigs, eines Gewerbes oder eines Gewerbezweiges untersagt ist, kann ebenfalls nicht Geschäftsführer werden, sofern der Unternehmensgegenstand ganz oder teilweise mit dem Verbot übereinstimmt. Es wurde bereits eingangs erwähnt, dass die Verantwortlichkeit des persönlich Handelnden für den Rechtsverkehr im Vertragsschluss mit einer GmbH eine wichtige Rolle spielt. Dies wird dadurch unterstrichen, dass derjenige, der sich im strafrechtlichen Sinne auf bestimmtem Gebiet als unzuverlässig erwiesen hat, ebenfalls nicht Geschäftsführer sein kann. Entscheidend ist in der Praxis, ob sich das Berufsverbot auf denselben Unternehmensgegenstand bezieht. Unter Unternehmensgegenstand ist der Bereich und die Art der Tätigkeit der Gesellschaft zu verstehen, in der die GmbH tätig werden möchte. Dieser Unternehmensgegenstand ist bereits bei der Gründung der Gesellschaft möglichst spezifiziert gegenüber dem Registergericht anzugeben, §§ 3, 8 GmbHG, und somit leicht mit der ausgesprochenen Verurteilung abzugleichen.

9Unabhängig davon, ob ein konkretes Berufsverbot vorliegt, kann niemand Geschäftsführer werden, der wegen eines der folgenden Delikte verurteilt wurde:

-         Insolvenzverschleppung

-         Insolvenzstraftaten

-         Falsche Angaben gem. § 82 GmbHG oder § 399 AktG

-         Unrichtige Darstellung nach § 400 AktG, § 331 HGB, § 313 UmwG, § 17 PublG.

-         Betrug, Kapitalanlagebetrug, Kreditbetrug, Untreue, wenn die Freiheitsstrafe mindestens ein Jahr beträgt.

10Es ist nicht Voraussetzung für ein Geschäftsführungsverbot, dass die Verurteilung in Deutschland erfolgte. Sofern eine vergleichbare ausländische Verurteilung vorliegt, liegt ein Ausschlußgrund für die Bestellung als Geschäftsführer vor.

11Es spricht hingegen nicht gegen die Bestellung als Geschäftsführer, wenn eine Verurteilung wegen einer der genannten Delikte irgendwann einmal erfolgt ist. Relevant ist allein eine Verurteilung binnen 5 Jahren, gerechnet ab Rechtskraft der strafrechtlichen Verurteilung. Nicht in diese 5-Jahres Frist mit hineingerechnet werden jedoch Zeiten der Inhaftierung.

12Beispiel: Die Verurteilung wird am 01.01.2016 rechtskräftig. Der Täter beginnt seinen 4-jährigen Gefängnisaufenthalt ebenfalls am 01.01.2016. Am 01.01.2020 wird der Täter aus der Haft entlassen. Das 5-jährige Berufsverbot aufgrund strafrechtlicher Verurteilung beginnt mit der Entlassung, und endet am 01.01.2025.

13Ein von einer Behörde ausgesprochenes, branchenspezifisches Berufsverbot bleibt so lange relevant, bis das Verbot von der dafür zuständigen Behörde aufgehoben wird, oder eine damit verbundene Frist abgelaufen ist.

Absatz 3

14Nachdem im vorangegangenen Absatz geregelt wurde welche persönlichen Voraussetzungen ein Geschäftsführer mitbringen muss, regelt § 6 Absatz 3 GmbHG, in welcher Beziehung der Geschäftsführer zur Gesellschaft stehen muss.  Hierbei stellt das Gesetz klar, dass es diesbezüglich keinerlei Beschränkungen gibt. Geschäftsführer kann sowohl ein Gesellschafter, als auch an der Gesellschaft nicht beteiligter Dritter werden, sog. Fremdgeschäftsführer.

15Nachdem sich der Gesetzestext bisher, d.h. bis zu Absatz 3 Satz 1, damit beschäftigt hat, wer Geschäftsführer sein kann, beginnt der Gesetzestext in Absatz 3 Satz 2 damit zu regeln, wie man Geschäftsführer wird. Im Gesetz heißt es „Die Bestellung erfolgt entweder im Gesellschaftsvertrag oder nach Maßgabe des dritten Abschnitts“.

16Im Gesellschaftsvertrag“ bedeutet, dass die Person des Geschäftsführers bereits in der Satzung der Gesellschaft genannt ist, die sodann im Zuge der Gründung der Gesellschaft notariell beurkundet wird, § 2 Abs. 1 GmbHG. Es ist wichtig zu unterscheiden zwischen der Bestellung zum Geschäftsführer als körperschaftlichem Akt, und dem daneben bestehenden Anstellungsverhältnis. Für die Bestellung zum Geschäftsführer bedarf es keiner weiteren Individualvereinbarung zwischen den Parteien. Für das Anstellungsverhältnis bedarf es hingegen einer Regelung im Anstellungsvertrag. Zu ihrer Wirksamkeit bedarf die Bestellung der Annahme durch den Geschäftsführer. Zwar ist die Geschäftsführerbestellung ein einseitiger Akt mit Annahme, es kann aber niemand gegen seinen Willen zum Geschäftsführer bestimmt werden! Wichtig ist es sich vor Augen zu führen, dass die Geschäftsführerstellung mit Annahme durch den Geschäftsführer begründet ist. Die gem. §§ 10, 39 GmbHG erforderliche Eintragung des Geschäftsführers im Handelsregister ist rein deklaratorisch.

Mustervertrag zum Geschäftsführeranstellungsvertrag

17„Gewählt“ bzw. bestellt wird der Geschäftsführer grundsätzlich durch die Gesellschafterversammlung, §§ 6 Abs. 3 Satz 2, 46 Nr. 5 GmbHG. Zulässig ist es aber auch, diese Kompetenz auf ein anderes Gremium oder Organ zu delegieren. Die Bestellung zum Geschäftsführer ist jederzeit ohne Angabe von Gründen widerruflich, § 38 GmbHG, sie kann zudem befristet und auflösend bedingt erfolgen. Es ist darauf zu achten, dass eine entsprechende Verzahnung im Anstellungsvertrag erfolgt. Unproblematisch kann eine Gesellschaft mehrere Geschäftsführer haben.

Absatz 4

18In der Praxis kommt es gelegentlich vor, dass jeder Gesellschafter zum Geschäftsführer bestellt wird und dies so in der Satzung geregelt ist. Ebenso kommt es vor, dass die Zahl der Gesellschafter sich mit der Zeit gegenüber der Anzahl Gesellschafter bei Gründung erhöht. Wenn dies geschieht, stellt sich die Frage, ob weiterhin alle Gesellschafter Geschäftsführer sein sollen, also auch die neu hinzugekommenen Geschäftsführer, oder nur die Gesellschafter, die an der Gründung der Gesellschaft beteiligt waren. Falls sich die Gesellschafter hierüber nicht einig werden können, bestimmt § 6 Abs. 4 GmbHG, dass sich die Geschäftsführerbefugnis des Gesellschafters nur auf die Gründunggesellschafter bezieht.

Absatz 5

19Der letzte Absatz des § 6 GmbHG enthält eine Strafbestimmung. Die Gesellschafter, bzw. das für die Geschäftsführerbestellung zuständige Gremium, müssen dafür Sorge tragen, dass der bestellte Geschäftsführer die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt, und nicht nach § 6 Abs. 2 GmbHG ausgeschlossen ist. Verletzen die Gesellschafter, bzw. das für die Geschäftsführerbestellung zuständige Gremium, diese Obliegenheit, müssen sie der Gesellschaft den Schaden ersetzen, der dadurch entsteht, dass der ausgeschlossene Geschäftsführer seine ihm gegenüber der Gesellschaft obliegenden Verpflichtungen verletzt. Dies gilt auch für den Fall, dass es sich um einen faktischen Geschäftsführer handelt, die Gesellschafter also der betreffenden Person die Führung der Geschäfte überlassen, ohne jedoch einen Beschluss zur Bestellung als Geschäftsführer gefasst zu haben. Haben die Gesellschafter bei ihrer Auswahl des Geschäftsführers die gebotene Sorgfalt beachtet, haften sie nicht nach § 6 Abs. 5 GmbHG.

Expertenhinweise

(für Juristen)

1) Allgemeines

20§ 6 GmbHG ist die Grundnorm zur Organfunktion des Geschäftsführers, wohingegen die Rechtsstellung des Geschäftsführers in den §§ 35 ff. GmbHG geregelt ist. 

2) Definitionen

21a)

Die GmbH verfügt über mindestens zwei Organe. Dies sind zum einen die Gesellschafter in ihrer Gesamtheit, die Gesellschafterversammlung (§§ 45 ff. GmbHG). Zum anderen ist dies der Geschäftsführer eines der zwei notwendigen Organe der GmbH. Dabei ist es unerheblich, ob ein Geschäftsführer zugleich Gesellschafter ist oder nicht, es gilt das Prinzip der Fremdorganschaft. Relevant wird die Unterscheidung zwischen Gesellschafter-Geschäftsführer und Fremdgeschäftsführer jedoch im Steuer- und Sozialversicherungsrecht.  Nachdem die Gesellschaft nur über ihre Organe handeln kann, muss ein Geschäftsführer bereits im Gründungsstadium bestellt sein. Das Gründungsstadium ist dabei die Zeitspanne zwischen der notariellen Unterzeichnung der Gründungsurkunde, und der Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister. Die Eintragung der GmbH ist für deren Entstehung konstitutiv §§ 7, 11 GmbHG.

22Die Gesellschaft kann beliebig viele Geschäftsführer haben. Wobei eine steigende Anzahl Geschäftsführer in der Praxis durchaus Probleme mit sich führen kann. Die Anzahl der Geschäftsführer wird grundsätzlich durch den Gesellschaftsvertrag der GmbH bestimmt. Fehlt eine solche Regelung, bestimmt die einfache Mehrheit der Gesellschafterversammlung. Der oder die Geschäftsführer sind im Handelsregister einzutragen. Hierfür ist die Bezeichnung als „Geschäftsführer" zwingend. Bei einer Bezeichnung z.B. als „Vorstand“ ist die Eintragung zu versagen. Bereits im Gründungsstadium der Gesellschaft muss ein Geschäftsführer bestellt werden (BGH NJW 1981, 2125), denn es ist bereits dessen Aufgabe, die Einlageleistung entgegen zu nehmen, § 7 GmbHG. Ist kein Geschäftsführer bestellt, kann die Gesellschaft nicht eingetragen werden.

23Der Geschäftsführer ist das Organ zur Vertretung der Gesellschaft im Rechtsverkehr, und es obliegt ihm die Führung der Geschäfte. Der Gesellschafterversammlung steht insoweit nur eine Grundlagenkompetenz und eine Weisungsbefugnis zu. Dies jeweils unter dem Vorbehalt der §§ 45 und 46 GmbHG.

24bb) Der Geschäftsführer ist weder Kaufmann i.S.d. § 1 HGB noch ist er Unternehmer i.S.d. § 14 BGB. Kaufmann ist der Geschäftsführer nicht, da nicht er, sondern die Gesellschaft das Handelsgewerbe betreibt. Unternehmer ist der Geschäftsführer nicht, da er eine angestellte Tätigkeit ausübt, BGH NJW 2004, 3039. Diese Frage kann insbesondere für eine mögliche persönliche Haftung des Geschäftsführers relevant sein. Daraus, dass der Geschäftsführer kein Unternehmer ist,  kann im Umkehrschluss nicht zwingend gefolgert werden, dass der Geschäftsführer Verbraucher i.S.d. § 13 BGB sei. Hierfür muss vielmehr zwischen dem Gesellschafter-Geschäftsführer und dem Fremdgeschäftsführer differenziert werden. Während Fremdgeschäftsführer stets als Verbraucher anzusehen sind, gilt dies für Gesellschafter-Geschäftsführer, solange sie über keine Sperrminorität verfügen.

25cc) Die Bestellung zum Geschäftsführer ist ein körperschaftlicher Akt und zwingend von dem ihr zugrunde liegenden Anstellungs- oder Gesellschaftsverhältnis zu unterscheiden, §§ 6 Abs. 3 S. 2 und 46 Nr. 5 GmbHG. Zwar werden in der Praxis häufig das Anstellungsverhältnis und die Organstellung vertraglich miteinander verknüpft, gleichwohl können diese zwei Rechtsverhältnisse völlig unterschiedliche Schicksale haben. Grundsätzlich ist eine solche Verknüpfung rechtlich zulässig, BGH NJW 1999, 3263. Auch bei einer solchen Verknüpfung verbleibt dem Geschäftsführer jedoch der Mindestschutz des § 622 BGB, BGH NJW 1990, 2622.

26Die Bestellung ist dem Geschäftsführer gegenüber rechtsgeschäftlich zu erklären, wobei es sich wegen der aus der Bestellung resultierenden Pflichten um ein zweiseitiges Rechtsgeschäft handelt. Die Eintragung ins Handelsregister, §§ 10 Abs. 1, 39 GmbHG, ist sodann nur noch deklaratorisch.

b) Persönliche Voraussetzungen

27aa) Als Geschäftsführer können nur natürliche Personen bestellt werden, diese müssen unbeschränkt geschäftsfähig sein. Juristische Personen und sonstige Personenvereinigungen sind von Gesetzes wegen von der Geschäftsführung ausgeschlossen. Wird eine geschäftsunfähige oder beschränkt geschäftsfähige Person zum Geschäftsführer bestellt, ist die Bestellung unheilbar nichtig gem. § 134 BGB.

28bb) Eine gesetzliche Regelung dafür, ob ein Geschäftsführer eine bestimmte Staatsbürgerschaft besitzen muss, fehlt. In der Praxis wird regelmäßig verlangt, dass der Geschäftsführer jederzeit uneingeschränkt nach Deutschland einreisen und sich dort aufhalten darf. Mithin kann jeder EWR-Bürger Geschäftsführer einer deutschen GmbH werden. Staatsangehörige aus Drittstaaten dürften regelmäßig ausscheiden.

29cc) Von der Übernahme eines Geschäftsführeramtes ausgeschlossen sind Personen, denen die Rechtsprechung die nötige Zuverlässigkeit abspricht. Dies ist der Fall, wenn die betreffende Person bereits eine Verurteilung wegen einer der folgenden Taten hat:

-         Insolvenzverschleppung, §§ 15a IV InsO, 84 II Nr. 1 GmbHG, 130b, 177a HGB

-         Insolvenzdelikte, §§ 283 bis 283d StGB

-         Falsche Angaben, § 82 GmbHG

-         Unrichtige Darstellung, § 331 HGB

-         Betrug, § 263 StGB

-         Untreue, §§ 265b bis 266a StGB

Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Verurteilung in Deutschland erfolgte, oder im Ausland. Entscheidend ist, ob eine Gleichwertigkeit der Verurteilung bejaht werden kann. Dies muss das Gericht ggf. mittels eines Rechtsgutachtens klären.

30dd) Fraglich ist wie die Fälle zu lösen sind, in denen der Anstellungsvertrag dem Geschäftsführer mehr gestattet, als ihm nach dem Gesellschaftsvertrag zugebilligt wird. Auf organisationsrechtlicher Ebene ist die Satzungsregelung vorrangig.

Beispiel: Der Anstellungsvertrag weist dem Geschäftsführer die Rolle eines unabhängigen Geschäftsleiters zu, wohingegen die Satzung bestimmt, dass der Geschäftsführer weisungsgebunden ist.

In diesen Fällen hat der Geschäftsführer sowohl einen gültigen Anstellungsvertrag, als auch die Satzung der Gesellschaft zu berücksichtigen. Um diesem Dilemma zu entkommen, kann der Geschäftsführer seinen Anstellungsvertrag außerordentlich nach § 626 BGB kündigen. Darüber hinaus kann der Geschäftsführer Schadenersatz verlangen, da die Gesellschaft ihn in eine nicht praktikable Rechtsposition versetzt hat. Die Gesellschaft wiederum hat einen Erstattungsanspruch gegen ihren Prokurator. 

c)  Das Anstellungsverhältnis

31aa) Wie bereits zuvor ausgeführt, ist zwischen der Organstellung des Geschäftsführers und dessen Anstellungsvertrag mit der Gesellschaft zu unterscheiden. Bei dem Anstellungsvertrag wiederum kann es sich um einen solchen rein gesellschaftsrechtlicher Art (§§ 713, 664-670 BGB), oder um einen Geschäftsbesorgungsvertrag handeln (§§ 611, 675 BGB). Um einen Anstellungsvertrag rein gesellschaftsrechtlicher Art wird es sich regelmäßig handeln, wenn ein Gesellschafter die Geschäftsführungsrolle übernimmt. Wird ein Fremdgeschäftsführer tätig und wurde eben für diese Position angeworben, wird es sich regelmäßig um einen Geschäftsbesorgungsvertrag handeln. Um einen Arbeitsvertrag handelt es sich nie, weswegen auch die arbeitsrechtlichen Normen auf das Anstellungsverhältnis des Geschäftsführers grundsätzlich keine Anwendung finden,  BGH NJW 2000, 1638; 1968, 396; 1953, 1465). Nach Auffassung des BAG (BAG NJW 1999, 3731; 1983, 2405; 2006, 1899; 2015, 508) besteht zumindest die Möglichkeit, dass der Geschäftsführer als Arbeitnehmer einzustufen ist. Dies soll dann der Fall sein, wenn die Gesellschaft über arbeitsbegleitende und verfahrensorientierte Weisungen die konkreten Modalitäten der Leistungserbringung des Geschäftsführers bestimmen könnte (BAG NJW 1999, 3731). Zwar muss kein schriftlicher Anstellungsvertrag abgeschlossen werden, jedoch empfiehlt sich dies bereits aus steuerlichen Gründen, so zur Vermeidung einer verdeckten Gewinnausschüttung.

Mustervertrag zum Geschäftsführeranstellungsvertrag

32bb) Was aber, wenn sich ein verdienter Mitarbeiter aufgrund seiner guten Arbeit zum Geschäftsführer seines Arbeitgebers qualifiziert hat? In diesem Fall bestand bereits ein Arbeitsvertrag zwischen den Parteien, zu dem die Bestellung als Geschäftsführer hinzugekommen ist. In dieser Frage hat sich die Rechtsprechung des BAG in den letzten Jahren geändert. Aktuell vertritt das BAG die Auffassung, dass bei Fehlen einer anderweitigen Vereinbarung das bisherige Arbeitsverhältnis mit dem Abschluss des Anstellungsvertrags endet (BAG NJW 2007, 396; NJW 2000, 3732). Im Zweifel  liegt im Abschluss des Dienstvertrages die gleichzeitige Aufhebung des Arbeitsvertrags. Mit Abschluss eines schriftlichen Geschäftsführerdienstvertrages werde vermutet, dass das bis dahin bestehende Arbeitsverhältnis einvernehmlich beendet werde, soweit nicht eindeutig etwas anderes vertraglich vereinbart worden sei.

33aaa) Das Schriftformerfordernis des § 623 BGB ist nach Auffassung des BAG gewahrt, wenn sich der Parteiwille zumindest andeutungsweise in der Vertragsurkunde wieder findet. Hierfür reichen bereits eine Neuregelung der Pflichten und die Gewährung einer betrieblichen Altersversorgung und einer höheren Vergütung. Gleichwohl ist es wichtig, den Anstellungsvertrag schriftlich zu schließen. Geschieht dies nicht, wird also der Anstellungsvertrag lediglich mündlich geschlossen, so ruht das Arbeitsverhältnis für die Dauer des Anstellungsvertrages und kann nach dessen Beendigung wieder aufleben. Eine Heilung des Schriftformmangels ist ausgeschlossen. Auch eine Eintragung in das Handelsregister vermag die erforderliche Schriftform nicht zu ersetzen.

Mustervertrag zum Geschäftsführeranstellungsvertrag

34bbb) Auch wenn die arbeitsrechtlichen Vorschriften auf Geschäftsführer grundsätzlich keine Anwendung finden, gilt Sozialschutz gleichwohl auch für Geschäftsführer, jedoch ist die Anspruchsgrundlage keine arbeitsrechtliche. So haben Geschäftsführer Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, Urlaubsanspruch, Anspruch auf Zeugniserteilung, einen Urlaubsabgeltungsanspruch und sind in die BetrAVG mit einbezogen.

35cc) Auch ohne gesonderte Vereinbarung gilt für den Geschäftsführer während seiner Amtszeit ein Wettbewerbsverbot. Das heißt, dass der Geschäftsführer nicht konkurrierend tätig werden darf. Ob die Gesellschaft durch eine solche konkurrierende Tätigkeit überhaupt geschädigt wird, ist irrelevant.  Unter keinen Umständen rechtfertigt ein Wettbewerbsverstoß die Aufrechnung oder Zurückbehaltung des Lohns des Geschäftsführers. Ob er eine außerordentliche Kündigung rechtfertigt, hängt im Einzelfall von der Schwere des Wettbewerbsverstoßes ab.

36Während ein Wettbewerbsverbot während seiner Amtszeit ohne gesonderte Regelung gilt, verhält es sich anders mit einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot. Ein solches gilt nur dann, wenn es ausdrücklich zwischen den Parteien vereinbart wurde.

37Nachdem das nachvertragliche Wettbewerbsverbot in §§ 74 ff. HGB gesetzlich geregelt ist, bietet sich eine analoge Anwendung an. In diesem Punkt differenziert der BGH jedoch. Dieser lässt eine analog Anwendung nur zu, soweit die Vorschriften dazu dienen, die besonderen Interessen des Unternehmens zu sichern, BGH NJW 1992, 1892. Im Übrigen aber, auch soweit die §§ 74 ff. HGB soziale Schutzrechte enthalten, scheidet eine analoge Anwendung aus BGH NJW 1992, 1892.

38Für die Zulässigkeit eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes gelten die allgemeinen Regeln, d.h. es muss erforderlich, geeignet und verhältnismäßig sein. Insbesondere muss dem Geschäftsführer auch eine Karenzentschädigung gezahlt werden, wenn es sich nicht nur um eine Kundenschutzklausel handelt. Leider lehnt der BGH die Anwendung des § 74 Abs. 2 HGB für die Bestimmung der Höhe einer Karenzentschädigung ab. Nach herrschender Auffassung in der Literatur ist § 74 Abs. 2 HGB jedoch entsprechend anzuwenden, d.h. die Karenzentschädigung muss mindestens die Hälfte der zuletzt bezogenen Vergütung betragen. Ein Verzicht der Gesellschaft auf das nachvertragliche Wettbewerbsverbot ist vor Beendigung des Anstellungsvertrages möglich.

39dd) Beendet wird das Anstellungsverhältnis durch ein Auslaufen des Vertrages oder durch Kündigung.

40aaa) Die Abberufung als Geschäftsführer führt grundsätzlich nicht automatisch zur Beendigung des Anstellungsvertrages, BGH NJW 2000, 1864. Eine Ausnahme hiervon gilt aber,  wenn gleichzeitig mit der Abberufung die außerordentliche Kündigung des Anstellungsvertrages erklärt wird und dieser auch aus wichtigem Grund gelöst werden kann. Allein die Abberufung als solche ist kein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung.  Um hier in der Praxis einen Gleichlauf zu erreichen, empfiehlt sich die Vereinbarung einer Koppelungsklausel. Dadurch wird der Fortbestand des Anstellungsverhältnisses an das rechtliche Schicksal der Bestellung zum Geschäftsführer geknüpft.  Dies kann konkret sowohl durch eine auflösende Bedingung an die Organstellung geschehen, als auch durch eine Formulierung, dass mit dem Widerruf der Bestellung zugleich das Anstellungsverhältnis als ordentlich oder außerordentlich gekündigt gelten soll.

41Die Kündigungskompetenz liegt bei der Gesellschafterversammlung. Dabei entscheidet die Gesellschafterversammlung, vorbehaltlich anderweitiger Regelung, mit einfacher Mehrheit. Dieser Beschluss bedarf der Protokollierung, § 48 Abs. 3 GmbHG und ist Voraussetzung für eine wirksame Kündigung. Die Kündigung muss dem Geschäftsführer gegenüber erklärt werden. Hierbei ist es ausreichend, wenn der Geschäftsführer bei der entsprechenden Beschlussfassung zugegen ist.

42bbb) Auch aus wichtigem Grund kann das Anstellungsverhältnis gekündigt werden, insoweit ist auf die Kommentierung zu § 626 BGB zu verweisen. Grundsätzlich wird ein Grund, der die sofortige Abberufung des Geschäftsführers rechtfertigt, auch eine Kündigung des Anstellungsvertrages aus wichtigem Grund rechtfertigen. Zwingend ist dies aber nicht, weswegen im Einzelfall diese Frage einer genauen Prüfung bedarf.

3) Prozessuales

Die Darlegungs- und Beweislast richtet sich nach allgemeinen Grundsätzen. Wer sich auf die ihm günstigen Tatsachen beruft, hat dafür den Nachweis zu erbringen.

4) Anmerkungen

43

 

Nachstehend ein kostenloser Mustervertrag eines Geschäftsführeranstellungsvertrags von Rechtsanwalt Dr. Philip Rödiger. 
Copyright: Dr. Philip Rödiger LL.M.oec. und Karriere-Jura GmbH. Haftungsausschluss: Autor und Verlag übernehmen keine Haftung für die Richtigkeit dieses Muster-Vertrags. Die Zuverfügungsstellung dieses Mustervertrags stellt keine Rechtsberatung dar.


Fußnoten